Hallo Forum.
Bei uns geht es im Moment zu wie in der Achterbahn - ein Auf und Ab...
Ich bin seit fast zwei Jahren mit meinem Partner zusammen. Ich habe ihn kennengelernt, da hatte er schon starke Gelenkschmerzen, und er meinte immer zu mir, er habe Arthrose im Endstadium. OK - er hatte Formen gefunden, damit umzugehen, und er war ein aktiver, aufgeweckter, fröhlicher und agiler Mann.
Lange Rede, kurzer Sinn: sein Zustand hat sich in den vergangenen 6 Monaten rapide verschlechtert, es gab über Monate hinweg einen aufreibenden Ärztemarathon; seit heute ist er in einer Spezialklinik und dort kam man nun drauf, dass mein Freund eine schwierige Autoimmunkrankheit haben könnte; die Untersuchungen laufen noch, aber alle Indikatoren sprechen dafür. Auch wenn die Diagnose final ist, wird nichts mehr so sein wie früher.
Egal, wie die Diagnose lautet - ich lasse meinen Partner nicht im Stich.
Und ich bemerke aber gleichzeitig, dass mich die Situation doch vor viele Herausforderungen stellt: Mein Partner hat sich vom Wesen stark verändert, was ich nachvollziehen kann und wofür ich auch Verständnis habe. Er zieht sich seit Wochen immer mehr zurück, wir können nichts mehr unternehmen und auch die ganzen Planungen und auch Projekte, die wir schon angefangen hatten, liegen entweder auf Eis, oder schweben schweigend im Raum. Da er starke Medikamente nimmt, kann er nicht mehr Auto fahren; ich fahre ihn. Ich beobachte auch, dass er Dinge behauptet, die einfach nicht stimmen; er kann sich nicht daran erinnern, wie ein Vorgang wirklich war. Die Diskussionen kosten mich viel Kraft.
Wir sind beide Ende 30.
Gibt es hier jemanden im Forum, der auch einen Partner hat, der sich durch Medikamente/Krankheit verändert? Wie geht man damit um? Wie schafft man es, sich dabei selbst nicht aufzugeben? Ich habe Kinder (nicht seine Kinder), die mich als sehr lebenslustig kennen - ich möchte den Mittelweg schaffen zwischen "für den Partner da sein", aber ich will eben auch ich und meine Pläne nicht ganz aufgeben; ich hoffe, das klingt nicht egoistisch?
Wie schafft man das?
Liebe Grüße.
Wesensänderung durch Krankheit - wie damit umgehen?!
Ich denke, dass es ein guter Weg sein kann, für den Partner da zu sein, sich selbst jedoch immer im Auge zu behalten und gucken, dass es einem selbst gut geht.
"Wie schafft man das?"
Als Partner direkt habe ich keine Erfahrung, als Pflegende, Angehörige, selbst mal kranke usw. schon.
Wichtig ist es, dass man sich selbst auch wahrnimmt, fühlt, was man selbst braucht.
Sich selbst auch Hilfe dazu nimmt. Psychologische Gespräche.
Beratung im Krankenhaus: was kommt auf einen zu, worauf stelle ich mich ein?
was ist im Rahmen der krankheit? Was ist im Rahmen von Folgen (medikamenten, Depressionen)?
Was ist neu und sollte von anderen Ärzten bedacht werden?
Gibt es Selbsthilfegruppen für Angehörige?
Wie kann ich mir Raum schaffen, selbst mit der Situation umzugehen?
Wie kann ich mich austauschen, um selbst stark zu bleiben?
Alles runter schlucken bringt nicht viel.
Je verändernder die Krankheit, desto wichtiger ist es auch für Angehörige, für sich selbst dazu sein.
Um den Parnter/Angehörigen mittragen zu können, muss man sich selbst auch mittragen können.
Das geht oft nur mit Hilfe, Unterstützung von außen, Austausch.
Wenn die Krankheit spezieller ist, würde ich im Krankenhaus nach Adressen fragen (für die emotionale Begleitung).
Auch Internet (Austausch mit anderen Angehörigen), Selbsthilfegruppen,
Seelsorge (wenn auch nicht speziell zur Krankheit)
Pflegedienste um Adressen/Angebote für Angehörige fragen.
Nicht alleine bleiben damit und sich selbst Inseln schaffen.
Hallo, bei meinem Freund ist es ähnlich. Er hat auch starke Arthrose in Knie und hatte im 2. Jahr unserer nun schon 5-jährigen Beziehung 3x einen kompletten Muskelriss das gesunde Knie betreffend. Durch 3x12 Wochen kaum Bewegung und viel Zuhause hat sich sein Wesen auch verändert, ähnlich wie du beschreibst. Nun habe ich das Glück, dass er nie jammert und mir alle Freiheiten lässt, die ich haben möchte. Trotzdem kümmere ich mich um Unfallrente, Termine bei Ärzten und tue als Physiotherapeutin für ihn was er zulässt. Damit geht es uns ganz gut. Bei seiner ersten depressiven Episode habe ich ihm 2 Katzenschwestern angeschafft, was sehr geholfen hat und ein gutes Alleilmittel im Alltag ist. Uns hilft auch sehr offen über die Problematik zu reden. Wenn wir es mal alleine nicht schaffen, hilft mein Vater als Vermittler.
Hoffe du findest auch einen guten Weg mit deinem Partner!
Hallo Runde.
Danke für Eure vielen Antworten. Vor allem der Hinweis mit Patientenverfügung war wichtig für mich. Wir haben uns gegenseitig vor einigen Wochen Generalvollmachten überreicht, von Hand geschrieben jeweils.
Darin ist fixiert, dass der jeweils andere im Krankheits- und Todesfall Entscheidungen treffen kann und auch Zugriff auf dessen Konto hat, um Dinge, die geregelt werden müssen, erledigen zu können (zum Beispiel laufende Zahlungen kündigen, wenn nötig).
Wir haben getrennte Konten, wohnen aber zusammen.
Aber es stimmt schon: Regularien sollten wirklich offiziell geregelt sein. Ich besuche meinen Partner morgen in der Klinik; je nachdem, wie es ihm geht, spreche ich das einfach mal direkt an.
Liebe Grüße.
Ich habe das hinter mir mit einem psychisch labilen Partner. Jahrelang habe ich seine Krisen mitgemacht und ihm da durchgeholfen. An der Letzten ist unsere Beziehung gescheitert, ich konnte nicht mehr, ich hatte keine Kraft mehr, war selbst kurz vor dem nervlichen Total-Zusammenbruch, es blieb nur noch raus aus der Beziehung oder selbst draufgehen.
Seit wir getrennt sind, geht es mir und den Kindern gut und besser, ihm schlecht und schlechter. Er tut mir leid, aber ich bin trotzdem froh, diese ständige Bürde nicht mehr tragen zu müssen und meinen Kindern eine unbeschwerte glückliche Kindheit jetzt ermöglichen zu können. Ich würde mir heute nie wieder einen kranken Partner "ans Bein binden", zu groß ist die Angst, wieder selbst so am Boden zu sein durch sowas. Es mag egoistisch sein, aber ich möchte nicht auf Dauer auf ein unbeschwertes Leben verzichten müssen für jemand anders. Andersherum würde ich, wäre ich krank, das auch nicht von jemandem erwarten.
Danke für Deinen Impuls. Ich beobachte die Situation jedenfalls genau und schaue auch, was sie mit mir macht. Gestern rief mich seine Mutter an, die sehr weit weg wohnt und sich bei mir bedankte, dass ich für ihn da bin. Sie sagte aber auch, dass sie denkt, dass ich jetzt mehr Stress an der Backe hätte als früher, als ich noch alleine mit meinen Kids war. Das habe ich bejaht. Wir hatten zu dritt, also meine Kids und ich, ein SEHR cooles Leben. Andererseits hat mein Partner mich auch unterstützt, als es mir Ende 2018 schlecht ging. Ich frage mich halt, wo und wann man Grenzen setzt.