Am Ende mit den Nerven

Hallo ihr lieben,
Ich bin in der 14.Woche mit meinem ersten Kind schwanger. Für meinen Freund und mich war von Anfang an klar, dass wir eine Familie gründen wollen allerdings wollten wir eigentlich noch etwas damit warten da wir in einer schwierigen Situation und auch noch jung sind. Wir sind aber schon seit 4 Jahren zusammen. Er ist 21 und hat eigentlich nur wenige Kilometer von mir entfernt gelebt. Wir wollten dieses Jahr auch zusammen ziehen aber dann kam es anders. Vor zwei Monaten sind seine Eltern kurz nacheinander bei Unfällen ums leben gekommen woraufhin wir beide direkt in sein Heimatland geflogen sind um Abschied zu nehmen und vorallem bürokratische Dinge erledigen mussten. Er hat zwei jüngere Schwestern- 3 und 5 Jahre alt- die jetzt vorübergehend bei seinen Großeltern sind. Das ist aber nur eine Übergangslösung und seine Großeltern können das auf Dauer nicht stemmen. Dazu kommt das er sich seit dem Tod seiner Eltern die Firma seines Vaters so gut es geht am Laufen hält. Mir sind seine Schwestern extrem wichtig und ich möchte unter keinen Umständen, dass sie in einem Kinderheim landen oder in einer fremden Familie aber, da ich selbst ein Kind erwarte kann ich es mir aktuell nicht vorstellen mich um drei Kinder zu kümmern. Er möchte die beiden wenn möglich adoptieren.
Als ich von der Schwangerschaft erfahren habe war es natürlich erstmal ein riesiger Schock. Klar irgendwo habe ich mich auch gefreut aber vorallem war da Angst weil wir durch den Verlust seiner Eltern, seine beiden Schwestern und die Firma schon extrem unter Stress stehen. Er hat mich dann aber beruhigt und auch gemeint das wir das schaffen werden.
Vor zwei Wochen kam dann der nächste Schock ich hatte eine Routineuntersuchung bei meiner FA. Diese konnte aud dem US keine Herztöne erkennen und hat mich direkt mit der Diagnose Missed Abortion zur Ausschabung ins Krankenhaus überwiesen. Ich war psychisch komplett am Ende und hatte erstmal nicht die Kraft irgendwo hinzugehen. Drei Tage später habe ich mich dann doch dazu aufraffen können das Krankenhaus aufzusuchen. Bei der US kam raus, dass mit dem kleinen alles bestens ist. Eigentlich hätte ich mich freuen sollen und ich bin auch erleichtert aber das ganze ist zu viel für mich.
Mein Freund versucht möglichst viel für mich da zu sein, da er allerdings den Großteil der Zeit bei seiner Familie ist beschränkt sich das auf Telefonate und ich möchte auch nicht schwanger zu ihn reisen, da sein Heimatort sehr ländlich etwa eine halbe Stunde entfernt von dem nächsten Krankenhaus liegt und die medizinische Versorgung nicht den deutschen Standards entspricht.
Dazu kommt die ständige (komplett unberechtigte) Angst, dass er mich betrügt. Ich weiß, dass er aktuell sehr schwer zu kämpfen hat und weiß auch, dass es total absurd ist aber trotzdem habe ich ständig angst, dass er mich betrügen könnte.
Ich weiß, momentan einfach nicht mehr weiter. Habe seit der Fehldiagnose ständig Angst, dass doch etwas mit meinem kleinen sein könnte, habe angst dass die Beziehung mit meinem Freund dem ganzen nicht stand halten könnte, weiß nicht wie wir das mit der Firma schaffen sollen und weiß auch nicht wie wir das mit drei kleinen Kindern schaffen sollen

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Hey Lena,

kurz zum Verständnis: Ist dein Freund die meiste Zeit bei seiner Familie in einem anderen Land?

Liebe Grüße
Schoko

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Ja genau. Er ist die meiste Zeit in Ungarn und kümmert sich dort um die Firma seines Vaters und seine kleinen Schwestern

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Liebe Lena,
gut, dass du geschrieben hast.
Es war vielleicht so ein Moment, wo du dir einen Ruck gegeben hast, dir alles von der Seele zu schrieben.
Ja, wirklich viel. Es geht einem nah, wenn man das liest.
War etwas Hilfreiches in den Antworten dabei?
Und wie geht es dir inzwischen? Eine Woche später.

Dein Freund ist jung und es sind große Aufgaben für ihn und für euch beide.
Dazu die Trauer um die Eltern und die plötzliche Verantwortung für die Firma und die kleinen Schwestern.
Gab es den Gedanken, dass er die Firma übernehmen sollte schon zu Lebzeiten der Eltern?

Vielleicht geht es den Schwestern auch bei den Großeltern gut. Zumindest eine Weile, bis ihr beide eure Familie wirklich gegründet habt. Also: ein festes Fundament gelegt habt.
Vier Jahre habt ihr schon. Das ist ein guter stabiler Grund.

In der mittleren Schwangerschaft sind Reisen am besten. Da könntest du vielleicht auch nach Ungarn, um dir selbst einen Eindruck von der Situation zu machen. Ja, und einfach um zusammen zu sein.

Du hast erlebt, dass es dem Kleinen besser geht als gedacht. Eigentlich ein grober Fehler, der deiner FA unterlaufen ist. Immer beobachtet man zunächst mal. Da ist dein Vertrauen natürlich erschüttert. Aber am meisten dürfte es in die Ärztin erschüttert sein, nicht in die Schwangerschaft oder in dich selbst.
Was hat sie hinterher zu ihrer "Diagnose" gesagt? Oder warst du seither nicht mehr bei ihr?

Ihr könnt nicht von jetzt auf nachher alles übernehmen, was die Eltern deines Freundes gemacht und ausgefüllt haben. Ihr könnt nur euer eigenes Leben leben. Ja, und erweitern. Aber Schritt für Schritt.

Wen hast du als Rückhalt? Eltern? Familie?
Eine psychologische oder beratende Begleitung wäre sicher gut. Hättest du eine Idee dazu?

Alles alles Gute und viel Kraft! Und - immer nur den nächsten Schritt (oder Besenstrich), den nächsten Atemzug, der dein Kleines bestens versorgt ... das ist ein guter Gedanke!
Liebe Grüße von Kyra

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Hallo Lena,
du hast einen unfassbar schweren Schicksalsschlag in deiner Familie erlebt. Dein Mann versucht sich verzweifelt um die Firma seiner verstorbenen Eltern in Ungarn und um seine noch sehr jungen Schwestern zu kümmern, die urplötzlich Vollwaisen geworden sind. Du bist noch dazu schwanger und wurdest mit einer Fehldiagnose, eine im Raum stehende missed abortion - konfrontiert.
Momentan bist du völlig am Ende und weist nicht wie es weiter gehen soll.

Vielleicht versuchst du dir einmal vorzustellen, wie andere Menschen auf eine Krisensituation wie die deine reagieren würden.
Ich denke, die meisten vor uns würden ganz genau so wie du reagieren. Wir wären völlig überfordert und hilflos, würden versuchen gegen unsere Verzweiflung anzukämpfen und keine Ahnung haben, wie wir und unsere Familie das überstehen könnten.

Deine Gefühle und dein Verhalten ist zutiefst menschlich.
Du siehst keinen Weg, wie du und dein Mann das Alles bewältigen könntet, wie ihr das mit der Firma im Ausland und bald drei kleinen Kindern schaffen könntet.

Ich glaube, das kann euch auch kein anderer Mensch sagen, niemand wird in so einem Extrem einen einfachen Ausweg aufzeigen können.

Aber Eines kann ich euch sagen: Ihr werdet einen Weg finden diese Krise zu überleben. Es wird vielleicht nicht der optimale Weg sein, aber ihr werdet darüber hinwegkommen, wenn ihr als Familie zusammenhaltet. Dann kommen auch wieder bessere Zeiten.

Mir fällt nur ein Rat ein. Ich denke, du brauchst dringend erfahrene Menschen, mit denen du in deiner Notlage reden kannst.
Suche die Beratung durch bekannte Krisenanlaufstellen etwa der Diakonie oder der Caritas und/oder durch psychosoziale Beratungsstellen. Lass dich dort beraten, zumindest kannst du dort dein Herz ausschütten.
Die Berater sind Profis, sie werden sicher auch praktische Ideen haben, die euch weiterhelfen könnten.
Auch eine spirituelle Begleitung etwa durch einen Seelsorger halte ich für gut. Nach meiner Erfahrung hilft es schon sehr, sich seine Probleme und sein Leid einem anderen Menschen gegenüber von der Seele reden zu können.

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Bis zu dem Teil mit dem Betrügen war ich noch bei dir und kann gut verstehen, dass dir die ungewisse Zukunft Angst macht, besonders wenn man noch so jung ist.

Aber wenn du ein Vertrauensproblem hast und sich dadurch alles noch zusätzlich hochschaukelt, ist das ganz schlecht.

Wenn er sowieso nicht da ist und du am Anfang der Schwangerschaft, dass sich die doch ein paar Beratungstermine bei Profamilia oder so.

Die helfen dir, das Gefühlsknäuel zu entwirren, können Tipps und Hilfe geben und du kannst gleichzeitig etwas an deinem Selbstwertgefühl arbeiten, denn ohne Vertrauen funktioniert keine Beziehung und schon gar keine mit solchen Baustellen wie bei euch.

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Wäre ich dein Freund, könnte ich auf gar keinen Fall, never ever, die kleinen Geschwister dort lassen. Da würde ich meines Lebens nicht mehr froh. Wie positioniert er sich in der Frage? Wie Ernst sind ihm die Adoptionspläne?
Das solltet ihr klären, um eine Ausgangsbasis für weitere Planungen zu haben.
Ihr müsst ja gar nicht direkt zusammenziehen. Wäre es eine Option, erst Mal die Kids hier bei deinem Freund ankommen zu lassen und mit eurem Kind in deiner Wohnung zu bleiben?
Das ist so sicher nicht geplant gewesen, aber so ist das ja nun manchmal im Leben und bei euch wurde mal eben die gesamte Planung auf den Kopf gestellt… da kann einem schon mal schwindelig werden.

Hast du jemanden, der dich gerade emotional auffangen kann? Jemanden zum reden?

Dass deine Prio erst Mal dein Baby ist, ist völlig klar. Konzentrier dich darauf, während dein Freund in Ungarn die Kohlen aus dem Feuer holt; versucht, in gutem Kontakt zu bleiben…

Manchmal präsentiert einem das Leben Aufgaben, die nicht zu bewältigen erscheinen. Ich denk dann immer an Beppo, den Straßenfeger aus Momo: ein Besenstrich nach dem anderen. Wenn mich Panik übermannt: erst Mal atmen.

Ich drücke euch die Daumen, dass ihr eine gute Lösung findet.

Apropos Verlust-/Betrugsängste: Wenn mir viel um die Ohren fliegt, habe ich auch immer Angst, dass mir auch noch die letzte Grundfeste geraubt wird. Ich finde das ein Stück weit normal: du hast halt Angst. Sei mild mit dir. Und mach dir bewusst: Ängste und Realität sind zwei unterschiedliche Dinge.

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Woah, da ist ja ganz schön viel auf einmal.
Ich glaube um eine Sache musst du dir keine Sorgen machen, das er dich betrügt. Er hat so viel zu regeln, trauert, kümmert sich um seine Geschwister, Behördenkram usw. Da bleibt keine Zeit für eine Affäre.