Hallo,
mein Stiefsohn ist 8 Jahre alt und hat seit fast einem Jahr die Diagnose ADHS erhalten. Wir leben mit 5 Kindern im Haushalt, eins davon gemeinsam. Die Mutter sieht ihre beiden im 3 Wochenrhythmus am Wochenende. Und das aber auch nur, weil mein Mann das gerichtlich geregelt hat. Sie kam mit ihm nicht mehr klar, eben weil er so ist, wie er ist. Hat ihn uns vor 2 Jahren von heute auf morgen vor die Tür gesetzt. Seitdem ist unser Patchworkleben noch anstrengender und stressiger, vor allem für mich. Ich komme damit nicht klar, dass er jetzt auch bei uns lebt. Er ist mir einfach zu laut, zu frech und und und. Mein Sohn, er ist 14 J., war früher auch so, sehr anstrengend, immer laut und aktiv. Aber das ist mein Kind, das ich liebe. Meinem Stiefsohn kann ich nichts abgewinnen. Ich habe einfach nur angst vor der Zukunft, ich fühle mich nicht wohl, wenn er in der Nähe ist. Ich stehe ständig unter Stress. Es sind ja noch mindestens 10 Jahre, die er bei uns im Haushalt lebt. Haben Sie einen Rat für mich?
LG
Ich mag meinen Stiefsohn einfach nicht
Liebe Netti,
hier musst du wohl die Erwachsene sein und Deinen Stiefsohn genauso behandeln, wie deinen eigene, er ist schließlich der Sohn des Mannes den Du liebst und mit dem Du zusammenwohnen willst!!
Denk daran, dass dein Mann das Kind so sehr liebt wie du deinen Sohn, als er so anstrengend war!!!
Also, Verstand anschalten, mit deinem Mann die Regeln aufstellen und den Knilch lieb haben!!!
Liebe Netti,
zunächst einmal finde ich sehr gut, dass Sie Ihre Gefühle offen kommunizieren und den negativen Anteil darin zulassen. Die Stiefkinder nicht zu mögen oder sich überlastet zu fühlen ist ja ein Tabu. Aber es ist ganz normal, so etwas zu fühlen und kommt auch in minder großen Haushalten mit weniger "anstrengenden" Kindern vor.
Eine Überlastung mit einem Kind, welches die Diagnose ADHS hat, ist für sehr viele Familien Realität. Die Herausforderungen sind groß.
Wie ist denn bei Ihnen die Aufteilung zu Hause in Bezug auf die Kindererziehung? Vielleicht können Sie bestimmte Aufgaben in Bezug auf den Sohn an speziell an den Vater delegieren? Sie haben ja noch ein gemeinsames Kind (und noch weitere?), um die Sie sich kümmern müssen. Falls der Vater selbst sehr eingespannt ist, wäre es schon wichtig, dass Sie sich Pausen gönnen und diese auch bekommen. Sie brauchen ja auch Zeit für sich, um wieder aufzutanken. Nehmen Sie sich selbst bitte wichtig und auch Ihre persönlichen Bedürfnisse.
Vielleicht haben Sie ADHS-Experten in der Nähe, die Zeit mit dem Kind verbringen und Ihnen ein paar Tipps für den Umgang im häuslichen Bereich geben können. Hier ist viel Struktur wichtig, Vorhersehbarkeit und das Befolgen von Konsequenzen muss sehr klar sein. Das allein erfordert schon viel Kraft und Geduld.
Sie können sich nicht zwingen, ein Kind (sofort) zu lieben, welches Sie nicht lieben. Nehmen Sie das zunächst einfach so an. Vielleicht entsteht das Gefühl aus Überforderung heraus. Vielleicht stimmt die Chemie einfach nicht. Gucken Sie die Gefühle an und versuchen Sie, trotzdem einen Umgang damit zu finden, wenn Sie nicht an eine Trennung denken (die immer eine Option ist, wenn auch keine sehr leichte und einfache und die wir daher meistens nicht anstreben bis wirklich gar nichts mehr geht). Das Kind kann nichts dafür, dass es ADHS hat und anstrengend ist. Sie können nichts dafür, wenn Sie sich überfordert und gerade Negatives fühlen. Es ist wie es ist.
Nun kann man nur schauen, was man verbessern kann und hoffen, dass die Gefühle sich ändern mit der Zeit.
Für das Kind war es vielleicht auch nicht einfach und schön, einfach vor die Tür des Vaters gesetzt zu werden. Vielleicht haben sich die Symptome dadurch auch verstärkt? Ich würde psychologische Hilfe für das Kind einholen, falls das noch nicht passiert sein sollte.
Und : Gönnen SIE sich Auszeiten von den Kindern. Für sich allein und für Ihre Partnerschaft.....Vielleicht sind Großeltern in der Nähe oder Freunde, die bereit sind, Ihnen die Kinder mal abzunehmen etc.
Gibt es etwas, was das ADHS-Kind besonders mag? Eine Zeichentrickfigur, eine Tätigkeit? Meistens haben die Kinder viel Motivation, sich damit zu beschäftigen. Sie können dem Kind Zeitschriften zu Lieblingsthemen oder andere Materialien anbieten, mit denen es sich lange und ausdauernd beschäftigen kann. Möglicherweise verbessert sich dann auch die Beziehung zwischen Ihnen beiden, wenn das Kind merkt, Sie gehen auf seine Interessen und Bedürfnisse gezielt ein.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Kraft und Erfolg dabei!
Melanie Matzies-Köhler
Bei uns gelten klare Regeln im Familienleben, speziell auch wegen dem Jungen. Er braucht eine gewisse Führung. Trotzdem ist er sehr anstrengend, weil man immer wieder auf die Regeln aufmerksam machen muss. Er scheint diese immer wieder zu vergessen.
Ich habe noch 2 Kinder aus erster Ehe, dann die gemeinsame Tochter mit meinem Mann. Er nimmt mir auch das meiste im Umgang mit seinem Sohn ab. Aber manchmal muss doch eine Frau ran.
Ich denke die Chemie stimmt einfach nicht. Ich bin auch gesundheitlich angeschlagen, meine 3 rauben mir schon die Kräfte, dann noch 2 Stiefkinder.
An Trennung denke ich überhaupt nicht nach.
Es gibt auch keine Hilfe von der Familie meines Mannes und auch nicht von der Mutter. Da ist jeglicher Kontakt zu Großeltern abgebrochen. Ich habe nur meine Mutter und meine Geschwister auf die ich zählen kann.
Ich hoffe wirklich auf die Zukunft, dass sich das alles ein wenig "auswächst".
Hallo,
ich kann vieles Nachvollziehen, was du schreibst.
Bei uns ist es so, dass mein Mann ADHS hat. Ich habe gleich am Anfang meine Fühler in alle Richtungen ausgestreckt um viel Wissen zu erhalten. Ich habe als Erzieherin zudem auch 10 Wochen an einer "Sonderschule" gearbeitet. Hier gab es auch viele mit ADS und Co. Leider ist es so, dass es ab der Pubertät nicht verschwindet, wie viele meinen, aber es wird bedeutend besser.
Mein erster Rat an dich in deiner jetzigen Situation wäre, tausche dich mit anderen Betroffenen aus. Foren, Gruppen, etc. Das hat meiner Schwiegermutter damals sehr geholfen. Auch von anderen Müttern habe ich da viel positives gehört. Sie hat Anregungen mit nach Hause genommen und so nach einiger Zeit ein Programm zusammen geschustert, welches für alle den Alltag erträglicher machte.
Der Mann meines Sohnes ist auch für mich oft schwierig, da er fast das umgekehrte Wesen meiner/unser Kinder hat. Stark introvertiert, immer ängstlich, kann sich fast nichts merken. Regeln die gemeinsam aufgestellt wurden, schon vor Jahren, kann er heute noch nicht behalten. Eine Unterhaltung mit ihm besteht zu 80 % aus Wiederholungen meiner Sätze. Als würde ich mit einer Art phonetischem Spiegel reden. Aber dennoch weiß ich, wenn mein Mann nicht da ist, bin ich sein letzter Halt in dieser Familie. Die einzige, die im helfen kann. Mit diesem Gedanken raffe ich mich oft nochmal auf und rette mich bis in den Abend. Ob das Kind an ADS leidet ist noch nicht raus. Es wird sich vermutlich im ersten Schuljahr jetzt zeigen.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft und du hast ja auch wirklich viel zu stemmen.