Es wird immer mehr...

Hallo und guten Morgen.

Ich bitte um Rat...

Ich bin seit zwei Jahren mit meinem Partner zusammen und irgendwie wird der Ballast in der Beziehung immer mehr - vielleicht mache ich mir auch selbst Stress?!
Er hat mir oft erzählt, wie viel er für seine Exfrau gemacht hat: Ihr Haus komplett saniert, alles für sie erledigt, ihre Wünsche erfüllt, jede Idee mitgemacht und vor allem hat er sehr viel körperlich gemacht in Form von Sanierung, Umbau, Hof pflastern usw.

Seit einem Jahr ist er nun krank. Bis man eine Verdachtsursache (noch keine Diagnose!) gefunden hatte, vergingen Monate. Jetzt wird eine Verdachtsbehandlung/Testbehandlung auf Rheuma gemacht; Verbesserungen werden in frühestens 6 Monaten erwartet. Er ist krank geschrieben.

Er lebt bei mir und irgendwie werden die Aufgaben, die an mir hängen bleiben, immer mehr. Einen Umbau, den er in meiner Wohnung vollmundig angefangen hat, ruht seit Monaten - ich habe eine Baustelle in der Wohnung. Ich habe meinen Garten immer so gehalten, dass ich so wenig Aufwand wie möglich habe. Ich habe nichts angepflanzt, um das ich mich stark kümmern muss. Er kam und fragte, ob er sich im Garten verwirklichen dürfe - ich gab das OK unter der Bedingung, dass ich mich aber um nichts kümmern möchte. Es kam wie es kommen musste: Seine angepflanzten Tomaten- und Blühpflanzenbeete sind jetzt verwelkt, es ist November. Er macht es nicht weg, weil er ja krank ist. Sein Auto kann er aber in der Garage reparieren. Autofahren kann er allerdings nicht, ich fahre ihn zu all seinen Terminen, auch, wenn er seine kleine Tochter zum Umgang abholt; da bin ich allein schon jedes Mal zwei Stunden mit ihm on Tour mit Hin- und Rückfahrt.

Jetzt hat seine Mutter angekündigt, sie wolle uns besuchen, ist sich aber nicht sicher, ob das nicht zu viel für mich wäre, weil ich ja mit seiner Versorgung schon genug an der Backe hätte (was stimmt und worüber ich auch offen mit ihr gesprochen habe). Was macht er? Er bittet mich, seine Mutter anzurufen und ihr doch zuzureden, dass sie uns besuchen könnte - aber ich habe einfach keine Kraft, noch mehr Leute zu bekochen und zu unterhalten. Nicht im Moment.

Er ist nicht bettlägerig, aber gefühlt verhält er sich so. Papiermülleimer quillt über - er läuft daran täglich vorbei. Sage ich es ihm, dass er ihn bitte leeren könnte, macht er es.
Bitte ich ihn, den Tisch zu decken, macht er es. Aber Gläser stellt er nicht hin - ich muss alles, einfach alles ansagen.

Planungen für die Zukunft - haben sich in Luft aufgelöst. Im November buche ich eigentlich immer meine Urlaube fürs nächste Jahr. Soll ich ihn einplanen? Ja? Nein? Vielleicht?

Ich habe ihm schon mehrfach gesagt, dass mich dieser Schwebezustand wirklich Nerven und Kraft kostet und dass ich den Eindruck habe, dass es ihn überhaupt nicht interessiert, wie ich mit dem allem umgehe und wie es mir damit geht, neben Job, Kindern (bin alleinerziehend) und Haushalt. Zurück kommt da nicht wirklich Verwertbares.

Und ich bin ehrlich: Es kotzt mich einfach an, dass er 10 Jahre lang für seine Ex alles gemacht hat, dort immer weit über seine Grenzen gegangen ist, alles in Schuss gebracht/gehalten hat (das weiß ich auch von seinen Freunden und Nachbarn) - und ich kann alles selber machen + den Projekten, die er hier gemacht hat.

Oder anders gesagt: Seine Ex hat das Rennboot gehabt, ich habe das Wrack gekriegt.

So fühlt es sich im Moment einfach an. Am Wochenende habe ich einen Verkaufsstand auf einem Weihnachtsmarkt, weil ich im Nebenerwerb Kunstartikel herstelle. Ich wuppe das alles allein. Fahre hin, baue den Stand auf, kümmere mich um die Elektrik. Er kann ja nicht. Wegen Rücken und so.

Da hinterlässt die Erinnerung an die Erzählungen, wie er seine Ex auf all ihren Flohmarkt-Verkaufstouren mit Rat und Tat unterstützt hat, einen doch schalen Nachgeschmack auf der Seele.

Mir geht es nicht gut.

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Ich finde Du machst es ihm viel zu bequem, Du machst doch alles, fährst ihn rum, holst sein Kind ab etc. Da würde ich auch faul werden. Gib ja nen Doofen, der es macht. Stell das doch mal ein, dann muss er selbst mal sehen, wie er klar kommt.

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Naja, wie soll es gehen, wenn die Medikamente so ausgelegt sind, dass das Reaktionsvermögen eingeschränkt ist die Ärzte explizit darauf hinweisen, dass Autofahren NICHT erlaubt ist - mit einem klaren Appell an mich als Partner, die auch ja darauf achtet, dass er sich daran hält... Ich bin ja hilfsbereit und alles und denke immer, dass ich auch froh wäre, wenn mir jemand helfen würde, wenn ich in so einer Situation wäre. Aber mir wird das einfach im Moment zu viel...

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Was würde er denn ohne Dich machen? Gibt ja auch Bus und Bahn oder Taxi. Lerne meine sagen, die, die immer helfen, werden am Ende nur ausgenutzt, wie Du ja selber feststellst. Hilfsbereit ab und an ja, ausnutzen Nein.

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Mit Rheuma ist man kein Pflegefall und Bewegung tut sogar gut.

Tja, seine Ex hatte ihn scheinbar sehr viel besser im Griff als Du. Du solltest was an Deinem Verhalten ändern, mehr fordern. Es ist derselbe Mann und ich wette, bei der Ex würde er weiter springen und machen und tun. Mach es ihm nicht so einfach, stell Dich auch mal dumm, vielleicht gibst Du ihm auch gar nicht das Gefühl, gebraucht zu werden, weil du eh alles machst / besser kannst. Sowas demotiviert und macht faul.

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Wieso soll er auch nur einen Handschlag tun, wenn Du zwar schimpfst, aber er keine Konsequenz spürt? Nein, Du bittest seine Mutter eben nicht zu kommen. Im Gegenteil -hast Du die Möglichkeit , ein paar Tage zu Familie oder Freunde zu fahren? Liste hinlegen, was er bis dahin zu erledigen hat und ganz klar und deutlich sagen, dass er sich einen anderen Deppen suchen soll, wenn er so weitermacht.
Ich habe einige Rheumakranke in meiner Gymnastikgruppe, auch schwerer Ausprägung und in versch. Altersstufen. Durchweg alle sind noch berufstätig.
Selbst nach seinem Schlaganfall half mein Mann noch im Haushalt mit, was nur ging.
Deiner ist ein Faultier, sorry, meine Meinung. Etwas geht immer - wenn man nur will.
Wehr Dich endlich und zwar spürbar für ihn.
LG Moni

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Ihr seid nicht verheiratet, habt keine gemeinsamen Kinder und keine gemeinsame Firma.

Mühe gibt er sich auch keine.

Da würde ich mir doch glatt jemanden anders suchen.

Sage ich als Rheuma-Kranke, die zwar auch nicht mehr arbeiten kann, aber doch noch einiges hier zuhause auf die Beine stellt.

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Ich würde ihn bitten, zeitnah auszuziehen.

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Hast du schon mal mit ihm in ruhe gesprochen? Mal alles auf den Tisch gelegt was dich stört und ihm auch wirklich zugehört?

Nur weil er früher alles gemacht hat, heißt es nicht, dass er es jetzt auch noch kann. Wenn er Schmerzen hat und starke Medikamente nimmt, wird er ja eingeschränkt sein.
Du kannst nicht beurteilen, was er noch machen kann und was nicht! Es gibt immer gute und schlechte Tage.

Leider sieht man bei solchen Krankheiten von außen nicht viel und andere fühlen sich dann immer dazu berufen zu urteilen. Aber keiner steckt in seiner Haut und keiner weiß wie es ihm wirklich geht.

Ich habe selber eine chronische Krankheit, die mich oft einschränkt. Nur sieht davon nicht mal der Arzt in irgendeiner Form etwas, da man es nur bei einer OP sieht. Wie oft ich schon zuhören bekommen habe, dass ich mich nicht so anstellen soll usw 👎🏻
Ich wünsche solchen Menschen nichts schlechtes, aber einmal für ein paar Tage meine Schmerzen...

Ich denke, der Mann wäre ohne dich besser dran.

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Hallo und danke für Deine Meinung. Du schreibst ja selbst: Nicht mal der Arzt sieht bei Dir, was los ist.
Wie soll dann ein Angehöriger sich immer richtig verhalten? Mit mir redet ja niemand darüber, was es so alles auf sich hat und was die Diagnose bedeutet.

Jeder ist ein Mensch. Wenn einem Kranken Schwäche selbstverständlich zugestanden wird, soll der "gesunde Part" alles immer richtig machen, immer das richtige empfinden, sagen, meinen und sich selbst dabei nicht mehr wahrnehmen?

Ich denke, dass das alles andere als gesund ist.

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Du triffst es auf den Punkt. Von pflegenden Angehörigen wird viel erwartet, verdammt viel. Nicht umsonst sind langjährig Pflegende ständig am Rande des Zusammenbruchs und das ist keine Übertreibung.
Mitzuerleben, wie man für den ehemals lebenssprühenden Partner ganz langsam von der Frau zur Pflegerin mutiert und die gesamte Umwelt den 24-Stunden-Einsatz für selbstverständlich erachtet, ist kein Kinderspiel. Und natüüürlich hat auch nie jemand Zeit, einem mal was abzunehmen.
Man bleibt auf der Strecke - und jeder findet das selbstverständlich.
Hätte ich nicht 25 Jahre tolles Leben mit meinem Mann als "positives Reservoir" gehabt, hätte ich die letzten 10 Jahre schwierigeres Leben mit zuletzt Pflege meines Mannes kaum geschafft, bei aller Liebe. LG Moni

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Ich vermisse in Deiner Beschreibung, irgendwelche Dinge, die FÜR die Beziehung sprechen... das ganze klingt danach, als hättest Du aus Mitleid irgendeinen Pflegebedürftigen bei Dir aufgenommen, der sich da nun eingenistet hat und Dich als kostenlose Arbeitskraft benutzt.

Gibt es noch positive Dinge wie Liebe, Zärtlichkeiten, gegenseitige Wertschätzungen, schöne Momente, gemeinsame Unternehmungen? Wenn ja, sind es diese wert, diesen Dauerstress auszuhalten? Wie stellst Du Dir Deine gemeinsame Zukunft vor? Wärst Du alleine wieder glücklicher? Würdest Du ihn vermissen, oder würdest Du es als große Erleichterung empfinden? Ich denke mal, diese ganzen Dinge müsstest Du für Dich klären. Wenn da nicht mehr viel Positives übrig bleibt, weswegen Du die Beziehung noch aufrecht erhältst, wäre es wahrscheinlich auf Dauer besser für Dich, das zu beenden.

Falsch wäre es definitiv, das Ganze nur weiterzuführen, weil er krank ist - das wäre Mitleid und falsch verstandenes Verantwortungsgefühl. Aber wie gesagt, da musst Du Dir ganz allein Gedanken machen, wieviel Dir noch emotional an ihm liegt, da kann kein Außenstehender reinschauen...