Der Elefant im Raum

Hallo zusammen,

ich benötige mal einen Rat. Es geht hier konkret um meinen Schwager und seine Frau (Bruder meines Mannes). Mein Mann hat daneben auch noch einen weiteren Bruder. Der weitere Bruder und wir haben Kinder, der Bruder und die Schwägerin um die es hier geht nicht.
Vor drei Jahren haben wir durch Zufall erfahren, dass die beiden nicht freiwillig kinderlos sind. Eigentlich wollten sie an Weihnachten zu uns kommen, haben dann aber kurzfristig abgesagt. Da kam heraus, dass meine Schwägerin gerade eine Fehlgeburt hatte.
Ich hatte ihnen beim nächsten Treffen gesagt, dass mir das mit der Fehlgeburt leid tut und ob sie nicht in eine Kinderwunschklinik wollen, bei meinem Mann und mir hat das auch zum Erfolg geführt (ich war dort aufgrund vorzeitiger Wechseljahre, wurde aber gleich in der ersten Behandlung schwanger). Daraufhin sagte sie nur, dass sie dort schon länger in Behandlung sind.

So, seitdem wurde dieses Thema nie wieder angesprochen. Schwanger wurde meine Schwägerin nicht mehr, bzw. hat sie bisher kein Kind bekommen. Letztes Jahr ist sie 40 geworden.
Meine Schwägerin war sowieso schon immer eher distanziert. Ich habe aber das Gefühl, dass das seit der Fehlgeburt noch mehr wurde. Ich fühle mich bei Treffen auch oft nicht wohl, weil ich nichts falsches sagen oder machen will und daher auch oft verkrampft bin.
Und dann stehen bei Treffen und Familienfeiern natürlich die Kinder im Mittelpunkt, auch bei meinen Schwiegereltern. Die betonen auch immer, wie sehr sie sich über die Enkel freuen. Meine Schwägerin und mein Schwager sitzen da immer nur wortlos in der Ecke.
Irgendwie hat man das Gefühl, dass das Thema Kinderlosigkeit immer irgendwie umschifft wird, aber trotzdem immer präsent ist. Meine Schwiegermutter ist da leider auch eher oft trampelig unterwegs.

Ich weiß jetzt nicht, ob wir meinen Schwager uns seine Frau nochmal auf das Thema Kinderwunsch ansprechen sollen. Und wenn ja, was sagt man da? Mein Mann und ich sind total ratlos.

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„Dann stehen bei Treffen natürlich die Kinder im Mittelpunkt.“

Wieso ist das natürlich? Für mich nicht.

Ich finde es - trotz eigener Kinder - sehr anstrengend, wenn bei allen Treffen die Kinder im Mittelpunkt stehen.
Vielleicht kann man daran arbeiten?

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25 Herzchen für diese Antwort.

Auch ich bin Mutter, aber dieses ständige um, für, mit den Kindern und erweitert weder den eigenen noch den Horizont der Kinder.
Ich habe es geliebt unter dem Radar zu laufen, nicht nur ich auch meine Schwester, Cousinen und Cousins.
Immer wenn Wahlen sind überkommt mich Wehmut, meine Großeltern "schmissen" eine Wahlparty, zu jeder Wahl. Nichts großes Kuchen und Schnittchen und die gemeinsame Aufregung vor der ersten Hochrechnung und ich stamme nicht aus einem akademischen Haushalt.
Nein, wir standen nicht ständig im Mittelpunkt und das war gut so.

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Ja, eben.
Kindern tut es auch nicht gut, immer im Mittelpunkt zu stehen.

Ich weiß genau, was du meinst: Bei Familienfeiern habe ich es als Kind geliebt, mit Cousins und Cousinen durch die Gegend zu streifen und unbeobachtet Quatsch zu machen.

Unvergessen die Kommunion, bei der mein Cousin und ich uns mit Algen aus einem nahen Brunnen beworfen haben. 🤣

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Hallo,

ansprechen ist sicherlich gut. Ladet sie zum Kaffee ein, fragt ob noch ein Kinderwunsch besteht. Und entweder kommt dann ja oder nein. Frag wie es ihnen geht ob man ihnen etwas Gutes tun kann?

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Ich habe Angst, dass das sehr plump rüber kommt, wenn wir fragen, ob noch Kinderwunsch besteht. Wir haben vor allem seit der Fehlgeburt damals ein eher distanziertes, oberflächliches Verhältnis. Bei Treffen geht es eigentlich immer nur um allgemeine Themen oder unsere Tochter.

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Also bitte frag sie nicht "ob noch ein Kinderwunsch bestehet". Das ist ja super unsensibel. Ich bin ein bisschen in der Lage deiner Schwägerin. Wir sind schon lange in Kiwu-Behandlung und musste eher unfreiwillig meine Eileiterschwangerschaft offenbaren. Das war vor gut einem Jahr. Und seit dem ist das wie du sagst der Elefant im Raum. Ständig gibt es in der Familiengruppe Bilder des Enkels vom Bruder und wir sitzen stumm davor.
Und ehrlich: Es verletzt uns sehr dass seitdem NIEMAND mal gefragt hat wie es uns geht und ob das so ok ist mit dem Umgang des Ennkels usw.

Ja es ist ein schwieriges Thema aber es tot zu schweigen empfinde ich als sehr verletzend. Man kann z.B. sagen: "Hey xy darf ich einfach mal nachfragen wie es euch mit der Situtation geht. Wenn du nichts sagen willst, ist das natürlich voll ok. Wir wollten einfach nur fragen ob das so passt bzw. ob wir euch irgendwie unterstützen können".
Zack - mir wäre damit geholfen. Ehrliches Mitgefühl aber kein Drängen.

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Das ist ein schwieriges Thema.

Ich denke es hängt davon ab, wie nahe ihr euch steht.
Sprecht ihr auch über andere, eher intime Themen?

So aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass ich abwarten würde, ob sie davon anfangen. Es ist "ihr Thema".

Alternativ könnte ich mir noch vorstellen, dass dein Mann das mal bei seinem Bruder anspricht - die stehen sich dann wahrscheinlich doch noch etwas näher, als du mit der Schwägerin.

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Das Verhältnis ist eher distanziert und oberflächlich. Ich hab den Eindruck, dass das seit der Fehlgeburt von Seiten meiner Schwägerin noch distanzierter wurde. Das macht es ja so schwer irgendwie. Ich habe das Gefühl, bei Treffen ständig auf Eiern zu gehen.

Zu deinem Alternativen Vorschlag: mein Mann ist für sowas noch weniger zu gebrauchen. Der ist total überfordert damit, das war er schon damals bei der Fehlgeburt.

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Und wenn dein Mann und seine beiden Brüder mal einen kneipen Abend machen? Pizza essen gehen? Was auch immer? Wäre das eine Möglichkeit?

Muss sagen dass ich den Vorschlag mit der Kinderwunschklinik schon grenzwertig finde wenn jemand gerade eine Fehlgeburt hatte.

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Das ist ein echt schwieriges Thema.

Wir hatten das auch mal in der Familie. Meine Schwägerin (Frau des Bruders meines Mannes) wurde erst nach langer Zeit schwanger, das Kind kam in der 29. Woche tot zur Welt, ich hatte gerade ein paar Wochen vorher erfahren, dass ich mit dem dritten Kind schwanger bin. Das habe ich erstmal für mich behalten.

Ich habe ihr dann nur gesagt, wenn sie reden möchte, bin ich da. Dann habe ich drei Wochen gar nichts mehr von ihr oder ihrem Mann gehört, bis sie irgendwann vor meiner Tür gestanden und einfach nur geweint hat. Wir haben dann auch gar nicht viel gesprochen, war gar nicht notwendig in den Moment.
Inzwischen haben die beiden zwei gesunde Kinder, sie meinte später mal zu mir, sie wird nie vergessen, dass ich nicht reden wollte.

Auch deswegen bin ich immer dafür, ein Angebot zu machen. Wenn du reden möchtest, egal über was, ich höre zu und wenn ich irgendwie helfen kann, werde ich es versuchen. Ich glaube, in solchen Situationen ist kaum etwas schlimmer als das Gefühl, gedrängt zu werden.

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Genau richtig, so würde ich auch handeln. Anbieten da zu sein!

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Nein, ich würde sie nicht mehr ansprechen. Wenn sie reden wollen würde, würde sie doch das Gespräch zu dir oder deinem Mann suchen. Dadurch das sie es nicht macht, würde ich auch immer davon ausgehen das sie einfach nicht drüber reden möchte.

Es ist bestimmt auch nur nett gemeint von dir aber lass die Leute in Ruhe. So ein unerfüllter Kinderwunsch kann schon irgendwie echt hart sein.

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Ich würde sie nicht drauf ansprechen. Wieso auch? Was willst du ihnen sagen?

Lieber würde ich mal mit den SE reden, damit die in der Anwesenheit des Paares nicht so übermäßig die Kinder betonen.
Kann mir schon vorstellen, dass das die beiden sehr traurig macht.

Am besten ist es doch, wenn ihr alle so unverkrampft wie möglich zusammensitzt und euch unterhaltet.
Seht ihr euch alle gemeinsam so selten, dass das so aussergewöhnlich ist?

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Das Problem ist ja, so wie ich es verstanden habe, dass die Zusammentreffen eben das Gegenteil von unverkrampft sind. Die Schwiegereltern sind der Beschreibung nach noch am "unverkrampftesten" (auch wenn sie Schwager und Schwägerin damit vermutlich unbeabsichtigt wehtun oder Salz in die Wunde streuen). Ich bin mir aber nicht sicher, ob es die Gesamtsituation verbessert, wenn sich alle total zurücknehmen auch Rücksicht, aber das Verhalten rein auf Vermutungen basiert und niemand weiß, was das Paar überhaupt braucht. Die Kinder bei Familienfeiern ignorieren kann ja auch nicht die Lösung sein. Die Kinder sind nun einmal da und gehören auch zur Familie.
Dass es im Familienchat auch andere Themen geben und sich nicht nur um die Enkel drehen sollte, darauf würde ich aber schon bewusster achten. Hier auch mal nachfragen, was es Neues gibt oder z.B. auf Urlaubsfotos o.ä. des Paares stärker eingehen usw.

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Klar soll es unverkrampft ablaufen. Das kann aber nur funktionieren, wenn der kiwu der beiden ausgeblendet wird und die vorgandenen Enkel "normal" behandelt werden. Natürlich darf man sie nicht ignorieren. Aber dauernd betonen, wie süß sie sind usw trifft die Schwägerin und den Schwager natürlich uns Mark.

Ich denke, die beiden würden das Gespräch hinsichtlich des kiwu schon selber suchen, wenn sie dies möchten.

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Kannst du dich nicht mal mit deiner Schwägerin alleine treffen?

Man kann ja sagen, das ihr es bereut, seit ihrer Fehlgeburt nicht mehr über dieses Thema gesprochen zu haben. Das du ihr aber trotzdem sagen willst, das es dir sehr leid tut, was die durchmachen mussten und das sich ihr Kinderwunsch (bisher) nicht erfüllt hat.

Man kann aber sicher auch sagen, das man nicht genau wußte, wie man damit umgehen soll oder ob sie überhaupt darauf angesprochen werden wollen. Das das Thema aber irgendwie so im Raum hängt und du ihr gerne sagen wolltest, das es euch beschäftigt. Falls ihr etwas für sie tun könnt oder sie mal reden mag, bist du jederzeit gerne für sie da.

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Hallo Lisbeth,

ohje das tut mir leid für die beiden. Ich glaube man verdaut das eher schwer.

Ich denke ich würde Deiner Schwägerin an Deiner Stelle bei einer günstigen Gegenheit, bei der Ihr alleine seid genau Deine Gedanken mitteilen. Dass Du das Gefühl hast, sie sei seitdem distanzierter. Ich glaube ich würde sowas in der Art sagen:

"Du Susi, mir kommt es so vor als sei unser Verhältnis seit 3 Jahren unterkühlter. Ich weiß gar nicht ob ich richtig liege oder ob es mir nur so vorkommt. Mir ist es nur ein Bedürfnis, Dich zu fragen ob es an der Fehlgeburt damals liegt. Ich weiß auch gar nicht ob ich das so direkt grade hätte fragen sollen oder nicht - ich möchte Dir eigentlich nur sagen, dass ich da wäre falls Du mal darüber reden wollen würdest. Und wenn nicht darfst Du mir das gerne auch sagen. Mir wäre wichtig, wenn wir unser Verhältnis zueinander vielleicht lockerer gestalten können weil ich Euch ja gerne mag!"

Und bei Feiern würde ich mich extra zu ihnen setzen wenn wieder alles um die Kinder tanzt und mich mit Ihnen unterhalten über andere Themen. Urlaub/ Job/ Haus oder andere Themen eben als Kinder. Dann sitzen sie auch nicht so teilnahmslos dabei.

LG shealove

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Oh zu dem Thema kann ich aus eigener Erfahrung erzählen. Ich würde nicht direkt auf den Kinderwunsch angesprochen werden wollen. Mir tat es immer gut, wenn gefragt wurde "erzähl mal, wie geht es dir" ohne zu erwarten, dass das Thema kiwu zur Sprache kommt. Manchmal bin ich von mir aus auf das Thema gekommen, oft aber auch nicht. Lasst sie nicht spüren, dass da ein Elefant im Raum steht und schließt sie nicht aus, bei kritischen Themen, man fühlt sich oft eh, wie ein Außenseiter.

Bearbeitet von ava.hafenkind