Hallo,
vielleicht könnt ihr mir mit ein paar Sichtweisen weiterhelfen. Vor einigen Wochen lernte ich einen Mann kennen. Er erzählte mir gleich, das bei ihm Borderline diagnostiziert wurde. Da ich schon sehr tolerant bin, wollte ich mich nicht von einer Diagnose abschrecken lassen, sondern erst mal den Menschen dahinter kennenlernen. Recht schnell entwickelte sich ein sehr intensives Verhältnis zwischen uns. Wir entdeckten viele Parallelen in unserer Geschichte, unseren moralischen Wertvorstellungen, Wünschen und Vorlieben. Im Grunde perfekt. Aber, es stellte sich heraus, dass dieser Mensch eine sehr weibliche Ader hat. Er hat zartere Hände als ich, bewegt sich sehr weiblich, und hat eine recht hohe Stimme. Er hatte noch nie eine Männerfreundschaft, weil ihm Männer zu respektlos von Frauen reden und zu primitiv erscheinen. In seinen bisherigen Beziehungen die er ebenfalls sehr schnell einging lies er sich von den Frauen dominieren und beschimpfen, von den Kindern schlagen. Schon schnell hat er mir alle Wünsche von den Augen abgelesen. Er findet alles gut was ich sage, esse, trinke, anziehe, denke, wie ich lebe. Es fühlt sich für ihn schön an an meinem Leben teil zu nehmen, er empfindet es als Geschenk. Stimmt mit mir etwas nicht, weil mir das zu viel ist? Ich kann IHN nicht mehr sehen, er hat so schnell wie ein Chamäleon sich an mein Leben angepasst, wo ist seine Persönlichkeit? Natürlich habe ich mit ihm darüber gesprochen, aber er sagt, er ist so, wie er ist. Das ist seine Persönlichkeit. Das er in sexueller Hinsicht ebenfalls devot ist hat mich anfangs nicht gestört, aber auf die Dauer möchte ich auch gerne mal vom Mann verführt werden und mich fallen lassen können. Und es macht mich wütend, das er dieses devote Verhalten auch im Alltag an den Tag legt. Irgendwie habe ich nun den Respekt vor ihm verloren und Angst davor gemein zu werden. Damit das nicht passiert (denn er tut mir ja auch leid und ich mag ihn schon sehr gern) habe ich gestern um mehr Distanz gebeten. Nun habe ich ein schlechtes Gewissen. Wie ist eure Meinung zur Situation?
Unterwürfiger Mann
ich sehe es exakt wie du, mich würde so viel unterwürfigkeit auch nicht glücklich machen. wenn ich mich verliebe, muss da was von substanz sein, eine klar erkennbare, eigene, starke persönlichkeit. ich möchte nicht ständig bejubelt und abgefeiert, sondern genau so kritisiert und hinterfragt werden. ich brauche in einer beziehung auch mal reibung, das erfordert ein gegenüber, das eine eigene meinung hat und diese auch vertreten kann. ich brauche keinen schatten, sondern jemanden auf augenhöhe.
du scheinst da ähnlich gestrickt zu sein.
Ja, genau, wie einen Schatten hab ich ihn empfunden. Nichts mit Augenhöhe.
Schlechtes Gewissen magst du ja haben, aber was ändert das an deiner Entscheidung bzw. an deinem Gefühl, dass er nicht der Richtige für dich ist?
Wenn er so devot ist, wird er auch diese Entscheidung von dir akzeptieren bzw. damit leben.
Oje- schwierig.
Ich denke nicht, dass man mit so einem Mann eine Erwachsene Beziehung führen kann bzw. dass nur sehr sehr wenige Frauen das können.
Anfangs hast du geschrieben, dass ihr so viele Gemeinsamkeiten habtt, was Einstellungen, Wünsche und Vorstellungen betrifft. Vielleicht hat er sich dort auch schon auf eine geschickte Art dir angepasst?
Auch die devote Art finde ich sher schwierig und könnte mich nie damit anfreunden. An deiner Stelle hätte ich mich auch zurückgezogen und das auch klar formuliert.
Für seinen schlechten Erfahrungen kannst du nichts und er tut mir auch sehr Leid, aber Mitleid darf keine Basis für eine Beziehung sein. Zumal du selbst ja schon sagst, du hast Angst gemein zu werden. Das würde den meisten Anderen in der Situation aber auch so gehen, denke ich.
Hat er professionelle Hilfe?
Viele liebe Grüße
Ja, da bin ich mir auch nicht so sicher, ob er sich bei den gemeinsamen Einstellungen und Wünschen auch schon angepasst hat. Ja, er hat professionelle Hilfe. Trifft sich ein mal die Woche mit einem Ambulanten Betreuer.
Ich hatte mit 18 so einen Freund - für sechs Wochen. Am Anfang fand ich es noch ganz süß, aber schon recht bald ging mir das tierisch auf die Nerven. Ich habe dann gemerkt, dass ich immer ekliger zu ihm geworden bin, wahrscheinlich, um ihn aus der Reserve zu locken. Als ich mich selbst nicht mehr leiden konnte, habe ich ganz schnell Schluss gemacht.
Ich kann dich absolut verstehen.
Einen Mann, der mehr Frau ist, als ich selbst?
Danke, das geht für mich gar nicht, damit kann ich nix anfangen.
Mir wäre der Typ vermutlich zu "langweilig", ich brauch jemanden, der mir auch mal Kontra gibt, der auch mal "richtig Mann" ist.
Schrecklich. Mit so einem Mann hat man kein Gegenüber.
LG
Suse
Aus meiner Sicht extrem schwierig. Vielleicht liegt die Vorstellung so weit außerhalb meiner Vorstellungskraft. Ich glaube, letztendlich zeichnet man sich doch ein Bild von dem, was man als Partner/in an seiner Seite haben möchte. Und da glaube ich letztendlich aus meiner Sicht, dass es brutal anstrengend ist, ständig für den Partner mit entscheiden zu müssen. Ich stell mir das gerade vor "Schatz gehen wir zum Italiener oder zum Griechen?" Antwort "Alles, was du willst!" Für mich ginge das nie, wenn ich das sagen müsste.
Warum hast du ein schlechtes Gewissen? Weil du spürst, dass du einen Weg nicht gehen kannst? Kommt das nicht immer wieder im Leben vor?
Das ist nicht nur seine Persönlichkeit, das wird zu seinem Krankheitsbild dazugehören.
Mich würde das zu sehr belasten, als dass ich mit diesem Menschen mehr als eine berufliche Beziehung eingehen würde.
L G
White
Dann kann ich diese starke Identifikation mit meiner Person, als Wunsch nach Verschmelzung und ein Symptom der Borderline Störung deuten?
Der Wunsch nach Demütigung, nach Unterwerfung, nach vollkommener Aufopferung seiner selbst kann durchaus als ein Symptom für eine Borderline-Störung gelten.
Wenn der junge Mann nun ohnehin schon die Diagnose hat und sich dann gleichzeitig von seinen Partnerinnen regelrecht absorbieren lässt, nun ja.
Nicht jede erträgt einen devoten Kerl.
Musste halt wissen, ob er zu Dir passt. Mitleid ist keine Basis.
Gruß
Manavgat