Warum weinen Männer nicht?

Hallo

ich habe da eine Frage und vielleicht geht es anderen auch so

Ich bin mit meinem Freund jetzt seit 11 Jahren zusammen aber ich habe ihn noch nie weinen gesehen. Selbst nach einer Fehlgeburt vor 6 Jahren hat er nicht geweint. Noch nie. ich weiß dass es ihn auch getroffen hat unser Kind verloren zu haben aber geweint hat er nicht. Auch nicht als sein Hund nach 13 verstarb.
Ich kenne es von mir und meinen Freundinnen dass wir schon mal ein Tränchen vergießen und wenn wir richtig traurig sind schon richtig heulen.

Weinen Männer viel weniger und woran liegt das? Oder weinen sie heimlich? Mein Freund ist sonst von seinen Gefühlen ein ganz normaler Mensch. Nur das fehlt komplett und mir ist das beim Nachdenken schlagartig klar geworden.

Wie ist das bei anderen Paaren? Weinen da die Männer oder die Frauen mehr? bzw weinen Männer überhaupt nicht?

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Gute Frage.

Es hat wohl etwas mit unserer Sozialisierung zu tun. Jungs wird vielleicht schon früh im Kindesalter das Weinen abgewöhnt. Jungs weinen nicht. Ihre Rolle soll ja später darin bestehen, Stärke auszustrahlen, Haltung zu bewahren und Halt zu geben. Und diese Form übermäßiger Emotionalität wird ganz offensichtlich eher Frauen zugestanden als Männern, die, ganz generell, beherrschter mit ihren Gefühlen umgehen sollen. Wobei man Zorn und Wut noch eher als „männliche“ Gefühlsausdrücke zulässt als das Zeigen von Verletzbarkeit. Und Weinen ist Ausdruck einer Verletzung. Auch Verluste sind Verletzungen.

Ich habe sogar hier schon lesen können, dass man Männer, die „übermäßig“ nah am Wasser gebaut haben, also mehr als maximal einmal im Jahr weinen, und dann auch nur bei entsprechend gravierenden Anlässen (Beerdigung naher Angehöriger, Nachricht über todbringende Krankheit erhalten, Führerscheinentzug), als „Jammerlappen“, „Sensibelchen“ und „Weichei“ und als „weibisch“ tituliert hat.
Wobei man vielleicht einschränken muss, das Tränen von Männern bei positiven Ereignissen wie z.B. die Geburt der eigenen Kinder mehr Freiheiten in Richtung Emotionen haben, ja, da wird es vielleicht sogar befürwortet.

Offenbar empfinden sogar sogenannte moderne Frauen, Männer, die weinen, als seltsam und befremdlich. Da hat sich etwas festgefressen im Rollendenken über Männer und über Frauen. Dabei ist Weinen eigentlich ein ganz normaler Gefühlsausdruck, so wie Lachen, oft gar nicht direkt steuerbar. Eher impulsiv.

Und jetzt kann man den Faden noch weiterspinnen: Es ist mir in meinem beruflichen Umfeld schon begegnet, dass eine weibliche Führungskraft die Nerven verloren hat und anfing während eines Meetings zu weinen. Sie ist dann erst einmal vor die Tür.
Alles war peinlich betreten aber man ist dann zur Tagesordnung übergegangen. Trotzdem hat man es ihr als Frau nachgesehen, ihre Autorität hat nicht nachhaltig gelitten. Man stelle sich das nun mit einem Mann vor! Der in der Auseinandersetzung mit Kollegen die Nerven verliert und weint! Der wäre unten durch. Eine Lusche, ein Versager, einer, der dem Druck nicht standhält. Man gesteht Männer vieles anderes zu, um Druck zu kompensieren, Alkohol, Kokain, die Büroeinrichtung zerlegen aber nie und niemals Weinen! Damit demontiert man sich selbst wenn man sich in einem Konkurrenzumfeld befindet.

Wenn dem so wäre, dass es mit unseren Rollenbildern in den Köpfen zu tun hat, ist es eigentlich schade, dass wir immer noch diesen Zwängen unterliegen.

Ich habe, glaube ich, zweimal in meinem Leben vor meinen jeweiligen Partnerinnen geweint. Einmal, als Borussia Mönchengladbach aus der Bundesliga abgestiegen ist, wofür ich bei meiner Freundin seinerzeit 0 Verständnis geerntet habe. Dass andere Mal befand ich mich im Auto, bekam einen Anruf, dass sich ein sehr guter Freund erhängt hatte.

Ich empfinde übrigens das Weinen von Frauen bei Streitigkeiten als echte emotionale Erpressung. Ich kann Menschen, die weinen, nicht mehr böse sein, meine besseren Argumente im Streit scheinen mit einmal alle wertlos und ich fühle mich dann noch zusätzlich schuldig, dass ich sie zum Weinen gebracht habe.

Als ich das erste Mal meinen Sohn in Händen gehalten habe, wäre das eigentlich auch eine gute Gelegenheit gewesen, mal wieder öffentlich zu weinen, aber Tränen kamen nicht so recht. Aber ich musste lachen als ich ihn so hielt und ansah. Es war mehr so ein euphorisches, triumphales Lachen. Weil er so witzig aussah, so mini, so zerknautscht und da war da dieses Wissen, dass er ein Teil von mir ist. Und er roch so gut. Das war wie Inhalieren von Endorphinen.

Dabei weine ich ansonsten gern mal. Wenn’s passt. Ist befreiend. Aber nur wenn‘s niemand sieht. Vielleicht macht das Dein Partner auch so. :-)

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ich glaube nicht dass mein Freund heimlich weint. Er tut es einfach nicht. Ich würde es wirklich seltsam finden wenn er es nur in meiner Anwesenheit nicht kann.

Aber ich frage mich trotzdem ob er dieses Gefühl nur vor mir verbirgt oder ob es ihm einfach nicht möglich ist zu weinen.

Ich weine manchmal aus Stress oder wenn ich mich nicht gut fühle. Aber bestimmt viel häufiger als er aber nicht häufiger als meine Freundinnen.

Hast bestimmt recht dass es etwas mit Erziehung zu tun hat.:-(

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habe noch eine Frage. Wenn du Mann bist und du sagt du weinst gerne aber so dass es niemand sieht. Warum ist das so?

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Mein Mann hat in den 12 Jahren die wir uns kennen vielleicht 5 mal geweint(Hochzeit, Tod unseres geliebten Hunds, Geburt Kinder) er weint dann auch keine Sturzbäche (wie ich 😉) sondern „nur“ kurz
Warum das so ist? Keine Ahnung, hab ich noch nie darüber nachgedacht, ich bin sehr nah am Wasser gebaut, und wenn ich mal anfange zu plärren kann ich manchmal zumindest gefühlt ewig nicht aufhören, warum das so ist? Auch keine Ahnung
Generell geht halt jeder anders mit Emotionen um, ich bin der Typ der es rauslässt (auch Wut, usw)

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Meiner hat mich letztens flennend angerufen und ich dachte schon es sei sonstwas passiert, dabei hat ihn nur das schlechte Gewissen geplagt, dass er mich den Sommer über, wo ich extra mit unserem Kind zu meiner Familie gefahren bin, bezüglich des Voranschreitens der Renovierung nach Strich und Faden belogen hat. Das Vertrauen ist natürlich bis in die Grundmauern erschüttert.

Ansonsten... Ist er auch nicht besonders nah am Wasser gebaut, aber er ist allgemein ein sehr emotionsloser Mensch. Freude, Trauer, Wut, Zuneigung etc. merkt man ihm nicht an.

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Mein Ex war sehr emotionslos, wenns um weinen ging. Als ein guter Bekannter starb, fragte er mich ernsthaft, ob ich genau deswegen jetzt gerade weine 🙄

Nach der Trennung hat er auch mal geweint. Das erste Mal nach 12 Jahren.

Mein Mann weint häufiger. Wenn er gerührt ist, wenn er traurig ist, oder auch vor freude. Aber anders als ich. Ich kann Sturzbäche heulen, er verdrückt dann nur ein paar ganz wenige Tränchen oder hat nur Pipi in den Augen.

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Ich bin zwar eine Frau, weine aber auch nicht vor anderen Menschen. Selten mal heimlich. Hat was mit dem Selbstbild zu tun, das man gerne von sich hätte. Also stark sein, souverän sein, nicht verzweifelt. Heulen hilft mir nicht und macht die Situation auch nicht besser.

Meinen Partner hab ich auch noch nie weinen gesehen.

Wir beide haben unsere Gefühle relativ gut im Griff. Ich lasse mich auch nicht von Wut oder so übermannen. Also ich handle insgesamt wenig emotionsgesteuert, sondern rational.

Darüber bin ich zugegebenermaßen ziemlich froh.

Beantwortet das deine Frage?

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Ich bin eine Frau. Aber entspreche nicht dem Klischee. Ich weine selten. Ich bin einfach recht prakmatisch und nicht sehr emotional. Weinen vor Freude kann ich zB überhaupt nicht nachvollziehen.
Wenn ich weine, dann weine ich zu 90% aus Überforderung mit irgendwas. Ich weine auch nicht heimlich. Das hat also nichts mit einem Selbstbild zu tun oder dass ich vor anderen "stark" wirken will. Ich bin einfach weiter weg vom Wasser gebaut als die meisten Frauen.

Mein Mann weint nicht mehr oder weniger als ich.
Glaube bei vielen Männern ist es eine Sache der Sozialisation "Männer weinen nicht!" (übler Quatsch und ich hoffe, sowas bringt heute niemand mehr seinem Sohn bei.. wer weinen muss/will, soll das bitte tun dürfen)

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Einmal hatte er nach einem Todesfall in seiner Familie Tränen in den Augen. Noch heute streitet er es ab und schob es auf die Müdigkeit.
Ich fand es gut, dass er Tränen in den Augen hatte. Somit empfindet er doch noch was anders außer Hunger und Durst auch😜

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ich denke manchmal auch ob mein Freund nicht weinen kann oder nicht weinen will. Er ist sonst nicht gefühlskalt oder so etwas. Manchmal wünsche ich mir ich könnte diese Gefühlsregung bei ihm auch sehen. Wenn es auch nur eine Träne ist.

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Mein Mann war JG 1936 und strikt so erzogen, dass Männer nicht weinen. Als jüngeren Mann habe ich ihn auch nicht weinen sehen, aber so ab ca. 55 wurde er weicher und er konnte sogar bei schlimmen Nachrichten im TV feuchte Augen kriegen - oder auch bei maßloser Freude/Überraschung. Als er noch älter war, sah ich ihn öfter weinen, aber da ist auch entsprechend Schwerwiegendes vorgefallen, da waren wir beide am Ende. Entweder war schwerwiegendes Gesundheitliches im Spiel und auch maßlose, sehr tief gehende Enttäuschung, die uns wirklich umhaute.
Mit meinen männlichen Arbeitskollegen war ich leider auf mehreren Beisetzungen junger Männer (Bundeswehr) und ja, da liefen auch den meisten die Tränen runter - und sie schämten sich deswegen auch nicht. Bei einer dieser Beisetzungen habe ich sogar Rockertypen die Tränen unter der Sonnenbrille runterlaufen sehen.
Also wie immer - verallgemeinern kann man garnichts. Kommt immer auf den einzelnen Menschen an.
LG Moni

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Bei mir war es immer umgekehrt, meine Freunde/Männer waren nah am Wasser gebaut und ich bin die, die fast nie heulen muss. Auch mein jetziger Freund ist gegen mich die reinste Heulsuse. Ich muss nur bei Disney Filmen und Unsere Kleine Farm weinen, meist geht's dann aber in Lachen über, weil der Mann neben mir noch viel mehr heult... Ich find es ja ab und zu ganz süß, wenn ein Mann auch weinen kann, aber wenn sie öfter weinen als man selbst, kann es auch manchmal nerven.🙈