Wie wichtig ist Euch Vertrauen?

Hallo zusammen,

ich habe mich gestern mit einem guten Freund unterhalten und wir kamen auf das Thema, was uns in einer guten Beziehung das Wichtigste ist. Erstaunlicherweise antwortete er nicht "Liebe", "Sex" oder dergleichen, sondern "Vertrauen". Wir haben dann weiter darüber gesprochen und er sagte, er ist in seinem Leben so oft enttäuscht worden von anderen Menschen und hat gelernt, dass man eigentlich fast niemandem wirklich 100% vertrauen kann, gerade in Situationen, wenn Streit ist, zeigen auch Partner/innen oft ihr wahres Gesicht und dass es nur sehr wenige Menschen gibt, die wirklich loyal sind, ob im Regen oder Sturm (enge Verwandte ausgenommen).

Ich habe dann darüber nachgedacht und muss ihm Recht geben, man trifft im Leben wirklich nur ganz ganz selten Menschen, denen man "blind" vertraut und auch vertrauen kann. Selbst beste Freunde/innen haben mich schon enttäuscht mit Lästereien hinter dem Rücken, wenn man Streit hatte, auch Partner zeigten im Streit schon eine hässliche Seite und griffen dann zu unfairen Mitteln, und wenn ich Recht nachdenke, gibt es außerhalb meiner Familie nur 2-3 Personen, die ich im ganzen Leben (fast 50 Jahre immerhin) getroffen habe, von denen ich sagen würde: Ja, die sind meiner Einschätzung nach wirklich 100% loyal zu mir. Und traurigerweise ist keiner davon je mein Partner gewesen, sondern es waren Freunde/innen.

Daher meine Frage mal so hier in die Runde: Wie wichtig ist für Euch dieses 100%ige Vertrauen und habt Ihr es in Euren Beziehungen? Ist es ein Ausschlusskriterium für Euch, was Freunde und Partner betrifft, oder lebt Ihr auch mit illoyalem Verhalten in Krisenzeiten, weil man eben so selten nur Menschen findet, denen mal so 100% vertrauen kann? Und wenn Ihr jemanden im Leben habt, dem ihr so vertrauen könnt (und er/sie Euch) - wie sind Eure Erfahrungen mit solchen Menschen: Bleiben diese Freundschaften länger bestehen als andere, bindet das Vertrauen einen auch automatisch emotional aneinander, selbst dann, wenn einen andere Dinge trennen?

Ich muss sagen, dass ich jeden einzigen Menschen, dem ich im Leben blind vertrauen konnte, immer im Herzen trage, selbst wenn man teils jahrelang keinen Kontakt mehr hat/te, ich habe allerdings noch nie einen Mann als Partner gehabt, der so ist, was ich ziemlich traurig finde, weil ich glaube, wenn man so ein Vertrauen innerhalb der Partnerschaft erlebt, das muss doch wirklich so verbindend sein, dass eine Trennung quasi gar nicht mehr denkbar ist, weil der Partner ja dadurch gleichzeitig zum besten Freund wird, oder? Auch der Freund, mit dem ich gestern darüber sprach, hatte noch nie eine Partnerin, die ihn nicht irgendwann enttäuscht hat durch illoyales Verhalten. Irgendwie traurig, aber wahrscheinlich denken wirklich die meisten Menschen nur an sich selbst, wenn es hart auf hart kommt.

Wie sind Eure Erfahrungen zu dem Thema? Komisch, dass mir vorher nie bewusst wurde, wie wichtig, ja geradezu elementar, Vertrauen ist für eine wahre Freundschaft und auch Liebe, viel wichtiger als gemeinsame Interessen, Anziehung und alles - es macht für mich den Unterschied zwischen Bekannte und Freunde, aber so bewusst habe ich darüber nie nachgedacht.

LG und einen schönen Sonntag!
Vertrauensvoll

1

P.S.: Ich merke auch, dass ich achtsamer und offener und ehrlicher mit solchen Menschen umgehe, denen ich vertrauen kann, vielleicht ist es auch DAS, was einen dann so emotional an sie bindet, dass man ihren Wert zu schätzen weiß und sich gleichzeitig aber auch mehr öffnet als bei Anderen, was wiederum eine noch engere Bindung schafft.

6

Mein Mann und ich sind seit 21 Jahren zusammen und ich kann wirklich sagen: wir vertrauen uns 100%.
Dieses Vertrauen( und dadurch auch unsere Liebe und Bindung) ist mit den Jahren gewachsen.
Es ist toll, so einen Menschen an seiner Seite zu haben.

Blind vertrauen würde ich am Anfang einer Beziehung nicht. Dazu muss man einen Menschen erst richtig kennenlernen. Blindes Vertrauen von Anfang an wäre naiv.

10

Das sehe ich auch so, Vertrauen muss erst wachsen durch gemeinsame Krisenzeiten, in denen der Andere bewiesen hat, dass man ihm vertrauen kann. Ich vertraue wenigen Menschen, aber die, denen ich vertraue, möchte ich nie mehr missen im Leben.

weiteren Kommentar laden
2

Ja, mir ist dieses blind vertrauen können auch sehr wichtig! Meinem Mann ebenso. Und ja, wir vertrauen uns zu 100%.

11

Das ist perfekt, wenn man das über den Partner sagen kann. 👍❤️

3

Aus meiner Sicht führt Liebe zu Vertrauen. Ich vertraue meiner Frau ohne Einschränkung und sie mir auch.

Wir machen einander das Leben schön, soweit wir dazu imstande sind.

Wir haben auch Freunde, die uns noch nicht enttäuscht haben. allerdings haben wir schon einige Freunde verloren.

4

Das ist schön. Interessanter Satz von Dir "Liebe führt zu Vertrauen". Meinst Du, das gilt auch umgekehrt, dass Liebe in uns geweckt wird, wenn ein Mensch uns immer wieder beweist, dass wir ihm vertrauen können? (Nicht unbedingt romantische Liebe, auch freundschaftliche Liebe ist gemeint.)

5

Ja, auch romantische Liebe.

Sexuelles Verlangen kommt aus dem Kleinhirn.

weiteren Kommentar laden
7

Ich glaube nicht an 100 %iges Vertrauen. Vielmehr gilt zumindest für mich, dass ich mich mit einem kleinen Restrisiko arrangiere. Das ist ok und damit kann ich leben.

Wir sind alle nur Menschen, großteils gefühlsgesteuert und nicht berechenbar und ich finde es vermessen zu glauben, dass man vorab weiß, wie jemand in bestimmten Situationen handeln würde. Es gibt sicher worstcase-Situationen, die auch den loyalsten und soziasten Menschen an seine Grenzen bringen. Der eine knickt früher ein, der andere später.

So wie ich auch glaube, dass jeder Mensch seinen Preis hat bzw. käuflich ist (nicht unbedingt monetär gedacht). Man muss nur verzweifelt genug sein und keinen anderen Ausweg mehr sehen.
Und wenn dann dazu kommt zu entscheiden, wer einem näher ist (man sich selbst oder eine von zwei Personen), dann muss einer über die Klinge springen. Ich glaube nicht an die absolute Selbstlosigkeit.

9

Ich verstehe was du meinst und denke ähnlich, ein Restrisiko bleibt immer. Aber wenn man mit einem Menschen schon mehrere Situationen erlebt hat, wo er zu einem gestanden und nicht eingeknickt ist, steigert das natürlich auch das Vertrauen.

16

Ich sehe das ganz genauso. Man kann hoffen, man kann glauben, aber man kann niemals WISSEN, dass einem der Partner nie enttäuscht.
Wichtig ist für mich vor allem, dem anderen nicht konkret misstrauen zu müssen. Aber diese Gewissheit, die viele Menschen ihrem Partner (oder auch anderen Menschen) gegenüber haben ("das würde er/sie NIIIIEMALS tun"), hat für mich etwas davon, nicht wahrhaben zu wollen, dass man nie sicher vor Enttäuschungen ist.
Ich würde mich trotzdem als positiv eingestellten Menschen bezeichnen und kann Beziehungen oder das Leben allgemein (trotz dieser Restunsicherheit) genießen.

weitere Kommentare laden
13

Also ich vertrau meinem Freund nicht wirklich, er mir schon. Aber ich hab sein Vertrauen mehrfach missbraucht

14

Danke für Deine offene Antwort. Was denkst Du, wenn Du ihm mehr vertrauen würdest, wärst Du dann auch loyaler zu ihm oder würde das für Dich / Dein eigenes Verhalten betreffend keinen Unterschied machen?

15

Nein würde kein unterschied sein, man weiß nie wie ein Mensch denkt, egal wie lange man jemanden kennt.

weitere Kommentare laden
20

Ich sehe Vertrauen als das Fundament einer Beziehung an. Natürlich unterscheidet sich das Vertrauen am Anfang einer Beziehung von dem, das nach Jahren entsteht (da hat es sich in der Regel mehrfach bewiesen und dadurch gestärkt). Ich habe erst jetzt die letzten Tage eine Erfahrung gemacht, wie in einer recht frischen Beziehung das Anfangsvertrauen einen ordentlichen Knacks bekommen hat. Ich weiß nicht, wie man das wieder kitten könnte und damit hat sich aus meiner Sicht die Beziehung erledigt. Wie soll die ohne Vertrauen funktionieren? Ich kann mir das nicht vorstellen.

25

Hm, um beurteilen zu können, ob die Beziehung damit beendet ist, müsste man mehr über die Hintergründe wissen. Wurde tatsächlich das Vertrauen angeknackst oder haben die beiden nicht viel mehr unterschiedliche Vorstellungen? Bzgl. Meldeverhalten, Treue,...

21

Für mich ist vertrauen auch das Wichtigste in einer Beziehung.
Klar, Liebe gehört dazu, aber wenn ich einen Mann liebe, ihm aber nicht vertraue, dann kann daraus m. E. keine vernünftige Beziehung entstehen.

Ich habe mich vor kurzem mit meiner Mutter unterhalten, wie sich die Liebe in ihrer Ehe mit meinem Vater verändert hat. Sie meinte, dass sie immer mehr zu einem unbedingten Vertrauen wurde.

26

Da ich nicht Gott bin und in andere blicken kann, kann ich auch keinem vollkommen vertrauen.
Ich vertraue ja nicht mal mir selbst zu 100%! :D

Aber das ist ok für mich und trübt auch nicht meine Beziehung zu meinem Partner o.ä.

27

Hallo vertrauensvoll,
ich gehörte zu den Menschen, die in der Partnerschaft zu 100% vertrauen wollen und auch können. Ich lebe in einer sehr gewachsenen Partnerschaft, wir kennen uns sehr lange und sind schon über 15 Jahre zusammen.
Allerdings hat uns das Leben ein Bein gestellt - auch bei uns gab es das, was ich nie vermutet hätte, eine Affäre und damit Betrug.

Wie oben bei vielen schon geschrieben, aus Liebe und gem. Erlebnissen entsteht Vertrauen, damit auch Bindung und Nähe. Um es kurz zu machen: ich bin geblieben und wir haben viel geredet, gearbeitet, arbeiten immer noch...
Ich bin sicher, es war für uns die richtige Entscheidung, sich nicht zu trennen. Und vielleicht wird es irgendwann auch wieder eine Leichtigkeit geben, mal sehen.

Eines weiß ich aber: ich habe mich sehr verändert und eine ziemliche Entwicklung durchgemacht. Ich kann sagen, dass ich weder verbittert, noch depressiv oder aggressiv geworden bin. Aber in puncto Vertrauen hat sich viel getan.
Ich denke imernoch überwiegend gut von den Menschen, den Männern, auch den Frauen... Aber eben nicht mehr so, dass ich zu 100% vertrauen kann.
An manchen Tagen tut mir das sehr weh und ich empfinde das als Verlust, aber manchmal denke ich auch, dass das nun eben eine meiner Lebensaufgabe ist, mich hier zu entwickeln. Ich habe auch positive Veränderungen an mir entdecken können, das ist dann die Kehrseite.
Ach ja, ich spüre auch für mich, dass dieser Vertrauensverlust endgültig ist: auch mit anderem Partner bliebe mir diese Prägung einfach erhalten, das spüre ich in mir / an mir.

Viele Grüße,
Veraenderung