Hallo an alle,
Kurz zur Situation:
Mein Vater ist fast 60 Jahre alt und leidet seit über 20 Jahren an einer bipolaren Störung und ist seit 15 Jahren geschieden. Seit dem lebt er auch alleine und ist auch in Behandlung wegen seiner Erkrankung.
Leider kann mein Vater nicht sehr gut deutsch und verlässt sich deswegen in allen Angelegenheiten auf mich und meine Schwester. Er kann auch mit dem Internet nichts anfangen, weswegen wir alle möglichen Termine für ihn vereinbaren müssen, uns um seine Rechnungen kümmern, ihn zu den Terminen begleiten, weil er Angst hat, dass er etwas wichtiges was die Ärzte oder sonst wer zu ihm sagen nicht versteht.
Er wird mit dem Alter einfach immer schlimmer und verlässt sich immer mehr auf uns. Und langsam habe ich das Gefühl, dass er gar nichts mehr allein machen möchte, weil es für ihn so bequemer ist, wenn wir es machen.
Mein Vater ist in Frühpension aufgrund seiner psychischen Erkrankung und vegetiert den ganzen Tag vor sich hin. Er hat nicht viele Freunde und sitzt meistens stundenlang vorm Fernseher. Ihm ist also langweilig.
Ich dagegen bin noch Studentin und arbeite Teilzeit und habe nicht viel Zeit. Er erwartet sich, dass wir uns jeden Sonntag treffen mit ihm und es ist das Highlight in seiner Woche.
Ich bin aber in letzter Zeit so am Ende. Ich kann und möchte das alles nicht mehr für ihn tun.
Obwohl meine Mutter geschieden ist und sie nicht in Kontakt mit meinem Vater steht, redet sie mir ein, dass ich das alles für ihn tun muss und er doch mein Vater wäre und er nicht schuld für seine psychische Erkrankung ist. Sie macht mir permanent ein schlechtes Gewissen.
Mein ganzes Leben musste ich mich um meinen Vater kümmern und auch sehr früh erwachsen werden, aber ich habe das Gefühl dass ich an einem Punkt angekommen bin an dem ich das Gefühl habe, dass es auf meine psychische Gesundheit geht, wenn ich weiterhin alles für ihn erledige.
Andererseits kann man ihm nichts sagen, da er sich sofort aufregt und sich das negativ auf die bipolare Störung auswirken kann. Meine Schwester hat ihm mal gesagt, dass sie sich statt am Sonntag an einem anderen Tag sehen möchte und vielleicht nur alle 2 Wochen und er konnte nächtelang nicht schlafen und die Tablettendosis musste erhöht werden.
Leider wünsche ich mir manchmal, dass er sich gar nicht mehr bei mir melden würde. Für mich ist er zu einer Last geworden und es fühlt sich an als ob er mein Kind ist um das ich mich kümmern muss und nicht umgekehrt.
Ich bin einfach so am Ende und hoffe, dass vielleicht jemand einen guten Ratschlag hat oder vielleicht in einer ähnlichen Situation ist/war.
Mein Vater ist so unselbstständig
Stell deine Hilfe komplett ein! Zieh weg! Auslandssemester! Praxissemester in einer anderen Stadt.
Ich weiß, es klingt brutal, aber es könnte dir deine eigene Gesundheit erhalten. Du gehst vor die Hunde, wenn du nicht die Reißleine ziehst.
Euer Vater manipuliert und erpresst. Und die Mutter ist leider keinen Deut besser.
Du hast mein Mitgefühl.
Kannst du deine Hausärztin oder deinen Hausarzt ins Vertrauen ziehen und eine Kur beantragen?
Beim Studierendenwerk eine psychologische Beratung in Anspruch nehmen?
Vielleicht googelst du mal Brave-Tochter-Syndrom.
Ich stehe schon am Ende von meinem Master weswegen das Auslandssemester wegfällt. Manchmal würde ich nur wegen ihm aus der Stadt wegziehen damit ich meine Ruhe habe, aber leider ist das aufgrund meines Freundes und weiteren Faktoren nicht möglich.
Mir wäre es lieber ihn wegzuschicken, aber ich befürchte dass da auch permanent Anrufe kommen würden, weil er sich nicht zurecht findet.
Habe das Syndrom gegoogelt und es trifft leider komplett auf mich zu...
Ich rate auch zum Rückzug. Ihr habt ihn jahrelang gepampert und das ist das Ergebnis. Deine Mutter ist keinen deut besser als er.
Nein ihr seid nicht für ihn verantwortlich. Lass dich diesbezüglich nicht verarschen.
Eine Freundin hat eine Mutter die ähnlich tickt.
Ich würde den Kontakt einfach reduzieren und zwar sehr. Wenn er mehr Pillen schlucken muss so sei es so.
Bevor du kaputt gehst ist das besser.
Bleib hart und kümmere dich um dein Leben. Oder wechselt euch mehr mit der Schwester ab! Sodass jede einmal im Monat dran kommt..
Gibt es vielleicht die Möglichkeit ihn in einer Wohngruppe/betreutes Wohnen unterzubringen?
Du kannst dich ja nicht dein ganzes Leben um deinen Vater kümmern.
Ich hoffe ihr findet eine Lösung.
Ich würde ihn wirklich gerne in sowas schicken oder, dass er zumindest jemanden hat, der daheim vorbeikommt. Ich weiß nicht was er vom betreuten Wohnen halten würde, aber für mich wäre es definitiv entlastend. Leider sieht er das überhaupt nicht wie viel wir für ihn tun und wie sehr uns das belastet. Für ihn ist es schon so selbstverständlich.
Vorweg: ihr seid nicht SCHULD, wenn es eurem Vater schlechter geht, wenn ihr Grenzen setzt. Klar bringt ihn das vielleicht aus der Bahn, aber sowas nennt sich leben und ja, dann muss seine Dosis halt kurzzeitig erhöht werden.
Es ist wichtig, dass du Grenzen setzt! Wenn du mit Burn Out ausfällst, brichst du deinem Vater von heute auf morgen ganz weg und das will sicher auch niemand.
Dein Vater ist ein erwachsener Mann und sicher, er hat ne Krankheit, aber das spricht ihn trotzdem nicht von jeglicher Verantwortung frei! Du musst ihn nicht pausenlos bespaßen, du musst nicht immer Übersetzerin sein oder Sekretärin.
Und weise auch deine Mutter ganz klar in ihre Schranken. SIE hat mit deinem Vater gemeinsam (!) Kinder bekommen und ihn so auch zum Vater gemacht. Wieso glaubt sie, dir/euch jetzt alle Last und Verantwortung übergeben zu können, während sie fein raus ist? Und durch ne Trennung sie von aller Last befreit? Es ist gemein, euch das aufzubürden und dann auch noch zu sagen, es sei eure Pflicht, von der ihr euch nicht befreien dürft!
Entweder sie übernimmt selbst was oder sie soll euch mit dem Thema in Ruhe lassen!
Hatte ich auch. Ich fühlte mich als wären meine Eltern eigentlich meine Kinder. Mit 15 Jahren wurden mir schon Briefe in die Hand gedrückt um sie zu übersetzen, obwohl ich selbst erst paar Monate in Deutschland war (Argument war, dass ich ja zu Schule gehe und dadurch es eigentlich verstehen sollte).
Immer ein "du musst mal das machen" oder "ich brauch das"... es wurde immer mehr verlangt... treffen 2-3 in der Woche waren nicht genug, aber wenn ich mal da war, wurde fern geschaut...
Wenn ich mal gesagt habe, dass es mir zu viel wid, kamen Sätze wie "Familie sollte sich doch gegenseitig helfen" (wobei nur meine Schwester und ich Aufgaben hatten).
Meine Eltern sind noch zusammen, beide auch in Therapie. Ich habe den Kontakt zu meinem Vater abgebrochen und mache für die zwei nichts mehr. Lange hatte ich schlechtes Gewissen, habe mir sorgen gemacht wie sie es hinkriegen werden. Aber das vergeht mit der Zeit und wenn man versteht, dass das erwachsene Menschen sind. Und schau, sie schaffen es...
Es kommt natürlich immer noch ab und zu vor, dass ich schlechtes Gewissen bekomme (zb wie kommen sie vom Flughafen nach hause, da ich sie früher immer abgeholt habe), aber nicht mehr durchgehend wie anfangs.
Ich war so überfordert, dass ich fast selbst keine Kinder bekommen hätte, da ich nur noch Aufgaben hatte....
Ich war über 30 als ich verstanden habe, dass sie mir meine ganze Kindheit genommen haben, dass sie mich manipuliert und missbraucht haben.
Kontaktabbruch oder Kontakt reduzieren und aufgaben ablehnen, ist das was hilft und sich selbst bewusst zu machen, dass man deswegen kein schlechtes Gewissen haben muss
Es wäre mir eigentlich auch am liebsten den Kontakt zu reduzieren aber wie du selbst sagst, ist das schlechte Gewissen so groß. Ich wurde von kleinauf darauf gedrillt ihm zu helfen. Mir ist natürlich bewusst, dass ich zu nichts verpflichtet bin, aber es ist so schwer das Ganze abzulegen.
Mein deutlich älterer Bruder ist bipolar und ich kann sehr nachvollziehen, wie du dich fühlst.
Die ganze Familie hat sich sehr lange nach seinen Auf und Abs gerichtet und ihn gestützt, wo es geht. Es ist hart. Ich hab den Kontakt abgebrochen vor 1,5 Jahren, weil es mir ging wie dir: Ich konnte nicht mehr.
Trotzdem ist es natürlich so, dass die Menschen sich das auch nicht ausgesucht haben.
Ist dein Vater gut medikamentös eingestellt?
Ist er in Behandlung?
Mein Bruder schmeißt in jeder manischen Phase jeden Medikamentenplan über Bord… und fängt immer wieder von vorne an. Das zerrt an den Nerven der Angehörigen.
Kann er vielleicht in ein betreutes Wohnen ziehen? Ich würde mich mal mit dem zuständigen Sozialdienst beraten, ob es Unterbringungsmöglichkeiten gibt oder andere Hilfen, die euch entlasten.
Meinem Bruder hilft Regelmäßigkeit. Er, ebenfalls Anfang 60 und in Frührente, macht seit einiger Zeit einen Minijob als Assistenz eines Hausmeisters. Das tut ihm wohl gut.
Ich hätte auch einen Hund für ihn gut gefunden, einfach damit sein Tag besser getaktet ist; aber da hat nachvollziehbarer Weise seine Frau gestreikt, die in depressiven Phasen die Arbeit mit dem Tier gehabt hätte… und natürlich muss gewährleistet sein, dass es dem Tier gutgeht.
Alles Gute und viel Kraft dir!
Ja, mein Vater ist eigentlich gut eingestellt aber Anfang des Jahres hatte er Streit mit seinem Bruder was ihn anscheinend so sehr getroffen hat, dass er die Medikamente abgesetzt hat und in der Psychiatrie gelandet ist. Die Zeit bis er endlich in der Psychiatrie war, war der Horror. Er hat seine komplette Wohnung zerstört und natürlich ist das Aufräumen an mir und meiner Schwester hängen geblieben. Er ist seitdem glaube ich noch immer nicht ganz stabil, weil er natürlich dort so eine hohe Medikamentendosis bekommen hat gegen die manische Phase, dass er danach depressiv war und Antidepressiva bekommen hat.
Zurzeit ist er denke ich noch labil. Leider lehnt er einen Psychologen und eine Sprechtherapie ab - altmodisches Denken.
Das mit dem Minijob habe ich auch überlegt gehabt, aber so wie ich meinen Vater kenne, würde er einfach nicht hingehen, wenn er mal gerade keine Lust hat und für ihn ist das selbstverständlich, dass da jeder Verständnis haben muss. Er ist der realen Welt einfach so fern und sein Leben ist stehen geblieben.
Ja, eine psychologische Betreuung lehnt mein Bruder auch ab.
Nur der Psychiater darf halt Medikamente verschreiben, die er dann nimmt, wenn er Lust hat.
Es ist diese mangelnde Compliance, die mich dazu bewogen hat, den Kontakt abzubrechen. Wenn ich alles für meinen Bruder tun soll, erwarte ich, dass er alle Hebel in Bewegung setzt, stabil zu bleiben. Das er das tut, sehe ich aber nicht.
Google mal "Parentifizierung".
Das ist die Umkehr der Eltern-Kind Rollen - das, was bei dir eben passiert (ist).
Du solltest dir therapeutische Hilfe suchen, um das zu verarbeiten und um zu lernen, klare Grenzen zu ziehen.
Du bist nicht für das Leben deiner Eltern verantwortlich.
Trotzdem verstehe ich natürlich, dass es dir schwer fällt, sie "fallen zu lassen".
Doch du musst klare Grenzen ziehen, sonst gehst du selbst daran kaputt.