Ich habe gerade den neuen Roman von Nick Hornby ausgelesen. Im letzten Kapitel fragen sich die Protagonisten, ein Ehepaar, ob sie wohl miteinander befreundet wären, wenn sie nicht miteinander geschlafen hätten. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass sie ohne sexuelle Anziehungskraft vermutlich keine Freunde wären (und fragen sich jetzt in einer Ehekrise, die begleitet von Sexlosigkeit ist, was von einer Ehe übrig bleibt).
Ich bin da ins Grübeln geraten. Ich weiß nicht, ob mein Mann und ich als platonische Freunde funktionieren würden. Wir teilen zwar viele Werte und einige Interessen, sind dann aber wiederum auch grundverschieden.
Freunde wähle ich nach ganz anderen Kriterien aus.
Ist das nicht verrückt? Ist das bei euch auch so? Ich finde das gerade schräg.
Also: Wie ist das bei euch?
Der Partner als Freund?
Gesetzt den Fall, ihr hättet nicht miteinander geschlafen: Wäre euer langjähriger Partner/eure langjährige Partnerin ein guter Freund/eine gute Freundin geworden?
Hallo
Ja wir wären beste Freunde geworden.
Wir verstehen uns so gut (auch ohne Worte) wie kein anderer je einen von uns verstanden hat.
Sehr oft sagt der eine was, was der andere gerade gedacht hat.
In unseren jeweiligen Stärken und Schwächen, ergänzen wir uns sehr gut.
Ja, mein Mann und ich sind beste Freunde
Lg
Wir sind auch gute Freunde und verstehen uns mittlerweile blind.
Das bringt ja auch die Zeit mit sich. Ich habe es z.B. professionalisiert, meinen Mann dafür anzufangen, was er denkt. So gut kann ich seine Gedanken lesen...
Dennoch glaube ich nicht, dass wir uns platonisch angefreundet hätten... so ganz ohne das Eros seine Finger im Spiel gehabt hätte.
Also bei uns war es schon von Anfang an so.
Es hat sich am Anfang auch so angefühlt, als würden wir uns schon ewig kennen.
Deshalb ging bei uns auch alles relativ schnell.
Sex ist wichtig aber ich kann länger ohne guten Sex auskommen als ohne jemanden der mich aufrichtig liebt und achtet.
(Nein wir haben keine flaute :) )
Lg
Ich bin jemand, der relativ lange braucht, um sich für eine Beziehung zu öffnen/bereit zu fühlen. Somit waren alle meine Beziehungen zunächst Freundschaften, bis mehr daraus wurde.
Mein Mann und ich waren ungefähr ein Jahr erst mal nur gut befreundet bevor wir zusammenkamen. Er wollte schon relativ schnell mehr, aber ich erst mal (nocht) nicht.
Unsere ganze Beziehung bestand immer eher aus Freundschaft als auf kurzlebigen Werten wie sexueller Anziehungskraft, da wir sechs Jahre jeweils am Ende Deutschlands lebten.
Ohne diese Freundschaft wäre ich wahrscheinlich auch schon lange weg.
Ist sexuelle Anziehungskraft ein kurzlebiger Wert?
Das erlebe ich seit 12 Jahren anders.
Aber du hast sicherlich Recht, Eros alleine reicht sicher nicht aus, um gemeinsam alt zu werden.
Ich finde schon, es ist eine hormonelle Sache und kann sich zudem noch durch Optik und so viel ändern. Ich bin nun nicht sehr wählerisch, aber manche finden schon natürliche Veränderungen am Partner dermaßen abstoßend und was bleibt dann?
Ich sehe das das so: genausowenig wie ich meine Mutter als beste Freundin haben möchte,möchte ich meinen Mann als besten Freund.
Freundschaft ist für mich was platonisches u eine andre Liebe als die zur Familie.
Wäre mein Mann mein bester Freund, hätte ich wohl nicht das Bedürfnis,mit ihm Sex zu haben
Mein mann u ich ticken in vielen Dingen unterschiedlich, aber ich hab mir auch keinen Mann ausgesucht, mit dem ich tratschen kann oder im der Kneipe einen draufmachen kann.....dafür hab ich meine Freunde
Ich kenne meinen Mann seit 24 Jahren und nach dem der erste Beziehungsversuch nach 2 Monaten gescheitert war (damals waren wir 13 und 15) haben wir eine neutrale Freundschaft gepflegt, haben uns hin und wieder gesehen, waren auf den gleichen Partys, aber waren immer Vertraut und konnten immer offen Reden miteinander.
Wir hatten auch Beziehungen mit anderen Menschen, getrennte Freundeskreise also kaum Berührungspunkte, doch als ein Ex von mir Handgreiflich wurde und mir die Nase brach bekam es mein Mann raus und war sofort für mich da...
Er kam und tröstete mich und blieb 4 Monate an meiner Seite als mein bester Freund, bis zu dem Punkt an dem ich ihn einfach Küsste... Seit dem Tag sind wir unzertrennlich das war vor 19 Jahren...
Und auch heute ist er mein bester Freund, ich rede gern mit ihm über uns, unsere Ehe unser Sexleben oder aber auch über Berufliche Probleme und Klatsch und Tratsch....
Ich denke das so eine Beziehung/ Freundschaft funktionieren kann....
Mein Mann und ich waren erst befreundet und daraus hat sich dann Liebe entwickelt. Also ja, wir wären sicher noch Freunde, wenn wir uns nicht verliebt hätten 😉
Ich kann mit meinem Mann auch tratschen und um die Häuser ziehen 😂 das macht sogar spass 🙃
Freundschaft geht für mich weit über Sympathie und Wertschätzung hinaus, umfasst tiefes gegenseitiges Vertrauen, die Fähigkeit, sich über gemeinsame Themen sich austauschen zu können und in grundlegenden Fragen ähnliche Wertvorstellungen und Humor zu haben.
Diese Eigenschaften prägen nicht nur meine Freundschaften, sondern erst recht meine Partnerschaft.
Sexuelle Anziehung, Verliebtheit, später Liebe kam bei meinem langjährigen Partner dazu. Das heißt nicht, dass wir nicht in anderen Belangen auch grundverschieden sind, z.B. haben wir ein ganz unterschiedliches Temperament und vertreten auch oft unterschiedliche Meinungen, die Interessen überschneiden sich, aber nicht alle, das ist bei meinen Freunden aber auch nicht anders. Sexuelle Anziehung ist für mich nur ein Baustein, in einer Beziehung möchte ich nicht leben, bei der ich mir mit dem Partner eine Freundschaft nicht vorstellen könnte. Die Frage, die sich deinen Romanprotagonisten stellt, dh. was ohne Sex noch bleibt, kommt nicht von ungefähr.
Daher die Frage an dich: Was fehlt denn deinem Partner, dass du nicht mit ihm befreundet sein wolltest?
Fehlen tut mir nichts. Ist musste tatsächlich nun länger über diese Frage nachdenken.
Unsere Beziehung ist gut, sehr respektvoll und sehr ehrlich. Wir können über alles reden, sind uns aber oft nicht der gleichen Meinung.
Die Freundschaften, die ich pflege, funktionieren eher nach dem Prinzip "Gleich und gleich gesellt sich gerne". Mit vielen meiner Freunde teile ich Musik- und Literaturgeschmack, sie sind auch "alternativer " angehaucht als mein sehr bodenständiger Mann, der aber auf der anderen Seite sehr großzügig ist und jeden nach seiner Fasson leben lässt. So wie ich. Dennoch ziehen sich bei uns eher Gegensätze an. Und das wäre mir in einer Freundschaft zu anstrengend, die auszuhalten.
Ich hatte auch schon Beziehungen mit mir wesensähnlicheren Menschen und teilweise bin ich mit diesen Exen auch noch befreundet, eben weil man immer noch über Musik palavern kann etc..
Und dennoch bin ich glücklich in meiner Beziehung und fühle mich meinen Mann sehr verbunden...
So ganz fertig mit Drüber-Nachdenken bin ich noch nicht. Muss man vielleicht auch gar nicht verdenken...
Ich bin nur beim Lesen drüber gestolpert. Btw.: ich finde auch das Paar im Buch toll als Paar. Die funktionieren gut und haben meiner Meinung nach nur vergessen.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Bei Urbia werden so oft Threads gestartet, an denen sich der TE dann über den ersten Beitrag hinaus nicht mehr beteiligt, daher finde ich es umso schöner, dass du dabei bleibst.
Mir scheint, dass deine Freunde dir tatsächlich sehr ähnlich sind, angefangen von der sozialen Grundeinstellung, über gemeinsame Interessen bis hin zum Geschmack bezogen auf Musik und Literatur. Das ist bei mir nicht so, sowohl bei meinen Freunden als auch bei meinem Partner gibt es teilweise Überschneidungen bei Interessen / Wesensart, wichtig ist mir in allen Fällen aber nur, dass in den für mich wesentlichen Fragen Übereinstimmung besteht, da liegt wohl der Unterschied zwischen uns, dh. deine Freunde sind dir insgesamt viel ähnlicher als meine Freunde mir.
Was euch verbindet, wird aber sicher auch wesentlich mehr sein als sexuelle Anziehung, sonst würde die tiefe Verbundenheit wohl nicht entstanden sein. Traurig finde ich nur solche Beziehungen, bei denen nach den üblichen "Projekten" wie Kinder und Haus irgendwann die Feststellung bleibt, dass man miteinander eigentlich gar nichts anfangen kann, so was gibt es ja auch.
Nein, wir wären keine beste Freunde geworden, Darum sind wir auch getrennt. Wenn die sexuelle Anziehung nicht mehr da ist und im Alltag der Partner auch als Freund nix taugt, dann gibt es nichts mehr dran festzuhalten. Ich werde zukünftige Partner daher auch nach ganz anderen Kriterien aussuchen als ich das früher getan habe. Früher kam es für mich auf Optik und sexuelle Anziehung an, um eine Beziehung einzugehen, ob es auch charakterlich passt, stellte sich dann erst während der Beziehung heraus. Heute möchte ich einen Mann erst richtig und evtl. auch erst rein platonisch kennenlernen, bevor ich mich entscheide, ob er für eine Beziehung in Frage kommt.