Karriere vs. Kinderzeit

Ich weiß nicht, ob dieser Beitrag hier gut aufgehoben ist, sonst bitte verschieben.

Ich bin aktuell bzgl. der Arbeitssituation meines Mannes und der damit einhergehenden Aufteilung der Kinderbetreuung unzufrieden.
Wir haben im Mai diesen Jahres Nachwuchs bekommen. Für meinen Mann ist es das 4. Kind, für mich das Erste. Für mich war immer klar, dass ich in Karenz gehe und zu Hause bleibe, habe mir aber immer eine gewisse Unterstützung durch meinen Mann gewünscht, in Form von geteilter Karenz oder Elternteilzeit.

Er war Anfang des Jahres in seinem Job sehr unglücklich und hat ein sehr interessantes Jobangebot bekommen in einer höheren Funktion. Er wird dort für eine leitende Position ausgebildet, füllt diese bereits teilweise mit einem 2. gemeinsam aus, der die Firma in einigen Jahren altersbedingt verlassen wird.
Da mir die Arbeit und Karriere selbst wichtig ist, konnte ich ihn verstehen, dass er den Job annehmen wollte, habe aber meine Bedenken geäußert, dass ihn der Job zu viel vereinnahmen könnte. Ich habe ihn gebeten, 30h Teilzeit vorzuschlagen. Er meinte, er würde den Job dann sicher nicht bekommen. Er kann ja in einpaar Jahren nochmals fragen, wenn er sich dort gut bewiesen hat. Weiters war kurz von einer geteilten Karenz die Rede, das ist mittlerweile auch gestorben.

Ich habe das Ganze zähneknirrschend hingenommen. Rein finanziell wäre es nicht unbedingt notwendig gewesen eine höhere Vollzeitposition anzunehmen. Wir sind alle mehr als gut versorgt und auch ich verdiene recht gut und mag meinen Job.

Nun beginnen sich so langsam die Abende zu häufen, an denen ich mit dem Kleinen alleine zu Hause sitze. Er muss alle 3 Wochen an einen entfernteren Ort, wo er dann auch übernachtet. Heute ist er zb bei einem Abteilungsessen, wo ich gerade erfahren habe, dass er erst gegen Mitternacht nicht zu Hause sein wird, weil er angeblich für die Rechnung unterschreiben muss.
Es gibt viele Nachmittage, wo er erst gegen 18 Uhr heimkommt, obwohl er schon immer sehr zeitig im Büro ist.
Wenn er dann da ist nimmt er mir den Kleinen erst Mal grundsätzlich ab, haut dann aber oft nochmals für eine Stunde zum Sport ab.

Dann kommen noch die Betreuungswochenenden seiner Kinder (also meiner Bonuskinder) dazu, wo er natürlich auch nicht so intensiv verfügbar ist.

Auch wenn vergleichen wenig bringt, habe ich ihn interessehalber gefragt, wie das bei seiner Ex beim 1. Kind war. Er hat zugegeben, dass er dort eigentlich so gut wie nie bei irgendwelchen abendlichen Veranstaltungen dabei war und im 1. Jahr sicher auch nie irgendwo übernachtet hat.

Ich möchte nicht den "Karriereverderber" spielen. Mir ist klar, dass man in so einer Position nicht immer nein sagen kann und bei gewissen Dingen dabei sein muss. In seiner Firma wissen jedoch alle von dem Baby und sein Chef hat mehrfach noch vor dem Unterschreiben des Vertrages beteuert, dass darauf Rücksicht genommen wird und man das ja verstehe und er langsam in diese neue Position reinwachsen soll. Nur müsste er es wohl selbst öfters mal aktiv erwähnen und seine Prioritäten entsprechend verteilen.

Was fremde Hilfe anbelangt: Sowohl meine Mutter, als auch seine Eltern wohnen ca. 1h entfernt, d.h. so spontan zum Vorbeikommen am Abend ist das auch nicht geeignet. Im Moment schläft der Kleine, aber das letzte Mal als ich alleine war, hat er sich in den Schlaf gebrüllt und ich hab mich echt hilflos gefühlt.

Ich habe mir so das Familienleben einfach nicht vorgestellt. Es wird für mich das einzige Kind bleiben und da möchte ich, dass es den Papa öfters bei sich hat. Ich bin selbst mit einem wenig anwesenden Vater aufgewachsen.

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Ich finde, du musst dich gar nicht rechtfertigen.

Du hast es dir anders gewünscht und das ist absolut legitim und da solltest du dringend dran bleiben!

Mein Mann priorisiert auch oft seinen Job (ganz ohne Führungsposition 😅). Das sorgt hier auch ab und zu für Streit, weil ich ihn natürlich auch unterstütze, aber nicht permanent hinten runter fallen will und immer zurück stecken. Denn auch meine Bedürfnisse sind wichtig!

Also ein Patentrezept hab ich nicht, kann nur raten - bleibt im Gespräch, und du stehe für dich und deine Vorstellungen ein. Ohne schlechtes Gewissen! Verlange klare Absprachen (er weiß ja nicht erst seit eben, dass das Essen so lange geht!), das muss mit Kind eben sein.

Ich wünsche dir gute Nerven und lass dich nicht unterbuttern ;)

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Was sagt denn dein Partner dazu? Ich kann ja verstehen, dass er sehr froh ist aus der unbefriedigenden Jobsituation raus zu sein und sich mit Elan in die neue Aufgabe stürzt, aber es ist nicht okay wenn er dafür alle eure Absprachen vergisst.


Schon die Sache mit der Karenz wäre für mich ein richtig rotes Tuch. Man kann doch solche Absprachen nicht einfach aufkündigen.

Könntet ihr eine Balance finden. Vielleicht, dass er einmal die Woche wirklich pünktlich heim kommt und dann auch zuhause verfügbar ist. Und dass wirklich langes Arbeiten nicht öfter als X mal im Monat vorkommt?

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Puuuu, eine wirklich blöde Situation! Perfekt, wenn das Angebot zwei Jahre später gekommen wäre, aber so ist es nicht. Habe auf jeden Fall im Hinterkopf, dass es mit einem Baby immer einfacher wird. Die Anfänge hier waren auch der Horror, ich habe meinen Mann fast umgebracht, weil er länger auf ner Weihnachtsfeier war. Völlig ätzend! Nur Spaß ist es bei deinem Mann ja nicht, aber ich würde schon klare Regeln festsetzen.
Setzt euch zusammen und redet. Berichte aus deiner Perspektive und mach ihm klar, dass das nicht deine Familienvorstellung war.

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Ich kann solche Männer nie wirklich verstehen.
Sie wollen genauso das Kind, aber in Endeffekt kümmert sich in den meisten Fällen dann die Frau viel mehr drum, dabei sollte das doch nach Möglichkeit genau gleich aufgeteilt sein.
Ich finde es traurig. Das geht alles auf Kosten der Vater-Kind-Bindung.
Dass einem Menschen die Arbeit wichtiger ist als das eigene Kind kann ich nicht nachvollziehen 😕