Hallo,
ich kann nicht schlafen, weil mich ein Thema belastet.
Mein Partner hat aktuell viel Stress. Er ist unglücklich mit seinem Job, macht jetzt nebenbei eine Fortbildung und sucht was Neues.
Rein rational verstehe ich, dass er deshalb wenig Kopf und Energie für Romantik und Sex hat. Aber wie kann ich emotional damit umgehen?
Aktuell habe ich das Gefühl, dass er mich kaum wahrnimmt. Als ich ihn heute darauf angesprochen habe, hat er auf den Stress verwiesen und meinte, ich solle das nicht persönlich nehmen.
Nur wie?
Schwierige Phase, wie damit umgehen?
Ich möchte noch ergänzen, dass ich wegen seiner Situation seit Monaten mehr übernehme. Ich mache den Großteil des Haushalts, bin fast alleine für unser Kind verantwortlich und arbeite auch. Ich habe das Gefühl, dass er das nicht mal bemerkt oder zumindest ganz normal findet.
Er hatte immer mehr Lust auf Sex als ich und ist generell ein sehr körperlicher Mensch, der mich oft an sich zieht. Seit ein paar Wochen ist davon aber kaum noch etwas zu spüren. Wenn ich ihn umarme, lässt er das zu und legt halbherzig die Arme um mich. Jeder Kuss geht von mir aus. Auf Sex hat er sehr selten Lust.
Hey!
Hat er bisher immer so reagiert, wenn er Stress hatte?
Arbeitet er mehr, oder ist es bloß die mentale Belastung?
Nutzt er sein Smartphone anders oder mehr?
Liebe Grüße
Schoko
Ja, schon. Zum Beispiel wenn er Konflikte mit jemandem hat, ist er noch abweisender und gereizter. Aber das hält dann ein, zwei Tage an.
Momentan zieht es sich und es ist noch kein Ende der Phase absehbar, da ich keine Ahnung habe, wann er einen neuen Job findet.
Beides. Er arbeitet 40-45 Stunden, so wie vorher auch, aber sie haben seit einer Weile Personalmangel, so dass die Belastung währenddessen höher ist als sonst. Und abends sitzt er dann noch 90 Minuten an seiner Fortbildung (online Seminar) und muss da auch immer noch was Vor- und Nachbereiten.
Dafür stelle ich halt zuhause kaum Forderungen an ihn und versuche, ihn zu entlasten.
Eben wollte er unserem Sohn eine Paprika schneiden. Als ich ihn gebeten habe, die Paprika vorher zu waschen, meinte er direkt: „Dann mach es doch selbst.“ Dann ist er wieder in sein Zimmer gegangen. Er hat sich Rührei genommen und in seinem Zimmer gegessen. Sonst habe ich heute noch nichts von ihm mitbekommen. Auf meine Frage, ob er mit nach draußen kommt, kam nur: „Du weißt genau, dass ich Stress habe.“ Heute ist es irgendwie sehr extrem. Ein schönes Zusammenleben sieht natürlich anders aus. Solange es nur temporär ist, ok, aber wie lange? Da brauche ich schon eine gute Strategie, um damit umzugehen.
Er nutzt sein Handy generell viel. Ist ja auch ein Zeitfresser, was er aber nicht wahrhaben will. Aber nicht mehr oder anders. Er lässt mich auch damit telefonieren, ohne dabei zu bleiben, also ich vertraue ihm, wenn du das meinst.
Danke auf jeden Fall für deine Antwort.
Er hat sich Rührei genommen und in seinem Zimmer gegessen.
Stress hin, Fortbildung her. Familienleben sollte trotzdem noch stattfinden.
Bei uns gibt es die Regel, das zusammen Abendbrot gegessen wird. Und die Kinder gemeinsam ins Bett gebracht werden. Als wir nur ein Kind hatten wurde das Bett fertig machen abgewechselt. In den Schlaf begleiten habe dann meist ich gemacht.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Wenn mein Mann übungsabend bei der freiwilligen Feuerwehr hat, ist er zum Abendessen nicht mehr da und wenn die Kinder ins Bett müssen noch nicht zurück. Das ist ein Abend in der Woche und noch zu einem guten Zweck. Als ich meine Fortbildung hatte (Schulung über zoom) hat er auch mit den großen alleine gegessen. Ein Ende war aber absehbar. Das war auch einmal in der Woche.
Aber im Normalfall verbringen wir den Abend als Familie.
Vielleicht könnt ihr so eine Regel auch einführen.
Eine Weile kann man Rücksicht nehmen, wenn ein Ende der anstrengenden Phase zu sehen ist. Aber nach Wochen und Monaten immer die Ausrede "ich habe Stress" herhalten soll, dass er sich zurückzieht, als Partner und Vater nicht greifbar ist, muss sich was ändern. Man kann Bildungsurlaub nehmen, man kann die Arbeitszeit auch reduzieren. Ich sehe hier dringenden Handlungs- und Redebedarf, denn wenn die Belastung der Erziehung, Fürsorge und Hausarbeit bei dir einseitig liegt, er aber nichts ändert, kann es auch zum Ende einer Beziehung führen.
Ich werde dir nicht schreiben, dass du die Beziehung, die du möchtest, hinten anstellen sollst, nur weil dein Partner den Stress als Freifahrtschein nutzen möchte nichts in die Familie zu investieren.
Von Prioritätenlevel sehe ich die Familie an erster Stelle und die Arbeit an zweiter. Arbeit ist austauschbar (da ist er gerade dabei), aber die Familie nicht.
Sollte Konflikte bestehen, was wieviel Energie kostet, würde ich einfordern, dass seine Energie mindestens mit 20% bei der Familie ist. Null Input geht eben nicht um eine Beziehung und Familie zu halten.
Niemand kann ihn in der Arbeit zu irgendwas zwingen. Die Überstunden, die er macht, die muss er nicht machen. Die Diskussionen, die er führt, die muss er nicht führen. Wenn er sich zu sehr belastet fühlt von der Arbeit, muss er diese anders priorisieren, damit Zeit und Energie für das Wesentliche im Leben (die Familie) bleibt.
Ich würde hier ins Gespräch gehen mit "Ich weiß, dass du Stress hast, aber mein Problem löst es eben auch nicht."
Hallo,
ich sehe es etwas anders als die anderen, war aber mehrfach in Deiner Lage.
Bitte such doch das Gespräch, OHNE Vorwürfe und sage ihm, dass Du ihn vermisst und verunsichert bist. Gib ihm bitte gleich mit an die Hand, WAS Du Dir wünscht: bitte umarme mich wenn ich heimkomme lieb/ halt mich mal fest/ ich möchte dass Du weisst, ich halte Dir mit meinem Mehraufwand den Rücken frei/ nimm Dir bitte mal 30 min abends für ein Glas Wein mit mir ohne Fernsehen/...
Mein Mann vergräbt sich phasenweise auch immer wenn er Land unter ist und wenn ich ihm nicht sage, was ich in dieser Phase von ihm brauche/ mir wünsche, geh ich auch gefühlt unter. Seitdem ich das mache geht es mir besser und er bemüht sich tatsächlich im Umkehrschluss auch, Familienzeit in stressigen Phasen auch unter zu bekommen...!
Alles Gute!