Ausschlusskriterien

Hallo zusammen,
Ich stecke gerade in den letzten Zügen meiner Kiwu-Reise. So langsam möchte ich mich mit dem Gedanken anfreunden, dass es wirklich sein kann, dass wir kein leibliches Kind bekommen.

Ich könnte mir ein Pflegekind gut vorstellen. Aber bevor wir uns in den Bewerberprozess begeben, wüsste ich gerne, ob diese Dinge uns von vornherein ausschließen würden:

Mein Mann ist beruflich bedingt bis zu 3 Tage und Nächte pro Woche nicht zuhause.
Ich habe eine diagnostizierte generalisierte Angststörung, war vor etlichen Jahren in Therapie und habe bis vor ein paar Monaten noch eine Mini Dosis antidepressiva genommen. Das nur, weil man die nicht einfach so absetzen sollte, wirkliche Probleme habe ich nicht mehr und war auch schon Jahre nicht mehr deswegen krankgeschrieben.

Meint ihr, das ist ein Problem?
Ich arbeite selbst beim Jugendamt, allerdings in einer anderen Abteilung und möchte natürlich aus Gründen nicht meine Kollegen fragen. Dass ein Pflegekind immer ein Päckchen mitbringt, ist mir also klar.

VG Ari ⭐️⭐️💫

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Ich glaube, es wäre scon notwendig sehr intensiv mit dem JA dazu zu sprechen.
Unsere Sachbearbeiterin hätte das vermutlich nicht sofort ausgeschlossen, aber schon als Hürde bezeichnet, zu der sie sich ein genaues Bild machen muss.

Erstmal ist es sehr gut, wenn ihr da gleich offen und ausführlich damit umgeht - was ja auch eine Stärke ausdrückt.

Alles Gute euch.

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Ich las mal, dass man mit Angststörung kaum eine Chance hat, was ich ziemlich Banane finde, denn erstens hat jeder mit Spinnenphobie offiziell nach Kriterien eine Phobie und damit Angststörung, zweitens gehen die Leute meist zum Psychologen, sind unheimlich gut selbstreflektiert durch die Therapie als viele, die meinen gesund zu sein und sowas "nicht nötig" zu haben. Aber doch sehr schwierige Verhaltensweisen etc durch Traumata oder was auch immer haben. Für mich sind Leute die eine Therapie durchmachen mussten, meist besser aufgestellt in Sachen Selbstreflektion und Empathie. Ferner (so belastend eine Angststörung sich sein kann), gibt es meiner Meinung nach andere Störungen, die wirklich schlimmer sind als eine behandelte Angststörung.

Ich würde hier doch mal ins Gespräch gehen. Und sei es, dass man jmd erfindet wie seine nach sein, die überlegt hatte wegen Adoption, aber doch gefragt hatte wegen der Angststörung. Vllt ist das erstmal unverfänglich, wenn deine Schamgrenze aktuell noch zu hoch ist.

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Nein, scham hab ich da gar keine. Es ist ja auch keine Schande. Möchte das nur nicht ausbreiten, wenn es von vornherein ein absolutes no go ist. Dann wär es ja nicht nötig, dass ich da jmd, der auch noch in der gleichen Behörde arbeitet wie ich, meine Lebensgeschichte erzählen muss.

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Wenn du selbst beim JA arbeitest weißt du doch, dass da jedes JA sein eigenes Süppchen kocht 😅
Bei uns wäre die Abwesenheit (bzw. der fehlende Wille deines Mannes, diese für zumindestest 1-2 Jahe e zu ändern durch ELternzeit oder ähnliches)deines Mannes ein Ausschusskrtierium, bei uns werden auch alleinerziehende nicht akzeptiert. Die Antidepressiva dagegen würde ich bei uns als unproblematisch sehen, da bei uns bzgl. Gesundheit nur ein Attest des Hausarztes vorliegen musst dass du keine lebenskürzenden oder psychischen Krankheiten hast, die einem Pflegekind entgegenstehen- und das tut eine abgeschlossene Behandlung ja nicht.

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Das schon, wobei ich ja nur für die Abteilung sprechen kann, in der ich arbeite. An der Bereitschaft, mehr zuhause zu sein, liegt es sicherlich nicht, aber an der Möglichkeit. Er verdient ja damit den großen Teil unseres Haushaltseinkommen und kann das nicht immer vom Büro. Ich würde auf jeden Fall 3 Jahre Elternzeit nehmen.

Bearbeitet von Ari685
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Das wäre bei uns jetzt nicht gewünscht dass du 3 Jahre zuhause bist, die Kinder sollen spätestens nach einem Jahr in die Kita, meistens sogar früher, weil sie auch nicht ab Geburt kommen.
Wichtig ist ihnen nur, dass beide Elternteile weitgehend zuhause sind. Aber wie gesagt: Jedes JA ist da anders, ich habe auch von vielen JAs gehört, die überhaupt kein Problem mit Alleinerziehenden haben.

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War zwischzeitlich auf einem Infoabend von einem örtlichen Träger. Alleinerziehend, gleichgeschlechtliche Paare, über 40, alles kein Problem. Und Attest vom Arzt dass man normal fit und nicht terminal erkrankt ist reicht aus

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Das klingt doch super!

Wir waren auch mal bei unserem Jugendamt zur Beratung, um zu sehen, wohin unsere Reise gehen könnte, wenn es mit eigenen Kindern nichts wird (hatte zu dem Zeitpunkt schon drei Fehlgeburten und die Kraft für weitere fehlte).
Unser Jugendamt arbeitet mit den JAs der Region zusammen und Pflegekinder werden grundsätzlich nur an Familien mit bereits vorhandenen Kindern vermittelt. Kinderlose Paare haben hier nur die Chance auf ein Adoptivkind und die ist bekanntlich sehr klein (hier stehen immer um die 60 - 70 Paare auf der Liste für 1-2 Kinder jährlich).

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Das ist ja total frustrierend. Gabs da ne Begründung?

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Die erste Frage, die sich euch stellt, ist doch, ob ihr es euch zutraut. Wir haben uns vor 16 Jahren um eine Adoption beworben, häufig wurden vorgegegebene Kataloge abgefragt. Wenn es passte, kam die nächste Frage.

Bei Pflegeeltern wurde das Ganze, ohne hier jemanden zu nahe treten zu wollen, etwas lockerer gesehen, da es mehr Adoptivbewerber als Kinder und mehr Kinder für die Pflege als potentielle Pflegeeltern gab.

Wenn alle Bewerber, die zum größtenteil ungewollt kinderlos waren mit möglicherweise einer Depression, hätte es wahrscheinlich 80% weniger Adoptiveltern gegeben.

Wenn du selbst beim Jugendamt arbeitest, kennst du doch die Spielregeln.Willst du immer alles genau wissen, oder reicht es dir, wenn zwei Leute vor dir sitzen, die sagen, dass sie es sich zutrauen? Wir wurden in den ersten Jahren, da es gesetzlich so vorgesehen war, zwangsbetreut einschließlich Entwicklungsbericht, den wir schreiben mussten und der kontrolliert wurde. Das war die milde Variante. Unsere Sachbearbeiterin wurde beim Problemen grantelig, die wollte einen Kaffee bei "Schön Schön" trinken und nach einer 3/4 Stunde in den wohlverdienten Feierabend rauschen.

Wenn du ein Pflegekind wie ein eigenes großziehen willst, ist das in den meisten Fällen eine therapeutische Elternschaft. Therapeuten gibt es wenig, also solltest du bis dahin das Fachwissen haben, die kleinen und großen Krisen aufzufangen. Traut ihr euch das zu? Bei uns hätte es keiner von uns beiden allein gekonnt, zusammen konnten wir unsere jeweiligen Stärken dem Kind zukommen lassen. Das hat sich bis heute nicht geändert.

Gerade wenn du seelische Krisen kennst, kannst du doch viel empathischer mit einem wahrscheinlich traumatisierten Kind umgehen als eine robuste Frohnatur.

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Das lässt sich, glaube ich, gar nicht so einfach sagen. Ich denke schon, dass ich empathisch und vor allem reflektiert bin. Aber es kommt natürlich darauf an, was das Kind mitbringt. Es gibt auf jeden Fall Dinge, die mich an die grenzen bringen würden. Aber das wird bei jedem so sein, egal ob man selbst Erfahrung mit psychischen Problemen hat oder nicht. Daher denke ich nicht, deswegen weniger geeignet zu sein. Wie gesagt, ich bin in einer anderen Abteilung und auch keine Pädagogin, deswegen weiß ich nicht, wie es da läuft.

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Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zuviel erzählen nur schadet. Ich habe mich aber vor Adoption lange reflektiert und auch meinen Hausarzt um Rat gefragt, ob er es mir zutraut. Ich leide allerdings nicht an irgendwelchen Psychosen und neurotisch sind wir doch alle irgendwie.

Natürlich gibt es Krisen und ich bin häufig an meiner Grenze. Dann gucke ich sie an und denke, dass sie doch meine Prinzessin ist. Und sie bringt aus der Schule mit, dass andere bei schlechten Noten viel mehr Ärger bekämen als sie und wir hören, was sie uns alles erzählt. Aber zwischen den Wutausbrüchen immer wieder geduldig zu sein und dabei nicht einzuknicken ist manchmal Hardcore.

Ich glaube, dass man mit den Anforderungen wächst. Aber wir brauchten uns immer als Unterstützung und tun es immer noch.

V.G.

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