Das entscheidet das Jugendamt.
Bei uns dauert der "normale" Weg - zum Glück - auch mehrere Monate. (Es gibt Orte wo man mit nem Wochenendkurs durch ist - und absolut keine Ahnung hat was dann auf einen zukommen könnte - und dann ist das Risiko hoch das es für alle eine extreme Belastung wird. Kind, Pflegeeltern, Pflegegeschwister)
Ich kenne 2 "Fälle" persönlich wo es - eben aus der Not heraus - auch beschleunigt wurde.
Beides Kollegen (Erziherinnen die in einer "Brennpunktkita" eng mit dem Jugenadmt zusammen arbeiten).
Beide Kollegen hatten jeweils 1 leibliches Kind (8+ glaube ich) - nicht 3 so wie ihr.
Beide Kolleginnen haben die Entscheidung bereut, bei beiden musste nach ca. 3 und nach ca. 12 Monaten abgebochen werden. Erneuter Verlust fürs Pflegekind, massive Schuldgefühle bei den Kollegen, sehr schlimme Zeit für die Familie (leibliche Kinder und Partnerschaft)
Ein Fall weiß ich, der ist "überstürzt" gelungen - da hatte die Familie aber bereits 2 Pflegekinder und wusste genau worauf sie sich einlassen (das jüngste war 4 oder 5) und das zu vermittelnde Kind war ein Säugling - ohne größeres "Päckchen"
Ich bin daher kein Fan von "überstürzt" - es hat einen Grund wieso die Schulung und der Prozess so lange gehen.
Auch wenn es besser ist das Kind geht in eine Pflegefamilie als in eine Wohngruppe - das Risiko eines Bindungsabbruchs ist bei einer überstürzten Vermittlung einfach ziemlich groß.
Und ich bin sicher - ein Bindungsabbruch nach ein paar Monaten ist viel schädigender als 6 Monate in einer Wohngruppe zu leben.
Ihr wisst nicht worauf ihr euch einlasst, das kann man auch nach einer sehr guten Schzulung nicht wirklich wissen - aber schon ganz gut erahnen. Wirklich wissen kann man es erst in der Praxis oder wenn man sehr engen Kontakt zu Menschen hat, die ein Pflegekind aufgenommen haben.
Ich finde die Vorraussetzungen bei euch nicht wirklich ideal zur Zeit.
keine Schulung abgeschlossen, der "Wunsch" nach einem Pflegekind ist eher emotional (ihr wollt helfen) und nicht rational.
Er (der Wunsch) scheint sehr frisch und nicht ausgereift - und auch uninformiert. Mit eienm pflegekind gibt es so viele andere Themen zu bedenken als mit leiblichen Kindern. Ich weiß eine Kollegin hatte oft Stress weil der Amtsvormund des Pflegekindes andere Vorstellungen hatte - du lebst im Grunde mit einem Kind in deiner Familie, umsorgst es, kennst es - und andere Menschen bestimmen bei den wichtigen Entscheidungen, vielleicht gegen deine eigenen Vorstellungen.
Auch die Umgänge zu den leiblichen Eltern waren oft stressig. Hatten tagelang Nachwirkungen beim Pflegekind. Die Familie konnte über Weihnachten nicht wegfahren weil die leibliche Mutter des Pflegekindes Recht bekommen hat, ihr Kind an beiden Weihnachtsfeiertagen zu sehen. Es durfte kein Auslandsurlaub gemacht werden weil die Zustimmung fehlte.
Die Familie mit dem pflegebaby wurde eine Zeit lang vom leiblichen vater gestalkt und bedroht - er kam gerade aus dem gefängnis und hatte bereits mehrere haftstrafen wegen gewaltdelikten. Da hast du panische Angst um deine eigen Familie, deine eigenen kinder.
Das sind alles Themen, die treffen dich nicht mit "nur" leiblichen Kindern.
Und das sind ja nur die Themen von außen - dieses Kind was da zu euch kommt, wächst ja nicht wie ein baby langsam mit euch zusammen, langsam in die familie hinein. Niemand von euch hat Zeit sich Schritt für schritt, Woche für Woche an die (sich entwickelnden) Charakterzüge, eigenarten des Kindes zu gewöhnen - mit 3 oder 4 ist ja shcon sehr viel "da", sichtbar, beeinflusst stark den Familienalltag, die Dynamik, das Zusammenleben. Von dem "päckchen" was es ebenfalls dabei hat, will/kann ich gar nicht sprechen - da ich mich damit nicht auskenne. Aber es wird einen Grund haben wieso es einen therapeuten hat, wieso die Großeltern überfordert sind (vermutlich nicht nur das Alter) und was der Junge bisher alles erleben musste, spielt ja auch eine nicht unwsentliche Rolle. (Ausnahme wäre, Tolle leibliche eltern, tolle Kindheit gehabt, Eltern verstorben, lebt bei Großeltern, diese aufgrund von krankheit überfordert, ... - aber das wird wohl die große Ausnahme sein ...)
Soweit ich weiß gilt bei "uns" die Regel, dass das Pflegekind immer das jüngste Kind im Familiengefüge sein sollte. Mind. 2 Jahre Abstand. In alten Threads hier las ich was von einer "natürlichen Geschwisterreihenfolge" - das ergab für mich total Sinn, kann das gerade aber nicht genau wiedergeben - denke auch dass daher bei uns diese Regelung gilt.
Habt ihr vielleicht sogar noch jüngere Kinder als den Sohn im selben Alter?
Welche Argumente hat denn das Jugenamt bei euch, warum sie das Kind nicht zu euch geben, sondern lieber in eine Wohngruppe? Liegt es nur an der fehlenden Schulung? ich bezweifle dass Mitarbeiter des Jugendamtes dem Kind schaden wollen.
Und ich kann auch nachvollziehen warum Erzieher, Familienhebamme, Therapeuten des Jungen die überstürzte Aufnahme in eine Pflegefamilie befürworten - dise menschen sind halt emotional sehr nah dran.
Ich bin Horterzieherin und habe einen 3. klässler der seit 2 jahren in einer Wohngruppe lebt und wohl nie die Chance auf eine Pflegefamilie hat. ein tolles Kind, er tut mir sehr oft wahnsinnig leid. ich habe auch schon öfter überlegt ihn nicht aufzunehmen. Es ist so schwer das zu trennen und nicht helfen zu können.
Aus der Entfernung, rational betrachtet, wäre es aber aus meiner Sicht wirklich unüberlegt, risikobehaftet, würde wohl mehr Schaden als nutzen. Und das ist der Job des Jugendamtes - rational und mit Erfahrung drauf zu blicken im Sinne des Kindes.