Was kommt auf einen zu?

Wir überlegen aktuell ein zweijähriges Mädchen aus äußerst schlechten Verhältnissen zu adoptieren. Nun ist sie keine neugeborene mehr und wird evtl. stark an der neuen Umgebung zu knabbern haben. Auch wird der kontaktabbruch zur Familie bestimmt schwer für sie werden. Ich weiß nicht viel von ihr, nur dass die Eltern Drogen nehmen, das Kind nicht lieben und sich nicht drum kümmern möchten.
Ich habe selber eine Tochter im Alter von 17 Monaten und mir zerreißt es das Herz, zu hören dass Kinder in solchen Welten leben müssen... Nur pack ich diese Herausforderung, ein möglicherweise schwer traumatisierten Kind aufzunehmen? (Das Jugendamt ist übrigens dran an der Familie)

Hat jemand Erfahrung zu dem Thema? Insbesondere dazu, wie die Aufnahme von so kleinen Kinder ist. Möchte so eine wichtige Entscheidung nicht zu schnell fällen und alle Probleme die auftreten können, bedenken.

Lg, Gabi

1

Hallo Gabi,
Dein Weg klingt eher ungewöhnlich für mich. Es ist toll, dass du dir Gedanken machst, wie und ob du helfen kannst. Wie kommst du denn darauf, dass die Eltern, die bisher trotz ihrer Krankheit (!!!) den Lebensmittelpunkt des Kindes darstellen, es zur Adoption freigeben werden? Und auf Besuchskontakte verzichten? Oft wird in der Konstellation auf Dauerpflege hingearbeitet.

Kinder suchtkranker Eltern haben oft Vernachlässigung erfahren, was sich in fehlendem Urvertrauen, Bindungsstörung, Traumatisierung äußern kann. Daher würde ich mich in dieser Richtung auch informieren. Falls auch in der Schwangerschaft Drogen konsumiert wurden, ist die Wahrscheinlichkeit für FAS erhöht, da viele mit Alkohol "substituieren", bis der nächste Stoff verfügbar ist.
Du wirst entsprechende Literatur zum Thema Adoption/ Pflege, Trauma und FAS im Netz finden. Als Beispiel sei Dr Bonus genannt.

Woher kannst du die Liebe der Eltern beurteilen? Unser Träger vermittelt zum Beispiel Kinder nicht in Familien, die die Herkunft des Kindes ablehnen!

Bist du mit dem Kind ggf verwandt?

Ich muss gestehen: unsere PT hat "Glück gehabt" und ist ab Geburt in Obhut genommen worden. Sie ist also "nur" durch den Entzug und Bindungsabbruch von Mutter und Bereitschaftsmama traumatisiert. Mein jüngster Sohn war bei Aufnahme 4,5 Jahre, sie 10 Monate. Er muss schon ordentlich zurückstecken! Unsere Maus braucht aufgrund ihrer Biographie eine enorme Betreuung, viel viel intensiver als gesund bürgerliche Kinder ihres Alters. Einem Kleinkind, welches selbst seine Mama noch ganz intensiv braucht, würde ich das nicht antun, sofern es nicht meine Nichte/ Neffe wäre. Der Preis ist hoch!
Nicht falsch verstehen, ich liebe unsere Maus von ganzem Herzen und sie gehört zu uns! Doch ich bin froh, dass mein Sohn schon eine gewisse Unabhängigkeit erlangt hat!

Heute hat sie ihn zum Beispiel innerhalb von 0,5 Sekunden blutig gebissen, als er sie von einem Kopfsprung aus dem (gesicherten!) Bett abhalten wollte. Ich stand genau hinter ihr und hatte sie gerade am Shirt erwischt, aber das Beißen konnte ich nicht verhindern. Fehlendes Gefahrenbewusstsein, fehlende Impulskontrolle, Rastlosigkeit sind zum Beispiel FAS Symptome, das Beißen kann altersbedingt sein, wobei sie schon sehr ausgeprägt aggressiv sein kann (u.a. auch ein Traumasymptom, Überlebensstrategie).
Immerhin kann mein Sohn rational verstehen, dass dieses Verhalten nicht zu imitieren ist, sie es noch nicht anders kann und noch lernen muss, aber davon tut ihm die Schulter nicht weniger weh.
Heute hat sie einen guten Tag und es ist schon vieles viel viel besser geworden!

Hoffentlich war es nicht zu lang. Aber immerhin ein kleiner Einblick, was einen erwarten KANN.
Liebe Grüße!

2

Ich würde dir davon abraten. Ein aufgenommenes Kind sollte immer jünger sein und ich finde deine Tochter generell zu klein. Belese dich zu dem Thema FAS, gerade wenn Drogen im Spiel sind, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch. Wie kommst du auf Adoption? Wollen die Eltern das Kind freigegeben? Bist du verwandt mit Kind? Lg

3

Vermutlich ist das kind schwer traumatisiert und bringt einen großen Rucksack an Problemen mit.
Ebenso ist deine Tochter noch sehr jung. Hier muss das adoptiv oder Pflegekind immer! Das jüngste kind in der Familie sein! Es wird keine "falsche" Konstellation herbei geführt.

4

Danke für eure Antworten. Ja, es handelt sich leider um entfernte Verwandte bei den Eltern... Ich habe über zehn Ecken von der Situation erfahren.

Ihr habt mir sehr geholfen, eine Entscheidung zu treffen. Vorerst überlassen wir das den Behörden. sollte sich die Situation bei mir entspannen (Studium, Umzug etc.) und das Kind wurde immernoch nicht aus der Familie geholt, werde ich auf die Eltern zugehen und klären ob ich das Kind zumindest in Pflege nehmen kann, auch wenn meine Tochter noch sehr klein ist. Ich denke ohne Studium und umzugsstress, komme ich sehr gut mit der Entscheidung zurecht, sie in guten und schlechten Zeiten im Leben zu begleiten.
Lg und alles gute euch,
Gabi

5

Wir haben seit Jahren Pflegekinder und ich würde es nicht empfehlen. Die eigenen Kinder und Pflegekinder sollten mind. 3 Jahre unterschied haben.
Außer div. Störungen, Krankheiten... kommt vielleicht Elternarbeit dazu, Kontaktbesuche... und du musst immer neutral sein, wirst du es können?

6

Hallo!

Meine Freuundin hat sich mit dem Thema Adoption intensiv beschätigt udn hat auch adoptiert.

Du wirst eher kaum ein Kind in Pflege / Dauerpgfle / Ado bekommen, das älter als Deine eigenen Kinder ist. Zudem ist DEIN Kind noch viel zu jung, dass man Euch überhaupt ein fremdes Kind überlässt.
Ihr müsst Euch als Familie als möglche Pflegeltern / Ado-Eltern "qualifizieren", d.h. ihr werdet medizinisch, psychisch, sozial und wirtschfatlich komplett durchleuchtet bevor ihr überhaupt in Frage kommt.

Das hat alles seine guten Gründe. Ein fremdes Kind, welches von den Eltern abgegeben wird oder aus der Familie genommen wird, hat ein schwerwiegendes Trauma und kann nur sehr stabile Verhätnisse "vertragen" und bracucht diese auch dringend, weil die Belastungen die auf die aufnehmenden Familie zukommen sind nicht wenig!

Übrigens bei uns im Landkreis werden dringend Pflegefamilien gesucht. Lasst Euch beraten!
Könntest Du damit leben, auch ein anderes bedürftiges Kind (das Du nicht kennst!) aufzunehmen, oder liegt es "nur" am Schicksal dieses Kindes?

LG, I.