Den Partner verlassen aus Wunsch allein zu sein?

Hallo, liebes Forum, möchte mich zuerst vorstellen. Ich bin männlich 61 Jahre alt, aber körperlich und geistig junggeblieben. Fühle mich eigentlich eher wie 40.

Leider wird es hier wohl ein längerer Text, ich hoffe, er ist nicht zu ermüdend, aber ich denke auch, dass die Lage sehr komplex ist.

Vor etwa 25 Jahren habe ich meine jetzige Frau kennengelernt, wir haben vor fast genau sieben Jahren geheiratet.

Eigentlich führen wir eine harmonische Ehe. Es gab in unserer Zeit so gut wie keinen Streit. Wir sind aneinander gewöhnt, wissen genau, was der andere denkt, wie er ist. In unserem Freundeskreis sind wir das ideale Paar.

Meine Frau, Sabine, 55 Jahre, ist eine fröhliche, warmherzige, liebe Frau, die in unserer Ehe alles tut, um mich glücklich zu machen.
Ich weiß, dass sie mich aus vollem Herzen liebt.
Sie nimmt mich so, wie ich bin, deshalb macht es alles so schwer.

Kurz bevor ich Sabine kennen lernte - ich war etwa 35 Jahre alt - verstarb ihr Mann, Peter. Sie hatte mit ihm sehr viele Probleme, er hatte Alkoholprobleme. Sie wollte sich deshalb von ihm scheiden lassen. Als sie die Scheidung eingereicht hatte, wurde ihr Mann mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert, so dass sie glücklicherweise eine Witwenrente bezog. Ihr kleiner Sohn war damals 7 Jahre alt. Leider hatte ich mit ihm keinen besonders guten Draht, auch heute nicht, aber das ist ein anderes Thema.

Jetzt zu mir. Ich bin relativ spät aus dem Elternhaus ausgezogen, wo ich eine kleine gemütliche Wohnung bezogen hatte. Ich glaube, ich war zu diesem Zeitpunkt Mitte/Ende 20.

Schon als Kind war ich lieber allein, habe mich schnell zurückgezogen, wenn mehrere Kinder zusammenkamen.
Ich hatte deshalb wenig Freunde und war bis heute immer lieber allein.
Als ich später meine eigene Wohnung hatte, genoss ich so richtig das Alleinsein. Ich liebte meine Wohnung und meine Unabhängigkeit.

Allerdings fiel mir auch manchmal die Decke auf den Kopf, so dass ich dann um die Häuser gezogen bin. War auch kein Kind von Traurigkeit, hatte auch des Öfteren Frauenbekanntschaften, die nicht lange hielten.
Das Problem war nämlich ich. Ich bin eigenbrödlerisch veranlagt, wenig kommunikativ, habe relativ wenig Selbstwusstsein, passe mich stets am, ohne dass ich es will, kann niemanden etwas böses tun.
Ihr seht, ein wirklich schwieriger Typ.

Als ich meine jetzige Frau kennen lernte, hatte ich sie geliebt, denke ich. Wir hatten uns allmählich angenähert, da sie zunächst unter dem Einfluss des Ablebens ihres Mannes stand.
Wir beschlossen zusammenzuziehen, und ich habe meine Wohnung aufgegeben. Es war ja auch einfacher zu ihr zu ziehen, da ihr Sohn dort wohnte und sein Umfeld behalten sollte.
Haben uns dann ein Eigentumswohnung gekauft, die heute abbezahlt ist. In dieser Phase hatte ich schon ansatzweise das Gefühl, dass das Zusammensein nicht mein Ding sei, aber wir hatten ja eine Eigentumswohnung zu bezahlen.
Vor 8 Jahren, wir hatten bereits über 10 Jahre zusammengelebt, kam irgendwie das Thema Heirat. Das war ja aus finanziellen Gründen nicht unvorteilhaft. Ich hatte auch geglaubt, trotz meiner zeitweisen Zweifel, dass wir zusammenbleiben werden. Heute weiß ich, dass die Heirat ein Fehler war. Aber Sabine und meine Mutter waren so glücklich. Ich dachte, dass Sabine meine richtige Frau sei. Es kam dann doch zur Heirat.
Vor 4 Jahren verstarb meine Mutter. Sie hinterließ mir ihre Eigentumswohnung und ein grösseres finanzielles Polster. Mir kam dann bereits der Gedanke der Trennung, hätte in die Wohnung meiner Mutter einziehen können. Ich tat es nicht, ich brachte es nicht über das Herz.

Sabine stand mir, auch als ich gravierende Hörprobleme hatte immer zur Seite. Ich konnte sie einfach nicht verlassen. Habe mich mit meiner Situation abgefunden.
Fakt ist, dass sie mir alles abnimmt, ich habe keine Autonomie, habe das Gefühl, das ich das ewige Kind sei.
Sie bestimmt über mein Leben.
Ich hatte damals meine Freiheit genossen, ich sehne mich so sehr nach dem Alleinsein zurück.

Die Liebe zu meiner Frau ist total abgeflacht. Ich schätze sie sehr, aber es ist von meiner Seite keine Liebe mehr da. Ich weiß nicht, wann die Liebe gestorben ist.
Ich kann nicht sagen, wann die Liebe gestorben ist.
Es ist so, dass ich froh bin, wenn sie nicht in meiner Nähe ist, atme auf, wenn sie nur den Raum verlässt.
Ich mag nicht, wenn sie mich berührt, mein ganzer Körper sträubt sich gegen sie, ich kann sie nicht in den Arm nehmen.
Seltsamerweise klappt es noch mit dem Sex, obwohl ich immer weniger Verlangen (mehr als sie) danach habe.
Wir leben eigentlich wie Bruder und Schwester zusammen.
Leider bin ich ein sehr schweigsamer Mensch, so dass wir eigentlich kaum miteinander reden.
Ist wirklich meine Schuld, Sabine ist sehr kommunikativ und hat auch einen großen Freundeskreis.

Vor zwei Jahren habe ich mit Sabine über eine Trennung gesprochen. Ich hatte ihr angeboten, dass ich ausziehen werde und sie in der bezahlten Eigentumswohnung bleiben kann. Ich hätte das Wohngeld weiter bezahlt. Sie hat eine Halbtagsstelle und verdient 900 Euro im Monat. Auch finanziell hätte ich sie weiter unterstützt, so dass sie keine Einschränkungen hätte.
Dies könnte ich finanziell problemlos verkraftet.
Sabine flehte aber, dass wir zusammenbleiben sollen. Sie hat geweint. Es war fürchterlich, ein Alptraum, möchte das nicht wieder erleben.
Wir haben auch eine Eheberaterin aufgesucht. Das hatte uns aber nicht wirklich geholfen. Die Eheberaterin meinte, dass ich meine Autonomie wahren muss und mir Freiräume schaffen soll. Ich bin danach auch einmal verreist, aber mir war klar, dass das keine endgültige Lösung ist.
Anfang dieses Jahres bin ich in den Ruhestand getreten. Aufgrund meines vorherigen Schichtdienstes erfolgt der Ruhestand bereits mit 61 Jahren.
Hatte lange vor Eintritt in den Ruhestand wieder die Trennung ins Auge gefasst. Wollte aber die Entscheidung hinauszögern. Einer Verlängerung wurde nicht stattgegeben, so dass ich jetzt ein halbes Jahr zu Hause bin.
Ich weiß, dass das so nicht weitergehen kann.
Ich sehne mir meine Freiheit zurück. Nicht, dass ich mir eine neue Partnerin suchen werde; ich möchte nie wieder die gleiche Situation haben.
Ich möchte meine Unabhängigkeit wieder haben, gehen und kommen, wann ich möchte, allein in den Urlaub fahren, wann immer ich will, über mein Leben bestimmen u.s.w. u.s.w.

Sabine hat nie einen Fehler gemacht, sie war immer gut zu mir, hat für mich alles getan.
Der Fehler war, dass sie den falschen Mann geheiratet hat.
Aber jetzt könnte ich den Absprung schaffen, noch habe ich die Kraft. Mein Traum wäre, nach Bayern in eine eigene Wohnung zu ziehen und dort einfach neu anzufangen.
Der Schritt, abgesehen von Sabine, wäre für mich unproblematisch. Habe hier keine Familie mehr, kaum Freunde. Ich würde hier nichts vermissen.
Ich male mir aus, dass auf dem Wege nach Bayern alle Last von mir abfallen wird; ich wäre endlich wieder frei.
Ich hätte Sabine finanziell weiter unterstützt, das könnte ich sonst nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.
Aber, ich kann meiner Frau nicht wehtun. Sie wäre verzweifelt. Es wäre ein Schlag für sie ins Gesicht. Die Welt würde für sie zusammenbrechen.
Wenn ich aber weiter bei ihr bleibe, werde ich seelisch zu Grunde gehen.
Wir hatten och geschworen, für immer zusammen zu bleiben.
Was soll ich nur machen. Ein neues Gespräch würde nichts an meiner Situation ändern, es würde alles noch viel schlimmer machen.
Ich bin ein schlechter Ehemann, habe auf ganzer Linie versagt.
Ich hätte Sabine gern glücklich gemacht, kann es aber nicht,

Tut mir leid, dass ich Euch vollgetextet habe. Würdet Ihr Euch an meiner Stelle trennen oder was würdet Ihr tun?

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Mir tut Deine Frau im Moment mehr leid als Du. Sie liebt Dich und Du bist innerlich schon weg. Immerhin hast Du in den letzten Jahren all das zugelassen, was Dich nun so massiv stört. Da hätte man sich viel früher Freiräume schaffen können o.ä. Wenn Du den Absprung willst, dann mach es gleich, bevor einer von euch krank wird und ihr aus lauter Pflichtgefühl eine Trennung dann garnicht mehr schafft und nebeneinander zugrunde geht. So hat auch Deine Frau noch eine Chance, sich ein neues Leben einzurichten, egal, wie schwer es für sie wird. Und sexuell kannst Du sie auch in Ruhe lassen. Sonst macht sie sich weiter Hoffnungen - hilft niemandem. Besser ein Ende mit Schrecken.... Eier nicht mehr lange rum, setz Dich hin mit ihr und rede - und ziehe die Konsequenzen. LG Moni

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Hallo fruehchenomi,

danke für Deinen Beitrag. Aber ich habe hier nicht gepostet, um Mitleid einzuheimsen. Wenn ich ehrlich bin, tut sie mir mehr leid, als ich mir selbst. Aber darum geht es eigentlich nicht.
Es ging mir darum zu erfahren, was andere Leute zu der Lage denken, nicht dass man irgendwie falsch liegt.

Ich habe eine eigene Einstellung zu der Sache und werde letztendlich das tun, was ich für uns beide für richtig erachte-.

Jedenfalls habt Ihr mir mit Euren Meinungen doch bestärkt.
Mehr möchte ich dazu nicht sagen, denn vielleicht liest der "Feind" doch mit.

Der Rest Deines Posts war übrigens sehr richtig.

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Deine Geschichte rührt mich schon sehr......wie sehr du deine Frau schätzt und wie sehr du ihr dankbar bist.
Kann verstehen, das dein schlechtes Gewissen plagt, sie nicht mehr zu lieben und sie nicht zu verletzen, da sie alles mit Liebe für dich tut.
Aber im Endddefekt ist jeder Mensch für sein (noch weiteres kurzes) Leben verantwortlich, du kannst nicht dein Leben mit unzufriedenen, zermübrten Gefühlen bis zum Ende opfern bzw. hinvegetieren, auf Rücksichtsnahme.
Trennungsschmerzen vergehen mit der Zeit wieder und läßt evtl. eine neue Partnerschaft für deine Frau wieder finden.
Deine Frau wird auch nicht glücklich und stolz werden, wenn sie weiß, das du unglücklich bist in der Situation und nur wegen sie, dich selbst leidvoll opferst.

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Ne Frage: Gibt es in der Wohnung denn kein Zimmer, in das du dich zurückziehen könntest? Also zum lesen oder so? Vielleicht sitzt ihr euch zu viel auf der Pelle?

Und übrigens finde ich es schade für euch beide, dass die Beziehung nicht so läuft, wie sie laufen könnte.

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Ja, das ist schon der Fall. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass ich wirklich mein eigenes Leben führen möchte, wie ich es gewohnt bin. Ich weiß, dass man die Vergangenheit nicht zurückholen kann und vielleicht würde ich die Trennung auch bereuen. Aber das Hauptproblem ist, dass ich meine Frau nicht ernsthaft liebe, sondern sie lediglich als Mensch schätze und verehre.
Ich male mir aus, wie es 10 Jahre später sein wird (da wird sich nichts geändert haben), da wäre ein Neuanfang nicht möglich und ich würde bereuen, dass ich es vor 10 jahren nicht getan habe. Noch wäre Zeit.

Ich denke täglich daran, den Schritt zu tun; 5 Minuten später wird es verworfen. Es ist schrecklich. Ich denke, dass Sabine etas ahnt, da sie mich ab und zu fragt: "ob ich etwas habe"

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Guter KOmmentar, zwergnase:-):-)

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Ich denke, Du solltest Dich wirklich trennen.

Oftmals ist dann der Verlassene sehr unglücklich, aber das ist ja kein Dauerzustand. Deine Frau wird es überwinden und danach selbst wieder glücklich werden, so oder so.

Du selbst kannst nicht noch jahrelang in einem Leben bleiben, dass Dich so unglücklich macht.

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ok, vielen Dank, für die vielen Antworten.
Ich habe mir das eigentlich auch gedacht. Ich wollte aber nur mal eine unparteiische Meinung hören, da ich mit niemanden darüber reden kann.
Unseren Freundeskreis kann ich nicht damit behelligen, da es alles gemeinsame Freunde sind, und da möchte ich niemanden in Gewissenskonflikte stürzen.
Ja, eine Trennung ist schon schmerzhaft, aber leider lässt sich leider nicht schmerzfrei abhalten.

Herzliche Grüße an Euch!

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Wenn eine Beziehung in die Brüche geht, dann liegt die Schuld nie bei einem Partner. Ihr habt es beide nicht geschafft, die Dinge, die in der Eheberatung besprochen wurden umzusetzen. Keine Ziele defniert, keine Planung erstellt, keine Gewohnheiten geändert....

Ich weiß nicht ob es jetzt noch Sinn macht damit anzufangen. Zumal die Gefühle ja weg sind. Ich denke in dem Fall wäre es sinnvoller sich zumindest räumlich zu trennen. Dein schlechtes Gewissen deiner Frau gegenüber in allen Ehren, aber du solltest auch daran denken, dass du nur dieses eine Leben hast und wenn du unglücklich bist, dann ändere etwas daran. Dein Glück und dein Wohlbefinden, sollte nicht weniger wert sein, als das deiner Frau.

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direwolf, hat geschrieben

"Ich weiß nicht ob es jetzt noch Sinn macht damit anzufangen. Zumal die Gefühle ja weg sind. Ich denke in dem Fall wäre es sinnvoller sich zumindest räumlich zu trennen"

muss Dir da schon beipflichten. Ich denke auch, dass das wirklich das beste sein wird.

Tja, 25 Jahre Erinnerungen können schon ein schlechtes Gewissen auslösen.
Hatte ich gestern gemerkt, da hatte ich eine schlechte Phase.
Habe mir jetzt angewöhnt, das Wort "Themawechsel" laut zu denken.
Klappt ganz gut.

Was fest steht, es wird hinterher keinen Streit wegen irgendwelcher Sachen, die eh keinen Sinn machen, geben.

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Frag Dich einfach, was Du von ihr erwarten würdest, wenn Eure Gefühle genau umgekehrt wären. Sollte sie dann aus Mitleid bei Dir bleiben oder sich lieber trennen?

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Hallo

natürlich tut mir deine Frau leid.
Aber man kann nichts erzwingen.
Wenn ich ( auch bald 61 ) in meiner Partnerschaft nicht (mehr) glücklich bin/wäre ,trenne ich mich.Für mich spielt dabei das Alter keine Rolle.
Allerdings würde ich halt wirklich zuvor eine Ehetherapie durchziehen.

Nur einen kranken Partner würde ich nicht im Stich lassen.

Es gäbe sicherlich auch für euch noch andere Möglichkeiten:
z.B.Wohnung verkaufen und zwei kleinere ETW im selben Ort kaufen o.ä.

Vielleicht wärst du über Gesellschaft am Wochenende doch ganz froh?
Immerhin hast du dich ein Stück weit ja auch daran gewöhnt.
Ob deine Frau das mit macht , weiß ich natürlich nicht.

Überlege auch noch mal in Ruhe, ob du nicht bald schon wieder auf die Suche gehen wirst ( Sex ) und das Ganze wiederholt sich.

L.G.

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Du hast nur ein Leben! Willst du weiter unglücklich sein, nur damit du jemand anderen nicht enttäuscht? Sie wird sicherlich nach so vielen gemeinsamen Jahren traurig sein, aber sie wird es überleben.

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Wie Du über Deine Frau schreibst, berührt einen sehr.

Ich persönlich bin ein Typ Mensch, der eher versuchen würde die Beziehung dennoch zu retten. Denn für mich hört es sich so an, als hättest Du nicht darin versagt, Deine Frau glücklich zu machen, sondern Dich selbst.

Weglaufen scheint immer der Weg zu sein, den man dann als Lösung erachtet. Nur löst Weglaufen gar nichts sondern verlagert Probleme nur - finde ich (jeder hat ja seine Sichtweise).

Es ist schwierig, in Beziehungen sich seine Freiräume zu nehmen und sich damit selbst glücklich zu machen. Du schreibst, sie nimmt Dir alles ab. Das wäre für mich ein Ansatzpunkt. Wenn es nicht klappt, dass Du genug Freiraum in der gemeinsamen Wohnung habt, dann nimm doch erstmal eine eigene? Mit Deiner Frau kannst Du ja offen sprechen, dass Dir grade alles zu eng ist und man so einen Neustart wagt?

Ich wünsche Dir alles Gute, ich kann sehr gut verstehen dass die Situation für Dich auch sehr schwer ist!