Pflegeeltern werden - Erfahrungsberichte mit eigenen Kindern gesucht

Hallo zusammen,

Mein Mann und ich überlegen schon länger, ob wir die Pflegeelternausbildung machen sollen, um ein Kind aufzunehmen.
Wir haben bereits 2 leibliche Kinder und könnten uns gut vorstellen 3 Kinder zu haben. Außerdem möchten wir gerne runden Kind ein gutes Zuhause bieten, das es sonst im leben sehr schwer hat.
Ich denke oft, wer soll Pflegekinder nehmen, wenn nicht solche Familien wie wir. Wir haben finanziell keine Sorgen, sind gebildet, haben gute Jobs, ein großes soziales Netzwerk, viel Platz..
Wir würden kein behindertes Kind nehmen, das schaffe ich glaube ich nicht..
Meine größte Sorge wäre, dass ich das Pflegekind nicht so sehr liebe wie die eigenen und es das bemerkt. Weiters habe ich Angst, dass das Kind so schwierig ist, dass es jahrelang alle Aufmerksamkeit braucht und unsere eigenen Kinder leiden..

Hat jemand Erfahrungen mit Pflegekind und eigenen Kindern?

Bearbeitet von Kettlebroom
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Wir haben nur Erfahrungen mit Adoptivkind ohne leibliche Kinder. Das Pflegelind wird wahrscheinlich intensiver sein als leibliche Kinder. Es hat mind. einen Kontaktabbruch hinter sich und braucht die Sicherheit, dass sich diese Kontaktabbrüche nicht ständig wiederholen. Es wird traumatisiert sein und möglicherweise die Wut an einem Elternteil auslassen. Es wird häufig bei Pflege- und Adotivkindern von therapeutischer Elternschaft gesprochen, m.E. zu Recht. Informationen über deprivierte und traumatisierte Kinder gibt es zuhauf.

Wie ich an anderer Stelle schon geschrieben habe, kann Anstrengungsverweigerung ein Thema sein, dieses Thema ist noch nicht bei Psychologen angekommen, das Kind kann in der Schule mehr an Beziehungen als am Schulstoff interessiert sein. Für nette Lehrer sich anzustrengen, sich bei doofen Lehrern zu verweigern, kann sich manchmal durch die ganze Schulzeit ziehen. Das Kind kann euer ganzes Familienleben auf den Kopf stellen über Jahre. Als letztes Problem kommt noch der eventuelle Kontakt mit der Herkunftsfamilie hinzu, das setzt das Kind dann endgültig zwischen alle Stühle, so dass es nicht weiß, wo es hingehört.

Ich habe Pflegefamilien kennengelernt, die lieben ihre Kinder wie leibliche und adoptieren sie mitunter bei Volljährigkeit und ich habe Pflegefamilien kennengelernt, bei denen die Vergütung im Vordergrund steht, weil im Zweifel jede Zusatzausgabe Therapie ist, die vom Amt bezahlt wird, Nachhilfe, therapeutisches Reiten, therapeutischer Instrumentalunterricht,...

Da ich kein leibliches Kind habe, weiß ich nicht, ob ich ein leibliches kind lieber gehabt hätte als meine Adoptivtochter. Sie ist einfach mein Kind und ich habe sie unendlich lieb und sie ist unendlich anstrengend und ich würde sie für nichts auf der Welt hergeben.

Ich kann euch nur den Tipp geben, ein paar Bücher von der Vielzahl, die es auf dem Markt gibt zu lesen, dann versteht man vieles.

Ich weiß, dass einige Eltern, die schon Kinder hatten, mit uns adoptiert haben, in den 60er Jahren war das eine nicht ungewöhnliche Familienkonstellation. Erst in den letzten Jahren ist es üblich geworden, dass man nur adoptiert oder Pflegeeltern wird, wenn man selbst keine bekommt. Zum Teil sehen es auch die Jugendämter so, daher muss das aufnehmende Kind das jüngste Kind sein, um sicher zu gehen, dass es genügend Liebe und Fürsorge bekommt.

Wäre ich etwas jünger gewesen, hätte ich mich auch nach unserer Tochter noch um ein Pflegekind bemüht Die Bildung, von der du schreibst, lässt euch einiges verstehen, löst aber nicht alle Probleme.

Viel Glück

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Hi,

wir bewerben uns aktuell und haben ein leibliches Kind von 9 Jahren. Über die Liebe zu dem Kind mache ich mir keine Sorgen. Immerhin lernt man das Kind kennen und entscheidet dann ob man es sich vorstellen kann. Die Herausforderung wird enorm sein und die ist sicher auch nicht rosig und mit einem leiblichen Kind zu vergleichen. Da sollten die vorhandenen Kinder schon gestärkt sein, da es untereinander schwierig werden könnte. Zudem der Kontakt mit der Herkunftsfamilie, da muss man sich bewusst sein das der eigene Alltag eingeschränkt sein wird. Das sind lauter so Punkte die man beachten muss wenn man bereits eine Familie ist. Eine öffentliche Familie zu sein kann auch nicht jeder. Und für mich ein weiterer enormer Faktor, das das Kind wieder zur Familie zurück gehen kann, und dies auch für die leiblichen Kinder einen Einschnitt bedeutet. Ich denke aber trotz allem kann man zusammen wachsen und eine schöne Zeit haben.

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Es gibt auch spezielle Foren für Pflegeeltern, da kann man ganz toll querlesen und mal so schauen, was auf einen zukommen kann. Und gleichzeitig muss man im Kopf behalten, dass dort oft nur die Leute aktiv schreiben, die die wirklich schwierigen Kindern haben oder die viele Probleme haben.

Unsere Pflegetochter ist noch sehr klein, daher kann ich wenig persönliches berichten.
Wir haben uns für einen freien Träger entschieden, weil wir da viel Unterstützung bekommen. Dort haben wir die Schulung gemacht und uns die ganze Zeit offen gehalten, ob wir es machen oder nicht. Aber für uns hat sich nur bestärkt, dass wir diesen Weg gehen wollen.
Und die beiden Großen lieben ihre kleine Schwester jetzt schon ganz doll und sind (meistens) sehr glücklich, dass sie da sind.

Ein Pflegekind haben heißt meistens, dass man deutlich mehr und länger zuhause ist, als das bei leiblichen Kindern sein muss. Wenn möglich sollten Pflegekinder nicht vor 3 in den Kindergarten, damit sie eine Chance haben die Bindung nachzuholen und aufzubauen, die sie durch den Bindungsabbruch nicht so erleben können, wie leibliche Kinder, die bei ihren Eltern bleiben.

Wir finden es toll zuhause mit den Kids zu sein, schicken sie sowieso nur so kurz wie möglich in den Kindergarten und die Schule und freuen uns, dass wir durch das Pflegegeld Stunden reduzieren konnten, um nun beide viel Zuhause zu sein.
Und dass quasi 100% der Zeit einer von uns Zuhause ist und für die Kinder Ansprechpartner ist, wird vermutlich auch noch so bleiben, bis die Kleine mindestens 10 ist. Für uns voll okay.

Wer hofft, dass (Pflege-)Kinder einfach so nebenher mitlaufen und sich in das persönliche Bild von Familie einfügen, sollte das eventuell noch mal überdenken.

Wie ihr euer Familienleben gestalten wollt und wie viel Flexibilität ihr habt, auf ein Kind mit besonderen Bedürfnissen einzugehen (und die habe sie eigentlich alle irgendwie), dass kannst nur du sagen.

Ich weiß auf jeden Fall von allen Pflegeeltern in meinem Umfeld, dass sie ihre Kinder lieben und sich wieder so entscheiden würden. Und gleichzeitig sind einige sehr froh, dass sie vorher nicht wussten, was auf sie zukommt :D