Hallo,
darf ich ohne Probleme einen bereits im Vorfeld vereinbarten Arzttermin mit dem Sohn meines Mannes wahrnehmen? Z.B. zur Impfung, Allergietest, U-Untersuchung?
Zur Situation: Sein Sohn (7) und ich verstehen uns prächtig, viele können gar nicht glauben, das wir im Patchwork-Modell leben. Verheiratet sind wir nun 6 Monate.
Danke und Gruß
Arztbesuch mit dem Sohn meines Mannes
Hallo,
lebt der Junge ständig bei euch? Dann gilt dieses hier:
"Kleines Sorgerecht und Notsorgerecht
Führt der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Lebenspartnerschaft, hat sein Lebenspartner im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes (§ 9 Abs. 1 Satz 1 LPartG). Die Befugnis besteht nicht, wenn die Lebenspartner nicht nur vorübergehend getrennt leben (§ 9 Abs. 4 LPartG). Das kleine Sorgerecht soll nur dem Lebenspartner zustehen, der mit dem Kind zusammenlebt.
Über das kleine Sorgerecht muss Einvernehmen zwischen den Lebenspartnern bestehen. Mitentscheidung heißt, dass der Lebenspartner in diesen Angelegenheiten das Kind allein vertreten kann, dabei aber vom Einvernehmen seines Partners abhängig ist, das dieser jederzeit widerrufen kann. Widerspricht der Lebenspartner einer Entscheidung, muss diese unterbleiben.
Das Familiengericht kann das kleine Sorgerecht einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist (§ 9 Abs. 3 LPartG).
Bei Gefahr im Verzug ist der Lebenspartner dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der sorgeberechtigte Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten (§ 9 Abs. 2 LPartG). Dieses Notsorgerecht setzt nur voraus, dass dem Wohl des Kindes Schaden droht, wenn nicht sofort gehandelt wird. Hierher gehört vor allem eine dringende ärztliche Behandlung, die nicht aufgeschoben werden kann. Das Notsorgerecht hängt nicht vom Einverständnis des anderen Lebenspartners ab, und es kann vom Familiengericht nicht eingeschränkt werden.
Für Ehegatten gilt dieselbe Regelung (§ 1687b BGB). Dagegen steht gleich- und verschiedengeschlechtlichen Lebensgefährten hinsichtlich der Kinder ihrer Partner weder ein kleines Sorge- noch ein Notsorgerecht zu."
Liebe Franziski,
wie die Userin vor mir bereits schrieb ist es so, dass alles kein Problem darstellt, wenn das Kind bei Ihnen lebt und der Vater das alleinige Sorgerecht hat. Dann können Sie ohne jede Vollmacht alltägliche Entscheidungen treffen. Das ist das "Kleine Sorgerecht". Hat aber die Mutter auch das Sorgerecht, dürfen Sie auch keine alltäglichen Entscheidungen ohne Vollmacht treffen. Ein (alltäglicher) Arztbesuch bedarf dann einer Vollmacht beider leiblicher Elternteile, dass Sie also stellvertretend für den leiblichen Elternteil hingehen dürfen.
Wenn es zu einer Diagnose und Behandlung des Kindes kommt - es "wichtig" wird, dürfen Sie darüber offiziell gar nicht entscheiden, da es nichts "Alltägliches" ist, wenn beide das Sorgerecht haben.
Sie sehen, die Bindungen und Pflichten, die entstehen können, decken sich oft nicht mit den Rechten für Stiefelternteile. Das hat der Gesetzgeber getan, damit leibliche Eltern weiterhin Vorrang haben.
Viele liebe Grüße,
Melanie Matzies-Köhler
Ganz so streng ist es dann doch nicht.
Es steht mir als Elternteil nämlich immer noch frei jemanden zu beauftragen - das schliesst auch den Gang zum Arzt mit ein.
Und dabei ist es dann egal ob es der Opa das Aupair oder die Stiefmutter ist.