Total unterschiedlich nach 10 Jahren? Oder Normal so?

Hallo zusammen,

ich (27) bin nun knapp 10 Jahr mit meiner Frau zusammen, davon bald 8 Jahre verheiratet. Wir haben zwei wunderbare Kinder (Grundschule + KiGa), Haus mit Garten, Auto, stabiles Einkommen etc. pp., also eigentlich alles was man sich so als gesellschaftliches Idealbild vorstellen kann.

Ich leide seit geraumer Zeit an einer mittelschweren Depression und befinde mich seit Mai in psychiatrischer Behandlung und mache eine Verhaltenstherapie. Ich lerne momentan ganz viel mich um mich selbst zu kümmern, meine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen um quasi ein "eigener" Mensch zu werden, schlechte Verhaltensmuster abzulegen usw.


Jetzt gerate ich aber immer wieder mit meiner Frau aneinander. Sie meint, dass meine Therapie ja langsam mal vorbei sein müsste und ich wieder "normal" bin, ich sei ein totaler Egoist geworden usw.
Ja, ich gehe 2-3 Mal die Woche zum Sport, das war es aber auch schon. Wir kümmern uns etwa 50/50 um den Haushalt und die Kinder, wobei ich der flexible Part bin da sie in Wechselschichten arbeitet.

Was mir inzwischen immer öfter auffällt: Sie ist total abhängig von mir, ihr Wohlbefinden ist komplett von mir anhängig und das gibt sie mir auch zu spüren. Sie tut auch absolut nichts für sich selber. Fitnessstudio: geht sie nicht mehr hin, Walking: Stöcker gekauft und zweimal unterwegs gewesen. Dass einzige was sie ausgiebig tut "für sich" ist schlafen, wenn es sein muss auch den ganzen Tag wenn sie frei hat. Dass dann viel vom Haushalt hinten unter fällt - egal.

Wenn ich mal einkaufen fahren will, dann muss sie unbedingt mit. Sie ist einfach immer dabei und hängt mir am Rockzipfel. Das belastet mich unheimlich und ich fühle mich richtig eingeengt und erdrückt.

Wie kann ich ihr helfen oder besser gesagt klarmachen, dass ich nicht der Mittelpunkt der Welt bin? Dass sie so ein Stück weit für sich Selbst und ihre Bedürfnisse verantwortlich ist? Auch wenn wir mal streiten, dann wird erstmal alles auf mich geschoben. Sie versucht ja nur es mir Recht zu machen, ich sei ja der kranke von uns.

Was habt ihr für eine Menung dazu? Ich habe das Gefühl, langsam aus der Depression rauszukommen und geradewegs in das nächste Unglück zu stürzen. :-(

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Lieber TE,

hat deine Frau einen eigenen Freundeskreis? Ich denke, Depressionen gehen an dem Ehepartner sicher nicht spurlos vorbei.
Vielleicht versuchte sie in deiner sag ich mal "schwierigen Zeit" (ich sag mal vor Therapiebeginn) dich in irgendeiner Weise zu unterstützen. Ich denke an Co-Depression bei deiner Frau:

Kuck mal hier rein: https://www.die-inkognito-philosophin.de/blog/co-depression-ansteckend

Die Frage nach ihrem eignen Freundeskreis ist, hat sie welche?

Deine Frau sollte vielleicht auch psychologische Hilfe bekommen. Frag doch mal deine Therapeuten, ob so etwas bei ihr Sinn macht.

LG Hinzwife

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Hallo,

war denn deine Frau vor 10 Jahren anders? Hatte sie Hobbys, Freunde, Unternehmungen ohne dich oder klebt sie dir schon immer am Rockzipfel?
Du kannst einen Menschen nicht ändern, nur dich selber. Demnach musst du ihr sagen, wenn du alleine einkaufen gehen willst, dass du das jetzt/heute eben alleine machen willst.
Zu Sport kannst du sie nicht zwingen. Sie hätte ja Zeit, nutzt sie aber nicht dafür. Vielleicht wird dir das nun langweilig, weil sie nichts erlebt, nichts zu erzählen hat oder du machst dir Sorgen um ihre Gesundheit? - Dann sag ihr das so. Vermutlich liegt es an der Schicht? Oder dass sie nicht die richtige Sportart/den richtigen Verein/den richtigen VHS-Kurs findet? Vielleicht kann sie sich motivieren, wenn ihr was zusammen aktiv unternehmt - aber nur, wenn du das auch willst?
Vielleicht entwickelst du dich eben nun weiter und sie kann den Weg nicht mehr mit dir gehen. Das gibt es. Daher das Wording "Lebensabschnittsgefährte". Es hat mal gepasst, jetzt aber nicht mehr. Daher nehme du dir deine Freiheiten und kommuniziere das.

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Ich denke, dadurch dass bei dir die Therapie greift, hast du dich verändert ( und das ist sehr positiv 🍀!).
Vermutlich bist du jetzt selbstbewusster im wahrsten Sinne des Wortes. Das hat im Übrigen nichts mit Egoismus zu tun.
Diese Veränderungen fühlen sich für deine Frau vermutlich angsteinflössend an- vielleicht hat sie das Gefühl, du „entgleitest“ ihr? Oder sie merkt durch dein neues Selbst-Bewusstsein jetzt erst, dass sie selbst ebenfalls auf dem falschen Weg ist…Aber weiß nicht, wie sie aus ihren Mustern rauskommen soll und ist dadurch frustriert.

Ich denke, sie sollte ebenfalls eine ( Verhaltens)Therapie machen.

Alles Gute 🍀,
Cersei

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Wenn die Angaben in dem Text stimmen, seid ihr mit 17 zusammengekomen und habt mit 19 geheiratet und spätestens mit Anfang 20 das erste Kind gemacht. In dem Alter hat man keine gefestigte Persönlichkeit, es ist ungewiss, in welche Richtung man sich entwickelt. Jetzt, 10 Jahre später, zeigt sich, dass ihr nicht zueinander passt. Die Art deiner Frau stört dich offensichtlich, sie ist dir eine Last. Das ist verständlich, deine Frau ist aber nun halt einmal so. Sie wird sich nicht ändern, wenn du Druck machst, wird das die Beziehung nur belasten und sie unzufrieden machen.

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Ich weiß ja nicht wie lange du unter deinen Depressionen gelitten hast und wie du dich in der Zeit verhalten hast - und ob du phasenweise vielleicht sogar suizidgefährdet warst… vielleicht haben sich in der Zeit Verhaltensweisen und Rollen bei deiner Frau eingeschlichen, aus denen sie jetzt erstmal nicht ohne weiteres heraus kommen kann. In der Zeit in der es dir nicht gut ging, war sie verantwortlich dafür, dass der Laden läuft, dass die Kinder versorgt sind und nicht zu letzt war sie vermutlich ständig besorgt, wie es dir gerade geht. Dadurch wurde sie vermutlich zum einen immer mehr emotional abhängig von dir und deiner aktuellen Stimmung und zum anderen kann es gut sein, dass sie sich nur noch um die Bedürfnisse der anderen gekümmert hat, dass sie völlig verlernt hat sich um sich selbst zu kümmern. Vielleicht weiß sie mittlerweile gar nicht mehr genau, was sie eigentlich will und was ihr gut tut.
Vielleicht erhofft sie sich jetzt einfach auch ein wenig mehr Zeit mit dir zusammen, denn darauf musste sie in der Zeit der depressiven Phasen vermutlich auch verzichten. Du hast nur um dich selbst gekreist und sie war in der Zeit vielleicht oft einsam. Jetzt geht es dir besser, aber du kreist schon wieder nur um dich - zwar für dich auf eine positive Art und Weise, aber dennoch kümmerst du dich zuerst um deine Bedürfnisse und wieder nicht um sie. Aus deiner Sicht völlig verständlich, aber vielleicht hat sie sich durch die Therapie auch erhofft etwas mehr Zeit mit dir zu verbringen. Ihr habt trotz Depression eine sehr lange Beziehung geschafft, wäre doch schade, wenn das jetzt, wo es vielleicht bergauf geht auseinander brechen würde. Redet miteinander oder nimmt sie vielleicht mal zu einer deiner Therapiesitzungen mit, vielleicht findet ihr dann ja neue Wege.

Viel Erfolg 🍀

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Sehr schön geschrieben!

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Hallo
Ich habe extra 3 mal gelesen einfach der anscheinend objektiven Einleitung geschuldet.
Aber es ist eine Beschwerde Litanei das deine Frau nicht so funktioniert wie du es gerne hättest
Du bist flexibel wegen Wechsrlschicht ist doch schon mumpitz deine Frau muss sich an deine Schicht anpassen ausser du kannst wechseln wie es beliebt
Hatte mein Mann Frühschicht musste ich morgens alles alleine wuppen bei Spätschicht abends
Aber ich war immer präsent weil ich meine Arbeitszeit anpassen musste sprich er brachte die Kinder zwar zur Schule bzw Kita aber ich war ja trotzdem da und habe die Kinder mit fertig gemacht genauso abends...klar übernahm er dann mit aber nur mit ich war ja auch da
Genau wie mit dem schlafen ich habe einen körperliche anstrengenden job er nicht meine Uhr zeigt an einem normalen Arbeitstag mind 20.000 Schritte seine 1000 ....was meinst du wie groß meine lust zum walken ist

Ist deine Frau mobil?

Du sagst ihr teilt alles 50 : 50 da kanns im Haus nicht so dramatisch sein bleiben ja keine 100 % liegen
Mir fehlt viel an Informationen
Du gehst arbeiten machst Sport gehst zur Therapie das ist alles Zeit in der sie alleine funktionieren muss
Ich hoffe das ihr einen Weg finden werdet

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Hallo und vielen Dank für deine Antwort.

Das ist vielleicht etwas falsch rübergekommen, meine Frau arbeitet in Wechselschichten (Früh, Spät, Nacht) und ich muss meine Arbeitszeit etc. entsprechend außen rum planen. Also im Prinzip das was du Beschreibst bei deinem Mann. Ich bin Morgens/Abends entsprechend alleine zuständig für die Kinder usw.
Meine Therapiesitzungen lege ich schon absichtlich in meine Arbeitszeit um da nicht in Terminkonflikte zu geraten, das ist auch mit meinem AG so abgesprochen. Meine sportlichen Aktivitäten sind meist in den Abendstunden, d.h. sie ist dann vielleicht eine Stunde mit den Kindern alleine bevor die ins Bett gehen.

Ich wollte hier nicht meine Frau an den Pranger stellen, ich mache mir nur sorgen um sie. Ich verstehe ja auch, wenn man sich mal zum Mittagschlaf hinlegt o.ä.. Es häuft sich aber, dass sie nachts gut 9 Stunden schläft und sich Mittags dann auch noch 3 Stunden hinlegt.
Es geht mir auch nicht darum, dass sie direkt Sport macht, sondern einfach mal rauskommt und etwas für sich tut um nicht unterzugehen.

Und ja, im Haus sieht es jetzt nicht übermäßig dramatisch aus. Wir haben die Aufgaben klar aufgeteilt und es fällt eben auf, dass da einiges Liegenbleibt.

Edit: Ja, meine Frau ist vollumfänglich Mobil

Bearbeitet von nightsky27
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Ich bin die Partnerin eines an Depressionen erkrankten Mannes und kann dir vielleicht einen Perspektivwechsel aufzeigen. Ich kenne deine Frau nicht, aber für mich war es brutal mit anzusehen, wie es meinem Mann immer schlechter ging. Nicht helfen zu können. Seine Laune und sein Befinden haben oft den Familienalltag bestimmt. Ich war selbst irgendwann total überlastet, weil ich nie wusste, kann ich mich auf ihn verlassen oder fällt er aus und ich muss seinen "Kinderdienst" übernehmen. Ich musste die Kinderbetreuung, Haushalt auffangen und mich nebenbei um unsere Finanzen kümmern, die durch seine Krankheit und meine Elternzeit dezimiert wurden. Sorgen um ihn, Überlastung durch zu viele Aufgaben, das führt schnell in eine Überlastungsdepression des Partners. Ich hatte lange nicht den Luxus mich um mich selbst zu kümmern oder Aufgaben guten Gewissens abzugeben. Das musste ich erstmal wieder lernen.
Habt ihr Paarzeit in der ihr gemeinsam positive Dinge erleben könnt? Damit würde ich mal anfangen. Mit der Zeit und deiner Besserung, wird deine Frau sich auch an die neue, bessere Situation gewöhnen. Eine Therapie kann nicht schaden.
Alles Gute euch

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Ich habe verschiedene Theorien:

1. deine Frau musste durch deine Depression viel zurückstecken und ist dadurch selbst überlastet. Evtl hat sie Angst dich alleine bzw im Stich zu lassen und möchte deshalb immer an deiner Seite sein. Evtl hat sie Angst, dass du dir was antun würdest?

2. nicht böse gemeint, aber ihr wart ja schon sehr sehr jung als ihr Heirat und Kinderwunsch angegangen seid. Das kenne ich in der heutigen Zeit so garnicht. Mit 17-20 Jahren ist die Persönlichkeit noch nicht ausgereift, man verändert sich noch, hat noch nicht viele Erfahrungen gesammelt und ist, so gemein es auch klingt, einfach oft noch unreif und naiv. Außerdem ist man in dem Alter ja noch viel unterwegs. Kann es sein dass deine Frau auch viele Freunde verloren hat? Dass ihr BEIDE viele Freunde verloren habt? Während die anderen sich ausgetobt haben, wart ihr ja schon zuhause am kinder hüten.

Dadurch gehen auch viele Freundschaften verloren weil die Interessen sich ja auch verschieben. Vielleicht hat deine Frau einfach niemanden mit dem sie etwas unternehmen könnte? Dann ist es ja klar dass sie sich so an dich klammert. Diese Fragen kannst nur du beantworten.

Bearbeitet von Sagtmireuremeinung
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Mir kommt dazu in den Sinn, dass man sich gerade in Phasen der persönlichen Weiterentwicklung häufig erstmal etwas vom Partner entfremdet. Das geschieht automatisch, da du dich jetzt um dein seelisches Wohl kümmerst und durch die Therapie wahrscheinlich auch deinen Schattenseiten Beachtung schenkst. Deine Partnerin spürt das natürlich und vielleicht verunsichert es sie unterbewusst, obwohl sie natürlich will dass es dir gut geht. Zugleich hast du inzwischen wahrscheinlich eine ganz andere Selbstwahrnehmung entwickelt und dadurch fallen dir jetzt andere Sachen an ihr auf, die dich stören. Ich denke es kommt jetzt darauf an, dass ihr gemeinsam in eine Richtung schaut, du offen mit ihr über das Gefühl der Einengung sprechen kannst und sie auch selbst an sich arbeitet.

Meine Erfahrung ist es, dass ich, nachdem ich selbst eine schwere psychische Krise überstanden hatte und gestärkt daraus hervorgegangen bin, ich danach auch große Zweifel an der Beziehung hatte, obwohl davor offensichtlich alles gepasst hat.
Vielleicht weil man insgeheim enttäuscht ist, dass der Partner nicht gleichzeitig wie man selbst auch einen großen Sprung in der Persönlichkeitsentwicklung macht, sondern für die andere Person das Leben unverändert weitergeht…