Sexchats, Lügen usw. - Trennung?

Hallo zusammen,

ich stehe gerade vor einer wichtigen Entscheidung: Trennen oder bleiben? Mir ist schon klar, dass ich diese Entscheidung nur ganz allein treffen kann. Dennoch möchte ich mal die Meinungen von Unbeteiligten dazu hören. Wenn man nicht selbst in der Situation steckt, sieht man vieles vielleicht klarer...

Vorweg: Ich lebe seit fast sechs Jahren in einer Partnerschaft. Wir haben eine kleine Tochter und erwarten in Kürze unsere zweite.
Hier nun die Punkte, die mich über eine Trennung nachdenken lassen:

1. Mein Partner chattet im Internet heimlich mit fremden Frauen über sexuelle Inhalte und über unsere Beziehungsprobleme. U.a. hat er dort angegeben, dass er nur noch aus materiellen Erwägungen und wegen der Kinder bei mir sei. Als ich ihn vor einigen Tagen zur Rede stellte, hat er alles heruntergespielt und sich entschuldigt. Der sexuelle Austausch finde "nur" virtuell statt, d.h. zu einem realen Treffen würde es niemals kommen. Das glaube ich ihm auch. Ansonsten hätte er vieles einfach nur frei erfunden. Hieran hab ich große Zweifel, kann es aber nicht wirklich wissen. In unserer "Aussprache" sagte er, er liebe mich und ich sei die Einzige für ihn. Das klang wirklich ehrlich.

2. Er lügt mich sehr souverän und "ohne mit der Wimper zu zucken" an. Belogen zu werden, finde ich besonders schlimm. Er macht es sehr gekonnt und überzeugend. Wenn man nicht 100%ig sicher ist, dass man gerade belogen wird, dann hat man keine Chance, es zu bemerken. Meistens lügt er, wenn ihm Dinge peinlich sind - wie z.B. bei dieser Internet-Sex-Geschichte. Doch selbst jetzt, wo ich dahinter gekommen bin und nicht nur ahnte, sondern WUSSTE, was er da macht, gibt er immer nur so viel zu, wie unbedingt nötig ist (weil ohnehin schon bekannt). Bei der "Aussprache" hat er also nur zum Teil die Wahrheit gesagt. Über die Dinge, die ich nicht ganz sicher weiß, schweigt er sich weiter aus bzw. lügt mich an (wobei ich letzteres nicht genau weiß, sondern "nur" fühle).

3. Er verhält sich oft rücksichtslos. Beispiel: Eine Sache bei der Chat-Geschichte ist nach wie vor ungeklärt. Obwohl er weiß, wie sehr mich diese Ungewissheit belastet, sagt er, das sei ganz allein mein Problem. Er würde sich nicht mehr zu dem Thema äußern. Punkt. Aber auch im Alltag hat er sich in den letzten Monaten oft rücksichtslos gezeigt. Beispiel: Ich komme mit vorzeitigen Wehen nach Hause, aber statt sich um mich zu kümmern, spielt er zunächst in aller Ruhe sein Computerspiel zu Ende. Erst danach kam er zu mir. Oder: Als ich den Magen-Darm-Virus hatte, ist er zwar einen Tag lang zu Hause geblieben, weil ich einfach nicht in der Lage war, unsere Tochter zu versorgen, aber schon am zweiten Tag lag eine Betriebsbesichtigung an, die er sich nicht entgehen lasse wollte. Also blieb ich krank allein mit der Kleinen zurück. Kommentar: Ihr werdet beide schon noch leben, wenn ich zurück bin. In unserer "Aussprache" hat er sich für sein Verhalten der letzten Monate entschuldigt und eingeräumt, dass vieles "nicht korrekt" war. Seine Computerspielerei hat er nun auch etwas zurückgefahren. Das war so extrem, dass ich mich im Wohnzimmer nicht mehr frei bewegen konnte, ohne übel beschimpft zu werden, weil ich gerade "durch's Bild" gelaufen wäre und so seinen Sieg verhindert hätte.

4. Er war im letzten Jahr mindestens in einer Singlebörse angemeldet. Was er da gesucht oder gefunden hat: keine Ahnung. Darauf angesprochen, hat er sich dumm gestellt und geleugnet.

So - und nun steh ich da. Was hat sich geändert seit unserem Gespräch?

Im Alltag ist er jetzt tatsächlich nicht mehr so rücksichtslos, gibt sich jetzt viel mehr Mühe. Allerdings frag ich mich die ganze Zeit, wie lange das jetzt anhalten mag. Kann sich jemand von heute auf morgen so gravierend ändern? Das Wort "Trennung" stand bei unserem Gespräch im Raum (von meiner Seite aus). Vermutlich hat er jetzt Angst davor. Denn ich bin sehr entschlossen aufgetreten (war ich auch). Nur deshalb hat er zumindest in Teilen die Wahrheit gesagt. Vielleicht ist er auch nur deshalb im Moment so "nett" zu mir?!

Eigentlich war ich mir schon zu 98% sicher, die Beziehung zu beenden. Doch im Moment keimt ein wenig Hoffnung in mir auf. Ich glaube schon, dass er mich liebt. Die Frage ist nur: reicht das? Mein Vertrauen ist nachhaltig gestört, wird sich auch so leicht nicht mehr aufbauen lassen. Ich hatte es ja schon mal in der Vergangenheit verloren und langsam wieder neu aufgebaut - nur, um jetzt wieder enttäuscht zu werden. Ich fürchte, ein zweites Mal wird mir das nicht mehr gelingen. Ich kann in Zukunft nie sicher sein, ob er mich gerade belügt, ob er sich wieder seinen virtuellen Kick bei anderen Frauen holt usw. Positiv ist daran allein, dass er mich nicht "real" betrügt. Obwohl ich auch hier niemals wissen kann, ob nicht auch diese letzte "Hemmschwelle" irgendwann fällt. Auch mit der Gefahr im Nacken würde ich weiterleben müssen.

Auf der anderen Seite... er liebt mich. Wir haben so viel gemeinsam aufgebaut (Haus, Kinder). Das alles nun aufgeben? Der Alltag scheint sich ja gerade wieder einzurenken. Oder ist das jetzt nur für eine gewisse Zeit so? Und danach geht's wieder von vorne los und ich bin (in seinen Augen) für alles Übel dieser Welt verantwortlich? Wahrscheinlich würde mir der Schlussstrich leichter fallen, wenn da nicht die Kinder wären. Es gibt daneben auch noch "finanzielle Verstrickungen", die es noch zu lösen gilt, und wahrscheinlich werde ich nach der Trennung arm wie eine Kirchenmaus sein, aber allein das würde mich nicht halten.

Viel wichtiger ist die Frage, ob alle Beteiligten (vor allem auch unsere Kinder) in dieser Konstellation glücklich werden können? Kann Liebe (oder zumindest ein sehr starkes Gefühl, ich weiß gar nicht, ob ich noch von Liebe sprechen kann), kann also Liebe ohne Vertrauen auf Dauer funktionieren? Oder sollte ich das Ganze gar nicht so schlimm bewerten, weil er mir ja nicht "real" fremdgegangen ist? Es soll ja auch Frauen geben, die ganz reale Seitensprünge verkraften und verzeihen. Allerdings glaube ich nicht, dass das mein Ding wäre.

Diskussionen darüber, woher ich all diese Dinge weiß (s.o.), würde ich mir gerne schenken, weil sie mich nicht weiterbringen. Ich habe hier Fakten als Fakten und Vermutungen als Vermutungen wiedergegeben. Setzt das bitte als gegeben voraus.

Würde mich über ein paar Meinungen, Denkanstöße oder Berichte über eigene, ähnliche Erfahrungen (und was daraus geworden ist) sehr freuen.

LG
Charleen