Verlobung - Ist das jetzt so?

In letzter Zeit haben sich 2 jüngere Kolleginnen von mir verlobt und ich war bisschen erstaunt. Bei beiden hat die Frau so einen ziemlich dicken Brilli-Ring bekommen, der Mann aber keinen. Dann hat der Mann auf Knien um die Hand angehalten und es wurde vorher sogar noch beim Vater der Braut gefragt. Dann soll auch noch der Brautvater die Braut zum Altar führen. Irgendwie sind das alles Sachen, die ich bisher eigentlich nur aus amerikanischen Filmen kenne.
Meine Oma hat sich in den 30ern des letzten Jahrhunderts verlobt und da sind die beiden spazieren gegangen und haben beschlossen "heirad ma, oder?" Dann wurden im nächstgrößeren Ort zwei billige Silberringe beschafft und den Eltern die Verlobung mitgeteilt. U d bei der Hochzeit sind sie zusammen in die Kirche eingezogen. Und so ähnlich war es auch bei meinem Eltern und auch bei uns (nur unsere Ringe waren aus 333 Gold und nicht aus Silber). Nie wäre da jemand auf die Idee gekommen, erst beim Vater anzufragen oder auf die Knie zu sinken und einen Brilliant Ring zu überreichen. Ist das aus Amerika rübergeschwappt? Ich habe echt noch nie gehört, dass das jemand so in real macht.

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Ich wundere mich gerade (mal wieder) darüber, wie man Gepflogenheiten so völlig pauschal verteufeln kann... Muss so ein urbia-Ding sein.
Mein Mann hat mir einen Antrag gemacht, mit Ring - und ich fands schön.
Mein Papa (Südländer) ist bereits verstorben und meine Mama (Urdeutsch und überhaupt nicht begeistert von Verlobungstamtam... "Also wir haben das früher einfach irgendwann mal gemeinsam ausgemacht, dass wir heiraten wollen, und gut war.") war ÜBERHAUPT nicht begeistert, dass mein Mann nicht vorab bei ihr aufgeschlagen ist, um um "Erlaubnis" zu fragen. Warum? Weil es so ein Traditionsding ist. Etwas, das uns noch mit Papa und seiner Kultur verbindet.
Das hat rein gar nichts mit patriarchalischen Strukturen zu tun - wer wären meine Eltern, wenn sie nicht wüssten, dass mich das Vorhaben meines Zukünftigen zu einem sehr glücklichen Menschen machen würden... Niemals würden sie mir da Steine in den Weg legen. Bei uns ist das rein ein Zeichen von "Japp. Mögen wir. Sind wir gerne beteiligt. Wir lieben euch."

Hätte ich kirchlich geheiratet, so hätte mich meine Mama vor den Altar begleitet. Der Pfarrer, der mir das "verboten" hätte - dem hätte ich seine Kirchensteuer um die Ohren gehauen.
Stattdessen wurde es beim Standesamt aber eine Rede meines Mannes, welcher zu Ehren von meinem Papa (den er nie gekannt hat), die tollsten Worte überhaupt gefunden hat. Wir alle haben Rotz und Wasser geheult. Und uns unfassbar verbunden gefühlt innerhalb der Familie - mit allen die da waren, und allen, die in Gedanken bei uns waren.
Nix mit Amerika, nix mit Patriarchat. Einfach nur Liebe.

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Verteufeln, weiß nicht. Aber wenn es bisher halt gar nicht üblich war und plötzlich kommen solche Sachen auf wie "den Vater fragen " und das sogar noch bevor die zukünftige Braut gefragt wird ... Also leicht merkwürdig finde ich das schon. Und wenn der Nein sagt? Wird dann nicht geheiratet?
Und warum muss die Braut, wenn man das schon macht, nicht zu den Eltern des Mannes sondern nur andersrum?

Wegen "Kirchensteuer um die Ohren hauen" also da bin ich tatsächlich der Meinung, entweder man ist überzeugt christlich, dann heiratet man kirchlich oder man ist es nicht, dann lässt man es besser ganz. Nur "weil es so romantisch ist und eine tolle Location" sollte man nicht kirchlich heiraten. Und wenn ich überzeugte Christin bin, dann wird es mich sicher nicht zum Kirchenaustritt bewegen, wenn wir traditionsgemäß gemeinsam einziehen sollen, weil das der kirchlichen Tradition des freien Willens beider Eheleute entspricht (die ja durchaus sinnvoll ist).

Bearbeitet von Theresiawastun
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"Nicht üblich war" ist eine starke Verallgemeinerung. Ich kenne viele Menschen (meine Großeltern, Eltern, Freunde meiner Eltern, Bekannte etc.) bei denen war das absolut üblich die Eltern zu informieren, bevor man (als Mann) das Thema Ehe angeschnitten hat.
Hier (südliches Hessen), ist es durchaus üblich, vielleicht nicht mit dem Ring und Kniefall, aber durchaus mit dem Gang des Vaters gemeinsam mit Tochter zum Traualtar.
Gut, bestimmt nicht überall, aber auch nicht durch Aufkommen der unsäglichen Hollywood Gedöns.

Ich, als völlig unromantischer Mensch, brauche nichts davon, aber zu Hochzeiten und das drumherum gibt es so viele Rituale, Traditionen und Wünsche, das muss jedem selbst überlassen sein. Ob Kitsch, nüchtern, allein oder mit 400 Gästen. Dem Brautpaar muss es gefallen.

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Meine Hochzeit ist schon ein bisschen her. Aber ja, bei mir war es so, der Mann ist auf die Knie gegangen und hat mich gefragt und hatte wohl auch vorher bei meinen Eltern sein Vorhaben angekündigt bzw. gefragt. Ein auffälliger Brilli-Ring war's zwar nicht (ich mag gar keine Ringe), aber ich bekam einen schönen Ring und er hatte keinen. Kirchlich geheiratet haben wir nicht. Aber ich war schon auf mehreren Hochzeiten, wo das so war, dass der Vater die Braut zum Altar führt. Kam mir nicht ungewöhnlich vor und ich hätte das nicht (nur) mit Amerika in Verbindung gebracht. Ich denke, das war auch in Deutschland schon immer relativ gängig.

Bearbeitet von keineZeit
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Nein das ist tatsächlich zumindest im protestantischen Teil Deutschlands nicht üblich und wird von einigen Pfarrern auch heute noch strikt abgelehnt.

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Wie wohnen im tiefsten Bayern und hier war es auch nicht üblich.

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Ich denke, dass sich das was üblich ist, mit der Zeit ändert und auch regional verschieden ist.

Ich hatte es neulich mit meiner Mutter und meiner Oma davon. Bei den Eltern anfragen, war wohl durchaus üblich. Man kaufte gemeinsam Ringe. Diese wurden als Verlobungsringe an der linken Hand getragen, bei der Hochzeit vom Pfarrer gesegnet und dann als Ehering auf die rechte Hand gewechselt. Vor den (evangelischen) Altar trat man gemeinsam.
Letzteres liegt daran, dass sonst der Vater die Braut übergibt. Gewünscht ist aber, dass sie selbstbestimmt und aus freien Stücken vor Gott tritt. Deshalb sehen es viele Pfarrer auch heute noch nicht so gerne.

Es ist doch aber schön, dass heute jeder die Freiheit hat zu haben was er/sie möchte.
Ich persönlich hatte weder einen richtigen Antrag noch einen Verlobungsring und meine Eltern wurden auch nicht gefragt. Allerdings bin ich mit meinem Papa in die Kirche eingezogen. Weil ich es schön fand. Papa hat mich am ersten Tag in die Schule gebracht, die Erstsemester-Begrüßung am der Uni mit mir besucht, mein erstes Auto mit mir gekauft, bei jedem Umzug geholfen und auch nach der Hochzeit das Kinderzimmer für meine Tochter gestrichen. Warum sollte er mich da nicht auch auf dem Weg in die Kirche begleiten. Fand der Pfarrer OK ("ich diskutiere da jetzt aber nicht mit Ihnen über Frauenrechte")

Bearbeitet von Blume1983
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Hmmm, dann hätte mich meine Mama zum Altar bringen müssen, denn die war bei allem von dir genannten eher dabei als mein Papa :-).

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Für Mama hatte ich genug andere Aufgaben an meiner Hochzeit. Sie fühlte sich dadurch sicherlich nicht weniger wert geschätzt 😉

Bearbeitet von Blume1983
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Ich kenne aus meinen jüngeren Jahren eigentlich auch nur Hochzeiten, wie du sie beschrieben hast. Dass geheiratet werden soll, wurde im persönlichen Gespräch geklärt (ohne Kniefall und schon gar nicht öffentlich), dann wurde es den Eltern mitgeteilt und Eheringe besorgt, die bis zu Hochzeit an der linken Hand getragen wurden. Ich kenne niemanden, auch nicht aus der Generation meiner Eltern, wo der Mann "um die Hand der Frau angehalten" hätte. Die Eltern kannten ja den jungen Mann, mit dem die Tochter ausgeht, und hatten sich sicher auch schon mal zu ihm geäußert. Solange die Braut nicht minderjährig war, konnten die Eltern doch sowieso nichts gegen die Heirat tun. Und zur Trauung zogen Braut und Bräutigam gemeinsam in die Kirche ein.

Was heute abgezogen wird, sind tatsächlich amerikanische Sitten, und es regt mich ehrlich gesagt auf, dass da plötzlich dermaßen rückschrittliche Rituale als "romantisch" verklärt werden. Wenn ich sehe, wie eine erfolgreiche, gut verdienende Akademikerin vom Vater zum Altar begleitet und dem Mann "übergeben" wird, weiß ich nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Paare, die längst vereinbart haben, dass sie heiraten wollen, üben den "Antrag" oder diskutieren wochenlang darüber, wie er seinen Antrag macht. Erwachsene Frauen warten endlos darauf, dass er den "Antrag" macht. Und dann muss natürlich alles instagramable und mit Fotos gut dokumentiert sein ("I said yes"-Fotos undsoweiter), wenn ich überhaupt der "Antrag" in der Öffentlichkeit vor Publikum gemacht wird. Ich warte eigentlich nur noch darauf, dass auch die Hochzeitsnacht zum Event erklärt und ein Fotograf bestellt wird.

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"instagramable" trifft es ganz gut, glaube ich. Viel Selbstdarstellung und Erfüllen von Erwartungen anderer 🙈

"Ich warte eigentlich nur noch darauf, dass auch die Hochzeitsnacht zum Event erklärt und ein Fotograf bestellt wird."

Ich musste etwas lachen, das gibt's bestimmt als spezielle Kategorie auf einer anderen Art von Videoplattform 🤣

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"Ich warte eigentlich nur noch darauf, dass auch die Hochzeitsnacht zum Event erklärt und ein Fotograf bestellt wird."

Hahaha, ich schmeiß mich weg 🤣🤣🤣

...und dann fällt mir wieder die Realität im Ausland ein 😵‍💫 da wurden wir tatsächlich eingeladen, das Hochzeitsbett samt weißen Laken zu begutachten. Vier Wochen vor der Hochzeit. Das Bett wird dann nicht mehr angerührt bis zur Hochzeit und wird jedem(!) geladenen Gast gezeigt.

Dumm nur, dass das Bett gar nicht dem angehenden Ehepaar gehörte, sondern den Eltern der Braut. Lange Geschichte, aber da hausen zeitweise bis zu zehn Personen in zwei Zimmern - eins davon besagtes Schlafzimmer. Und dann legt man eins davon auch noch still, nur für die Show 😵‍💫

Wir waren weder in dem Schlafzimmer, noch bei der Hochzeit, obwohl wir eingeladen waren. Ganz ehrlich, ich will mit so nem Mist NICHTS zu tun haben.

Und falls nun jemand denkt, ich rede von primitiven Buschvölkern... Nein nein. Das war vor ca. zehn Jahren, in Süditalien. Erzkatholisch. Manchmal mag ich gar nicht glauben, dass das wirklich EU ist... Und das junge Paar hatte sich online kennen gelernt. Da denkste echt, du bist im falschen Film.

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Vermutlich haben die Ehen deiner Großeltern und Eltern, die vergleichsweise schlicht geschlossen wurden, gehalten. Heutzutage wird mit einem Riesengedöns sich verlobt und geheiratet. Und nach zwei, drei Jahren ist aus die Maus, man lässt sich scheiden, die Kinder sind fortan ohne festen Wohnsitz und pilgern mit Kollköfferchen zwischen den Eltern hin und her, und die suchen sich neue Partner, mit denen sie den ganzen Zirkus wieder von vorn abziehen. Traurig.

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Jup, tatsächlich waren meine Großeltern 64 Jahre verheiratet, bis mein Großvater gestorben ist (Beide wurden weit über 90 bzw. meine Großmutter über 100). Die Ehe meiner Eltern war nicht immer einfach, aber sie sind auch schon seit 46 Jahren verheiratet jetzt.

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Dass um den Verlobungsring ein ziemlicher Zirkus gemacht wird, ist mir auch aufgefallen. Ich war in meinem Freundeskreis die erste, die mit Verlobung und Hochzeit um die Ecke kam und es haben tatsächlich alle nach dem Ring gefragt. Zum Glück kannte mein Mann meinen Geschmack da schon gut, sodass es ein schöner, schlichter Ring war, den ich jetzt nach über vier Jahren immer noch täglich trage - zusätzlich zum Ehering. Es waren aber tatsächlich einige ziemlich irritiert, dass der Stein so klein ist 😂 fand ich da schon skurril, passt aber zu dem, was du schilderst.
Dass der Vater der Braut gefragt wird, ist zumindest hier in meinem Umfeld überhaupt nicht üblich und ich wäre ehrlich gesagt ziemlich beleidigt gewesen. Ob ich heiraten möchte, ist meine Entscheidung und nicht die meines Vaters. Ich glaube, da wird sich viel aus Filmen abgeschaut und dann einfach übernommen, weil es ja soooo romantisch ist 🙄 mein Fall wäre es nicht gewesen, aber wer daran Spaß hat... 🤷

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Schwabenland. Meine Eltern haben das in den 80ern auch so gemacht. Meine Mama trägt ihren Verlobungsring samt (kleinem) Steinchen bis heute an der linken Hand, den Ehering an der rechten.

Von anderen Mädels kenne ich es so, dass ein eher schlichter Verlobungsring gekauft wird, und der bei der Hochzeit von der linken zur rechten Hand wandert.


Ich selbst bin Fraktion "Hochzeit in Jeans" 👍

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Es gibt die einen und dann die anderen.

Die mit dem theatralischen Kniefall sind in meinem Umfeld in der Unterzahl.

Wir haben abends auf dem Sofa beschlossen, zu heiraten. Ganz unspektakulär also.

Auf keiner kirchlichen Hochzeit im Freundeskreis habe ich es erlebt, dass der Vater die Braut an den Altar geführt hat. Die Brautleute sind immer gemeinsam eingezogen. Bis auf meine ältere Stiefschwester, die wollte, dass mein mein Vater sie reinführt.

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Einen Antrag wie du ihn beschreibst habe ich nicht bekommen (und hätte ich auch ganz schrecklich gefunden). Bist du regelmäßig in diesem Forum? Häufig werden hier Posts eröffnet mit genau der Vorstellung: „Wir sind seit 100 Jahren zusammen, will so einen Antrag, aber er kommt nicht. Nein, ich rede nicht darüber, weil man Mann ja selbst darauf kommen soll, dass ich das so will. Dann trenne ich mich halt!“
DAS finde ich völlig überzogen. Diese Erwartungshaltung scheint ja bei manchen Frauen zu existieren. Und wenn es kein romantisch-schöner Antrag war, den ich gleich in meinem WhatsApp Status veröffentlichen kann, dann liebt mein Verlobter mich ja gar nicht!

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Ab und an bin ich hier und heute Nacht, als ich nicht schlafen konnte, tatsächlich über so einen Beitrag gestolpert, wo ich mich sehr gewundert habe, weil die Frau angekündigt hat, Schluss mit ihrem Partner, den sie liebt, machen zu wollen, weil er ihr keinen Antrag macht und sie keinen machen will und einfach gemeinsam ausmachen aus ungeklärten Gründen angeblich auch nicht geht. Da saß ich schon bisserl mit einem WTF? davor. Weil da offensichtlich jemand bereit ist, sein Leben zu ruinieren, nur weil man auf dem Konzept "Antrag mit Ring" besteht. Das ist für mich so, als würde ich Schluss machen, weil mein Mann mein Lieblingsgericht nicht mag.

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Genau das meine ich. Und solche Beiträge kommen hier immer wieder. Die Meinungen spalten sich dazu auch sehr. Uns geht es allen offenbar zu gut.