Unsere Eltern fühlen sich von unserem Lebensstil persönlich angegriffen

Sorry, wenn es lang wird, es ist kompliziert… Seit einigen Jahren wird die Schlucht zwischen unseren Eltern und uns (meinem Mann und mir) immer tiefer und ich frage mich, ob man an der Stelle nochmal irgendwas zum Guten wenden kann oder ob man allmählich einen Haken an die Beziehung machen sollte.

Mein Mann und ich kommen beide aus ähnlichen Familien und haben ähnliche Wege hinter uns. Unsere Eltern haben alle keine hohen Bildungsabschlüsse, konnten aber vor allem dank des erarbeiten Vermögens ihrer Eltern jeweils ganz okay leben. Sie haben/hatten dadurch zum Beispiel Wohneigentum und Grundstücke und kamen immer damit zurecht, eher wenig zu arbeiten. Um den Lebensstandard aufrecht zu halten, wurden u.a. zwischenzeitlich sämtliche geerbte Grundstücke verkauft. Ich bewerte das nicht, sie alle müssen selbst wissen, was sie mit ihrem Eigentum machen und wie sie ihr Leben gestalten möchten, es ist glaube ich nur für die Beschreibung der Gesamtsituation wichtig.

Mein Mann und ich sind einen anderen Weg gegangen und haben Abitur gemacht, studiert und sind mittlerweile auch karrieretechnisch gut dabei. Vermögend sind wir zwar nicht, aber uns geht’s gut und wir sind mit unserem Leben zufrieden. Wir sind vollkommen unabhängig von unseren Familien, zum Beispiel was das Finanzielle oder die Kinderbetreuung angeht und haben diesbezüglich auch keine Erwartungen. Eigentlich war ich immer davon ausgegangen, dass eine solche Gemengelage dazu führt, dass es tendenziell weniger Konflikte gibt und man sich einfach nur auf die angenehmen Seiten des Miteinanders fokussieren kann. Allerdings wird es - im Gegenteil - immer konfliktiver. Das „Problem“ ist, dass wir in vielen Dingen eine andere Haltung/Einstellung zu unseren Eltern haben und sie sich davon total angegriffen fühlen.

Beispielsweise finden wir es, auch aufgrund unsere eigenen Geschichte, wichtig, für unser Kind gute Bildungsgrundlagen zu schaffen. Dabei reden wir gar nicht von irgendwelchen besonderen Aktionen, von Kleinkind-Mandarin-Kursen oder Privatschulen. Wir nehmen es einfach nur ernst und finden es wichtig, dass unser Kind alle Möglichkeiten bekommt, den von ihm gewünschten Weg einschlagen zu können. Und ja, wir würden zum Beispiel auch lieber mal auf einen neuen Fernseher verzichten, um dem Kind einen Sprachurlaub zu ermöglichen, nur um mal ein Beispiel zu nennen. Unsere Eltern finden das alles komplett übertrieben und sie beziehen unsere Einstellung auf sich selbst und auf ihre eigene Schulbildung!? Dabei haben wir nie, nicht mal implizit, uns in irgendeiner Form abfällig über ihre eigenen Bildungswege geäußert. Das ist uns völlig schnuppe und sie sind unsere Eltern, egal ob mit Hauptschulabschluss oder Promotion. Aber sie verfallen ständig in einen Rechtfertigungsmodus. Wir äußern uns schon gar nicht mehr aktiv zu dem Thema und antworten nur so kurz wie möglich auf Fragen. Und trotzdem werden immer wieder Äußerungen getätigt wie: „Meine Güte, ihr übertreibt ja total. Ihr haltet euch wohl für was Besseres. Aus uns allen ist auch ohne Abitur was geworden.“ und so weiter. Ich verstehe das überhaupt nicht und weiß schon gar nicht mehr, wie ich dem aus dem Weg gehen soll. Was ist denn an guter Schulbildung schlecht? Und was hat es mit unseren Eltern zu tun, auf welche Art und Weise wir unser Kind unterstützen? Warum werden diese Themen immer wieder angeschnitten, nur um zu stänkern und zu provozieren?

Anderes Beispiel: Wir leben gerne einen relativ nachhaltigen Lebensstil im Alltag. Nicht dogmatisch, wir machen auch mal eine Flugreise und essen Fleisch, aber eben an den Stellen, die uns nicht weh tun und die wir gut umsetzten können. Wir haben zum Beispiel kein eigenes Auto, wohnen zu Dritt in einer Dreizimmerwohnung und kaufen möglichst Bio-regional-fair ein. Uns ist das eben wichtig. Aber auch hier fühlen sich unsere Eltern komplett angegriffen und sie fangen ständig an, darüber streiten zu wollen. Es hat schon gereicht, dass ich meinem Neffen letztens fair gehandelte Schokolade geschenkt habe (habe gar nicht darauf hingewiesen oder Ähnliches, ihm einfach nur die Schoki mitgebracht und fertig) und schon kam wieder ein doofer Spruch à la „Ah, da ist wieder unsere Weltverbesserin!“. Ich finde das langsam aber sicher nicht mehr erträglich. Es wäre ja noch was anderes, wenn wir mit Belehrungen und Co. ankommen würden, aber das ist ja nicht der Fall. Leben und leben lassen. Doch ständig kommt irgendwas aus dem Nichts. „Also, ihr müsst ja auch bedenken, dass viele Leute auf ein Auto angewiesen sind, wir eben auch!“ - „Äh ja, wie kommst du jetzt darauf?“ - „Naja, weil ihr ja kein Auto habt, aber bei euch geht das ja auch. Bei uns würde das nie gehen.“ - „Okay…“ - „Du bist so überheblich, stell mal deine Arroganz ab!“ - „Ich hab doch nur okay gesagt!?“ … so geht das immer wieder, auch bei vielen anderen Themen. Ich will nicht streiten und ich respektiere ihre Entscheidungen. Warum machen sie immer wieder ein Fass auf, obwohl es gar keinen objektiven Anlass gibt?

Ich habe mir vor zwei Jahren eine Gitarre gekauft, weil ich das Instrument lernen wollte. Meine Mutter war stinksauer: „Ich wollte auch immer Gitarre lernen, aber meine Eltern haben es mir nicht erlaubt!“ - „Aber du warst doch irgendwann erwachsen und hättest dir selbst eine Gitarre kaufen können?“ - „Das hätte ich mir niemals leisten können.“ - „Okay.“ - „Das ist gar nicht okay, du weißt gar nicht wie schwer ich es hatte!“ Etc. Etc.

Wir sind es sooo leid. Ständig haben wir das Gefühl uns dafür entschuldigen zu müssen, wie wir leben und welche Prioritäten wir setzen. Ich wäre unendlich stolz, wenn mein Kind mal in einer Sache weiterkommt als ich selbst und seine Vorstellungen vom Leben verwirklichen kann, unsere Eltern fühlen sich davon angegriffen. Ich habe den Eindruck, dass ihnen so langsam bewusst wird, was sie selbst vielleicht nicht erreicht haben aber erreichen wollten und sie jetzt „Schuldige“ dafür suchen. Ich will mich schon gar nicht mehr mit ihnen treffen, weil uns nur noch vermittelt wird, dass wir „falsch“ leben. Anstatt dass sich meine Eltern darüber freuen, dass wir ein erfolgreiches, schönes und selbstständiges Leben führen, zeigen sie nur Missgunst. Bei meinem Mann und seinen Eltern ist es ähnlich.

War jemand von euch schon mal in einer ähnlichen Situation und hat einen Lösungsvorschlag? Ich kaufe mir ja jetzt kein Auto, mache Schulden oder verändere meinen Konsum, nur damit sich meine Eltern besser fühlen können…

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Puh, das klingt wirklich anstrengend. Ich glaube, ich würde in einer ruhigen Minute es mal direkt ansprechen. Mama, kannst du mir bitte mal sagen, was dich an unserem Lebensstil so triggert? Wir kritisieren euch doch auch nicht. Ständig greifst du uns für unsere Entscheidungen an, das führt dazu, dass wir langsam 3x überlegen, was wir erzählen und es vergiftet die Stimmung. Lass uns doch jeder so leben und handeln, wie wir das für gut und richtig erachten

Ich finde, du klingst ünrigens sehr sympathisch

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Danke ❤️! Ich werde nochmal drüber nachdenken… Wir sagen immer wieder: „Ihr wisst doch, dass wir da unterschiedliche Ansichten zu haben, lasst es einfach gut sein.“, aber es wird immer weiter gestichelt 😐. Ich bin mir nicht sicher, ob einfach ansprechen reicht, oder ob man eigentlich mal so richtig auf den Tisch hauen sollte. Ob das dann aber letztlich zu einem besseren Miteinander führt, ist halt auch fraglich.

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Was spräche gegen abmoderieren.
"Deine Meinung hierzu hast du zur genüge kund getan. Das Thema beenden wir." Und den zweiten Satz dann konsequent wiederholen und das Gestichel abwürgen. Damit nimmst du den Sticheleien die Luft zum brennen.

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Puh. Das klingt wirklich sehr anstrengend und so als ob da viel auf euch drauf projiziert wird. Es ist schon schwierig da du ja schreibst das diese Themen grundsätzlich von deinen Eltern selbst angeschnitten werden oder Kommentare fallen die nur provozieren und verletzen. Ich höre da auch viel Selbstmitleid raus, in dem sich gesuhlt werden möchte. Definitiv hilft da nur Abgrenzung, emotionale und wenn nötig auch wirklich räumliche Distanz. So ein Verhalten wird sich vermutlich nicht ändern, gerade wenn die Personen von denen es ausgeht so uneinsichtig sind. Dazu muss man auch mal sagen: zieht euch den Schuh nicht an! All das was da geäußert wird zeigt nur ein eigene Unzufriedenheit und mangelnder Selbstwert! Da kann man ja quasi jeden gehörten Satz im Hirn umwandeln von „wir konnten uns das nicht leisten“ zu „ich bin unzufrieden und eifersüchtig“. Und was würde man dazu großartig sagen? „Ach du bist unzufrieden und eifersüchtig? Ahja, ist jetzt irgendwie dein Problem.“
Das ist nicht eure Baustelle.
Ich würde dennoch selber immer wieder versuchen zu reflektieren wo man selbst vielleicht bewertet und vergleicht und das zu unrecht. Ich höre da schon raus das bei euch die Posten „wir und die anderen“ bezogen wurden. Dazu gehören zwei, vielleicht merkst du manchmal nicht das unterbewusst doch auch Urteile eurerseits gefällt werden.

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Danke für deine Antwort! Klar, da hast du schon Recht, auch wir treffen unsere Urteile, wäre ja wahrscheinlich auch seltsam, wenn nicht :). Zum Beispiel verurteile ich ihre Haltung zum Thema Bildung, die dazu geführt hat, dass ich mir meinen eigenen Bildungsweg hart erkämpfen musste. Meine Eltern haben mich nie unterstützt. Mein Bruder hat einen Realschulabschluss und eine Berufsausbildung gemacht, das wurde (auch finanziell) unterstützt. Mein Abi habe ich ohne ihre Hilfe geschafft. Und mein Studium sowieso. Sie haben nicht einen Cent beigesteuert, obwohl ich nicht Bafög-berechtigt war und mir auch nicht geholfen bei Studienortauswahl, Wohnungssuche oder Ähnlichem. Weil: „Ist ja komplett unnötig und sowas Unnötiges unterstützen wir nicht.“ Das verurteile ich zutiefst, dass sie ihrem eigenen Kind keinen Bildungsaufstieg gönnen konnten nur weil sie das an eigene „Unzulänglichkeiten“ erinnert, also aus rein egoistischen Gründen. Ehrlich gesagt fühle ich mich deswegen schon ein bisschen überlegen. Ich hab’s schließlich komplett alleine hingekriegt, während meine Eltern ständig nur jammern wie ungerecht das Leben zu ihnen ist (obwohl sie es hat nicht so schlecht hatten). Ich glaube aber, dass meine Urteile nicht ungerechtfertigt sind und ich weiß, dass ich sie nicht leichtfertig gefällt habe, im Gegenteil. Bei dem eigenen Eltern ist man ja tendenziell eher nachsichtig.

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Und deine Einstellung, die du im Eingangstext so vehement verneint hast, werden deine Eltern spüren. Oder, was ich viel eher vermute, ihr werdet sie das auf (vielleicht) sehr subtile Art und Weise spüren lassen.

Es ist doch arg unwahrscheinlich, dass beide Familien so auf euch reagieren, obwohl ihr dazu nichts beitragt.

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Also als erstes mal würde ich da auf direkte Konfrontation gehen. Ich würde mich mit den Eltern hinsetzen und denen offen sagen, was dich da gerade belastet und wo ihr Problem ist. Ich würde klar machen, dass du noch nie deren Lebensstil verurteilt hast. Ich würde auch sagen, dass man leben und leben lassen sollte und jeder andere Prioritäten im Leben hat. Was ja nun nicht schlimm ist, sondern super. Und das jeder Lebensstil was gutes hat.

Dann frag ich mich, was ihr bei eurem Kind so exklusives macht, dass das deine Eltern triggert? Ich kann mir so gar nichts darunter vorstellen. Im Zweifel würde ich da nichts mehr erzählen.

Also ich würde das direkte Gespräch suchen, und sagen dass dich das sehr belastet. Und wenn sich nichts ändert den Kontakt deutlich verringern, oder kappen.

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Aus ihrer Sicht ist es zum Beispiel exklusiv, wenn man mit dem Kind in ein Theater oder Museum geht, was wir ab und zu machen. Anderes Beispiel: Wir sind totale Leseratten und auch unser Kind ist Bücherfan. Wir lesen jeden Tag etwa eine Stunde mit ihm, darauf wird total abschätzig geschaut und es wird auch immer wieder gesagt, dass wir ja kein normales Maß mehr mit Büchern halten können. Also eigentlich werden immer wieder Dinge kritisiert, die aus meiner Sicht total normal sind oder vielleicht sogar ne tolle Sache fürs Kind. Ich erzähle schon fast nichts mehr, es reicht meistens schon, wenn sie irgendwas sehen, zum Beispiel wenn hier die Gitarre in einer Ecke steht, wird gleich wieder hervorgebracht, wie arm meine Mutter ist, dass die Welt ihr nicht gestattet hat, dieses Instrument spielen zu lernen. Mich frustriert das total. Ich brauche keine Beste-Freundin-Mama, aber ich würde mir wirklich ein einigermaßen wohlgesonnenes und liebevolles Miteinander wünschen. Ich finde meine Meinung auch immer wieder mal besser, als die von meinen Eltern, aber deswegen bin ich nicht respektlos und lasse verletzende Sprüche los. Und ich bin vor allem nicht so missgünstig, wenn meine Eltern mal mehr haben oder etwas besser können.

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Zur Gitarre fällt mir noch ein: vielleicht wäre es eine Möglichkeit, mal unerwartet anders zu reagieren, wenn das Thema wieder aufgegriffen wird. So in der Art:"Das tut mir wirklich leid, dass das mit dem Gitarre lernen bei dir früher nicht geklappt hat, gerade, wenn du es dir so gewünscht hast. Magst du es mal mit mir gemeinsam probieren? Oder: Man kann ja auch mal testweise Stunden nehmen, vielleicht wäre das was für dich?" Das Problem hierbei ist ja offensichtlich, dass die Mama nur den Gedanken an verpasste Möglichkeiten hat, nicht aber die Chancen sieht. Und als Tochter/Sohn fehlt einem da manchmal die Empathie:" Hättest dich als Erwachsene ja selbst darum kümmern können" zeigt mehr den eigenen Blickwinkel darauf, dass man selbst halt die Dinge angeht, anstatt zu jammern. Manchmal muss aber kurz auf das Gefühl eingegangen werden, um dann den Übergang zu den Möglichkeiten zu schaffen. Vielleicht würde sie ja noch zu nem zufriedeneren Menschen, wennn sie es wirklich probierte, dem großen Wunsch von damals nachzugehen. Wer weiß?!

Ansonsten würde ich es ähnlich empfinden. Mal ins Museum, gerne und viel lesen sind gute Dinge, die würde ich mir nicht mies machen lassen.

Bearbeitet von Gitarrenspiel
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Ich finde es bitter, dass die eigenen Eltern nicht gönnen können.

Du schriebst „Neffe“. Du hast Schwester und/oder Bruder! Wie lebt/leben diese Familie(n)?
Kommt der Neid evtl. aus dieser Ecke? Und die Eltern lassen sich aufhetzen?

Bearbeitet von sanne1973
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Der Neffe ist der Sohn meiner Schwägerin (Schwester meines Mannes). Der Spruch kam von meinen Schwiegereltern. Von meiner Schwägerin und ihrer Familie kommt das bestimmt nicht, da schwöre ich Brief und Siegel drauf. Wir haben ein super Verhältnis. Die leiden selbst teilweise unter den elterlichen Eigenarten.

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🤦🏽‍♀️, die Geschwister deines Mannes hatte ich gar nicht auf dem Schirm.
Auf jeden Fall war ich komplett auf dem Holzweg mit meiner Vermutung. 🤷🏼‍♀️
Danke, dass du das klargestellt hast.

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Hey,

Oh Mann, fühl dich erst mal gedrückt und sei ein bisschen stolz auf dich.

Also ich muss ehrlich sagen, dass ich zwar das Gespräch suchen würde, dann aber tatsächlich Abstand nehmen würde, wenn wieder nur Vorwürfe und Sticheleien kommen.

Wie kann man nur neidisch auf den Erfolg seiner eigenen Kinder sein? Ich platze vor Stolz aus allen Nähten, dass mein Ältester der erste in der Familie ist, der studiert. Und dass der Mittlere nächstes Jahr eine solide Handwerkerlehre beginnt. Von dem Gehalt, das er später bekommen wird, träumen wir derzeit.

Wünscht man sich nicht genau das für seine Kinder?

Auch Euer Nachhaltigkeitsthema finde ich sehr lobenswert. Ich würde mich freuen, wenn meine Kinder darauf mehr achteten. Aber genau diese Themen werden ja gerade in D durch das jahrelang anhaltende Grünenbashing von vielen gerne schlecht geredet.

Trotzdem würde mich dieser Wettbewerbsgedanke innerhalb der Familie sehr stören. Sie begeben sich mit Begeisterung in die Opferrolle, um auf Euch herumhacken zu können? Nein danke, dieses Spiel würde ich nicht mitspielen.

Wenn ich das unangenehme Gefühl hätte, mich live im realen Leben in einer Facebook Kommentarspalte zu befinden, würde ich gehen. Vor allem wird Eurem Kind ja nichts Gutes vorgelebt.

So weh es tut, wenn deine Eltern nicht bereit sind, von ihrer verbockten Meinung abzuweichen oder zumindest für die Dauer Eures Aufenthaltes nicht darüber zu sticheln, würde ich mich distanzieren.

Liebe Grüße und alles Gute
Scabra

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Vielen Dank für deine Antwort! ❤️
Und Glückwunsch zu deinen erfolgreichen tollen Kindern!

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Das ist echt schwer auszuhalten.

Ich denke deine Eltern sind (leider) mit ihrem Leben nicht zufrieden, wollen das aber nicht zugeben. Daher hauen sie auf euch drauf, um sich selbst zu bestätigen, dass sie nichts falsch gemacht haben.

So nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung".

Nicht ich bin zu faul Müll zu trennen, sondern die anderen sind "Weltverbesserer".

Nicht ich hätte mich mehr für meine Bildung anstrengen können, sondern es ist "unnütz und die anderen halten sich für etwas Besseres".

Das ist bequem.
So wälzt man die Verantwortung auf "die anderen" (in diesem Fall leider euch) ab und muss sich selbst keine Fehler eingestehen.
Kopf in den Sand.

Ich denke ihr habt zwei Möglichkeiten
- ein offenes Gespräch
- Kontaktreduktion und Abgrenzung

Alles Gute euch!

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Danke! Ich sehe tatsächlich kaum eine Möglichkeit, außer den Kontakt noch weiter zu reduzieren. Aber es macht mich schon traurig. Vor ein paar Jahren habe ich meinen Eltern mal sehr deutlich gesagt, dass mich ihre Art stört. Die Folge war, dass sie fast ein halbes Jahr nicht mehr mit mir gesprochen haben. „Ach, wir sind dir wohl nicht gut genug, dann brauchen wir uns auch gar nicht mehr unterhalten.“ - dabei habe ich einfach nur eindringlich darum gebeten, dass sie aufhören sollen, ständig in mir einen Sündenbock zu suchen oder mich so unkonstruktiv zu kritisieren. Es ist schwer, aber ich muss mich wohl wirklich von meinen Vorstellungen von einem schönen Eltern-Kind-Verhältnis lösen.

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Na ja in dem halben Jahr muss ja wenigstens endlich Ruhe geherrscht haben und sie wollen offenbar mit aller Gewalt glauben das ihr was besseres seid. Sie sind ja scheinbar in keinster Weise davon abzubringen.

Ela

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Puh das ist ja anstrengend...

Ich meine, ihr lebt jetzt ein Leben, mit dem Ihr zufrieden seid, das Ihr nach euren Wünschen lebt. Sie haben das offenbar nicht getan und wirken insgesamt unzufrieden. Ich kann mir vorstellen, dass sie genau das nun vor Augen haben, was sie sich vielleicht einst selbst gewünscht hätten, oder dass ihr euren Kindern Dinge bietet, die sie euch nicht bieten konnten damals. Siehe Gitarrespielen.

Ich weiß von meiner Mama, dass sie auch immer mal denkt, dass sie uns gern dieses oder jenes ermöglicht hätte, was eben damals aus verschiedenen Gründen nicht ging (manches finanziell, manches vom Wohnort abhängig, usw). Oder mit uns auf eine andere Art umgegangen wäre, was damals nicht üblich war. Sie war (DDR) sehr jung, als ich geboren wurde und sagt selbst, dass sie später vieles anders gemacht hätte - also ja, da ist ein Stück Bereuen schon auch mit bei von ihrer Seite. Vielleicht ist das bei euren Eltern ähnlich.

Und meine Schwester und ich sagen immer, wir sind doch heute genau die Menschen, die wir sind, weil SIE uns so erzogen haben, wie sie es getan haben. Und weil SIE uns das ermöglicht haben, was sie eben konnten. Ich bin dankbar für meine Kindheit und für die Liebe meiner Eltern. Ohne diesen "Start" ins Leben wäre ich ein anderer Mensch. Sie haben mir mein Studium ermöglicht, mit dem für mich nicht nur Bildung, sondern auch ganz liebe Menschen fürs Leben, Erlebnisse und unvergessliche Momente verbunden sind.

Alles andere, was ich als Erwachsene wollte und umgesetzt habe, hat mit meiner Kindheit überhaupt nichts zu tun. Aber den Grundstein für alles haben doch damals meine Eltern für uns gelegt. Was ich heute anders mache, ist niemals eine Kritik an meinen Eltern. Es ist eben einfach eine andere Zeit.

Ich weiß nicht, ob das so ankommt und Deine Eltern das wissen? Aber wenn Du ihnen sowas Ähnliches auch mal sagst?

Wir haben relativ wenig Geld und ich denke auch manchmal "Ich würde so gern". Ich könnte mir gut vorstellen, dass ich später mal ähnlich empfinde, wenn meine Kinder mit IHREN Kindern dann anders leben.

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Also wenn ich eins weiß, dann dass es meinen Eltern nie wirklich schlecht ging. Wie gesagt, sie haben gut geerbt und ihr Geld für schöne Reisen, Elektronikgeräte usw. ausgeben können. Meine Mutter hätte sich zehn Gitarren kaufen können, wenn sie gewollt hätte, aber es war ihr nie wirklich wichtig. Jedenfalls hatte sie das Thema bis vor zwei Jahren nicht erwähnt. Erst als ich die Gitarre in der Ecke stehen hatte, war sie auf einmal die Arme, die das Instrument schon immer spiele wollte.
Dass sie mich finanziell unterstützen, war nie ein Thema. Aber nicht weil sie nicht konnten, sondern weil sie nicht wollten. Irgendwann fragten sie mal „Wie hoch sind eigentlich die Schulden, die du fürs Studium gemacht hast?“ - „xtausend Euro, warum?“ - „Naja, also wir haben uns überlegt, wir könnten dir zweihundert Euro beisteuern, damit du das schneller abbezahlen kannst.“ (Gönnermodus an) - „Das ist nett, aber macht euch keine Sorgen, ich habe den Kredit schon abbezahlt.“ Danach waren sie total wütend!? Einfach nur weil ich es hinbekommen habe, den Kredit selbstständig und zügig abzubezahlen, das muss man sich mal vorstellen. Aber das ist ihre Logik. Alles was ich irgendwie (besser) hinkriege als sie selbst, ist grundsätzlich schlecht bzw. triggert sie. Ich finds einfach nur anstrengend.

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„Vermaschung ist ein Begriff aus der Psychologie. Er beschreibt ein ständiges Beharren einer Familie auf Gemeinsamkeit und Gemeinschaftlichkeit sowie ein Abwehren von Autonomie und Selbstverwirklichungsbestrebungen.“

Unter dem englischen Wort „Enmeshment“ findest du vieeeeeeeeele Infos!

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Wieder mal was Neues gelernt, danke!

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Interessant. Das erklärt Vieles - nicht nur beim Thema Familie.

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Ich finde das Verhalten eurer Eltern auch anstrengend, frage mich aber, ob ihr immer so an der Oberfläche bleibt bei Gesprächen. Sagst du wirklich immer nur "okay" oder gehst du auch mal in die Tiefe und fragst deine Mama, wie sie sich dabei gefühlt hat und zeigst je nach Situation auch ein bisschen Empathie?
Dein Okay kommt wahrscheinlich aus Angst vor Vorwürfen und Diskussionen heraus, klingt aber auch ein bisschen nach "ja, gut, und jetzt?", also gleichgültig, weil es dich ja nicht betrifft. Das könnte den Eindruck erwecken, als würde dich das alles ja nichts angehen, weil du besser gestellt bist.

Ich verstehe beide Seiten ein wenig. Ihr wollt euren Eltern gar nichts Böses und redet über das Leben, das ihr gut findet und für euch normal ist.
Eure Eltern fühlen sich scheinbar unzureichend und interpretieren deine Aussagen als Vorwurf ("Wir würden sogar auf unser TV-Gerät verzichten" - Interpretation: Anders als ihr, die sowas ja nie für uns gemacht hätten. Oder "Wir kaufen nur Bio und Fairtrade." Interpretation: Eure ungesunde Billigschokolade ist nicht gut genug für uns.)
Das ist natürlich total anstrengend, weil man kaum noch ungezwungen reden kann und immer überlegen muss, was man sagt und wie es ankommt.

Aber ich denke, dass beide Elternpaare (die ja nicht zusammenleben) anscheinend ähnlich empfinden, zeigt, dass es entweder ein Generationenproblem ist, etwas an der Kritik dran ist oder eben jeder sein Päckchen zu tragen hat, was schmerzt, wenn man den wunden Punkt immer wieder vor die Nase gehalten bekommt.

Meine Lösung wäre, bei den Eltern nachzuhaken, wenn sie sich so äußern und das nicht, um auszudiskutieren, was besser ist, sondern um zu verstehen, was sie fühlen und wo dieser Rechtfertigungsdrang herkommt.
Und dann würde ich die wunden Punkte auch erstmal etwas aussparen, also nicht über finanzielle Dinge und rote Tücher reden. Im Normalfall gibt es ja viel mehr und unverfänglichere Gesprächsthemen innerhalb einer Familie, auf die man ausweichen kann.
Ihr wisst genau, wovon sie sich getriggert fühlen, also spart es aus. Man muss nicht alles zum Thema machen und darf persönliche Konfliktthemen auch mal unausgesprochen lassen.
Das macht es für euch leichter und eure Eltern fühlen sich nicht ständig angestachelt, was die Situation entspannen könnte.

Ich finde es immer schade, wenn man nicht offen reden kann oder sich die Parteien schnell angegriffen fühlen. Aber bei manchen Themen ist es halt so und wenn der Versuch, es zu verstehen und darüber zu reden, nicht fruchtet, würde ich solche Themen weitestgehend ruhen lassen und mit anderen Menschen besprechen, die sich nicht davon angegriffen fühlen.

Bearbeitet von aniluka
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„Sagst du wirklich immer nur "okay" oder gehst du auch mal in die Tiefe und fragst deine Mama, wie sie sich dabei gefühlt hat und zeigst je nach Situation auch ein bisschen Empathie?“

Nein, ich sage nicht jedes Mal nur okay, aber bin schon eher kurz angebunden. Das hat sich über viele Jahre so entwickelt. Ich habe mir das lange immer wieder angehört und mich auch mitfühlend geäußert, mir Sorgen gemacht usw., bis ich gecheckt habe, dass insbesondere meine Mutter versucht, mich damit zu manipulieren (Mitleid generieren usw.). Das war ein längere Prozess, in dem sie auch ziemlich oft gelogen hat, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Deswegen habe ich mich von schon ziemlich distanziert.

„Eure Eltern fühlen sich scheinbar unzureichend und interpretieren deine Aussagen als Vorwurf“

So in die Richtung geht es wahrscheinlich, nur dass wir eben gar keine Aussagen dazu machen. Unsere Eltern suchen aktiv nach Dingen, die sie kommentieren können. Dir Schoki haben sie zum Beispiel eingehend gesichtet, weil sie die nicht kannten und haben ihren Spruch gebracht, nachdem sie entdeckt haben, dass sie fair gehandelt ist. Ich weiß halt absolut nicht, was ich da noch machen soll. Sie machen die Fässer ständig selbst auf und ich verstehe nicht, warum.

„Man muss nicht alles zum Thema machen und darf persönliche Konfliktthemen auch mal unausgesprochen lassen.“

Das sehe ich komplett so wie du! Deswegen sprechen wir die Dinge ja gar nicht erst an. Das kommt von den Eltern selbst…

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Dann wird ja wirklich aktiv das Haar in der Suppe gesucht. Ich dachte, ihre Reaktionen ergeben sich überwiegend aus euren Gesprächen über diese Themen, aber wenn sie von selber dauernd darauf herumreiten, würde mir vermutlich irgendwann die Hutschnur platzen.
Was bezwecken sie denn damit? Das würde ich sie mal fragen.

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