Hallo, ich möchte mich hier einfach mal etwas ärgern und auch fragen, wie ihr das seht:
Mein Schwiegervater ist herzkrank. Er hat eine künstliche Herzklappe und muss einige Medikamente nehmen. Zudem ist er stark übergewichtig. Er ist daher ein Risikopatient. Mein Vater ist gesund und fit aber schon 64 und daher gehört er auch zur Risikogruppe. Meine Mutter und meine Schwiegermutter sind noch unter 60 und beide fit. Wir wohnen 200 km von ihnen entfernt.
Mein Schwiegervater rief nun meinen Mann an und weinte dabei fast. Er würde uns und vor allem seinen Enkel so vermissen und an Ostern würde er kochen. Wir könnten ruhig kommen und dann Abstand halten. Meine Schwiegermutter sei dagegen aber wir sollen das entscheiden.
Für uns ist klar: Nein! Die Beschränkung wurde auch gerade verlängert und wir wollen niemanden gefährden. Ich finde das so blöd, dass wir das entscheiden sollen und wir dann die Bösen sind, weil wir ihn schützen müssen. Was soll das? Wir haben uns zuletzt Ende Februar gesehen. Gäbe es kein Corona würden wir uns auch frühestens an Ostern sehen. Also wieso wird jetzt so sentimental?
Mein Vater meinte, ihm reiche es langsam und an Ostern würde er vorbeikommen. Meine Mutter sagt, nein. Hat sie auch recht.
Sind die älteren Männer so unvernünftig?
Kurz nach Ostern wird unser Sohn ein Jahr alt. Wie ich sie da vom Kommen abhalten soll?
Was soll nur diese Unvernunft. Und wir müssen dann die Vernünftigen sein, wo sie uns doch als Kinder gepredigt haben, wir sollen mal vernünftiger sein. Sehr ironisch....
Sorry für den langen Text.
Liebe Grüße ☀️
Trauer, Ärger etc.
Oh mann, das klingt herzzerreißend
Dein armer Schwiegervater - für ihn ist das alles nicht so einfach.
Aber ihr müsst jetzt stark und vernünftig sein!
Ihr könntet ja versuchen, ihm ein wenig Hoffnung zu machen (ihm versichern, dass bald bessere Zeiten kommen und euch schon mal gemeinsam überlegen, was ihr dann alles schönes machen werdet)
Hat er denn die technischen Mittel, um mit euch via Zoom/Facetime/Skype zu kommunizieren?
Meine Oma hat das zum Beispiel eingeführt und die beiden sind begeistert
So kann man sogar zusammen essen.
Er ist jetzt schwach und deswegen ist eure Vernunft gefragt. Ich kenne das... Plötzlich muss man für die Alten verantwortlich handeln.
Haltet auf jeden Fall viel Kontakt, damit er nicht so sehr verzweifelt.
Ist dir einfach mal in den Sinn gekommen das sie Angst haben.
Angst sich anzustecken und euch dann vielleicht nicht mehr zu sehen.
Ich gehöre auch zur Risiko Gruppe.
Meine Gedanken, manchmal richtig Kopfkino sind.
Die Kinder sind alle fit und ich denke auch wenn sie Corona bekommen stehen sie es durch.
Wenn ich Corona bekomme sehe ich das ich vielleicht sterbe und ich vorher meine Kinder nicht mehr sehe....
Gedanken die ich wegschiebe soweit es geht aber nun weine ich gerade.
Sei nachsichtig
Ich kann die alten Herrschaften sehr gut verstehen. Keiner weiß, wie lange diese Kontaktsperre dauert und wer weiß, ob sie sich trotz Einhaltung der Verordnung trotzdem infizieren. Und sollten sie sich infizieren, ist es fraglich, ob sie die Kinder und Enkelkinder vielleicht sogar noch Urenkelkinder überhaupt noch sehen können.
Die Situation ist echt blöd.
Was ist schon vernünftig? Wir haben eine knapp 90-jährige Ur-Oma, die so gut wie jedes Wochenende mit ihren Kindern und Urenkeln verbracht hat. Von Jetzt auf Gleich gibt es nur noch verhaltenen Kontakt, wenn sie mal Einkäufe geliefert bekommt. Wie lange soll das noch so gehen? Gut, dass man sie vor Corona bewahrt, aber wie sieht es nach einigen Monaten Isolation um ihre kognitiven Fähigkeiten aus? Wie mit ihrem Körper, nachdem der tägliche Spaziergang ausfällt?
Die Ausgangslage ist einfach mies. Ausgerechnet Ältere und Vorerkrankte muss man bestenfalls von Kindern und Enkeln schützen. Es ist nur menschlich, dass besonders die Risikogruppe nicht nur Angst vor dem Tod hat, sondern Angst ein nicht mehr lebenswertes Leben zu leben. Und wenn man sich dann doch mit dem entsprechenden Verwandten trifft, vielleicht sogar weil dieser sowieso schon keine gute Prognose hat und es erwischt ihn der Virus, muss man selbst mit einem schlechten Gewissen leben.
Ich denke, da hilft nur wirklich offenes reden. Ich wünschte mir auch mehr Verständnis von allen Leuten, die so gern andere angreifen, weil die ja unvernünftig sind und nichts verstehen. Diese Krise fordert viele Opfer, jede Sorge ist menschlich.
👍
"sondern Angst ein nicht mehr lebenswertes Leben zu leben. "
schön geschrieben.
Sie sind nicht unvernünftig, sie haben nur eine andere Sicht auf das Leben.
Kurz bevor meine Mutter (vor vielen Jahren) starb, setzte sie sich über alle vernünftigen Regeln hinweg.
Davor strebte sie nach Perfektionismus und achtete bei Ernährung und Gesundheit auf alles lebensverlängernde.
Sie war schon länger schwer krank, achtete auf alles.
Und dann ca. ein halbes Jahr vorher fing sie an, alles "nachholen" zu wollen, kannte keine Vernunft mehr und wollte alles ausprobieren.
Bei meinem Vater war es konstant anders.
Er hielt sich seit seinen Erkrankungen sehr an ärztliche Anweisungen, schlug hier und da mal etwas über die Strenge, nahm es auch mal nicht soooo genau .... so nach dem Motto: wenn ich schon sterbe, will ich bis dahin auch leben.
Da er leben wollte, achtete er auf notwendige Regeln bzw. nach direkter Herz-OP wollte er auch keinen niesenden Besuch.
Meine Mutter hätte ihn am liebsten auch einige Monate nach der Herz-OP nicht rausgelassen, damit er sich bloß nichts einfängt.
Jetzt bei Corona gehen ältere Menschen in meinem Umfeld sehr unterschiedlich damit um.
Manche haben Angst ihre Enkel nie wieder zu sehen.
Sie haben Angst, an ETWAS zu sterben und ihre Enkel / Liebsten nicht mehr gesehen zu haben.
Sie würden Corona Risiko auf sich nehmen, weil sie zu Hause alleine dem Risiko des Herztodes, Schlaganfall, Vorerkrankungstod jeden Tag ausgesetzt sind.
Gedanken: genieße jeden Tag. Ob morgen Corona oder in 3 Tagen der Herzinfarkt macht keinen Unterschied.
Für die Angehörigen schon, weil sie das anders verarbeiten und sich fragen, ob sie es nicht hätten verhindern können.
Andere mit Vorerkrankungen, aber sonst gut eingestellter Gesundheit, halten sich sehr zurück. Sie wissen, dass Corona für sie gefährlicher ist auf Grund der Vorerkrankungen und schätzen sich so ein, dass sie ohne Virus durchaus gut länger weiter leben können, sofern sie ein paar Dinge beachten.
Ich finde es ehrlich schlimm dass heute so wenige fähig sind anderen zuzugestehen dass die Situation belastend ist und sie mal die Nerven verlieren. Dass dann gleich von "muss der mir jetzt den schwarzen Peter zuschieben" und "sind alle älteren so unvernünftig". geredet wird wenn um EINE Ausnahme gebeten wird. Meine Güte, sie sind einfach nur MENSCHEN die gerade alle menscheln und keine Maschinen. Du bist eben jünger und belastbarer, das ist normal, aber nix verwerfliches dass andere es gerade nicht sind.
Schon mal überlegt dass er Euch auch sonst vermisst? Dass es ihm auch sonst zu wenig Besuch ist, er aber sonst in der Lage ist das "auszuhalten"? Oder dass ihm jetzt erst bewusst ist dass das Leben aller eben auch schneller als man denkt enden kann und deswegen anders über die wenigen Besuche denkt als bisher? Vielen Menschen wird gerade bewusst dass ihre Leben und die ihrer Angehörigen endlich ist und das verschiebt Relationen.