Meine Familie hat ein schlechtes Bild von meinem Freund

Hallo,

ich bin seit sechs Jahren mit meinem Freund zusammen und wir haben ein dreijähriges Kind.

Es lief nicht immer alles gut zwischen uns und er hat sich nicht immer toll verhalten. Ich allerdings auch nicht, denn ich habe mit meiner Familie über alles geredet. Ihnen all seine Fehler erzählt, was ich heute nicht mehr machen würde.

Wir sind nun älter und verantwortungsvoller, haben an der Beziehung gearbeitet und das letzte Jahr war das schönste überhaupt.

Leider habe ich durch die Sachen, die ich erzählt habe, das Bild, das meine Familie von ihm hat, nachhaltig kaputt gemacht.

Ich merke, dass sie einfach überhaupt kein Verständnis für ihn haben und Sachen, die ich selbst nicht schlimm finde, meistens negativ auslegen.

Wir wollen heiraten und sie sind absolut dagegen. Sie wissen es erst seit zwei Wochen und haben mir in dieser Zeit schon mehrmals gesagt oder geschrieben, dass ich mir das noch mal überlegen solle und sie es an meiner Stelle nicht machen würden.

Wie kann ich sie dazu bringen, das Bild, das sie von ihm haben, zu ändern?

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Ich antworte dir mal aus der Perspektive deiner Eltern.
Ich stelle mir vor, meine Tochter kommt mit einem Hallodri an, der mehrfach gemein zu ihr ist. Natürlich sucht sie in solchen Situationen familiären Trost und Beistand. Daran ist übrigens weder etwas falsch noch illoyal, sondern in gut funktionierenden Familien, in denen ein gewisses Urvertrauen herrscht, völlig normal. Deswegen verstehe ich nicht, wieso du denkst, dich da falsch verhalten zu haben. Wie dem auch sei, back to story.

Sie (also meine Tochter in dem Gedankenexperiment) bleibt bei ihm trotz aller Widrigkeiten, kriegt mit diesem ein Kind, plant zu heiraten.

Nein, ich als Mutter wäre not amused und würde dann auch meine Bedenken sehr deutlich mitteilen. Auch das gehört zu einer guten Familie, dass man seine Brut noch weit über das Erwachsenenalter hinaus vor Unholden beschützen will. Zähneknirschend müsste ich die Entscheidung zur Heirat akzeptieren, aber ich muss dem nicht unbedingt freudig zustimmen. Ein "pass auf dich auf" und "ich bin immer da, wenn du mich brauchst" würde ich mit auf den Weg geben und ansonsten dem Burschen selbst eine minimale Chance auf Bewährung geben, selbst wenn er einst mehrfach meiner Tochter das Herz brach.

Also, lange Rede, kurzer Sinn: Ebenso, wie deine Eltern nun einmal akzeptieren müssen, dass ihr heiraten werdet, weil wir nicht in einer Kultur leben, in der es noch der Zustimmung der Eltern selbst bedarf, solltest du vielleicht doch ein kleines bisschen Akzeptanz aufbringen, dass der Jubel nicht sehr groß, dafür die Angst und Sorge um dich und dein Kind umso größer ausfällt. Das ist zwar schade, aber ich denke, unter den ganzen Vorzeichen hätten es sich deine Eltern - genau wie du - halt auch anders gewünscht, mit einem künftigen Schwiegersohn, dem man vollstes Vertrauen entgegen bringen kann.

Wenn er sich jetzt ein paar Jahre bewährt hat und keinen weiteren Bockmist baut, ja, dann, wäre der richtige Zeitpunkt, deinen Eltern eine Ansage zu erteilen, wie stur und übergriffig sie sich aufführen und sich jegliche weitere Einmischung verbitten. Aber momentan bleibt realistisch betrachtet nur die Möglichkeit, hinzunehmen, dass deine Eltern so misstrauisch und um dich besorgt reagieren. Und vielleicht ist an ihren Bedenken auch sehr viel Wahres dran.

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Danke für deine Perspektive.

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Was erzähltest du ihnen denn über das letze Jahr zum Beispiel, in dem es für euch beide so schön war? Erzählst du deinen Eltern davon, wie toll dein Freund dies und jenes gemacht hat? Wie sehr er für dich da war, oder wenn er dir eine Aufmerksamkeit schenkte etc?

Wenn du deinen Eltern ein negatives Bild über Jahre vermittelt hast, liegt es jetzt an dir, das Bild durch Erzählungen, wahrscheinlich über Jahre, wieder positiv zu überstreichen. Das wird lange dauern, vor allem, da der Mensch dazu neigt, sich die negativen Ereignisse viel mehr zu merken.
Mit einem Gespräch vor der Hochzeit wird es nicht erledigt sein.
Deine Eltern wollen sicher nur das Beste für dich und haben Angst, dass es mit deinem von durch negative geprägten Erzählungen Partner schlimm wird.

Allerdings haben sich Eltern nicht so sehr in das eigene Leben einzumischen. Jedoch hängen sie in eurer Beziehung halt ganz schön stark drin, weil du so viel erzählt hast.

Also reden reden reden.

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Danke für deine Antwort. Ich bemühe mich, über die positiven Sachen zu erzählen. Aber oft habe ich das Gefühl, dass meine Familie ihn mittlerweile einfach doof finden will.

Ich sage zum Beispiel, dass ich ausschlafen konnte, weil mein Freund mit unserem Sohn am Vormittag auf dem Spielplatz war. Antwort meiner Mutter: “Das sollte selbstverständlich sein. Du lässt ihn bestimmt öfter ausschlafen, oder?”

Oder ich sage, ich bin froh, dass unsere Aufteilung mittlerweile gut ist und wir uns beide gleichberechtigt um unseren Sohn kümmern. Denn als unser Sohn ein Baby war, habe ich mich oft darüber beschwert, dass es nicht so war. “Ja, sollte normal sein. Schade, dass x so lange gebraucht hat, das zu verstehen.”

Dann hat mein Freund angefangen, mit mir zum Sport zu gehen. Ich habe mich darüber gefreut und mein Vater sagt nur: “Ich verstehe diesen ganzen Fitness-Wahn nicht.”

Positive Sachen werden schlecht geredet oder ignoriert. Es wird auf etwas Negatives verwiesen. Dafür werden “negative” Sachen viel schwerer gewichtet und es wird darauf hingewiesen, wie blöd etwas ist, obwohl ich selbst überhaupt kein Problem gesehen habe.

Mittlerweile habe ich wegen der Reaktionen Hemmungen, überhaupt etwas zu erzählen.

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Es kommt darauf an, WAS sich der Mann so alles geleistet hat. Nur zu faul sein Zeug wegzuräumen ist nicht so gravierend wie Drogen, fremdgehen, saufen - in klaren deutschen Worten gesprochen.
Wenn Du jahrelang unter ihm gelitten hast wie ein Hund, hätte der Mann in mir schon damals die mieseste Schwiegermutter gefunden, die er sich wünschen kann. Mein Kind quält keiner, auch wenn es erwachsen ist#cool
Sicher ist ein Jahr auch eine Zeit, in der er sich "bewähren" konnte - aber DU musst wissen, ob das die Jahre vorher schon aufwiegt.
Ich würde es auch als sehr positiv werten, wenn sich mein Schwiegersohn in spe zu mir setzt und sagt "ich weiß, dass bei mir früher nicht alles so optimal lief, das war Mist. Aber ich gebe mir nun schon länger alle Mühe, dass ich meine Familie unterstütze und für sie da bin, wo es geht" - oder so ähnlich. Mal drüber nachdenken. Ihm fiele kein Zacken aus der Krone und Deine Eltern würde es vielleicht freuen.
LG Moni

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Naja das gemeinsame Kind bindet euch doch eh viel mehr, als eine Hochzeit?

Aber ich verstehe die Sorgen deiner Eltern: 6 Jahre zusammen, 5 bist du quasi unzufrieden (?) und eins ist dann gut und dann sollen sie ihn lieben? 😅

Ich erzähle meinen Eltern auch alles, was mich an meinem Partner stört und ich denke, jeder Mensch hat Ecken und Kanten. Trotzdem lieben sie meinen Partner 😅 da stellt sich ja schon die Frage, was das für negative Sachen sind und ob ihr die positiven Sachen nie kommuniziert? Ist er nie dabei und überzeugt durch sein eigenes Auftreten?

Ansonsten den Eltern klare Grenzen setzen. „Danke für eure Meinung, ich verstehe eure Bedenken. Ich habe es mir gut überlegt und möchte, dass ihr meine Entscheidung akzeptiert!“.

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“Naja das gemeinsame Kind bindet euch doch eh viel mehr, als eine Hochzeit?”

Ja, das denke ich auch.

“6 Jahre zusammen, 5 bist du quasi unzufrieden”

Nein. Ich war die meiste Zeit mit ihm glücklich. Aber es gab immer mal wieder Konflikte, die ich dummerweise im Detail zuhause am Küchentisch ausgebreitet habe. Schwierig wurde die Beziehung, als unser Sohn geboren wurde. Das Babyjahr war problematisch, weil er festgestellt hat, dass er nicht bereit ist, Vater zu werden. Er hat dann aber die Kurve gekriegt. Seit einem Jahr gab es quasi keine wiederkehrenden Konflikte, seit ungefähr zwei Jahren schon keinen größeren Streit mehr. (Meinungsverschiedenheiten, die innerhalb weniger Stunden geklärt waren, und sachlich und respektvoll abliefen, zähle ich jetzt mal nicht mit.)

“da stellt sich ja schon die Frage, was das für negative Sachen sind und ob ihr die positiven Sachen nie kommuniziert?”

Negative Sachen vor unserem Sohn: viel wegen Eifersucht (von beiden Seiten), einmal hat er eine andere geküsst, hab mir Sorgen gemacht, weil er viel geschwänzt hat
Babyjahr: Ich war für alles alleine zuständig. Wir sind zwei Monate vor der Geburt umgezogen und ich hab oft meine Eltern angerufen, um mich auszuheulen.

Positive Sachen werden oft schlecht geredet oder ihnen wird kaum Beachtung geschenkt. Sie werden relativiert.

“Ist er nie dabei und überzeugt durch sein eigenes Auftreten?”

Als wir noch zur Schule gegangen sind, hat er meine Eltern regelmäßig gesehen. Inzwischen wohnen wir in einer anderen Stadt. Ich telefoniere ein, zwei mal wöchentlich mit meiner Familie, aber wir sehen uns selten.

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Wie gesagt, ich rede auch über die negativen Seiten meines Partners. Wir sind 12 Jahre zusammen und es gab oft Konflikte 😅 trotzdem haben meine Eltern ein positives Bild von ihm, kennen aber auch seine Schwächen.

Mich wundert also, dass deine Eltern so schlecht von ihm denken, wenn das positive in all der Zeit doch überwogen hat und AUCH kommuniziert wurde.

Ich würde vllt mehr Kontakt fördern, damit er selbst „überzeugen“ kann.

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Ich kann Deine Eltern schon ein Stück weit verstehen.
Je nachdem, was Du ihnen erzählt hast, waren sie vermutlich auch besorgt um Dich. So sind Eltern und das bleiben sie ihr Leben lang.
Einige Situationen haben sie wohl als sehr schlimm empfunden und haben Angst, es könnte sich wiederholen.
Dass nun ein Jahr alles gut lief, ist sehr schön für Euch.
Deine Eltern werden aber mehr Zeit brauchen, um Deinen Freund wieder in einem besseren Licht zu sehen. Oder es wird nichts mehr. Kommt drauf an, was er getan hat.

Ich selber habe das in jungen Jahren auch oftmals erlebt. Meine Eltern haben meine Freunde mit anderen Augen gesehen. Damals wollte ich es nicht zugeben aber sehr oft hatten sie im Nachhinein Recht.

Zum Heiraten finde ich ein schönes Jahr auch etwas kurz. Lass Dir doch noch etwas Zeit. Vielleicht beruhigt sich dann alles und es wird umso schöner.

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Hallo, erstmal hast du gar nichts kaputt gemacht, in dem du dich deinen Eltern anvertraut hast. Dein Partner hat dich damals schlecht behandelt und du brauchtest deine Eltern, weil es dir nicht gut ging.
Ehrlich gesagt, bin ich da ganz bei deinen Eltern und traue dem ganzen nicht so. Ich würde mit der Hochzeit noch warten, auch wenn ihr durch euer Kind sowieso schon gebunden seid.
Menschen ändern sich nicht einfach so, auch wenn sie vermeintlich erwachsen werden.
Sein Bild von ihm, hat dein Partner übrigens ganz alleine zerstört und du ziehst dir den Schuh an.

Bearbeitet von capricorn74
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Vorab: Deine Eltern haben kein schlechtes Bild von ihm, weil du so viel erzählt hast, sondern weil er sich so viel Mist geleistet hat. Da solltest du deutlich unterscheiden und dir bitte nicht die Schuld geben. Das hat er ganz alleine verbockt.

Es spricht sehr für deine gute Bindung zu deinen Eltern, dass du dich an sie wenden konntest, als es dir immer wieder nicht gut ging in deiner Beziehung. Und mit Sicherheit haben sie dir in jeder Hinsicht geholfen und dich und dein Kind unterstützt, oder? Das solltest du nicht vergessen und das war auch nicht selbstverständlich!

Auch wenn es jetzt gut läuft und sich dein Typ Mühe gibt, behalte den guten Kontakt bei und vertraue deinen Eltern. Sie haben gute Gründe, eine Hochzeit kritisch zu sehen. Sie sind objektiver und hängen auch weniger emotional an ihm dran.

Du möchtest das sicher alles hinter euch lassen, und das ist auch verständlich. Aber wie eine Userin weiter oben schon schrieb: mein Kind verletzt man nicht ungestraft und vergessen werde ich sowas sicher nicht. Vergeben schon mal gar nicht. Da muss er sich schon ein bisschen mehr als ein paar Monate bewähren. Vielleicht wäre ein Gespräch mit allen, wo er sich erklärt und für die Zukunft Besserung verspricht, wirklich eine gute Idee.

Ich würde auch keine Hochzeit planen, wenn es noch so knirscht im Familiengebälk. Löst das erstmal in Ruhe, lass deinen Freund sich weiter bewähren, zeigt allen, dass es tatsächlich besser geworden ist und nicht nur „Show“.
Die Hochzeit rennt euch ja nicht weg und ein Jahr mehr oder weniger macht doch auch keinen Unterschied.

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Danke für deine Antwort.

Sie haben mich zumindest emotional mit Baby unterstützt, waren aber leider zu weit weg, um mir im Alltag unter die Arme zu greifen.