Erfahrungen mit Paartherapie

Ich versuche es kurz und anonym zu halten.
Wir haben massive Probleme in der Partnerschaft, die man wohl, wenn man als Außenstehender wüsste was in unserer Beziehung abgeht, als unüberbrückbar sehen würde.
Im ganz Groben geht es darum, dass ich letztes Jahr zwei Traumata erlitten habe, welche ich noch lange nicht verarbeitet habe. Mein Mann reagiert auf Menschen, die an diesen als Randpersonen beteiligt waren sowie auf gewisse Alltagssituationen mit Agressionen ggü. mir bzw. den anderen Personen. Ich kann mit dieser Angst, dass er irgendwann wirklich gewalttätig wird oder ausrastet nicht mehr leben, er wird immer respektloser und beleidigender.

Ihn hat dieses schreckliche Jahr und mich am Boden zu sehen natürlich auch sehr mitgenommen, zudem ist er wohl auch chronisch überlastet durch meine Probleme/Erlebnisse zumal er selbst gesundheitliche Probleme dadurch entwickelt hat.
Ich bin mir nicht sicher, ob noch irgendwas zu retten ist, aber mein Mann möchte unbedingt noch eine Paartherapie machen. Ich würde mir sehr wünschen, dass das eine Lösung ist. Wir haben ein Kind und er ist ein fantastischer Vater. Bis auf die Ausraster ist er auch ein toller Ehemann. Ich liebe ihn noch immer und er mich auch. Wir haben eigentlich ein schönes Leben, uns viel zusammen aufgebaut (er war mein erster Freund, wir sind schon als Jugendliche zusammen gekommen), wir haben den gleichen Humor und wenn einer mal auf Dienstreise ist wird der ganze Abend durchtelefoniert, weil wir es keine zwei Tage aushalten ohne einander. Wir haben tollen Sex, ich finde ihn immer noch unheimlich attraktiv, wir sind auf einer Wellenlänge. Wir können quasi gar nicht ohne einander und er ist wirklich der allerbeste Papa der Welt.

Aber meine psychische Verfassung scheint Dinge in ihm zu triggern, die einfach überhaupt gar nicht gehen.

Kann eine Paartherapie in so einer Situation noch helfen? Oder ist eine Paartherapie hoffnungslos, wenn man sich nicht auseinandergelebt habt, sondern akute Probleme hat?

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Ich habe keine Erfahrungen mit Paartherapien, aber für mich klingt es so, als hättet ihr ja noch eine fantastische Basis. Solange das Fundament stimmt, lässt sich noch am Haus was machen. Ich würde es an deiner Stelle versuchen. Eventuell auch zusätzlich mit Einzeltherapie, um deine Traumata aufzuarbeiten.

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Vielen Dank für deine Antwort! Ja, ich denke eine Einzeltherapie ist ehrlich gesagt ein absolutes Muss. Leider schlackern mir bei den Preisen für beides (Paar- und Einzeltherapie) leider die Ohren bei den Preisen. Hier scheinen 90min. 180-220€ zu kosten. Wir verdienen nicht schlecht, aber ich weiß absolut nicht, wie man Einzel- und Paartherapie mit mehreren Sitzungen bezahlen soll.

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"Im ganz Groben geht es darum, dass ich letztes Jahr zwei Traumata erlitten habe, welche ich noch lange nicht verarbeitet habe. Mein Mann reagiert auf Menschen, die an diesen als Randpersonen beteiligt waren sowie auf gewisse Alltagssituationen mit Agressionen ggü. mir bzw. den anderen Personen."

Es ist unheimlich schwierig da zu einer Paartherapie zu raten, wenn man die Hintergründe nicht kennt. Vielleicht magst du noch ein paar Fragen beantworten:
War dein Mann bereits vorher aggressiv, oder erst seit letztem Jahr? Bitte ehrlich antworten.
Könnte es sein, dass auch er durch die besagten traumatischen Fälle traumatisiert ist? Bei Männern äußern sich Traumatisierungen häufiger in Aggressivität/Impulsdurchbrüchen.
Zu guter Letzt: Befindet ihr euch beide mit euren Baustellen bereits in Einzeltherapie?
Ich frage das deshalb, weil es immens viele Anbieter gibt in Punkto Paartherapie/Paarberatung, und nicht alle sind für eure Problematik entsprechend geschult/ausgebildet und falls ihr beide tatsächlich Symptomatiken habt, die in Richtung Traumafolgestörungen gehen, wäre zunächst eine Einzeltherapie für jeden von euch sinnvoller, sonst besteht die Gefahr, dass der jeweilige Paartherapeut/-berater mit eurem Konflikt überfordert ist und ihr am Ende noch ratloser aus der Geschichte rausgeht.
Allgemein möchte ich jedoch anmerken, dass es mich etwas bestürzt, dass du offensichtlich Dinge erlebt hast, die für dich schwerwiegend waren, und dir dein Mann keine gute Unterstützung ist, eher im Gegenteil. Ich kann da nur aus meiner Sicht sprechen, aber ich würde da wohl eher massiv enttäuscht sein und mir verraten vorkommen, sodass ich an einer Weiterführung einer Beziehung, die auch noch mit Angst einhergeht, gar kein Interesse mehr hätte, auch nicht, dass noch in Beratungsgesprächen beizubiegen. Dafür wäre für MICH ein solcher Verrat zu gewaltig und erlebte Aggressivität in einer Partnerschaft hätte für mich zur Folge, dass mein Vertrauen für immer weg wäre. Das nur als Aspekt, falls du alternativ doch über Trennung nachdenkst.

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Vielen Dank für deine Antwort. Das ganze ist unheimlich komplex und auch einfach nicht in einem Text zu erörtern.
Ich versuche die Traumas kurzzufassen, wenngleich das natürlich viel komplexer und unschöner in der Realität ist.

1. Ich war immer sehr eng mit meiner Mutter und sie war eigentlich (so dachte ich) ein komplett normaler Mensch. Anfang des Jahres ist sie plötzlich komplett abgedreht, hat den Kontakt zu uns abgebrochen, rechte Verschwörungstheorien von sich gegeben, Wahnvorstellungen entwickelt, ihr Haus verkauft und ist ausgewandert in ein dritte-Welt-Land. Gerüchten zufolge ohne festen Wohnsitz, aber wir wissen es nicht. Ein paar Monate später bekamen wir einen Anruf aus einem Krankenhaus in Deutschland dass meine Mutter in Deutschland sei und unheilbaren riesigen Krebs im Endstadium habe, ohne OP noch eine Nacht habe und mit OP noch ein paar Wochen. Meine Mutter wurde operiert, ich fing an zu trauern, nach drei oder vier Wochen bekam ich eine WhatsApp dass sie wieder in ihr Dritte-Welt-Land sei. Wo sie angeblich keinerlei Kontakte o.ä. hat. Und auch keine Krankenversicherung. Als palliative, frisch-operierte Krebspatientin. Dort hat sie den Kontakt komplett abgebrochen, wir wissen auch nicht wo sie sich aufhält oder ob sie überhaupt noch lebt (die wenigen Wochen die die Ärzte ihr gegeben haben sind natürlich schon um).

2. Eines Abends stand dann ein Mann vor meiner Haustür, der behauptete mein leiblicher Vater zu sein. Ein Vaterschaftstest bestätigte dies und er hatte einen riesen Ordner mit sämtlichen Bilder seit meiner Geburt, allen meinen Zeugnissen, Belege über Unterhaltszahlungen etc. . Meine Mutter hatte es weder meinem Vater noch mir für nötig gehalten zu sagen, dass sie über Jahre Affären hatte und ich aus so einer Affäre entstanden bin. Nun war also nicht nur meine Mutter mit palliativer Krebsdiagnose verschwunden, sondern mein Vater nicht mehr mein Vater, mein Bruder nur mein Halbbruder und das allerschlimmste: Die Person, der ich wirklich ALLES in meinem Leben anvertraut hatte, nämlich meine Mutter, hat mich mein komplettes Leben in so einer essentiellen Fragen belogen und mein Vertrauen missbraucht. Sie selbst kann ich auch nicht mehr befragen da wie gesagt verschwunden.


"War dein Mann bereits vorher aggressiv, oder erst seit letztem Jahr?"
Die Frage ist sehr schwer zu beantworten. Er hat eine Störung im emotional-sozialen Bereich Richtung Autismus, war hier auch von 4-11 Jahren in Therapie. Er war damit beim ersten Date absolut ehrlich, hat aber auch gesagt, dass er seit Übertritt auf das Gymnasium komplett normal und quasi "geheilt" war. Ich würde sagen, dass es ihm schon immer schwer gefallen ist, Emotionen bei sich selbst zu reflektieren und zu verstehen was andere "zwischen den Sätzen" sagen. Ich würde ihn schon so beschreiben, dass er ein unheimlicher Prinzipienreiter ist und da auch wirklich ungehalten wurde, wenn etwas nicht exakt nach seinem Plan läuft (das ist bis heute im 80% der Streits aus der Auslöser).
Seine Agressionen (Rumbrüllen, Beleidigen, Drohen) sind aber erst seit diesem Jahr, zumindest seit ich ihn mit 17 kennenlernte.

Könnte es sein, dass auch er durch die besagten traumatischen Fälle traumatisiert ist? Bei Männern äußern sich Traumatisierungen häufiger in Aggressivität/Impulsdurchbrüchen.

Ich möchte nicht direkt Trauma sagen, aber es war für ihn ne verdammt harte Nuss. Die beiden Vorfälle haben ihn auch emotional sehr mitgenommen und haben massive Auswirkungen auf sein Leben. Bei ihm kommt dazu, dass er extrem viel emotionale Stütze für mich sein musste (was er wirklich ganz toll gemacht und wofür ich ihm immer dankbar sein werde) und sich selbst in den Hintergrund stellen, da einer ja stark sein musste für uns Kind, was natürlich auch den Verlust seiner (bis dahin super tollen) Oma betrauert hat etc.


Zu guter Letzt: Befindet ihr euch beide mit euren Baustellen bereits in Einzeltherapie?

Leider nicht. Ich kann aufgrund meines Berufes es nicht mit der Krankenkasse abrechnen und müsste - wenn ich ehrlich zu mir selbst bin - mehrere Monate krankgeschrieben werden und ggf. sogar stationär gehen. Das geht jedoch ebenfalls aufgrund meines Berufes nicht.
Er wird zu einem Einzeltherapeuten keinen Fuß mehr reinsetzen, da er der Meinung ist, dass er schon genug Therapeuten in seiner Kindheit gesehen hat und er ja zwar ein Problem hat, dieses jedoch ausschließlich in unserer Partnerschaft auftritt und somit ein Thema für die Paartherapie, weil er das Konfliktmanagement mit mir lernen muss.


Mein Mann hat mich immer fantastisch unterstützt und tut es bis heute, sobald es um die Probleme direkt geht.

Ich habe jedoch Störungen entwickelt, die überhaupt gar nicht gehen. Ich komme zum Beispiel am Wochenende schwer aus dem Bett, stehe häufig erst um 9 oder 10 auf, weil ich bis 2 oder 3 Uhr weine und dann totmüde bin. Er muss dann in der Zeit unser Kind beschäftigen, obwohl er in der Zeit eigentlich im Homeoffice arbeiten muss. Ich bin dann faul und eine schlechte Mutter weil ich mich nicht vernünftig um das Kind kümmere.
Oder ich kämpfe mit Panikattacken, ich habe diesen Optimismus, dass alles gut geht verloren. Ich habe bei teilweise komplett banalen, wirklich doofen Sachen Angst, dass etwas massiv schief geht. Beispiel (weswegen es heute eskaliert ist) dass ich eine Dose nicht aufbekommen habe die ich fürs Mittagessen brauchte. Mein Mann ist dann sauer geworden, da er halt eigentlich arbeiten musste und hat mich beschimpft, dass ich auch mal was selbstständig machen muss.(Kann ich absolut nachvollziehen!). Aber das Schimpfen hat mich dann so fertig gemacht, dass ich panisch angefangen habe zu essen weil das ein Bewältigungsmechanismus von mir geworden ist, den man leider inzwischen auch sehr deutlich an meiner Figur sieht. Er hat dann sofort geschimpft dass ich bald fett und hässlich bin, wenn ich weiterhin die ganze Zeit esse und wieso ich nicht warte bis in 20min. das Essen fertig ist und wir als Familie essen.
Ich kann seine Kritikpunkte nachvollziehen- ich habe mir wirklich ungesunde Bewältigungsmechanismen angewöhnt und mein Verhalten geht stellenweise gar nicht. Aber seine Beleidigungen und Beschimpfungen machen es dann in der Situation halt noch viel schlimmer, selbst wenn er dann wenn ich konkret äußere ("Ich bin gerade traurig wegen meiner Mutter") sofort in der Sekunde alles stehen und liegen lässt und alles tut damit es mir besser geht. Aber er kann Reaktionen und Gefühle, welche ich nicht explizit äußere, irgendwie absolut nicht einordnen.

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Ich würde dir zu einer Einzeltherapie raten. Was dir passiert ist hat dich in deinen Grundfesten erschüttert und du brauchst Zeit und Hilfe um wieder zu dir zu finden. Noch dazu sind die Situationen ja nicht abgeschlossen, die Sorge um deine Mutter ist wahrscheinlich dauerpräsent. Das solltest du nicht weiter alleine tragen sondern dir therapeutische Hilfe holen - du wirst sehen, wie sehr dich das entlasten und auch deine Symptome lindern wird.

Alles Gute dir!

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Bei euch glaube ich daran, dass etwas besser werden kann. Alleine schon, weil er dazu bereit ist. Und du bist immerhin an einem Stand in dem du fragst, ob es Sinn macht.
Dazu habt ihr trotz allem eine tolle Grundlage und es hört sich kein Stück hoffnungslos an.
Macht es, versucht es. Seit beide offen dort, so gut es möglich ist.

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Danke ❤

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Bei uns hat sich in der Paar Therapie gezeigt, das es kein zusammen leben mehr gibt.
Sie haben uns dann bei der Trennung unterstützt.
War auch hilfreich ….

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Danke dir. Wie viele Stunden hat es gebraucht, bis ihr eine finale Entscheidung getroffen hattet? Und in welchem Abstand waren diese? Hattet ihr auch ein akutes Problem oder "einfach keine Liebe mehr"?

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Es war schon nach der ersten Sitzung klar, das es kein zusammen kommen gibt.
Er war gewalttätig mir gegenüber und sexuell übergriffig.
Nach der dritten Sitzung war dann Ende im Gelände 🫣😅

Bearbeitet von Inaktiv
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Ich habe gute Erfahrungen mit Paartherapie gemacht.

Aber das ist nicht eure Baustelle. Es tat mir so leid, wie du beschrieben hast, wie es dir geht. Du musst etwas für dich tun. Ich kenne auch keinen Beruf, in dem man keine Therapie bzw. noch besser wäre stationärer Aufenthalt in einer Klinik machen kann. Und selbst wenn, du opfert gerade deinem Beruf deine Gesundheit und Beziehung. Und ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass du ohne Hilfe noch lange in deinem Beruf arbeiten kannst.

Ich vermute stark, dass wenn es dir wieder besser geht, dass ihr dann auch keine oder nur kurze Paartherapie braucht. Bitte hol dir Hilfe, denn so etwas, was dir passiert ist, steckt man nicht mal eben weg. Alles Gute!!!

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Vielen Dank für deine Antwort ❤

Das Problem ist, dass ich verbeamtete Lehrerin bin, aber noch in Probezeit. Mache ich eine Psychotherapie, von welcher die Beihilfe erfährt, bin ich quasi arbeitslos und kann danach auch nicht mehr arbeiten. Ich weiß nicht was das für eine dämliche Regelung ist - aber ich habe das Gefühl, dass eine "begleitende" Psychotherapie mir gar nicht helfen würde, sondern ich wirklich komplett "raus" müsste, das Erlebte verarbeiten und mich ordnen. Ich weiß aber gar nicht, ob ich für sowas krankgeschrieben werde?! Bzw. selbst wenn, wäre meiner Gesundheit und meiner Ehe ohne Job eben auch nichts gutes getan...eine wirkliche Alternative sehe ich aber auch nicht- gerade weil hier jetzt nochmal sehr hilfreiche Antworten kamen, die mir andere Perspektiven eröffnet haben. Eigentlich ist ziemlich logisch, dass ich meine/unsere Probleme an den Wurzeln und nicht den Blättern packen muss.

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Bitte informiere dich nochmal. Es ist verdammt unwahrscheinlich, dass eine Psychotherapie dazu führt, dass du nicht verbeamtet werden kannst.

Das war früher so ist aber heute nur noch der Fall wenn der Amtsarzt denkt, dass du dadurch früher dienstunfähig werden könntest. Nachdem das bei dir aber ja private Probleme sind die mit der Arbeit nichts zu tun haben sehe ich das nicht.

Und ja natürlich wird man wegen sowas auch krankgeschrieben. Gehe am besten zu deinem Hausarzt wenn du nicht weiter weißt schildere die Situation und lass dir weiterhelfen.

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