Frieden finden mit dem Nichtstillen

Hallo Sarah,

mein Sohn wird in einer Woche fünf Monate alt. Ich habe ihn leider nur 10 Tage gestillt. Die Schmerzen durch falsches Andocken, wunde Brustwarzen und Vasospasmen waren mir einfach zu heftig. Und trotz ibclc Stillberaterin schafften wir es nicht Mal zum Teilstillen. Bis er 4 Monate alt wurde, bekam er dennoch 100% abgepumpte Muttermilch. Wir haben das Anlegen noch lange probiert, aber er trank nie und nuckelte nur und schlief ein. Ich habe das Stillen immer vermisst.

Nun habe ich nach der sechsten Brustentzündung (fast immer mit über 39° Fieber) abgestillt und seit 2 Wochen nicht mehr abgepumpt... Emotional trifft mich das Stillversagen sehr.

Ich habe Angst, dass mein Baby zu wenig Nähe bekommt und bekommen hat, dass er eine schlechtere Bindung zu mir aufbaut, dass die Pre ihm gegenüber der Muttermilch Nachteile verschafft, ... Wir haben dann auch wirklich selten Haut an Haut gekuschelt, weil ich durch den Druck ständig Staus und Entzündungen bekam und seitlich ankuscheln möchte er nicht :-( jetzt nach dem vollständigen Abstillen können wir endlich wieder an der Brust kuscheln. Tragetücher waren dadurch auch erstmal hinfällig und nun scheint er sie doof zu finden :-(

Insgesamt ist er ein sehr zufriedenes Baby und er hatte nur eine sehr harte und tränenreiche Zeit - die 10 Tage Stillzeit. Er weint fast nie, täglich in der Summe nicht mehr als 5 Minuten, weil man einfach sofort erkennt, was er braucht.

Trotzdem fühle ich mich schlecht und frage mich, wie ich ihm das "zurückgeben" kann, was ihm durch das Stillen fehlt. Wir machen schon täglich vorm Schlafengehen Babymassage und mittlerweile kann ich ihn beim Füttern auch wieder richtig an meiner Brust kuscheln lassen. Aber darüberhinaus habe ich kaum noch Ideen.

An liebsten würde ich relaktieren, aber mein Partner versteht diesen heftigen Wunsch nach Stillen kaum und meint, es sei doch gerade alles total schön wie es ist. Und ja, ist es irgendwie auch... Außerdem würde ich vermutlich auf dieselben Probleme wie vorher stoßen :-( Rational betrachtet halte ich das also auch für den falschen Weg.

Vielleicht kommt dieses Gefühl des Versagens auch durch die wirklich häufige und fast schon aufdringliche Werbung für's Stillen zustande. Ich schlucke regelmäßig die Tränen runter, wenn schon wieder irgendwo gefragt wird, warum mein Sohn die Flasche bekommt oder mir beim Babytreff ein Flyer mit "Warum Stillen das Beste für dein Baby ist" in die Hand gedrückt wird. :,-(

Wie kann ich also das Nichtstillen bei meinem Sohn kompensieren, damit er so wenig Nachteile wie möglich hat, und endlich meinen Frieden damit finden?

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Du hast das genau richtig gemacht! Du hast offensichtlich viel ausprobiert, dir Hilfe gesucht und nicht einfach aufgegeben. Manchmal klappt es leider nicht. Das ist schade, aber deinem Kind wird es nicht schaden, viele sind mit pre milch gesunde und sicher gebundenen Erwachsene geworden. Du schreibst ja, dass er ein zufriedenes Kind ist. Das ist doch Rückmeldung genug😊 und ganz wichtig für Kinder ist eine Mutter, die auf sich achten kann und auch eigene Bedürfnisse ernst nimmt. Und das hast Du, trotz der verständlichen Wehmut über das fehlende stillen,ganz wunderbar entschieden!

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Ich kann dich total verstehen. Ich habe beim ersten Kind mit den gleichen Problemen tatsächlich 9,5 Monate durchgehalten, aber ob das der richtige/bessere Weg war, wage ich zu bezweifeln.
Ich habe vor und während jedem Stillen geheult vor Schmerzen und denke im Nachhinein, dass es besser gewesen wäre abzustellen
Hut ab, dass du so lange gepumpt hast, das hätte ich auch nicht gemacht.
Ich denke relaktieren über die Pumpe könnte sehr schwierig werden und im Zweifel tust du dir da auch keinen Gefallen mit.
Ich weiß, dass es im Moment der Entscheidung total schlimm ist. Bei meinem zweiten Kind konnte ich dann viel entspannter an die Sache ran gehen. Da habe ich es dann auch nur 8,5 Monate durchgehalten, aber könnte guten Gewissens Abstillen und Alles in allem war die Stillzeit schön und nur selten schmerzhaft.

Ich denke, du tust alles für dein Kind was du tun kannst. Mehr geht einfach nicht und es wird kein schlechterer Mensch, weil du jetzt nicht mehr stillst.
Auch wenn es leicht gesagt ist, mach dir nicht so einen Kopf und genieße die Vorzüge der Flasche.
Und vor allem mach einfach alles Writer so wie bisher.

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Hallo blue-butterfly,

ich kann dir versichern, dass dein Kind überhaupt keine Probleme mit dieser Situation hat. Für Kinder ist das wichtigste das sie geliebt werden und das auch spüren, dass steht bei dir außer Frage. Du hast lange durchgehalten und gekämpft, du bist eine Heldin!
Ich denke du solltest dir überlegen, welches das vordergründige Gefühl ist, was dich bei dem Nichtstillen beschäftigt: Trauer, Versagen, Schuldgefühle usw.
Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, deinem Kind geht es gut.
Du darfst traurig sein, aber stillen ist nur ein kleiner Aspekt des Mutter seins, lass die Trauer nicht alles andere überschatten.
Was die Gesellschaft betrifft, ist das Thema Stillen immer heikel,wenn man den Kleinsten die Flasche gibt, wird man komisch angeguckt.
Wenn man in der Öffentlichkeit stillt, wird man komisch angeguckt.
Wenn man es wagt ein Kind über 1 oder 1 1/2 noch zu stillen, wird man komisch angeguckt..
Du kennst die Gründe und ihr habt euren Weg, alles andere ist egal, du musst dich vor niemanden rechtfertigen. Und vor allen Dingen,Stillen allein macht keine gute Mutter aus!
Kuschelt viel mit Hautkontakt, dass tut Mama und Kind gut und versuch mal in das Gefühl rein zu gehen und zu ergründen was dich quält.

Grüße
Hebamme Sarah