Das Thema Corona ist sehr heikel, die Nerveniegen blank und noch kein Ende in Sicht.
Ich habe beruflich viel Kontakt zu Menschen und jeder hat selbstverständlich seine eigene Meinung und Auffassung. Viele meckern über die Maßnahmen, was ich verstehen kann, denn sie sind alt oder krank, können so kaum raus und seit einem Jahr quasi isoliert allein daheim. Die einzigen Kontakte sind in der Regel die Therapeuten und der Pflegedienst. Ich höre mir das alles gerne an. Meist behalte ich meine Meinung für mich, denn immer wenn ich da bin geht es um meine Klienten. Damit komme ich absolut klar und ich mache es gern.
Ich habe nun von einer Kollegin eine Klientin übernommen. Das selbe... Krank mit progredienten Verlauf, isoliert zu Hause. Aber sie ist weit davon entfernt nur zu Jammern, sie ist in meinen Augen bereits eine Verschwörungstheoretikerin. Ihre ausgesuchten Nachrichten bezieht sie über Youtube und Telegramm. Auch hier kann ich professionelle Zurückhaltung wahren, zumindest bis zuletzt. Sie erwartet immer wieder eine Reaktion, und am besten soll es ihre Denkweise sein.
Mittlerweile geht sie fest davon aus, dass Corona nur ein Lügengebilde von weit oben ist, damit wir nicht mehr mitkriegen wie viele Flüchtlinge wir aufnehmen. "wir werden alle unterwandert, damit das deutsche Volk ausgerottet werden kann". Ich war sprachlos.
Und darauf wollte sie eine Reaktion, eine Meinung von mir. Ich konnte das Thema relativ geschickt umgehen und durch meine Behandlung umlenken, aber auf Dauer wird es sehr anstrengend. Ich weiß nicht, ob ich das ernst nehmen soll oder ob ich lachen soll.
Ich möchte in diesem Punkt keine Meinung diesbezüglich abgeben, denn das Leben hat auch im Moment mehr zu bieten als Corona. Zumal möchte ich meine Meinung nicht als Thema einer medizinischen Behandlung machen. Es ist für mich nicht professionell. Aber hier habe ich Mühe, denn sie ist wirklich sehr extrem in ihrer Meinungsäußerung. Und sie soll auch ihre Meinung haben, aber nicht verlangen, dass ich das ebenfalls so sehe und zudam mag ich nicht über Politik und Co herziehen. Das mache ich zu Hause, aber auf Arbeit hat das für mich nichts zu suchen.
Ich hoffe das ist kein Wirrwarr, ich war sehr kalt erwischt worden.
Und ich weiß nicht, wie die Reaktionen hier jetzt sein werden, aber hat jemand eine Idee, wie ich damit adäquat umgehen kann bzw wie ich reagieren kann, ohne eine Grundsatzdiskussion auszulösen?
Danke schonmal
Wie umgehen...?
Puh, das ist sehr schwierig. Ist sie denn bei vollem Verstand oder spielt da auch eine leichte Demenz rein?
Ich glaube, wenn sie völlig klar ist würde ich versuchen, das Thema ein für alle Mal zu unterbinden. "Frau... meine Meinung dazu ist eine andere. Das gehört hier aber nicht her. Ich bin hier, um sie medizinisch zu behandeln und nicht, um über Politik zu sprechen."
Vielleicht ist das zu barsch, ich weiß es nicht. Hinterher heißt es, so kann man doch nicht mit Patienten umgehen. Echt eine doofe Situation.
Nein, sie ist noch recht jung, hat MS, leider fortschreitender Verlauf und nicht in Schüben.
Ja es ist schwierig und mir sehr unangenehm. Ich lasse sie meistens reden und versuche nur minimal drauf ein zu gehen. Es ging um die Testpflicht... Zum Beispiel, sie ist da absolut dagegen etc... Ich sagte dann, dass ich es für mich gerne nutze, gerade weil ich ständig wechselnde Patienten habe die ich Körpernah behandle... Das hat sie eingesehen. Aber da immer einen diplomatischen weg zu finden fällt mir zunehmend schwerer... Aber vermutlich muss ich das mal so sagen und eine Grenze setzen. Kann aber sein, dass sie dann nicht mehr will, dass ich komme 🤷🏻♀️
Hey!
Ich finde, dass sich die Aussagen der Patientin schon ziemlich... wahnhaft anhören. Kann es sein, dass sie noch eine weitere Erkrankung hat? Kann die ms das Gehirn geschädigt haben oder sonst wie ihre Wahrnehmung beeinflussen?
Ich würde mich auf die professionelle Ebene zurückziehen und sagen, dass solche Themen nicht in deinen Aufgabenbereich fallen.
Liebe Grüße
Schoko
Solchen Meinungen ist ja momentan jeder Mal ausgeliefert, sei es beim Friseur oder bei der lieben Verwandschaft. Meine Taktik ist dazu halt auch, dass das Gespräch damit sehr einseitig ist. Ich lasse reden, höre mir das manchmal auch einfach an, was in den Köpfen der Leute vor sich geht und schalte aber auf Durchzug. Ich würde niemals anfangen zu diskutieren und meine Meinung dazu zu äußern...geschickt umlenken auf den eigentlichen Grund des Zusammentreffens ist da schon ein guter Ansatz. Viel mehr kann man nicht tun, außer, dass ihr als Therapeuten/Pfleger euch vielleicht mal abwechselt bei solchen Extremfällen.
Hallo,
du hast geschrieben:
"Ich möchte in diesem Punkt keine Meinung diesbezüglich abgeben, denn das Leben hat auch im Moment mehr zu bieten als Corona. Zumal möchte ich meine Meinung nicht als Thema einer medizinischen Behandlung machen. Es ist für mich nicht professionell"
und genau so klar solltest du es ihr sagen:
"Dieses Thema gehört nicht in eine medizinische Behandlung, denn es sorgt dafür, dass die Behandlung nicht entspannt und ruhig stattfinden kann!" Damit hast du dich ihr erklärt und dann einfach wirklich nicht mehr darauf eingehen.
Tatsächlich muss ich gerade auch feststellen, dass die Personen, die sagen: "Man darf ja seine Meinung gar nicht mehr frei äußern" Auf Diskussionen und Gegenargumente nicht mehr eingehen. Deshalb glaube ich nicht, dass es helfen wird, wenn du auch nur kurzfristig mit in das Gespräch einsteigst - egal ob du zustimmst oder anders argumentierst.
Viele Grüße
Jenny
Vielen Dank für die Rückmeldung.
So will ich das machen, denn sie redet sich wirklich in Rage und ist dann angespannt. Ich werde mal Techniken nutzen, wo sie nicht reden soll 😅 aber ja.... Ich werde es ihr so kommunizieren, denn ich bin in erster Linie ihrer Therapeutin, sie kann sich ihren Kummer von der Seele reden, aber meine Meinung bleibt bei mir.
Und zustimmen kann ich ihr absolut nicht, es ist sehr weit her geholt. Ich warte drauf, dass sie mi h mit aluhut empfängt 😅🙈🤔
Nein Spaß beiseite... Danke dir. Ich werde es ihr so sagen, dass ich mich auf die Behandlung konzentrieren muss und möchte um die Qualität dieser aufrecht zu erhalten.
Ich arbeite auch als Heilmittelerbringerin und würde bei Problematiken dieser Art sowas sagen wie:"Frau XY, ich merke dieses Thema regt sie auf und das kann ich auch verstehen, aber es tut Ihnen nicht gut und mir auch nicht. Ich würde vorschlagen wir sprechen über etwas anderes, was sie beruhigt und ihnen ein gutes Gefühl gibt."
Auch könntest du sagen:"Frau XY, ich höre den ganzen Tag nur "Corona". Bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich möchte das auf Arbeit nun auch nicht noch die ganze Zeit hören."
Oder du beschwichtigst ohne deine Meinung dazu kund zu tun:"Ja, es ist für uns Alle gerade nicht leicht. Aber da müssen wir durch."
Ansonsten:
-"darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht."
-"Dazu habe ich keine Meinung."
-"ich verstehe was sie meinen, aber mit sowas beschäftige ich mich nicht."
Hallo,
Sag ihr einfach dass du nicht über Politik mit ihr sprechen willst. Jedes mal wenn sie das Thema abschneidet.
Lg
Was arbeitest du denn?
Ich würde ihr sagen, dass ich nicht über Politik sprechen möchte. Und dann über was anderes reden.
Ich selbst würde mich allerdings mit so jemandem kaum unterhalten wollen und, sofern dies möglich ist, die Behandlung mit ihr beenden. Vielleicht findet sie ja jemanden, der das besser ab kann.
Ich bin Ergotherapeutin.
Ich werde das mit meinem Chef besprechen. Ich habe Bedenken, dass, sollte ich mal was sage n, dass es falsch aufgenommen wird und ich plötzlich als Verschwörungstheoretikerin in einem Sozialen Beruf abgestempelt werde oder es gar auf die Praxis zurück fällt.
Denke daran, wie du mit Klienten sprechen würdest, die aufgrund psychischer Probleme zu dir kommen. Die neigen ja auch oft dazu sich "auszukotzen" und da muss man auch mal die Leute unterbrechen und Stopp sagen.
Ist wahnsinnig unangenehm, aber umso öfter man das macht, desto leichter fällt es. Auch die Patienten verstehen, dass du nicht unhöflich bist, sondern ihnen helfen willst und dir die Therapie nicht aus der Hand nehmen lässt. Sonst fangen die Patienten an dich zum Kummerkasten zu machen und kommen nicht weiter.
Ich finde da kann man eigentlich ganz einfach die Wahrheit sagen - dass man das Thema im Moment nicht besprechen will, nichts dazu sagen will. Da muss man sich gar nicht rechtfertigen.
Also wenn jemand direkt fragt "Was sagen Sie denn dazu/Sehen Sie das nicht auch so?!" Einfach antworten - "Dazu möchte ich gar nichts sagen, ich kann das Thema nicht mehr hören, unterhalten wir uns doch über etwas anderes."
"Dazu möchte ich gar nichts sagen, ich kann das Thema nicht mehr hören, unterhalten wir uns doch über etwas anderes."
So ist es auch tatsächlich 😅 je nach Laune und befinden hab ich auch mal eine meckerposition, aber halt nicht auf Arbeit.
Aber ich werde es mal so versuchen und sollte dies nicht fruchten werde ich mir überlegen die Patientin abzugeben.
Wenn ich noch im Dienst wäre, mit reichlichem Publikumsverkehr aller politischen Farben, würde ich genauso reagieren.
Sagen, dass man darüber nicht mehr reden will und gut. Lieber über den Frühling reden, wie alles schön blüht und ähnliches.
Ich habe mich nie auf politische Diskussionen eingelassen, hat im Job nichts zu suchen.
Leider habe ich in den letzten Monaten öfter festgestellt, dass man nicht alt und tüddelig sein muss für vollkommen blödsinnige Theorien. Da sind Lehrer und Menschen dabei, die ich immer für intelligent und lebensnah gehalten habe. Da bleib ich fern - auch wenn ich derzeit auch seeeehr sehr gefrustet bin.....aber wer nicht
LG Moni
Ich finde die Idee mit deinem Vorgesetzten darüber zu sprechen gut. Da kannst du ja fragen, wie du dich ihr gegenüber am besten verhalten sollst und was im Rahmen des therapeutischen Settings/Behandlung angemessen wäre, weil du dich absichern möchtest, dass du dich richtig verhältst.
Gibt es bei euch Supervisionen? Wenn ja, würde Ich es dort auch mal ansprechen.
Vorerst würde ich weiter nichts dazu sagen und ausweichen. Ändere das Thema.
Wenn sie mit Corona und dazu irgendwelchen Theorien anfängt, schwenke um, dass du auch überrascht warst, als du letztens in der Zeitung gelesen hast, dass Wasser auf dem Mars gefunden wurde, ob sie meint, dass dort mal was gelebt hat... kann natürlich sein, dass es völlig an ihr vorbei geht und sie weiter über Corona redet, da würde ich, sollte sie weitermachen einfach sagen, dass dich das Thema deprimiert und du dich lieber über schönere Dinge mit ihr unterhalten würdest... welche Hobbys würde sie haben? Ob sie zufällig auch Serie/Film/Buch Xyz kennt, fändest du ganz toll und total spannend...
ansonsten, wenn alle Stricke reißen wäre ich einfach ehrlich... du befindest dich im Beruflichen Kontext und würdest lieber berufliche Statements während der Arbeitszeit verzichten.
Gruß Jule
Ich arbeite im Sozialamt und habe öfter Probleme mit Rechtsextremismus. Gegen echte Nazis macht man natürlich nichts, aber diese Durschnittsdoofis die "Keine Nazis sind, ABER. .." kriege ich immer ganz gut in den Griff, indem ich sie im persönlichen Kontakt reden lasse und dabei einfach anschaue, ohne Regung, Stille aushalten . Das ist unangenehm, die meisten rudern dann zurück. Das unangenehme Gefühl bleibt meistens wenn man sich die nächsten Male trifft, sodass die Themen nicht mehr kommen.
Am Telefon lasse ich die Leute ausreden und sage "Ich habe sie gehört" oder unterbreche direkt wenn es Richtung Volksverhetzung geht oder ich einfach keine Nerven habe "Das ist hier gerade kein Thema. Könnten Sie bitte..." und dann wieder auf Sachebene wechseln.
Ich würde es unterbinden: „Wissen Sie, ich habe von zuhause gelernt, dass man nicht über Geld spricht! Und politische Meinungen auch nicht überall kundgetan werden müssen. Jeder hat seine Meinung und nicht immer geht man mit den Ansichten von anderen d‘accord. Lassen Die uns über was erfreulicheres reden!“