Meine Partnerin und ich (beide Ende 30) haben seit einigen Jahren einen Kinderwunsch, der uns leider nicht erfüllt wurde. Die Hoffnung auf ein leibliches Kind haben wir weitgehend begraben, interessieren uns aber für eine Adoption. Wir sind seit mehreren Jahren zusammen (zweistellig), aber noch nicht verheiratet. Wir hatten nun einen ersten Infotermin beim Jugendamt, der uns etwas desillusioniert zurückgelassen hat. Vor allem fragen wir uns, wie viele Kinder eigentlich vermittelt werden bzw. wie viele Paare das Glück haben, ein Kind aufnehmen zu dürfen.
Wenn wir uns für den Weg der Adoption entscheiden, müssten wir unser ganzes Leben danach ausrichten: möglichst schnell heiraten um den Prozess überhaupt starten zu können, uns an unseren aktuellen Ort binden, Raum für ein Kinderzimmer vorhalten und ggf. auch Karriereoptionen ad acta legen. Dazu sind wir natürlich grundsätzlich bereit. Wir fragen uns aber: bei wie vielen Paaren wird der Wunsch nach einer Adoption denn erfüllt? Unser ganzes Leben danach auszurichten fällt uns natürlich leichter wenn wir wissen, dass zumindest 50% der Paare früher oder später ein Adoptivkind bekommen als wenn man weiß, dass es nur 5% der Paare sind. Da müssen wir uns auch psychologisch und was unsere Hoffnungen angeht ganz anders mit dem Thema beschäftigen. Ich weiß z.B. dass es mir absolut das Herz brechen würde ein Kinderzimmer in unserer Wohnung vorzuhalten und dem dann 5 Jahre beim verstauben zuzusehen, bis wir irgendwann zu alt für das Amt sind. Gibt es dazu Erfahrungen oder Statistiken?
Wie hoch sind die Chancen?
Wie viele Adoptionen zustande kommen, konnte euch wahrscheinlich nicht einmal das Amt sagen, weil es so unterschiedlich sein wird. Wenn ihr beispielsweise nur einen gesunden Säugling aufnehmen wollt, dann dauert es sicher länger. Viele wollen möglichst kleine Kinder und die werden selten zur Adoption freigegeben. Im Internet findet man ja unterschiedliche Zahlen, aber so eine Adoption kann schon mal 5 Jahre dauern. Und leider seid ihr nicht mehr die jüngsten, teilweise wollen die Ämter keinen so grossen Abstand zwischen Kind und Adoptiveltern (also mehr als 40 Jahre wollen die häufig nicht). Nichtsdestotrotz wenn ihr es wirklich wollt, tut es. Vielleicht habt ihr Glück und es klappt super schnell 😊 ihr müsst ja noch nicht jetzt euer Leben so umkrempeln, sondern erst wenn es soweit ist. Die können ja nicht von euch verlangen, Säuglingseinrichtung zu kaufen, wenn ihr dann vielleicht ein 3-jähriges Kind bekommt...?
Pflegeeltern würden händeringend gesucht, auch zur Langzeitpflege. Da geht es häufig schneller, vielleicht ist das was für euch?
Ich wünsche euch alles Glück der Welt, dass ihr noch euer ersehntes Familienmitglied bekommt.
Bei uns warten im Landkreis durchschnittlich 12 adoptionswillige Paare auf ein adoptivkind, unabhängig von irgendwelchen Kriterien. Die adoptivkinder schwanken im Landkreis zwischen 0 und 4 Kindern p.a.
Es ist super unwahrscheinlich, bei uns hat es allerdings mit 0 wartetagen schon im Abschlussgespräch geklappt.
Wichtig ist, ob ihr in der Stadt oder ländlich wohnt, das macht einen großen Unterschied, da die Kinder dort zur Adoption freigegeben werden, wo sie geboren sind.
Wenn ihr erstmal noch heiraten müsst und schon Ende 30 seid, wird es je nach Einstellung des jugendamtes leider echt sportlich. Der Prozess hat bei uns leider 1,5 Jahre gedauert, unter 9 Monaten geht's hier nicht. Das ist bitter, aber vermutlich Realität.
Platz für ein Kind muss grundsätzlich vorhanden sein, aber wir hatten weder erstausstattung noch Kinderzimmereinrichtung (ich kenn keinen, der das gemacht hat, das deprimiert doch) noch unsere Arbeitgeber vorgewarnt. Erstausstattung hatten wir innerhalb von 24 Stunden zusammen, dafür hat man ein Netzwerk. Und zur Not ein bisschen Kohle auf dem Konto.
Karriere haben wir auch nicht komplett auf Eis gelegt, wir haben spontan mehr oder weniger Urlaub genommen und sind dann beide in elternteilzeit gegangen und haben uns alles geteilt. Und Arbeitgeber sind flexibler als man denkt und freuen sich mit, wenn man mit einem hektischen wortschwall anruft.
Ich war nach dem erstgespräch auch deprimiert. Ihr könnt euch aber auch noch im Prozess noch für ein vollzeitpflegekind entscheiden. Wir haben uns ca 3 Monate vor Ende der Gespräche auf Adoption festgelegt, weil mein Mann ein Optimist ist, und wollten erst nach 2 Jahren Wartezeit wieder über Pflege sprechen. Tja, kam anders.
Packt es an, es ist gut für euch als Paar wieder aktiv an dem kinderwunsch arbeiten zu können und findet raus, was ihr gemeinsam wollt. Es lohnt sich, so oder so.
Ich weiß, dass das schwer ist, aber über Wahrscheinlichkeiten ranzugehen macht wenig Sinn.
Dafür gibt es alleine schon viel zu wenig verlässliche Zahlen.
So und so viele BewerberInnen-Paare auf ein Kind - wie viele dieser Paare haben es voll umfänglich und ernsthaft versucht? Gab es vielleicht nachvollziehbare Gründe warum es bei manchen einfach nie wirklich passte? Etc, etc. All so etwas taucht in den Zahlen nicht auf.
Wir waren zwei schwule Männer in Bayern - unser Kind kam über eine katholische Trägerschaft. Als wir vor wenigen Jahren uns verlobt haben, durften wir noch nicht einmal wirklich heiraten. Adoption rückt Begriffe wie Wahrscheinlichkeiten in ein neues Verhältnis.
Wenn ihr euch Adoption wirklich vorstellen könnt und auch damit Leben könnt, dass es evtl. nicht funktioniert und ihr auch dafür einen Lebensplan habt, dann lasst es nicht an mathematischen Spielen scheitern.