Hallo,
hier ist mein Problem. Mein Mann und ich kommen aus sehr problembelandenen Elternhäusern.
Er wurde von einer psychisch kranken Mutter aufgezogen, das Jugendamt blieb trotz vieler Warnungen untätig. Seine Mutter kann über Tage völlig normal sein, dann tickt sie im Jackyl und Hyde Stil total aus.
Als wir vor 10 Jahren zusammen kamen, haben wir uns beide um eine Aufarbeitung unserer jeweiligen Geschichten bemüht, aber es blieb dabei - wir wohnen auf dem Land, das Therapieangebot ist sehr bescheiden und er hatte mal einen Termin bei einem Psychologen, der ihm total unsympathisch war. Er hat dann eine Weile die Gelben Seiten durchtelefoniert, aber im Umkreis von 50km gab es niemand anderen, der sich mit so etwas auskannte. Damit war das Thema Therapie vom Tisch.
Das Problem ist, dass er nun selbst anfängt, ab und an verbal zu entgleisen. Leider kommt es mir so vor, als ob sich das häuft. Trigger ist ganz häufig Kritik meinerseits (wie es eben bei seiner Mutter auch war) - die Reaktionen werden immer heftiger. Er brüllt mich dann an und unterstellt mir lauter Dinge, die es nur in seiner Phantasie gibt (Seitensprünge, Psychosen, etc. etc.). Wenn ich gehe und wiederkomme und er sich beruhigt hat, tut es ihm megamäßig Leid.
Bis letztes Jahr kam das 1-3 x pro Jahr vor, da er sonst wirklich ein prima Ehemann und Vater ist, habe ich das immer mehr oder weniger geschluckt. Dann sind wir in eine große Krise geraten (aus anderem Grund) und haben uns für einige Monate getrennt, aber in der Zeit an der Beziehung gearbeitet. Da hatte er sich wirklich gut im Griff. Nun, wo der Alltag wieder da ist, kommt es auch wieder zu diesen Verbalentgleisungen. Es ist so, wie wenn er verbal Amok läuft.
Ich weiß, wenn ich gehen würde, für eine Stunde oder zwei und wiederkäme, würde der dasitzen und sich schämen. Aber für mich wird das wirklich unerträglich. Therapie lehnt er ab (nach den letzten Erfahrungen kann ich es ihm nicht verübeln). Vor den Kindern reist er sich zusammen, die erleben ihn nur als super ausgeglichenen, fröhlichen Vater. Das "zweite Gesicht" zeigt er nur zuhause. Wenn ich das irgendwem erzählen würde - es würde mir keiner glauben, weil er immer der nette, freundliche, hilfsbereite Typ ist.
Verbale Entgleisungen
>>>Therapie lehnt er ab (nach den letzten Erfahrungen kann ich es ihm nicht verübeln).<<<
Die Erfahrung beruht auf einem einzigen Termin bei einem Therapeuten, oder habe ich etwas überlesen?
Ja, es kam zu einem Termin - wie gesagt, die Therapeuten sind bei uns total dünn gesäht.
Wir hatten dann noch ein Vorgespräch mit einem zweiten, der dann sagte, dass er das Problem sähe, weil wir beide recht ähnliche Vergangenheiten hätten und daher eine sehr enge, innige Beziehung hätten, die sich in Luft auflösen könnte, wenn wir therapiert wären. Das hat uns regelrecht in Panik versetzt, er sagte echt "ihre Ehe wird nach Therapie nie mehr die gleiche sein". ...
Er hat damals noch einige Therapeuten in den nächsten Großstadt (80km) ausgesucht - und damals angerufen, zwei kannten sich in der Thematik nicht aus, einer hatte kein Interesse, einer rief nie zurück und einer war eben der besagte Unsympath.
Das hört sich für mich etwas nach Ausreden an.
>>> "ihre Ehe wird nach Therapie nie mehr die gleiche sein". ...<<<
Wenn ihr die Wahrheit nicht ertragen könnt, müsst ihr eben so weitermachen. Klar änder sich eine Partnerschaft nach einer Therapie, aber das ist doch, was du anstrebst, oder nicht?
Ich weiß nicht. Immer alles auf die Vergangenheit schieben bzw. Elternhaus. Das ist doch nicht alles. Es ist schlicht und einfach auch eine Charakterfrage.
Du willst aber doch nicht abstreiten, dass emotionale Erfahrungen in der Kindheit sehr prägen können, auch das, was du Charakter nennst.
Was für ein unqualifizierter Kommentar eines Menschen, der offenbar überhaupt keine Ahnung hat
Hallo,
was für eine psychische Erkrankung hat die Mutter deines Partners denn?
Es gibt nämlich genetische Vorbelastungen, die dazu führen können, dass deinen Partner dieselbe Problematik ereilt.
Soll meinen, die Entgleisungen sind VIELLEICHT erlernt, es kann aber auch fest verankert in ihm stecken, so leid es mir tut.
Er sollte sich gründlich untersuchen lassen, auch wenn der nächste Psychologe ein Honk ist.
Dein Partner kann zu seinem Hausarzt gehen, der stellt eine Überweisung aus und dann klärt ihr das in der nächsten Grossstadt.
Anders geht es nicht, denke ich.
Sollte er psychisch ebenfalls krank sein, wie die Mutter, ist das ein Problem.
Sind seine Verhaltensweisen angelernte Muster, ein anderes.
Für jede dieser Möglichkeiten gibt es verschiedene Therapien.
Ihr solltet nicht untätig bleiben und sich da etwas einschleichen lassen, das später nur noch schwer zu bearbeiten ist.
Alles Gute
White
Hallo, Dein Text hätte durchaus von mir sein können, erst kürzlich habe ich hier geschrieben. Ich bin mit meinem Lebensgefährten "erst" 4 Jahre zusammen, wohnen seit einem Jahr in einer gemeinsamen Wohnung, aber die cholerischen Durchbrüche und verbalen Entgleisungen haben mich so kaputt gemacht, dass ich jetzt ausziehen werde. Wir trennen uns nicht, dafür lieben wir uns zu sehr und er ist abgesehen von seinem zweiten wirklich bösen Ich ein herzensguter, liebevoller, hilfsbereiter Mann, gegensätzlicher könnte es nicht sein. Er würde mir auch nie etwas tun, aber Worte können genau so Wunden schlagen wie körperliche Übergriffe. Ich kann so nicht mit ihm unter einem Dach leben. Also ziehe ich in eine eigene Wohnung und wir sehen uns nur noch tageweise bzw. am Wochenende. So habe ich die Möglichkeit mich zurückzuziehen, wenn es mal wieder eskaliert.
Auch bei ihm spielt die Vorgeschichte eine Rolle, beide Elternteile schwerst psychisch krank (Mutter bipolar, Vater schwerste Depressionen), er wird das ohne Therapie nicht hinbekommen, ich habe es jetzt 4 Jahre mit vielen Gesprächen, viel Verständnis und Zuspruch versucht, aber nach wie vor passiert es und immer aus dem völligen Nichts heraus, oftmals kann ich nicht einmal einen Auslöser erkennen, aber das wirst Du ja kennen. Eine Therapie lehnt er ab, er hätte in seiner Kindheit und Jugend so viel mit Psychiatrie zu tun gehabt, das könnte er nicht, tja, und ich kann so nicht. Er leidet im Moment sehr, hat natürlich Angst, mich komplett zu verlieren, aber vielleicht gibt ihm das den Impuls, den er braucht, um sich doch professionelle Hilfe zu holen. Auch ihm geht es nach diesen Aussetzern schlecht, weiß teilweise nicht einmal mehr, was er alles gesagt hat, aber das hilft mir auch nicht weiter.
Ich weiß nicht, ob es für Dich die Möglichkeit gibt, Dich auch eine Zeit lang zurückzuziehen, evtl. zu Familie oder Freunden zu ziehen, damit er erkennt, dass irgendwann auch Deine Geduld zu Ende ist und er zwingend eine Therapie machen muss, weil er Euch sonst endgültig verliert.
Ich wünsche Dir viel Kraft
Liebe Grüße