Einseitiger Kinderwunsch nach Fehlgeburt (ungeplante Schwangerschaft)

Hallo,

Der Text wird wahrscheinlich ein bisschen lang, ich hoffe es teilen ein paar von euch eure Erfahrungen oder Gedanken.

Mein Partner und ich sind 35 , fast 8 Jahre zusammen und haben eine 3 jährige Tochter. Früher wollte ich 3 Kinder und er 2 , als unsere Maus geboren war, waren wir so überfordert dass wir sagten es bleibt bei einem. Es fühlte sich für mich auch immer komplett an. Ich konnte nicht wirklich nachvollziehen wenn Freundinnen sagten, sie fühlen sich nicht komplett und wünschen sich weitere Kinder.

Dann musste ich vor ein paar Monaten die Pille wechseln und habe das wohl nicht richtig gemacht. Ich war schwanger. War schockiert und konnte es nicht wahrhaben, vor allem da mir mehrere Ärzte gesagt haben ,es wäre ein Wunder dass ich meine Tochter auf natürlichem Wege bekommen habe. Eine Abtreibung kommt für mich nicht in Frage.
Mein Partner meinte das Kind kann nichts dafür und wir werden das beste geben. Kam auch zu den Untersuchungen mit. Da ich gesundheitlich einige Probleme habe musste
ich wirklich sehr oft zur Gyn. Wir haben uns beide darauf eingestellt und ich hab mich dann sogar gefreut. Als ich da lag und auf den Bilschirm geschaut hab, habe ich mich auf den Herzschlag richtig gefreut.
Doch leider hat es sich nicht weiter entwickelt und letzte Woche war dann die Ausschabung (Ende 9 ssw). Da es schon irgendwie absehbar war, die letzten Wochen (hatte kein gutes Gefühl, keine Übelkeit etc) habe ich sehr viel geweint und war traurig. Das hat meinen Partner natürlich auch sehr belastet.
Plötzlich ist jedoch bei mir der Kinderwunsch da. So richtig reingeknallt als ich nach der Ausschabung die Praxis verlassen habe. Ich bin damit überfordert, weil einfach so viel ins so kurzer Zeit passiert ist aber habe es meinem Partner gesagt.
Er sagt er kann das nicht nochmal und deshalb möchte er auf keinen Fall ein weiteres kind. Er denkt ich kann es auch nicht und wir sollen glücklich sein mit dem was wir haben. Wenn man sich ein Kind wünscht, muss man ja auch davon ausgehen dass es wieder schief gehen kann.
Ich habe ganz viele Gefühle auf einmal: Trauer, Wut, Enttäuschung (warum ist das alles passiert, warum bin ich überhaupt schwanger geworden, warum habe ich jetzt einen kinderwunsch, warum ist es nicht gut gegangen etc) und für mich hat sich der Wunsch nach der Ausschabung einfach noch verstärkt..ich weiß, dass ich mir erst Zeit nehmen muss und das alles verkraften muss. Aber ich kann mir diesen Wunsch auch nicht wegzaubern und ehrlich gesagt, ist da die Hoffnung, dass ich es besser verarbeiten kann wenn in der Zukunft etwas positives liegt. Ein gesundes Kind. Ansonsten wären die letzten 2 Monate schlimm gewesen und enden in.. nichts. Nun äußert mein Partner auch andere Sorgen: finanziell, Schlafmangel etc. Außerdem
meinte er, dass er sich auch freut und erleichtert ist, dass es nichts geworden ist. Aber er ist auch traurig..nur nicht so traurig wie ich. Er sagt, wenn ich unbedingt ein weiteres kind möchte, dann mit jemand anderen. Dann fing er an zu weinen. Ich weiß einfach nicht was ich mit diesen ganzen Gefühlen und Gedanken machen soll. Denke ich einfach ich habe einen Kinderwunsch weil ich mich mit der Trauer nicht auseinander setzen will? Ist das vielleicht eine Schockreaktion? Kann man das ganze abhaken ohne dass es einen Sinn ergibt? Was macht man mit diesen warum fragen... Mit der Trauer und der Wut.
War das bei jemandem ähnlich? Wie seit ihr damit umgegangen? Wird das nach ein paar Wochen besser? Meine Schwester meinte, wenn die hormone wieder normalisiert sind, geht es mir wieder besser und ich kann klarer denken. Stimmt das?
Mir tut meine Tochter leid, die merkt dass etwas nicht stimmt und fragt: Mama alles okay? Papa alles okay?
Ich wünschte ich könnte den kinderwunsch einfach so wegzaubern und die Ausschabung einfach vergessen, und es wäre alles so wie vor dem Pillenwechsel. Einfach ganz nochmal...aber es geht nicht.

Danke schon mal im Voraus

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Puuhh… ganz schön schwieriges Thema. Erstmal mein Beileid zum Verlust vom Kind.

Ich glaube, oft werden die Fehlgeburten von Müttern und Vätern unterschiedlich wahrgenommen. Für Müttern, dadurch dass das Kind im eigenen Bauch war, ist das Kind viel präsenter und das Erleben des Verlustes stärker. Während beim Vater die Schwangerschaft und Verlust eher noch abstrakt sind.

Ich kann mir vorstellen, dass wenn man sich ganz auf das Kind eingestellt hat und diese Vorstellung der Zukunft geht mit der Fehlgeburt verloren, ein Kinderwunsch sich einstellt für den Moment.

Ob dies langfristig ist, weiß man jetzt nicht, jedoch halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass dieser wieder verschwindet, gerade weil du sagst, es hat dir vorher kein Kind gefehlt.

Die Situation von deinem Mann kann ich insofern nachvollziehen, dass bei ihm die Angst jetzt angesprochen wird, wenn du deinen Kinderwunsch äußerst, weil er sich eigentlich nicht bereit fühlt. Ich finde es toll von ihm, dass er vollen Mutes mit dir die Schwangerschaft durchgezogen hätte auch wenn er Zweifel hatte.

Vielleicht tut es euch gut, wenn ihr euch etwas Zeit gibt, dieses Ereignis zu verarbeiten. Auch dein Mann ist gerade durch einen emotionalen Rollercoaster durch und muss einmal durchatmen.

Vielleicht nach 3 Monaten horchst du nochmal in dich hinein und schaust, ob der Kinderwunsch geblieben ist. Wenn ja, dann sprich nochmal mit deinem Mann, vielleicht auch darüber was für ihn in der Zeit nach der Geburt des 1. Kindes nicht funktioniert hat und was sich ändern muss. Vielleicht gibt es da doch einen gemeinsamen Weg.

Bearbeitet von Cassie88
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Danke dir für die liebe Antwort!

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Fühl dich gedrückt ❤️

Ich hatte 3 Fehlgeburten, bevor ich ein gesundes Baby im Arm halten konnte und weiß, wie du dich jetzt fühlst.

Es ist alles noch ganz frisch, ihr beide noch unter Schock, voller Trauer, Zweifel, du hast Hormonchaos durch die Schwangerschaft.

Jetzt ist absolut nicht der richtige Zeitpunkt, solche Pläne über die Zukunft zu machen, die Beziehung in Frage zu stellen usw.

Lasst euch beide erst einmal Zeit und Raum, um alles zu verarbeiten.

Wenn das passiert ist, vielleicht in 2-3 Monaten, dann redet noch einmal miteinander und schaut, was ihr möchtet.

Du/ihr könnt euch auch Unterstützung und Beratung einholen, zum Beispiel über Pro Familia.

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Ich würde dir auch raten etwas Zeit verstreichen zu lassen.

Wir haben zwei Kinder und letztes Jahr bei einer ungeplanten Schwangerschaft eine frühe MA.

Seit dem verspürte ich einen erneuten Kinderwunsch.
Mein Mann wollte auf keinen Fall. Ich habe nach Wochen mit ihm geredet und ein Satz blieb besonders in meinem Gedächtnis hängen, der das ganze Ausmaß seiner nicht ausgelebten Trauer zeigte: "willst du Sowas tatsächlich nochmal erleben? Ich halte Sowas (also die MA) nicht mehr aus."
Das verdeutlichte mir sein Leid, über das er sonst nie sprach.

Ich glaube, ich habe die Fehlgeburt besser weggesteckt, weil ich es gefühlt habe. Ich habe, wie du, gespürt, dass was nicht stimmt, war beim Frauenarzt, habe den fehlenden Herzschlag gesehen. Ich war diejenige die mehr weinte, die mehr von Freunden und Verwandten getröstet wurde. Bei Männern vergisst man.oft,dass sie auch ein Kind verloren haben und ihre Trauer vielleicht anders zeigen.

Nach 6 Monaten etwa haben wir das mit der Verhütung dann halb absichtlich schleifen lassen und nun bin ich wieder schwanger und wir freuen uns.

Ich hätte so aber nicht gehandelt, wenn mein Partner strikt dagegen gewesen wäre. Er brauchte einfach seine Zeit.

Viel Glück!

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Hallo,
ich kann dich soooooo gut verstehen.

Kurz zu meiner Vorgeschichte.

2006 FG
2007 ELSS
2008 Kind 1
2011 Kind 2
2013 Kind 3 (ungeplant)

2017 Trennung
2020 neue Partnerschaft
2022 Zuzug seiner Kinder (2013 und 2018) nach heftigem Sorgerechtsstreit

Wir haben also schon 5, 1 geistig beeinträchtigt. Am Anfang der Beziehung wäre ein weiteres Kind noch eine Überlegung gewesen. Nachdem dann aber alle 5 bei uns waren und die Trennungen, Umzüge und der Sorgerechtsstreit deutliche Spuren hinterlassen hatten, habe ich absolut nicht mehr an ein weiteres Kind gedacht. Ich bin auch schon 45 und hatte 3 Risikoschwangerschaften.
Wir haben, da anfangs ja noch die Idee da war, nie verhütet. Ich wurde nicht schwanger und dachte, dass es wohl eher langsam richtig Wechseljahre geht - auch mein Zyklus hatte sich verändert.

Dann Anfang April war meine Periode überfällig und ich war schwanger. Ich war überrascht, hin und her gerissen. Mein Kopf sagte BLOẞ NICHT! und mein Herz war sofort verliebt und ganz verzaubert.
Mein Mann war schockiert und hat unfreundlich reagiert. Er hat auch kein Wort mehr über die SS verloren bis ich das Kind verloren habe. Er sagte, das sei keine schöne Nachricht, machte mir aber indirekt den Vorwurf, wie man sich so etwas antun könnte (als sei er nicht beteiligt gewesen 🙄).

Nun ja.....ich WEIẞ, dass ich auf keinen Fall mehr ein Kind kriegen sollte.
Ich bin zu alt, zu belastet, habe schon eine sehr schwierige Patchworksituation und trotzdem ist dieser irrationale Wunsch plötzlich wieder da. Ganz tief in mir. Ich bin traurig, dass ich nicht mehr schwanger bin, dass ich keinen Säugling mehr haben und nicht nochmal stillen darf....das war alles schon wieder so nah. Aber eben nur als Gefühl und Wunsch.
Meine FG ist jetzt gute 2 Monate her und der Wunsch ist leider noch da. Ich hoffe, er verschwindet bald 😢

Alles Liebe für dich und ganz viel Kraft.
Ich verstehe so gut, wie du dich fühlen musst. Fühl dich gedrückt!

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Ich kann dir lediglich ans Herz legen, dass ein gesundes Kind nicht als Trauerbewältigung für eine Fehlgeburt dienen sollte. Deine Aussage "(...) ist da die Hoffnung, dass ich es besser verarbeiten kann wenn in der Zukunft etwas positives liegt. Ein gesundes Kind." ist daher moralisch äußerst bedenklich.

Du denkst vermutlich korrekt: Du hast einen Kinderwunsch, weil du dich nicht mit deiner Trauer auseinandersetzen willst, sondern die Fehlgeburt mit einem gesunden Kind ersetzen willst. Das funktioniert einfach nicht und ist psychisch extrem ungesund.

Dein Partner kommuniziert glasklar: Er möchte auf keinen Fall ein weiteres Kind. Er ist sich sogar so sicher, dass er sagt, wenn du ein weiteres Kind möchtest, dann mit einem anderen Partner. Da ist meiner Meinung nach kein Spielraum für "eventuell später" oder ähnliches, das sollte man realistisch betrachten.

Nimm dir Zeit und setze dich intensiv mit dem Verlust auseinander - aber ersetze es nicht sofort, weil die Trauerbewältigung schmerzhaft ist. Das funktioniert nicht. Verarbeite, so lange es dauert, Wochen, Monate, Jahre.

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Also ist vielleicht einr gewagte These, aber ist so ein kinderwumsch nicht immer irrational. Sie kosten Arbeit, schlaf.und viel Geld. Das ist doch wirklich ne reine Herzenssache.
Ich würde an deiner Stelle auch eben abwarten. Gebt euch beiden die Zeit den Verlust zu verarbeiten. Auch dein Partner wird es nicht einfach wegstecken.
Und dann in ein paar Wochen setzt man sich noch mal.zusammen.