Dem Partner die Angst nehmen? Nicht wissen was richtig ist.

Hallo,

Ich hoffe hier auf Hilfe auf der nicht zu emotionalen Ebene, denn ich selbst bin hochschwanger und sehr emotional unterwegs und befürchte auch so zu reagieren. Denn bisher habe ich auf das, was mein Partner mir heute gesagt hat noch gar nicht reagiert.

Zuerst müsst ihr wissen: mein Partner ist weit über 30 sogar über 35 und hat sich in seinem Leben bisher selten festgelegt. Ich bin erst die 2. beziehung in seinem Leben die über 3 Jahre hält und bin von ihm schwanger. Wir wohnen seit fast zwei Jahren zusammen. Er fühlte sich immer schnell eingeengt und brauchte seine vielen Freiheiten, die habe ich ihm immer gegeben, er hat mich noch nie an meinem Vertrauen zu ihm, zweifeln lassen.
Nachdem er seit einigen Tagen sehr still und zurückgezogen war fragte ich ihn was los sei und ich möchte es nun wirklich wissen.

- Man könnte sagen er hatte daraufhin fast eine Panikattacke. Diese Verantwortung die auf ihn zu kommt, nimmt ihm die Luft. Er selbst ist komplett ohne Vaterrolle aufgewachsen und „hat überhaupt keine Ahnung, wie das geht“. Sein ganzes Leben würde sich ändern und das wäre auch richtig so, doch er könnte sich das irgendwie nicht richtig vorstellen. Er war immer recht ungebunden und spontan. Sein Leben lang, hat auch insgesamt 3 mal im Ausland gelebt und gearbeitet. Er hätte totale Panik davor der Rolle nicht zu entsprechen und ich würde das scheinbar alles somit links und zufrieden machen und daneben fühlt er sich noch schlechter. Er will mich nicht enttäuschen aber er wüsste auch gar nicht, was ich von ihm erwarte. Was alle von ihm erwarten, was er selbst von sich erwartet und wie es wohl werden wird.. er hatte nicht mal ein Baby auf dem Arm in seinem Leben und jetzt bekommt er eins…

Ich war etwas sprachlos und wusste so schnell überhaupt nicht zu reagieren. Jetzt ist er schon vor 3 Stunden zum Sport und vermutlich danach noch mit nem Freund zum Sport. Ich möchte ihm gleich was sagen aber ganz ehrlich: ich weiß das doch alles auch nicht. Ich hab fast so wenig Ahnung wie er. Habe furchtbare Angst vor der Geburt.. achja, davor hat er auch totalen schiss. ER hat schiss… also er war jetzt nicht total egoistisch, er hat immer wieder betont wie toll ich das mache und wie wunderschön ich aussehe und wie schön sicher unser Baby wird… es war ja jetzt nicht die AR*** Nummer.

Aber ich könnte nur weinen und habe keine Worte. Woher soll ich das denn alles wissen? Ich hab das auch alles nur gelesen.. und gelesen hat er auch, und das nicht wenig… was würdet ihr denn tun?

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Liebe TE,
wenn er nachher nach dem Sport nach Hause kommt, nimmst du ihn in den Arm, gestehst ihm, dass du ebenfalls „keine Ahnung“ und Erfahrung hast, dein Wissen über Babys aus Büchern und der Anschein trügt.
Er muss sich also nicht unterlegen fühlen.
Und dann sagst du ihm den entscheidenden Satz:
„Gemeinsam werden wir das schaffen!“.

Fühle dich nicht angegriffen von seiner Ehrlichkeit und nehme das nicht persönlich.
Es geht JEDEM Elternteil vor dem ersten Kind so.
Vorfreude gemischt mit Angst vor dem Unbekannten.
Ihr werdet das gemeinsam gut wuppen.
Wichtig ist Zusammenhalt und Verständnis für einander.
Wir sind alle „nur“ Menschen.

Ich wünsche euch alles Gute,
Cersei

Bearbeitet von Cersei-Lennister
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Der perfekte Beitrag 😀

Kleine Ergänzung: Die TE ist voller Progesteron und anderer Hormone, die sie entspannen. Diese Dosis hat der kv natürlich nicht.

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Sprich mit ihm, sag ihm dass es dir genauso geht und du deswegen gerade nicht seine Stärke Schulter zum ausweinen sein kannst.

Beim ersten Kind geht es allen so, dass ist wie wenn man einen komplett neuen Job anfängt und zwar ohne Einarbeitung.

Aber Übung macht den Meister und andere haben es ja auch geschafft. Kinder brauchen keine perfekten Eltern nur welche die sich wirklich Mühe geben und denen was liegt an ihren Kindern.

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Wenn du sagst, dein Partner habe nie längere Beziehungen geführt und brauche viele Freiheiten, dann klingt das für mich danach, er habe Probleme damit, menschliche Nähe zuzulassen.
Jetzt kommt er in eine Situation, in der es um maximale menschliche Nähe geht, nämlich um die Geburt und Versorgung des eigenen Kindes als Vater. Und die Nähe zur jungen Mutter, die dringend Zuwendung und Liebe braucht.

Ich habe den Eindruck, er fremdelt damit erheblich, weil er sich überfordert fühlt, weil er seine bisherige Autonomie und seine Freiheiten zum Teil aufgeben muss.
Das macht ihm Angst.

Kann er körperliche Nähe zulassen? Lange kuscheln? Oder ist er auch da eher distanziert?
Ihr habt beide viel darüber gelesen wie du schreibst, aber das ersetzt nicht das Üben. Denn ich glaube auch Nähe kann man bis zu einem gewissen Grad üben.

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Danke für deine antwort. Das klingt schon irgendwie nach der richtigen Richtung.

Also er ist jetzt nicht der absolut verschmuste Mann aber doch, was das angeht hat er mein Kuschelnedürfnis immer bedient ohne dabei besonders unglücklich zu sein :)

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So wie deinem Partner ging es mir kurz vor der Geburt.....total kalte Füße bekommen.

Mein Mann, die Ruhe in Person......"Keine Ahnung wie, aber DAS kriegen wir schon irgendwie hin." Mehr hat er nie dazu gesagt.

Wir wissen doch alle nicht, was auf uns zukommt. Die heftige Umstellung, die kommende Verantwortung....das schwebt doch über allen werdenden Eltern. Ich finde, da darf man schon mal etwas Schnappatmung bekommen.
Der Rest wird sich dann auch irgendwie finden, ist halt so.

Im nahcgang stellt man dann fest, das man sich völlig umsonst so viele Gedanken gemacht hat.

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Hallo,

ich würde es so machen, wie Cersei geschrieben hat.

Und: Ich finde es toll, dass dein Partner so offen mit dir über seine Ängste sprechen kann. Das zeigt, dass ihr ein inniges Vertrauensverhältnis habt und er an sich arbeitet. Du scheinst ohnehin sehr reflektiert und empathisch zu sein. Ihr habt alle Voraussetzungen, gute Eltern zu werden, und ihr schafft das gemeinsam.

LG

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Ceresi - klasse Antwort!

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Hallo TE,

ich habe mal ein paar Gedanken zu unsicheren "Erst-Eltern". Als wir damals mit Säugling zu Gast bei Freunden waren hieß es "Sind Eltern von Erstgeborenen nicht süß!" (die Freunde waren gerade bei Nr. 3). Ihr werdet entspanner und routinierter über die Zeit und dass viele Erziehungs-Ratschläge auch allenfalls eine Anregung und kein Naturgesetz sind.

Meine Antwort für unsichere Erst-Eltern in nur einem Wort:
*** Hebamme! ***

Du hast als Mutter einen Anspruch auf Vorbereitungskurse und nach der Geburt Hausbesuche im Wochenbett bei einer Hebamme. Sprich sie an. Ihr seid nicht die ersten Eltern, die verunsichert sind, er nicht der erste werdende Vater mit Aängsten vor dem, was kommt. Manches kann einfach erledigt werden, z.B. wie er mit dem Säugling umgehen soll. Dir erkärt das die Hebamme. Sorge dafür, dass dein Freund bei den Terminen dabei ist, die Hebamme von seiner Unsicherheit weiß und bitte sie klar, ihm dieselben Sachen, Handgriffe und Tipps auch zu erklären und er natürlich auch Fragen stellen darf usw. Lasst euch alles gemeinsam zeigen, wie man wickelt, füttert, Fläschchen gibt (sei es nach dem Abstillen oder vorher über mit Abpumpen) Fläschchen und Pumpe reinigt, usw. Zu wissen, dass da noch jemand die ersten Wochen den Eltern zur Seite steht, nimmt schon viele Sorgen.

Falls du noch keine Hebamme hast - schau, dass du eine bekommst. Frage ggf. über deine Krankenkasse an.

Ausstattung: Bedenke ihn von vorn herein mit! Auf den Wickeltisch gehören z.B. sowohl Handschuhe für dich (Größe S-M?) aber auch eine Packung für ihn (in XL! auch im Halbschlaf muss man die anziehen können). Einfach immer berücksichtigen, dass er absolut gleichwertig ist zu Dir als Elternteil. Beispiel: Auch wenn du ein Tragetuch bevorzugst, lass ihn sich einen Tragegurt ausuchen und nutzen etc.

Wenn er schon jetzt unsicher ist, gib ihm später nicht das Gefühl, etwas falsch zu machen (sofern nicht eine echte Gesundheitsgefahr fürs Kind besteht). Väter machen Dinge anders, nicht falsch! Also lasse ihn bitte machen und nimm ihm das Kind nicht aus dem Arm oder dränge ihn vom Wickeltisch. Anmerkungen in stiller Minute ohne Kind und umgekehrt lässt du die bitte ebenfalls zu.

Klärt, dass ihr gegenseitig jederzeit abgeben könnt, wenn einer überfordert ist und nimm diese Möglichkeit selbst auch wahr, an ihn abzugeben. Ihr seid als Eltern ein Team - gleichwertig. Und ihr werdet an Eure Leistungsgrenzen stoßen, übermüdet und genervt sein. Das ist OK. Dafür seid ihr zu zweit.


Vorbereitung: In die Aufgabe wächst man(n) einfach rein. Das haben viele andere auch geschafft. Er kann sich darauf einstellen. Wenn er mag, kann er z.B. über die Wichtigkeit und Bedeutung von Vätern in den Lebensphasen von Kinder lesen und dass er eben nicht eine zweite Mutter sein muss, sondern eine eigene wichtige und andere Rolle im Leben eines Kindes hat und das auch in frühen Lebensphasen.
Websuche dazu: Bevaterung, bevatern, Vater werden. Sicher gibt es auch auf Youtube wertvolle Beiträge.
Bei der Zeitschrift Eltern, zu der Urbia gehört "VATER WERDEN
Papa sein, von Anfang an"
Langfrisitg kann es für ihn schwer sein, dass er nie eine Vaterfigur als Vorbild hatte. Vielelicht ja wenigstens einen guten Jugendgruppenleiter, Trainer, Erzieher oder Lehrer?


Alles Gute Euch!

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Hast du eine Hebamme? Dann kontaktiert sie, sie kann mit euch beiden reden! Auch dein Mann kann sich vertrauensvoll an sie wenden und über seine Ängste sprechen :)

Das Abenteuer Baby kann riesige Angst machen und niemand kann euch sagen, wie es wird. Außer vielleicht, dass ihr immer (!) im Gespräch bleiben müsst und dann Lösungen, Kompromisse und Wege finden werdet.

Vielleicht hilft ihm auch „Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen!“. Nicht alles darin finde ich 100% gut, aber der Grundtenor ist schon, dass man Kreisläufe und Ängste durchbrechen kann 😊 vielleicht hilft ihm das!

Mein Mann hatte übrigens auch große Angst, dass er kein guter Vater ist (seiner war so… naja. Über Tote spricht man ja nicht schlecht, aber es war schwierig). Er meistert es aber toll, bekommt auch vom Umfeld immer wieder die Rückmeldung und das hat ihn tatsächlich sehr selbstbewusst und selbstsicher gemacht 😊

Edit: er sprach auch mit der Hebamme über seine Sorgen z.B. und war auch mit zur Familienberatung wegen der Großen. Er liest vielleicht nicht so viel wie ich, aber nimmt durchaus auch Gespräche in der Kita war, fragt bei Fachleuten und was ich so gelesen hab. Und daraus zieht er auch einiges :)

Bearbeitet von esistjuli