Liebes Forum,
ich schreibe hier das erste Mal, und hoffe, dass Ihr mir helfen könnt.
Ich bin seit knapp 5 Jahren verheiratet. Die Beziehung war nicht immer leicht, aber wir haben immer jedes "Tief" gut gemeistert und es ging weiter. Die letzten zwei Jahre waren wunderschön und innig.
Seit Mai diesen Jahres kriselt es hier und da. Ich will nicht zu weit ausholen, das wäre zu viel. Aber seit dem Sommer geht es meinem Mann nicht gut (Burn out). Er ist aber in Behandlung, und kann seinen Alltag gut schaffen. Wir sind auch gemeinsam in einer Eheberatung - im Mai hatte es arg gekracht, so dass wir uns Hilfe gesucht haben. Zur Zeit finden aber keine Termine mit der Beratung mehr statt, aus terminlichen Gründen, daher frage ich hier nach, weil ich nicht mehr weiter weiß.
Seit dem Sommer hat sich mein Mann "körperlich" völlig zurückgezogen - keine Intimitäten mehr, kaum noch körperlicher Kontakt, Kuscheln oder so, an Sex ist überhaupt nicht mehr zu denken. Meine Annäherungsversuche weist er sehr brüsk zurück. Allmählich öffnet er sich etwas, aber sehr langsam.
Das Problem ist, dass er sehr aufbrausend ist - und schon immer war, was also nichts mit seiner momentanen Gesundheit zu tun hat. Er ist schnell gereizt, und weist mich zurecht - oft wie ein Kind. Es ist oft so, dass er sich wie ein "strenger Vater" mir gegenüber verhält. Als ob er mich erziehen müsste, als ob ich von ihm das Leben lernen müsste. Ich bin aber nun wirklich kein Kind, verhalte mich auch nicht so. Ich gehe taff meinen Weg, den ich nach beruflichen Schwierigkeiten glücklich gefunden habe. Er reagiert oft über, schnauzt mich an, wenn es ihm nicht schnell genug geht. Beispiel: "Gib mir mal das Brot..." (Sekunde vergeht) "Das Brot!!" So schnell kann doch niemand reagieren! Ist nur ein kleines Beispiel, aber dieses Verhalten zieht sich durch den ganzen Alltag. Oder er hatte letztes Jahre eine Schulterverletzung (rechts), die noch lange schmerzte bei manchen Bewegungen. Jetzt ist er vor Kurzem auf die linke Schulter gefallen, zum Glück ist nichts weiter passiert, aber eine starke Prellung. Neulich, als er sich seine Jacke anzog, zeigte er Schmerzen und sagte "ah das tut weh". Da dies eine Bewegung war, die er bei der rechten Schulter immer machte, fragte ich, welche Schulter, und ich wollte ihm helfen mit der Jacke. Daraufhin wurde er richtig grob und laut (was sehr oft vorkommt), verdrehte die Augen und sagte, ich würde immer so dumme Fragen stellen, welche wohl. Das ist so oft so: Er lässt mich dann mit einer Antwort zappeln - halt wie ein Kind.
Sorry, dass ich so ausholen musste. Und nun die Situation, die für mich das I-Tüpfelchen war: Sonntagfrüh (gestern) waren wir in einer Bäckerei, wir wollten dort frühstücken, und dann zu einem Konzert gehen. Wir standen in der Schlange, da sah er etwas abseits ein Schild, auf dem die Frühstücksvarianten angegeben waren. Er ging hin und nannte mir die "Überschriften", was es gibt. Als ich zu ihm gehen wollte, raunzte er mich lautstark und gereizt an (obwohl wir vorher guter Laune waren), bleib da!, da ja sonst unser "Platz" in der Schlange weg wäre. Ich blieb, dann las er noch eine Überschrift vor. Ich dachte noch fröhlich, ach gut, ich guck doch mal ganz schnell aufs Schild, was da steht (es war nur wenige Schritte entfernt), da schob er mich grob zurück, motzend, ich solle doch dableiben, er war richtig entnervt und stieß mich rückwerts in die Schlange zurück, ich stieß dabei noch gegen einen Stuhl.
Ich war völlig entsetzt, dass er das machte, auch noch in aller Öffentlichkeit. Körperliche Reaktionen dieser Art hatte er vor drei Jahren mal gebracht - da stieß er mich schüttelnd gegen eine Wand. Das war im Streit gewesen. Aber diesmal hatten wir ja keinen Streit.
Ich hab ihm natürlich gesagt, er soll das lassen. Er würde sich ja benehmen, wie ältere Damen am Wühltisch. Es ginge doch um nichts Wichtiges. Er zeigte aber überhaupt keine Einsicht.
Was soll ich davon halten? Ich bin enttäuscht und wütend und unglücklich. Ich will so nicht behandelt werden, finde das respektlos. Übertreibe ich? Muss ich akzeptieren, dass er halt so ist? Sollte ich drüber stehen? Aber was kommt als nächstes? Was mach ich jetzt... Und immer wenn ich ihn zur Zeit auf sein Verhalten anspreche, kommt er mit "Du weißt doch, dass es mir nicht so gut geht." Ich hatte auch eine heftige Depression hinter mir - aber deswegen muss ich mich doch nicht so rüpelhaft verhalten, oder? Und das auch nicht immer als Rechtfertigung nehmen. Soll ich alles einfach auf seinen Gemütszustand schieben? Aber völlig anders war er eigentlich nie...
Danke für Eure Geduld! Um eine Einschätzung wäre ich sehr dankbar!
Liebe Grüße...
Er behandelt mich grob
Ich denke nicht, daß man darüber stehen kann oder sollte.
Du sprichst - soweit ich das hier erfasse, über einen längeren Zeitraum. Vergiss das "in guten wie in schlechten Zeiten..." wenn es nur noch schlecht sind zieht der Spruch eher nicht.
Warum hast Du Dir den ausgesucht, wenn er nie völlig anders war. Hattest Du da ne Masophase? Natürlich kannst Du das auf seinen Gemütszustand schieben. Worauf sonst?
Was ist mit dem Deinen? Sollte "Fußabtreter" auf Deinem Stirndisplay stehen, bleibst Du bei ihm.
Kinder?
Wenn nein:
GzG
irmi
Liebe Irmi, danke für Deine Antowort!
Nein, keine Kinder. Großer Kinderwunsch - hatten uns beide für Kinder entschieden - aber unter derzeitigen Umständen ja schwierig (ohne Sex ).
Ja, er war schon immer aufbrausend. Aber, klingt jetzt abgedroschen, aber natürlich gab es auch viele gute Seiten an ihm und schöne Zeiten mit uns. Daher halte ich so an der Beziehung fest. Ich bin ein Mensch, der immer an das Gute glaubt, und ich denke, dass sich Dinge ändern und entwickeln können. Meine Geduld ist daher riesig. Aber diese ständigen Verletzungen habe ich allmählich satt. Oft sage ich mir, ich sollte nicht so empfindlich sein, ich arbeite viel an mir und der Beziehung.
Bin ich blind, gutgläubig? Mache ich mir was vor? Kann sich was ändern?
LG, maylanja
Ich wäre gegangen und hätte ihn in der Bäckerei stehen lassen.
Ist schon häufiger so gewesen: Ich habe ihn stehenlassen und bin gegangen (mal in einem Café, mal zu Hause). Aber gebracht hat es nichts. Außerdem kam ich mir dann wirklich wie das beleidigte Kind vor...
Ach je, mein Mann ist genauso.
Aber: war er auch schon immer, und ich habe ihn trotzdem genommen.
Solange er rumschnauzt und mich anblökt stört es mich auch nicht weiter - je nach Stimmung lache ich es weg oder brülle in gleicher Lautstärke zurück, wobei Lachen meistens mehr bringt.
Wenn er aber körperlich übergriffig wird ist es Zeit für ein sehr ernsthaftes Gespräch, ggf. gehe ich auch für ein paar Tage zu einer Freundin, egal ob er sich entschuldigt oder nicht. Das hilft, es tut ihm dann doch sehr leid.
Choleriker haben da einfach einen sehr unglücklichen Charakterzug, können aber oft einfach auch nicht aus ihrer Haut heraus. Nur übergriffig darf es eben nie werden.
Wenn Kinder im Spiel sind muss man natürlich noch wesentlich früher die Grenze ziehen, aber ich habe keine, da kann ich mir eine hohe schmerzgrenze leisten.
Danke für Deine Antwort!
Aber "nicht aus ihrer Haut" - das stimmt schon, das kann wohl niemand. Aber rechtfertigt das so ein Verhalten? Ich meine, die Frage ist bestimmt, ob wir so behandelt werden wollen, ob wir das als Basis für unsere Beziehung so akzeptieren und aushalten wollen.
Sicher, ich habe auch meine Ecken und Kanten, welcher Mensch hat das nicht, aber ich arbeite an mir, damit meine Kanten nicht zum Problem von anderen Menschen werden. Und ein Cholerika redet sich raus mit "ich bin halt so, ich kann nicht aus meiner Haut". Das ist nicht gerecht...
Da hast Du natürlich recht, aber man muss da ein wenig tiefer ins Detail gehen... ich schreib Dir ne PN.
Es passt eben oft nur scheinbar - wenn du depressiv warst, dann wird er einfach den Respekt vor dir verloren haben, wenn er je da war. Sowas erfordert vom Partner eine Menge Kraft und Geduld. Viell. wollte er sich schon lange trennen und findet den Absprung nicht. Liebe sieht jedenfalls anders aus.
nein Du übertreibst nicht
nein Du musst das nicht akzeptieren
wenn Du darüber stehst, dann erhebst Du Dich über Ihn und Ihr seid wieder nicht auf Augehöhe
Was hält Dich bei Ihm?
Freude und Leichtigkeit oder Angst vorm Alleinsein und das schlechte Gewissen, daß er bei der Depression für Dich da war (war er das überhaupt) und Du deswegen jetzt auch bei ihm sein musst/ sollst?
Was ist denn der Sinn Eures Zusammenseins? (sicher nicht nur gemeinsam "Tiefs" zu durchstehen), wo sind die "Hochs", wo spürst Du Die Liebe, Geborgenheit, Begehrtheit oder was auch immer für Dich wichtig in einer Beziehung ist.
Kennt er Deine Befürnisse, kennst Du seine, wie groß ist dabei Eure "Schnittmenge"?
Wann und wo ging der Respekt verloren, habt Ihr darüber schon einmal gesprochen - ohne Vorwürfe, bspw. in einem Zwiegespräch?
Vllt. brauchst Du auch mal zusätzliche andere (therapeutische) Anstöße von außen.
So von außen betrachtet, (ganz subjektiv nur meine Einschätzung), seid Ihr beide noch nicht am wirklichen Kern, des jeweils für jeden eigenen, Schmerzes/ Trauma angelangt.
Nimm Dir alleine Hilfe von Außen in Anspruch, es ist Dein Leben und je klarer Du mit Dir selbst wirst und bist, desto besser ist es auch für Deinen Partner, egal wohin der Weg dann geht.
Mach Dich auf die Suche, nach Deiner inneren Kraft, werde Dir bewusst wo Sie entsteht, daß sie immer da ist (auch wenn Du schwach bist und oder Schwäche zeigst).
Fändest Du diese Kraft, dann könntest Du in der jetztigen Situation Deinem Partner mit Liebe begegnen oder ihn auch in Liebe gehen lassen, je nachdem wohin Deine innere Stimme Dich zieht.
LG
Marcus