Hallo,
ich habe mich hier extra angemeldet, in der Hoffnung, einen Rat zu erhalten. Es tut mir leid, falls es etwas länger wird.
Folgendes:
Mein Mann (30) und ich (33) kennen uns seit zwei Jahren. Wir haben uns online kennengelernt und haben das erste Jahr eine Fernbeziehung geführt (Amerika - Deutschland).
Gleich zu Anfang gab es immer mal wieder Drama, das von ihm aus kam, als ob er die Beziehung manipulieren wollte. Er hatte große Selbstzweifel, ein niedriges Selbstwertgefühl, etc., war grundlos traurig, usw.
Er wurde in der Vergangenheit viel gemobbt, unter anderem wegen seines Gewichts, aber auch von seiner eigenen Mutter wurde er emotional missbraucht. Seine Mutter ist die leitenden Kraft in der Familie, organisiert alles, plant alles und kann sehr kontrollierend sein.
Mein Mann war bis zu diesem Zeitpunkt sehr in der Familie verankert. Kulturell bedingt, aber auch, weil er Student ist und gerade seinen Doktor macht. Er hat also immer nur zu Hause gewohnt.
Dann kam er für ein halbes Jahr nach Deutschland und es lief gut! Zwischenzeitlich hatte er zwar immer mal wieder kleine Dramaanfälle, aber alles in allem hatte ich das Gefühl, dass er gewachsen ist. Er hat 30 Kg abgenommen und wir hatten eine schöne Zeit. Er hat mir im Dezember dann einen Antrag gemacht, den ich glücklich angenommen habe.
Aufgrund von Corona bin ich Anfang diesen Jahres mit ihm nach Amerika gegangen und habe mein Studium pausiert (ja, ich habe spät angefangen zu studieren). Mein Visum war für 6 Monate bewilligt worden und in der Zeit haben wir im Zweithaus seiner Eltern gewohnt. Das befindet sich in einer anderen Stadt und diente den Söhnen als Unterkunft für ihr Studium. Sein Bruder (23) wohnte auch hier und in all der Zeit gab es keinerlei große Probleme.
Wir haben die Hochzeit vorbereitet, denn es war ersichtlich, dass ich länger bleiben wollte und musste, als das Visum hergab. Die Heirat war also zum Teil eine Zweckheirat, auch wenn er und ich voll dahinter standen.
Und jetzt kommt das große ABER:
Der Bruder ist zurück bei den Eltern, um seine Thesis in Ruhe zu schreiben und seither geht es bergab, als ob der Bruder eine Art Puffer gewesen war. Mein Mann verfällt wieder in die Dramaschiene und das passiert einmal wöchentlich, sodass ich mittlerweile echt auf dem Zahnfleisch krieche.
Damit ihr euch besser vorstellen könnt, was ich mit Drama meine:
Alles ist gut und dann triggert ihn plötzlich irgendetwas (z.B., dass ich mich nicht wohlfühle und auf der Couch entspannen möchte. Oder ich bin etwas grantig drauf und möchte lieber meine Ruhe haben und was Lesen.). Das hat alles nichts mit ihm zu tun aber er wird dann traurig und nachdenklich und das bleibt er über Stunden! Dann sitzt er am Küchentisch und lässt den Kopf hängen.
Am Anfang habe ich ihn getröstet und dann ging es ihm besser, doch allmählich ist es Kräftezehrend, wenn ich das jede Woche wiederholen muss, zumal er auch dann immer noch 2-3 Tage braucht, um sich zu erholen.
Wenn ich dann aber sauer werde, weil sich das wöchentlich wiederholt, ist bei ihm komplett aus. Dann fängt er ganz bitterlich an zu weinen. Aber ich finde auch nicht, dass ich sein Verhalten mit dem ständigen Trösten belohnen sollte.
Allmählich frage ich mich, ob das eine (unbewusste) Masche ist, um sich Liebe einzuhaschen. Ich fühle mich dann aber immer wie eine Mami und nicth wie seine Frau.
Ich bin mir sicher, dass sein Verhalten etwas mit seiner Mutter zu tun hat und er ist auch nach langem Bitten seit 6 Wochen in Therapie, aber seither hatten wir viermal dieses Drama mit der Traurigkeit und dem Weinen und bisher gibt es keine Lösung. Allmählich vermute ich wiederkehrende depressive Phasen bei ihm, doch laut Therapeutin sind es Ängste und angestaute Emotionen.
Noch dazu hat er mir verschwiegen, dass er wieder exessiv gegessen hat. Eine Packung Kekse, Schokolade, Sandwiches - alles auf Arbeit. Ich dachte, dass er seine Essstörung im Griff hat...
Gestern ist es wieder eskaliert. Er hat vor dem Mittagessen eine Portion Sandwiches gegessen, was ich nur durch Zufall mitbekommen habe. Habe nur gesagt, dass ich das schade finde. Das hat ihn dann so getriggerrt, dass er zwei Stunden gegrübelt hat und traurig wurde. Dann ist er stundenlang still und sitzt demonstrativ am Esstisch und lässt den Kopf hängen. Das ist schon psychologische Folter mir gegegnüber.
Irgendwann kommt er und möchte reden und getröstet werden. Aber er redet dann immer stundenlang und eigentlich hat er nichts zu sagen. Dann werde ich sauer, weil meine Kräfte erschöpft sind und er weint.
Gestern Nacht hat er das Drama weitergesponnen und hat auf der Couch geschlafen.
Ich weiß gerade gar nicht mehr, was ich noch tun soll. Ich bin in seinem Land, am anderen Ende der Welt, habe selbst keine intakte Familie und demnach keine seelische Unterstützung. Ich kann auch nicht einfach so zurück nach Deutschland, habe keine Wohnung, keinen Job...
Ich frage mich aber gerade, ob ich nicht den größten Fehler meines Lebens gemacht habe, ihn zu heiraten :(
Frisch verheiratet und nur Drama
Alleine weil es eine Zweckheirat war, ist es meiner Meinung nach ein Fehler gewesen.
Ihr kennt euch nicht. Ihr müsstet beide eine rosa Brille anhaben. Und es läuft jetzt schon schief.
Vergiss dein Visum und denk an dich. Willst du so jemanden wirklich bis zum Lebensende bei dir haben? Willst du so viel Drama? Möchtest du wen an deiner Seite, der sich nicht im Griff hat? Möchtest du weiter einen Mann wie Mami trösten?
Wie wird es denn, wenn ihr mal auf eigenen Beinen steht und wirklich Probleme bekommt?
Ich sehe nur Hoffnung, wenn er psychologische Hilfe in Anspruch nimmt. Alleine eine Essstörung PLUS alle psychischen Probleme in den Griff zu bekommen, ist unmöglich.
Ansonsten sehe ich keine Zukunft!
Na die Hilfe hat er doch schon, so schreibt sie. Scheint aber nicht viel zu helfen
Naja, nach sechs Wochen kann man meiner Meinung nach keine 180 Grad-Wende erwarten. Allerdings muss die TE sich darüber im Klaren sein, dass das kein Zuckerschlecken wird. Das wird sehr viel Geduld und Kraft kosten und ob es von Erfolg gekrönt sein wird steht auf einem anderen Blatt.
Und ja, die Hochzeit war definitiv zu früh und ein Fehler. Das kann man nicht mehr rückgängig machen und ich hoffe, dass möglichst viele Frauen das hier lesen und drüber nachdenken, bevor sie nach ein paar Monaten Beziehung (davon den Großteil auch noch räumlich über tausende Kilometer getrennt) einen solchen Fehler machen.
Ich würde sagen ja es war ein Fehler. Du hast einen Fremden geheiratet nur um eines Visums Willen und jetzt kommt das böse Erwachen.
Pass auf, dass du auf keinen Fall schwanger wirst, und wenn du es weiter mit ihm versuchen willst, dann muss er eine Therapie machen. Wenn nicht, geh zurück nach Deutschland - es gibt IMMER einen Weg!
Hey!
Für mich wäre sein Verhalten total schrecklich und ich könnte es auch kaum ertragen.
Zieht er dieselbe Tour mit dir ab wie seine Mutter mit ihm? Emotionale Erpressung
Ich schätze, je länger du in Amerika bleibst, desto schwieriger wird der Umzug nach Deutschland. Hast du hier noch Kontakte?
Was soll mit dem Studium passieren?
Kann man Ehen in Amerika annullieren?
Ich würde alles ganz fix rückgängig machen.
Liebe Grüße
Schoko
"Ich frage mich aber gerade, ob ich nicht den größten Fehler meines Lebens gemacht habe, ihn zu heiraten :( "
Klingt so, ja.
Aber es ist ja nicht so, als ob das nicht vorhersehbar war.
"Gleich zu Anfang gab es immer mal wieder Drama, das von ihm aus kam, als ob er die Beziehung manipulieren wollte. Er hatte große Selbstzweifel, ein niedriges Selbstwertgefühl, etc., war grundlos traurig, usw."
Und du hast gedacht das ändert sich einfach von selbst?
"Allmählich vermute ich wiederkehrende depressive Phasen bei ihm, doch laut Therapeutin sind es Ängste und angestaute Emotionen."
Klingt für mich auch nicht nach Depressionen, sondern in Richtung emotional-instabiler Persönlichkeitsstörung (mit Ängsten, selbstverletztendem Verhalten (=Esstörung), emotionaler Abhängigkeit von den Bezugspersonen etc.). Man muss ja nicht das Vollbild erfüllen um Probleme zu haben.
Was du machen kannst?
Therapie ist schon mal der richtige Weg. nach allem was ich über das Gesundheitssystem in den USA weiß wird es wahrscheinlich schwierig in eine längere stationäre Therapie zu kriegen. Rein finanziell.
Er macht das nicht absichtlich, aber er braucht intensivere Betreuung als einen Gesprächstermin die Woche, so wie sich das anhört.
Klar war das ein Fehler. Aber einer, den man korrigieren kann.
Er hat offenbar psychische Probleme und braucht dahingehend Hilfe. Die Frage ist, ob du das für dich möchtest, also ob du in einem fremden Land wohnen und durch die Krankheit an der Seite deines Partners gehen willst (Achtung: schlechtes Gesundheitssystem in den USA!). Wie stellst du dir deine Zukunft in den USA überhaupt vor? Ich meine, das war ja schon ein bisschen blauäugig, einfach in die USA zu fliegen und hier alles stehen und liegen zu lassen.
Wo siehst du dich in Zukunft? An seiner Seite? In den USA? Wie willst du dein Leben dort finanzieren? Soweit ich weiß, darfst du nur allein aufgrund der Heirat noch nicht arbeiten, sondern musst eine Arbeitserlaubnis beantragen.
So lange ihr keine Kinder habt, kannst du jederzeit nach Deutschland zurückzukehren. Du kannst dich scheiden lassen oder versuchen, die Ehe annulieren zu lassen.
Sobald ihr Kinder habt, brauchst du seine Erlaubnis um mit ihnen ausreisen zu dürfen.
Ja, ich denke das war ein Fehler. Eine emotionale Kurzschlusshandlung und es gilt nun zu klären, wie es weitergehen soll. Willst du es mit ihm probieren oder ist nach dem Absetzen der rosaroten Brille nicht mehr genug positives vorhanden?
Ich kann den oberen Antworten nur zustimmen und denke auch, dass die Heirat ein Fehler war. Andererseits: hätte es eine Alternative gegeben, um längere Zeit zusammen zu wohnen und sich richtig kennenzulernen?
Deshalb würde ich sagen: vergiss mal die Heirat - solange ihr beide einigermaßen (körperlich) gesund und am Leben seid, macht die Heirat lediglich eine mögliche Trennung aufwändiger.
Aber bitte verhütet doppelt und dreifach - sobald ein Kind da ist, seid ihr aneinander gebunden! (Und für ein Kind muss es erst Recht furchtbar sein, was er da an emotionaler Schiene abzieht!)
Die Annahme, jemand ändert sich, ist meist ein Irrtum.
Du hast also einen Partner mit Eßstörung und irgendeinem psychischen Problem, was ja vermutlich irgendwie zusammenhängt.
Er ist in Therapie (super!!), trotzdem wird ihn das sicher sein Leben lang begleiten. Mit besseren und schlechteren Phasen. Ob du damit leben kannst, hängt sicher auch davon ab, wie du damit umgehst.
Wobei ich sehr problematisch finde, dass seine "Launen" ja offensichtlich so massiv an dir hängen. Du musst ja auch mal müde sein dürfen, ohne dass er drei Tage in Depressionen versinkt... Da kann man oft sagen "zieh dir den Schuh nicht an" - wenn du schon weißt, dass ein einzelner, genervter Tonfall oder ein müdes aufs-Sofa-fallen solche Konsequenzen hat, ist das extrem belastend. Ich könnte das auf Dauer nicht, ich würde mich ständig verbiegen und mir damit selbst schaden.
Ich würde sagen: lass dir Zeit und entscheide in Ruhe.
Infomiere dich schon mal rechtlich. Und lass dich dann von Fristen o.ä. nicht unter Druck setzen; das ist alles nur Bürokratie und lässt sich lösen.
Was willst und brauchst DU?
Überleg, was du für berufliche Möglichkeiten hast, in USA vs Deutschland. Da dein Partner in seinem Zustand auch beruflich nicht verlässlich ist, brauchst du unbedingt einen eigenen Plan. Egal, ob du mit ihm zusammen bist oder nicht: du musst dein eigenes Leben leben, dein eigenes Geld verdienen und dich selbst glücklich machen (und selbst entscheiden, wann du Pausen brauchst und mal unglücklich sein willst!). Wenn das alles klar ist, kannst du gucken, ob er in dieses Leben rein passt.
So macht man das ja eigentlich immer - und manchmal heiratet man am Schluss, oft nicht . Dass ihr jetzt schon verheiratet seid, wie gesagt, Bürokratie.
Liebe Grüße!