Zwiespalt: Kontakt zur psychisch kranken Mutter zulassen

Hallo

Ich bin schon länger wirklich verzweifelt. Eigentlich mein ganzes Leben...
Meine Mutter ist seit kurz nach der Trennung von meinem Vater krank geworden. Zumindest gab es da die ersten Anzeichen.
Meine Mutter konnte sich immer weniger um den Haushalt kümmern. Wir Kinder wurden häufig zur Oma abgeschoben und das Geld war immer knapp. Schuld an der Unordnung war ICH. Das hat meine Mutter auch allen nach außen hin so erzählt. Auch meinem Vater (zu dem ich heute keinen Kontakt mehr habe) und wenn ich dort nach Hilfe gesucht habe, wurde ich direkt runtergemacht. Mir wurde meine Unordnung vorgeworfen und dass das so bei ihm nicht läuft (dabei hatte ich damit gar nichts zu tun). Es gab also wieder nur Ärger und ich bin wieder zurück. Das ist einige Male passiert. Ich habe früh gelernt mich um mich selbst zu kümmern und bin Recht früh ausgezogen. Das zur Vorgeschichte...

Heut' lebe ich mit Mann und Kind nicht weit weg. Meine Mutter ist auch körperlich krank geworden. sie hatte einen Herzinfarkt und einen kleinen Schlaganfall. Schuld sind natürlich die anderen...
Meine Mutter hat niemanden da sie schon ein ziemlich schwieriger Mensch ist. Sie möchte auch auf keinen Fall etwas für ihre Gesundheit oder ihr Leben tun. Das macht mich so unglaublich sauer... Es sind immer andere an ihrem schlechten Leben schuld (eine Einstellung mit der ich überhaupt nicht umgehen kann). Ich habe sie dazu gebracht eine Therapie anzufangen und das hat sie auch. Sie lebt mittlerweile in einer Messi Wohnung. Ab und zu kam auch eine Hilfe zu ihr nach Hause, aber irgendwie war das ganze auf einmal beendet. Meine Mutter wollte auch absolut keinen Betreuer (mit Geld konnte sie ja noch nie umgehen).
Jetzt sitze ich hier und weiß nicht weiter. Ich habe auch niemanden den ich um Rat fragen kann, weil ich sie ja auch automatisch bloß stellen würde. Es ist schlimm wie sie lebt und auch wenn sie zu Weihnachten einlädt kann ich nicht dorthin und dort essen. Ich mache mir Sorgen dass das ganze rauskommt und sie dann ihre Wohnung verliert. Sie hat kein Geld und keine Mittel eine neue zu finden. Sie möchte nichts ändern und wenn dann nur außen, so dass sie nix tun oder ändern muss. Sie ist nur am meckern und sie akzeptiert null die Grenzen von anderen. Besonders meine nicht. So dass ich immer mehr zu dem Schluss komme , dass ich mich nicht um sie kümmern kann... Jetzt wo sie Alt wird. Es tut mir echt alles sehr weh , weil ich nicht helfen kann. Ich gehe selbst aber daran kaputt. Was tun? Meine Mutter ist übrigens 60 und hat sich selbst aufgegeben und sagt Sachen wie: "ich hab ja eh nicht mehr lange"

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Liebe Nady2014, das liest sich nach einer sehr belastenden Situation, insbesondere in Anbetracht deines Aufwachsens bei deiner Mutter! Und ich finde du hast dir die Antwort schon selber gegeben. Du kannst es nicht. Für mich liest es sich sehr positiv und vielleicht bereits nach harter Arbeit, dass du deine Grenze da so klar zu spüren scheinst. Und ich denke es ist sehr sehr wichtig, wenn nicht gar notwendig, dass du dich schützt, durch diese Grenzen!!

Zudem hast du ihr bereits sehr geholfen, indem du ihr den Impuls gegeben hast, sich therapeutische Hilfe zu holen. Und vielleicht wäre es denkbar an dieser Stelle nochmal anzusetzen. Gibt es in eurer Umgebung z.B. soziale Träger, die sie darüber hinaus Zuhause unterstützen könnten?! Wenn sie das nicht will/zulassen kann, nichts ändern will- Ok. Aber dann kannst du darauf verweisen, wenn sie bei dir weitere Unterstützunf einfordern oder ständig über die anderen Schuldigen schimpfen sollte. Du gibst ihr Hilfe zur Selbsthilfe, indem du ihr entsprechende Adressen/Telefonnummern nennst.

Du sagst du kannst niemanden um Rat fragen, aus der Sorge heraus die Wohnsituation deiner Mutter zu enttarnen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass es auch anonyme Sozialberatung für Angehörige gibt. Aber auch hierbei: ich denke du solltest und darfst bei aller Sorge um deine Mutter auf dich schauen und acht geben!

Du bist nicht schuldig!
Du bist nicht verantwortlich!

Ich wünsche dir von Herzen alles Gute 🍀

Bearbeitet von Claudetteine
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Dankeschön für deine Antwort.
Tatsächlich war das gerade sehr wichtig und befreiend für mich. Das was du geschrieben hast, hat mich sehr berührt.
Ich bin mit der Einstellung erzogen worden, dass man seiner Familie immer helfen muss. "Das sind doch deine Eltern!" Dementsprechend schwer ist es heute das so durchzuziehen.
Und es tut halt eben auch weh der Mutter nicht helfen zu können.

Ich versuche mich mal zu erkundigen ob es hier sowas gibt und wer das macht :)

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Freut mich, dass die Nachricht wohltuend für dich war🙂! Ich glaube dir sofort dass es super schwer ist die persönlichen Grenzen aufrecht zu erhalten. Ich denke das wäre es in dieser Situation für viele Menschen. So wie du dein Aufwachsen und das, was dir an Verantwortung zugeschoben wurde beschreibst, ist Verantwortungsgefühl und Abgrenzung vielleicht ein gewisses (Lebens-)Thema für dich. Kein Kind ist für seine Eltern verantwortlich. Aber welches Kind würde Erwachsene, die das behaupten in Frage stellen?! Vielleicht kannst du dich bei Bedarf nochmal mit einer Vertrauensperson oder auch alleine (da ist ja jeder anders) hinsetzen und überlegen wo genau deine Grenze liegt. Dann kannst du Klarheit für dich schaffen. Und kannst diese auch klarer kommunizieren. Ich weiß aus eigener Erfahrung dass das echt harte Arbeit ist!!
Also sei nicht so streng mit dir, wenn du ins Grübeln verfällst oder eine Grenze überschritten wird bzw. du sie überschreitest. Das passiert.

Und es tut weh die Mutter leiden zu sehen. Lass das ruhig zu, Glück für deine Mutter trotz der Belastungen für dich in der Kindheit, eine empathischen Tochter zu haben. Vielleicht kann dir das Seitenmodell von Gunther Schmidt gut tun. Es geht um unterschiedliche innere Anteile, ein Anteil ist traurig für die Situation deiner Mutter. Aber es gibt auch andere. Zum Beispiel vielleicht einen der stolz darauf ist, dass du dich schützt oder oder… 🙂

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Du kannst dich an den sozialpsychiatrischen Dienst wenden oder den sozialen Dienst deiner Stadt. Die kümmern sich um die Versorgung bzw. Um gesetzliche Betreuung.

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Danke für deinen Tipp 🙂
Ich denke aber dass die auch nichts machen wenn sie das nicht will.

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Es gibt- zumindest bei uns- auch Gruppen für Angehörige psychisch kranker Menschen. Ansprechpartner wäre auch hier der sozialpsychiatrische Dienst. Das Problem, das du hier beschreibst, haben viele Menschen mit kranken Angehörigen, die gefangen zwischen Pflichtgefühl, eigenem.Wohlbefinden, Scham,.....sind.
Ich wünsche dir alles Gute!

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Ich hatte ungefähr diese Situation, aber mit meiner Schwester. Sie ist dann allerdings vor einigen Jahren plötzlich gestorben. Damals meinte jemand zu mir, als Trost also, dass es vielleicht so das Beste war, vor allem hätte ich sonst vielleicht noch lange eine schwierige Situation gehabt. Und ich hatte ja auch die Situation, dass ich sie nicht blossstellen wollte. Meine Schwester hatte einen frühkindlichen Hirnschaden, und wohl eine leichte geistige Behinderung. Aber da meine Eltern das nie offiziell gemacht haben, hatte man auch keine Unterstützung. Und sie sah überhaupt nicht ein, dass sie Hilfe brauchte.

Leider kenne ich mich auch nicht so genau aus, wie man da Hilfe von aussen bekommt. Ich wohne im Ausland. Ich hab damals einen sozialen Dienst (bin nicht sicher, wie das hiess) angerufen, und die sind auch hingefahren. Leider zu spät. Vor allem ist es ja schwierig, wenn die Person selbst das ablehnt. Hat meine Schwester auch gemacht. Und ich wollte sie damals auch nicht blossstellen, und das hatte dann leider auch Folgen, finanzielle. Sie konnte auch nicht mit Geld umgehen. Aber natúrlich ist es ganz schwer, da die richtige Entscheidung zu treffen.

Man muss ja erstens von geltenden Gesetzen ausgehen. Wenn deine Mutter nicht unter Betreuung gestellt ist, dann darf sie natürlich selbst entscheiden. Dann muss man gegebenenfalls sehen, ob und wie man das ändern kann. Hat sie z.B. eine Diagnose für ihre Probleme? Aber leider, ich kenne mich gar nicht aus, die das in Deutschland heute funktioniert.

Du solltest dich auch etwas abgrenzen, das nimmt einen ziemlich mit. Am besten das was du machen kannst, organisieren, und was nicht geht, da kannst du einfach nichts machen.

Gerade das mit der Messiewohnung. Mir hat man gesagt, dass man da meist gar nichts machen kann. Es ist extrem schwierig, wenn es so ist. Kann sein, man hat noch keine gute Art der Therapie gefunden.

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Dankeschön für deine Antwort.

Dann kannst du ja vielleicht verstehen wie ich mich fühle. Man ist einfach hilflos und kann nur zusehen.
Ehrlich gesagt habe ich auch schon zu meinem Mann gesagt, dass ich wahrscheinlich erst richtig zur Ruhe kommen kann wenn meine Eltern nicht mehr leben. Und das tut mir richtig weh , weil ich natürlich meine Mutter nicht verlieren will. Und deshalb ist es auch so schlimm, dass sie keine Hilfe annimmt.
Das mit deiner Schwester tut mir wirklich leid dass es am Ende so gekommen ist. Aber du hast dein bestes gegeben um zu helfen.

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Ich hatte ungefähr diese Situation, aber mit meiner Schwester. Sie ist dann allerdings vor einigen Jahren plötzlich gestorben. Damals meinte jemand zu mir, als Trost also, dass es vielleicht so das Beste war, vor allem hätte ich sonst vielleicht noch lange eine schwierige Situation gehabt. Und ich hatte ja auch die Situation, dass ich sie nicht blossstellen wollte. Meine Schwester hatte einen frühkindlichen Hirnschaden, und wohl eine leichte geistige Behinderung. Aber da meine Eltern das nie offiziell gemacht haben, hatte man auch keine Unterstützung. Und sie sah überhaupt nicht ein, dass sie Hilfe brauchte.

Leider kenne ich mich auch nicht so genau aus, wie man da Hilfe von aussen bekommt. Ich wohne im Ausland. Ich hab damals einen sozialen Dienst (bin nicht sicher, wie das hiess) angerufen, und die sind auch hingefahren. Leider zu spät. Vor allem ist es ja schwierig, wenn die Person selbst das ablehnt. Hat meine Schwester auch gemacht. Und ich wollte sie damals auch nicht blossstellen, und das hatte dann leider auch Folgen, finanzielle. Sie konnte auch nicht mit Geld umgehen. Aber natúrlich ist es ganz schwer, da die richtige Entscheidung zu treffen.

Man muss ja erstens von geltenden Gesetzen ausgehen. Wenn deine Mutter nicht unter Betreuung gestellt ist, dann darf sie natürlich selbst entscheiden. Dann muss man gegebenenfalls sehen, ob und wie man das ändern kann. Hat sie z.B. eine Diagnose für ihre Probleme? Aber leider, ich kenne mich gar nicht aus, die das in Deutschland heute funktioniert.

Du solltest dich auch etwas abgrenzen, das nimmt einen ziemlich mit. Am besten das was du machen kannst, organisieren, und was nicht geht, da kannst du einfach nichts machen.

Gerade das mit der Messiewohnung. Mir hat man gesagt, dass man da meist gar nichts machen kann. Es ist extrem schwierig, wenn es so ist. Kann sein, man hat noch keine gute Art der Therapie gefunden.

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Du darfst jetzt lernen, zu akzeptieren das man nur Menschen helfen kann die um Hilfe bitten und/ oder auch zulassen können.

Sie hat entschieden aufzugeben.
Es ist ihr Recht, auch wenn es für die " Kinder" schwer auszuhalten ist.

Das allerdings kannst du nur bei dir lösen.
Ich denke du wirst da sein, wenn sie um Hilfe bittet.
Also ist alles schick.

Achte bitte auch auf deine seelische und körperliche Gesundheit!
Das ist das Einzige was du im Moment tun kannst.

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Ich danke dir.

Es tut gut zu hören dass man das tut was man eben tun kann.
Es ist total schwer zu akzeptieren. Ich merke eben, dass ich im Kontakt zu ihr teilweise richtig wütend und gemein und böse werde. Ich kann es einfach nicht mehr ertragen wenn sie meckert und alle schlecht macht.
Es ist halt so als ob sie in einer anderen Welt lebt. Sie regt sich zb auf dass keiner der Verwandtschaft sie mal besucht, dabei würde sie gar nicht die Tür öffnen und hat das auch die letzten 15 Jahre nicht wenn jemand geklingelt hat.

Und ja ich werde angerufen wenn wieder die große Not ausbricht und muss helfen.
Es ist total schwer dann nein zu sagen weil ich Angst habe dass sie sich dann etwas antut.

Aber ich werde ihr im Notfall halt nicht immer helfen können, weil ich auch nur begrenzte Mittel habe und meine Mutter ist ein Fass ohne Boden.

Wie geht man damit um? Und wie um Himmels Willen komme ich damit klar wenn mal wieder einsame alte Menschen in Messi Wohnungen im Fernsehen gezeigt werden und gesagt wird, dass die Familie ja nicht hilft. Super unfair...

Vielleicht hilft es auch gerade das einfach mal alles aufzuschreiben und los zu werden ;)

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" ...Und ja ich werde angerufen wenn wieder die große Not ausbricht und muss helfen.
Es ist total schwer dann nein zu sagen weil ich Angst habe dass sie sich dann etwas antut...."

Was für Nöte sind denn das?

Magst du es mal beschreiben?
Kannst du auch per PN tun.

Soviel dazu deine Wut und Verzweiflung wird schwinden wenn du erst akzeptiert hast.
Das bedeutet nicht dass du dann desinteressiert bist. Du hast dann nur die Situation realisiert und erkannt, dass du es nicht ändern kannst.

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Du kämpfst gegen Windmühlen. Sie will das alles nicht und leider hat sie jedes Recht dazu zu verwahrlosen und sich nicht um ihre Gesundheit zu scheren.
Du kannst nur deine Grenzen klar ziehen. Das ist dein Recht.
So wie jeder für sich selbst verantwortlich ist, ist es auch deine Mutter. Sie hätte zig Möglichkeiten, von denen ihr nichts recht ist.
Sie lenken zu wollen ist damit vergebene Mühe.
Es ist schwer sowas zu akzeptieren, aber hat man eine Wahl? Nein.

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Ja danke... Genau so fühl ich mich. Und das ist ein echt schlimmes Gefühl.
Es macht mich jedes Mal wütender wenn ich sie sehe. Ja ich muss das akzeptieren und das weiß ich leider auch. Ich wünschte es gäbe etwas was es einfacher macht...

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Versuche den Kontakt auf das nötigste für dich zu beschränken, damit du nicht mehr als nötig gereizt wirst. Du musst für dich heraus bekommen, wie viel Kontakt zu ertragen kannst und dann das umsetzen. Wenn es nicht geht ist ein bisschen weniger Kontakt besser als zu viel.

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Ganz ehrlich, versuch dich hier mehr abzugrenzen. Ja deine Mutter ist krank und kann für vieles wohl nichts, aber sicherlich nicht für alles. Sie hatte auch die Chance oft im Leben einen anderen Weg zu wählen und ist dennoch den vermeintlich falschen Weg gegangen. Nun muss sie mit den Konsequenzen leben. Wieso machst du dir also so viele Gedanken? Ja sie ist deine Mutter aber war nie wirklich für dich da. Sie ist ein Messi, ihre Entscheidung, sie will sich nicht helfen lassen, ihre Entscheidung. Sie akzeptiert die Grenzen von anderen nicht, dann muss sie damit leben das sich andere abgrenzen. Und genau das solltest du auch. Mach ihre Probleme nicht zu deinen. Du kannst nicht helfen weil sie nicht will das man ihr hilft. Ja du würdest ein anderes Leben leben, das stimmt und ich ganz sicher auch, aber es NICHT dein Problem. Klingt hart aber lauf ihr nicht hinterher.

Ela