Mein Mann kündigt an, eine Therapie zu machen, setzt es aber nicht um

Hallo,

meinem Mann geht es psychisch nicht gut und ich werde oft zu seinem Blitzableiter. Ich habe hier bereits darüber geschrieben.

Vor ein paar Wochen sagte er zu mir, dass er eine Therapie machen möchte. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn ich gehe davon aus, dass das die Situation erheblich verbessern könnte.

Unser Kind hat Krebs, wir sind viel im Krankenhaus und das belastet ihn sehr. Dann waren wir zuhause, es ging meinem Mann etwas besser und er sagte, er würde schauen, wann und ob er eine Therapie macht.

Seit Samstag sind wir nun wieder im Krankenhaus. Ich bin mit unserem Kind hier, mein Mann ist zuhause. Samstag kam er trotz Ankündigung nicht, Sonntag vier Stunden nach seiner Nachricht, dass er jetzt losgeht.

Ok, ich verstehe, dass es ihm sehr schwer fällt, im Krankenhaus zu sein.

Als er dann hier war, sprach er die ganze Zeit über all das Schlimme, das uns momentan widerfährt und meinte, dass er am liebsten sterben will und jetzt auch nicht mehr zur Arbeit geht.

Wir haben dann besprochen, dass er versucht, einen Termin bei einem Psychiater zu bekommen. Dass er sich krankschreiben und direkt behandeln (oder zumindest auf eine Warteliste) setzen lässt.

Heute sagte er dann, er besorgt sich die Krankschreibung vom Hausarzt. Er will dort behaupten, er habe Rückenschmerzen. Ich habe ihn gebeten, dem Hausarzt die Wahrheit zu sagen, damit er eine Überweisung und Informationen über Anlaufstellen bekommt. Sieht er nicht ein. Eine Krankschreibung über Rückenschmerzen sei einfacher zu bekommen und er brauche einfach ein paar Tage für sich. Eine Therapie könne er ja immer noch machen. Als ich ihn gefragt habe, ob ich für ihn einen Therapeuten kontaktieren soll, meinte er, er mache das schon, wenn er dazu kommt.

Und jetzt sitze ich hier im Krankenhaus und mache mir nicht nur Sorgen um unser Kind, das gerade auf meinem Arm schläft, sondern auch um meinen Mann.

Muss ich mich einfach damit abfinden, dass er "irgendwann", also vielleicht nie, eine Therapie macht oder wie bringe ich ihn dazu, sich Unterstützung zu suchen?

Viele Grüße,
Nella

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So schwer es fällt, dein Kind hat jetzt Vorrang.
Dein Mann muss sich (leider) selbst dazu entscheiden eine Therapie zu machen oder nicht.

Wenn du ihn zu sehr betüttelst oder darauf eingehst, wenn er es ja vorhat, wird er es weiter rauszögern.
Wenn möglich zeig ihm klare Grenzen.
- Du bist nicht sein Blitzableiter
- Wenn er nicht mehr leben will, informierst du den Arzt. Gefahr in Verzug.
Nicht um ihn wo reinzureiten. Sondern weil du stark sein musst für euer Kind. Für seine Ängste mit. Du kannst nicht beide tragen.

Er ist erwachsen, also muss er die Entscheidung treffen. Angst haben, ist ok.
Euer Kind im Stich lassen und dir die Kraft absaugen, NICHT.

Leider ist es seine Entscheidung, ob er den Arzt anlügt oder nicht.
Und nein, wegen Rückenschmerzen ist es nicht einfacher eine AU zu bekommen. Ok, es kommt auf Beruf und Vorerkrankungen an.


Es ist eine Sache, wenn er sich selbst kaputt macht, weil er mit der Situation nicht klar kommt.
Eine andere, wenn er dich und somit euer Kind kaputt macht.
Dieser Eiertanz macht dich kaputt. Er will, traut sich nicht, er will du schöpfst Hoffnung, er lässt sich auf die Hoffnung ein, will doch wieder nicht. Da hätte ich in eurer Situation echt keine Kraft dazu.
Er ist erwachsen. Jetzt sollte er Farbe bekennen. Oder das für sich selbst ausmachen, ohne dich da ständig mitreinzuziehen. Du brauchst deine Kraft (doppelt) an anderer Stelle. Deine und seine (fehlende) mit.

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Vielen Dank für deine Antwort.

Grenzen aufzeigen, finde ich in den betreffenden Situationen gar nicht so einfach. Da muss ich wohl dran arbeiten. Es fühlt sich gemein an, ihn abzuwimmeln, wenn es ihm schlecht geht.

Du hast Recht. Priorität hat unser Kind.

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"Es fühlt sich gemein an, ihn abzuwimmeln, wenn es ihm schlecht geht."

Und für ihn ist es ok/nicht gemein, wenn es dir deswegen schlecht geht? Wenn sich das auf euer Kind überträgt?

Ja, es ist sehr schwer und ich glaube dir, dass es sehr schwer ist.
Nur trägst du es gerade doppelt. Dann gehst du unter. Und er? Kann euren Sohn in seinem Zustand nicht tragen.

Ich stelle es mir dann bildlich vor. Ich bin auf offener See und habe ein Boot (meine Kraft). Wie viel Kraft kann ich aufbringen? Wie viel passt ins Boot.
Mein Kind. Noch jemand anderes?
Jemand, der immer wieder vom Boot springt. Wieder reinklettert (dabei das Boot zum Kentern bringt), jammert - wie nass das Wasser ist.

Eine Therapie ist : da ist noch ein anderes Boot. Da sind Schiffe in Sicht. Hinschwimmen muss er schon selbst. Aber es gibt sie. Sie sind in Sichtweite.
Du kannst ihn nicht hinpaddeln, während er an im Wasser hängt und sich nciht entscheiden kann, ob er ins Boot will oder nicht.

Anders wäre es, wenn er gar keine Aussicht hätte. Keine anderen Schiffe in der Nähe.
Aber die gibt es. Er sieht sie ja auch.
Er schwimmt nur nicht hin, sondern hängt / springt vom Boot. und du versucht das Boot so zu halten, dass euer Kind darin nicht absäuft.

Er kann schwimmen. Euer Kind braucht dein Boot.

Gemein ist es von ihm: dass er dir alles aufbürdet, sich selbst nicht entscheidet und dich als Blitzableiter benutzt.
Nicht von dir, wenn du deine Kraft für EUER Kind nutzt. Nicht nur deines, sondern eures. Das scheint ihm nicht klar zu sein. Wenn doch, ist es noch gemeiner - von ihm.

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Ergänzung: In der Vergangenheit wollte er schon zwei mal eine Therapie machen. Irgendwann ging es ihm dann besser und es war kein Thema mehr. Aber es kann doch nicht sein, dass er in jeder Krisensituation in ein tiefes Loch fällt.

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Sprich mit eurem Hausarzt darüber. Vielleicht kann der deinen Mann überzeugen. Ein Antidepressivum kann auch helfen. Es ist einen Versuch wert.

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Danke für deine Antwort. Leider kenne ich seinen Arzt nicht.

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Du weißt nicht den Hausarzt deines Mannes? 😱🤔

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Das ist lieb, dass du ganz viel Verständnis für deinen Mann hast. Hat er denn auch welches für dich? Fällt es dir leicht, im Krankenhaus zu sein mit allen Ängsten und Sorgen?

Ich verfolge deine Geschichte, seitdem du hier schreibst. Konzentrier dich auf dich und dein Kind, dein Mann ist erwachsen. Der kann sich auch selbst einen Therapeuten suchen, so denn er will.

Ich würde mit ihm Klartext reden, dass du ihn als verlässlichen Partner brauchst. Kann er das nicht leisten, soll er euch wenigstens in Ruhe lassen. Du brauchst keine weitere Unsicherheit in deinem System.

Ob ihr euch trennt oder nicht, könnt ihr entscheiden, wenn euer Kind wieder gesund ist (ich wünsche euch das von ganzem Herzen). Es ist nicht egoistisch, deine Kraft gerade für dich und dein Kind einzusetzen.

Hat dein Mann Freunde? Lass die mit ihm reden. Vielleicht können die ihn zur Therapie bewegen.

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Danke für deine Antwort.

Nein, Verständnis hat er meistens leider nicht. Ich denke, dass psychische Probleme (Depressionen?) oft sehr egoistisch machen.

Das mit den Freunden ist eine gute Idee.

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"Ok, ich verstehe, dass es ihm sehr schwer fällt, im Krankenhaus zu sein."

Dafür würde ich kein Verständnis aufbringen. Sein krebskranken Kind braucht ihn. Er wirkt wie ein egozentrischer unreifer Bengel.

Sei du ganz für dein Kind da und lass deinen Mann Nebensache sein. Dein Kind braucht dich jetzt.

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Danke für deine Einschätzung.

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und meinte, dass er am liebsten sterben will und jetzt auch nicht mehr zur Arbeit geht.

Ehrlich und ganz nüchtern? Mit dieser Aussage würde ich UMGEHEND für eine stationäre Einweisung sorgen. Dann wird ENDLICH etwas für ihn getan, denn alleine macht er nichts, dazu steckt er zu tief im Depri-Sumpf. Bei Therapeuten werden derzeit bei uns Oktober(!)-Termine vergeben....wie soll das ambulant aussehen? DU bist ganz sicher nicht sein Therapeut, das wird nichts.
Er wäre stationär endlich versorgt und Du könntest Dich mit ganzer Kraft Deinem Kind widmen. Ich will Deinen Mann ganz bestimmt nicht abwerten, aber er ist erwachsen....
Dein Kind nicht. Zerreißen kannst Du Dich nicht und eines nicht fernen Tages liegst Du flach - und dann?
Alles Gute!
LG Moni

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Danke für deine Antwort.

Ich habe ihn gefragt, ob er konkrete Suizidgedanken hat, aber er sagte nein. Er "hoffe" einfach, dass er stirbt. Da ist eine stationäre Einweisung, vor allem gegen seinen Willen, schwierig.

Puh, das ist eine wirklich lange Wartezeit. Ich werde ihm das bei seinem nächsten Besuch sagen: "Ich habe gehört, dass Therapeuten eine sehr lange Wartezeit haben. Ich rufe jetzt mal an und frage, ob das bei uns in der Nähe auch so ist." Und dann vereinbare ich während des Telefonats direkt einen Termin. Oder was denkt ihr? Schließlich ist er erwachsen und ich nicht seine Mutter.

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Ich kann es nur wiederholen, verwende Deine Energie lieber für Dein krankes Kind., ich weiß sehr gut, wie kräftezehrend das ist.
Dein Mann ist ERWACHSEN, wie lange willst Du denn noch um ihn herumtanzen, herumeiern und bitten und betteln, er möchte doch, er soll doch......
Du machst einen Termin , geht er hin oder nimmst Du ihn ans Händchen und führst ihn?
Nimmt er die Therapie an oder stellt er fest, nö mach ich nicht.
Er arbeitet nicht mehr - und nun? Wovon lebt ihr? Wie ist er krankenversichert? usw. usw.
Dieser ganze Affentanz geht Deinen Nerven ab.
Ruf mal trotzdem in so einer psychiatrischen Notfallambulanz an, wie man die Aussage werten soll, dass er darauf wartet, zu sterben. Die wenigsten sagen wohl, hey morgen spring ich von der Brücke.
Ich persönlich würde es als versteckte Botschaft ansehen. Habe beim Bund mehrere missglückte und leider auch erfolgreiche Suizide erlebt, mir wäre das Risiko echt zu groß, sagen zu müssen, warum habe ich nicht reagiert, als er vom Sterben redete.
Durch das wiederholte Schreiben bei urbia passiert leider......garnichts, was Dir hilft.
Du schreibst, Du bist nicht seine Mutter - aber genauso reagierst Du doch....immer in der sinnlosen Hoffnung lebend, dass sich das Problem von allein erledigt und man dem Kindchen nicht wehtun muss?!
Ratschläge hast Du schon genug bekommen.
LG Moni

PS: Ich meine das alles wirklich nicht böse, will Dich bloß aufrütteln, endlich dafür zu sorgen, dass Du nur noch ein Sorgenkind hast, das ist schlimm genug.

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In Schutz nehmen möchte ich Deinen Mann sicher nicht, aber wenn er eine Depression oder eine depressive Verstimmung hat, kommt er alleine nicht so leicht aus dem Quark. Die Wartezeiten für fachliche Hilf sind wirklich immens, und Du musst wirklich für Dein Kind da sein.

Die Aussage, dass er am liebsten sterben will, ängstigt Dich natürlich, aber sie alleine wird nicht ausreichen, um eine stationäre Aufnahme bewirken zu können - da sind die Hürden schon sehr hoch, wenn sich der Betroffene nicht selbst einweisen lassen will.

Ich kann nicht sagen, ob das bundesweit einheitlich ist, aber in unserer Familie hat zum einen die psychiatrische Notfallambulanz geholfen, zum anderen die kassenärztliche Vereinigung, über die doch etwas schneller ein Termin zu haben war.

Dir viel Kraft, für Dein Kind da zu sein, die Hoffnung nicht aufzugeben und - sei es noch so kleine - Inseln für Dich zu finden!

Vielleicht hilft in Sachen "Abgrenzung" auch deutlich zu machen, dass dieses Ungewisse "kommt er nun oder nicht" schlimmer ist als ein klares "Ich schaffe das jetzt nicht" von ihm.

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Danke für deine Antwort.

Mein Mann hat sich heute endlich auf eine Warteliste für einen Therapieplatz setzen lassen. Er wird zurückgerufen und soll sich auf eine Wartezeit von zwei bis drei Monaten einstellen.

Danach hat er sich noch auf die Warteliste für eine Tagesklinik setzen lassen. Dort könnte es sein, dass er in wenigen Wochen einen Termin bekommt. Einen stationären Aufenthalt kann er sich nicht vorstellen. In der Tagesklinik wäre er von Montag bis Freitag jeweils von acht bis sechzehn Uhr. Heute hält er das für eine gute Idee und ich hoffe sehr, dass er das auch noch findet, wenn er den Platz hat.

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Es würde ja bereits viel geschrieben. Ich möchte Dir kurz aus eigener Erfahrung Mut machen. Deshalb schreibe ich anonym.

Mein Partner hat derzeit eine schwere Depression und ist nach langen Kampf seit fast 4 Wochen stationär. Das war seine beste Entscheidung seit langem.
Mein Partner ist von der Tagesklinik in den stationären Aufenthalt gewechselt, weil ihm zu Hause alles zu viel war.
Für mich war sein Verhalten oft nicht mehr nachvollziehbar und egoistisch. Er hatte einfach keine Empathie mehr ob für mich oder die Kinder.


Es hat aber bis zu dieser Einsicht ca 5 Monate gebraucht inklusive eines Polizeieinsatzes wegen angedrohten Suizid.
( ... eine Fremdeinweisung ist nicht so einfach, auch wenn der andere Suizidgedanken hat)
Freiwillig ist immer besser, so ist bereit mitzuarbeiten.

Du kannst die Hilfestellung, welche er zum gesund werden benötig nicht leisten. Dazu gibt es Fachpersonal.
Bestärke ihm in seinen Vorhaben mit der Tagesklinik. Vielleicht einfach mal noch bei einer anderen Klinik mit Anmelden. Den auch auf Plätze in der Tagesklinik wartet man zum Teil etwas.

Vielleicht gibt es in dem Krankenhaus wo Du bist einen Ansprechpartner der mit Euch zusammen reden kann? Krankenhausseelsorger oder Psychologe.


Ich wünsche Dir ganz viel Kraft für Deinen Weg. Behalte bei allem Dich selbst im Auge, tue Dir was Gutes. Du braucht die Kraft für Dich und dein Kind.

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