Partner ist depressiv und sehr belastet - ich kann damit schlecht umgehen

Mein Partner hat immer mal wieder depressive Episoden, schon seit seiner Jugend (da kannten wir uns noch nicht) und war vor einigen Jahren deswegen und wegen anderer psychischer Probleme (extreme Minderwertigkeitsgefühle, soziale Ängste, andere Ängste) auch schon mal in Therapie. Im Grunde funktioniert der Alltag hier zu Hause aber ganz gut. Wir haben zwei Kinder, um die er sich auch ganz gut kümmert.

Mein Partner kompensiert insbesondere die Minderwertigkeitsgefühle sehr viel mit Sport und geht auch Vollzeit arbeiten. Allerdings hat er auch an der Arbeit immer das Gefühl, nicht gut genug zu sein, schlechte Arbeit zu machen usw., was objektiv gesehen gar nicht stimmt! Abgesehen davon belastet ihn sehr, dass er nur sehr wenige Freunde hat. Das stellt wirklich ein großes Problem für ihn dar. Um unsere Kinder hat er auch extreme Ängste (dass ihnen etwas zustößt, er nicht richtig aufpasst und Schuld hat, dass ihnen etwas passiert). Außerdem fühlt er sich aus verschiedenen Gründen in unserem Haus nicht wohl. Es ist ihm zu groß, er fürchtet Einbrecher und würde am liebsten in eine große Wohnung im Hochhaus ziehen, da würde er sich sicherer vor Einbrechern fühlen.

Mein Problem ist inzwischen, dass ich gar nicht mehr weiß, wie ich mit all seinen Problemen (Minderwertigkeitsgefühle, seine fehlenden Freundschaften, Ängste usw., Wohnsituation usw.) umgehen soll. Er redet sehr viel davon, wie stark er sich durch die verschiedenen Probleme belastet fühlt usw. Ich fühle mich oft etwas allein gelassen, da er jeden Tag sehr viel Zeit für Arbeit und Sport benötigt (er braucht das, sonst geht es ihm schlecht) und ich mich zurückgesetzt fühle. Ich schwanke immer zwischen Verständnis und Enttäuschung darüber, dass er abends lieber 2 Stunden zum Sport geht, als die Zeit mit mir zu verbringen. Mehr Zeit zu zweit haben wir tagsüber nicht.

Sein ständiges Gerede darüber, dass er sich im Haus so unwohl fühlt, belastet mich mittlerweile auch extrem. Wir haben ein schönes Haus mit Garten, die Kinder fühlen sich hier sehr wohl. Er sagt immer, dass er das Haus hier nur wegen der Kinder erträgt, am liebsten würde er aus Sicherheitsgründen (Einbruch) in ein Hochhaus ziehen. Im Grunde sprechen wir ständig über seine Probleme, mich zieht das inzwischen so runter! Ich kann ja an vielen Problemen auch nichts ändern. Ich fühle mich zwischendurch schon ganz schuldig, weil ich trotz seiner Probleme mit dem Haus nicht in ein Hochhaus ziehen möchte und ihn damit sozusagen zwinge, hier mit uns "auszuhalten".

Er sagt auch selbst, dass er wieder eine Therapie benötigt, kümmert sich aber nur halbherzig. Er steht bei einer Praxis auf der Warteliste, kümmert sich aber auch nicht anderweitig. Ich weiß gar nicht, was ich mir erhoffe. Vielleicht einfach ein paar Meinungen dazu. Eventuell hat auch Jemand Tipps?

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Tritt ihm in den Hintern !! Ich wünschte mein Mann hätte das bei mir auch getan ! Sag ihm , dass dich die Situation so wie sie ist unglücklich macht . Er soll sich einen Termin beim Hausarzt machen , dort bekommt er eine Überweisung für einen Facharzt für Psychiatrie. Der soll sich ein Bild von ihm machen .
So wie Du es beschreibst, vielleicht braucht er auch einen stationären oder teilstationären Aufenthalt. Dafür bekommt man auch Akuteinweisungen.

Auf diesem Wege darf ich ab Dienstag in eine Tagesklinik.

Ich kann Dir aus Erfahrung leider sagen , dass dich das irgrndwann so runterziehen wird, dass auch Du Hilfe brauchst . Du hilfst ihm nicht , indem Du Rücksicht auf ihn nimmst oder ihm irgendwas abnimmst . Bestehe darauf, dass er sich behandeln lässt . Sein Leidensdruck scheint groß zu sein .

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Wann hast du denn zum letzten Mal richtig Freude empfunden oder warst glücklich?

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Deine Schilderung hört sich für mich fast so an, als habe dein Mann neben seiner Depression auch eine Angststörung entwickelt.
Nach meiner Meinung braucht er dringend eine Therapie, vielleicht am besten initial auch stationär. Auch nach deiner Schilderung wirst du es als Partnerin nicht mehr lange durchhalten.

Du schreibst, dein Mann kümmere sich nur halbherzig um eine Therapie, er kann es wahrscheinlich auch nicht mehr.

Sieh es vielleicht eher so:
Dein Mann ist in seinem desolaten Zustand wie ein großes Kind, dem du sagen musst, wo es lang geht. Ein Tritt in den Hintern reicht nicht.
Wahrscheinlich ist es besser, wenn du die Therapie für ihn organisierst in Absprache mit dem Hausarzt und deinen Mann einfach vor vollendete Tatsachen stellst.

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Kümmere DU Dich um eine Therapie für ihn, am besten stationär, er hat wohl schon nicht mehr die Kraft dazu.
Ganz nebenbei, ein Hochhaus ist eine sehr gute Möglichkeit für Einbrüche. Kein Mensch kümmert sich um den Nachbarn, die Wohnungstüren kein wirkliches Hindernis. Wenn Dein Mann wieder rational denken kann, kann man sich mit dem Thema beschäftigen, jetzt bringt es nichts.
Alles Gute für euch.
LG Moni

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Unsere Wohnungstür konnten wir damals mit einer EC-Karte öffnen.

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Tritt ihm in den Hintern und habe nicht zu viel Mitleid mit ihm. Er ist krank und muss sich kümmern.

Meine Mutter hatte in meiner Kindheit und Jugend immer wieder depressive Episoden und überhaupt hatte sie es immer am schwersten, hat am meisten gelitten und wurde immer ungerecht behandelt. Meine dämliche Mutter hat es nur zu gut verstanden uns stets und ständig ein schlechtes Gewissen zu machen und für alle ihre Wehwehchen und Unannehmlichkeiten verantwortlich zu machen. Es war einfach nur ätzend.

Sie tut mir bis heute kein bisschen Zeit und hat mich in meiner Kindheit und Jugend mit ihrem permanenten Gejammer und Gejaule regelrecht tyrannisiert.

Denke auch an deine Kinder. Auch wenn sie es noch nicht so ausdrücken können, geht es nicht spurlos an ihnen vorüber und wird sie auf irgendeine Art und Weise beeinträchtigen.

Ich habe seitdem ich selbst Kinder habe, keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter. Sie fehlt mir kein bisschen und es geht mir viel besser.

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Mit einem Umzug wäre er nicht geheilt bzw. auf einem erträglichem Level.
Im Prinzip möchte dein Mann seinen nicht rationalen Ängsten davon laufen. Doch so funktioniert es nicht oder vielleicht nur kurz bis zum nächsten negativen Gedanken.
Merkt er das selbst?
Wurde jemals festgestellt woher seine Befürchtungen kommen?
Therapeut ist nicht gleich Therapeut. Es kann also dauern bis man auf den richtigen trifft.

Es ist belastend und auch nervig, wenn man gegen eine Wand redet und über Dinge diskutiert, die fern der Realität sind.
Mit dem Risiko es könnte was passieren müssen wir alle leben.
Wie ist dein Mann zum Thema Medikamente eingestellt? Oder nimmt er welche?
Das würde immerhin schon Linderung verschaffen bis die nächste Sitzung startet. Auch kann es ihm helfen eine andere Sicht zu bekommen. "Runter gekommen", therapiert es sich leichter, er ist empfänglich und nicht so stark auf eine Angst fokussiert.

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Hallo meine Liebe,

erstmal tut es mir sehr leid, dass du in dieser Situation bist. Psychische Erkrankungen sind einfach eine große Belastung für die ganze Familie.

Ich bin selbst Betroffene aber auch fachlich geschult und möchte dir folgendes sagen:

Du brauchst definitiv kein schlechtes Gewissen haben. Wie schon gesagt, würde es ihm nicht helfen, wenn ihr umzieht. Es ist alles Verdrängung. Sport und Arbeit kann gut tun, aber es scheint ja auch viel um Verdrängung zu gehen.
Eigentlich gibt es 2 wichtige Punkte:
Ihn einerseits nicht verurteilen. Er ist krank. Das ist gerade seine Realität. Auf der anderen Seite bist du nicht verantwortlich und musst nicht alles ertragen.

Ich würde ein offenes Gespräch führen. In den Hintern treten halte ich nicht für richtig. Das setzt unter Druck und führt oft zu noch mehr Angst. Aber ehrlich sagen, dass dich die Situation belastet. Dass es so nicht weitergeht. Ihm sagen dass du für ihn da bist, dass du ihn liebst. Ihn fragen, was er braucht, um sich Hilfe zu suchen? Vielleicht gibt er zu dass er es nicht schafft zu telefonieren, dass er sich nicht traut allein dort hinzugehen etc. Anbieten dass du ihm was abnehmen kannst. Ich würde aber nichts über seinen Kopf entscheiden. Sowas nur dann wenn konkrete Suizidgedanken vorhanden sind.
Du kannst nur anbieten zu helfen, vllt auch ein wenig direkter zu sagen: ich möchte dass das passiert und ich möchte da jetzt anrufen. Ok?
Immer wieder anbieten, (nicht verurteilen!) wenn er sich verweigern sollte, eigenen Leidensdruck deutlich machen.

Und ansonsten Grenzen setzen! Du bist (noch) gesund. Du musst auf dich aufpassen. Vereinbart zB ein festes Zeitfenster in dem er dir seine Sorgen und Ängste schildern kann am Tag und dann muss Schluss sein. Er könnte auch Tagebuch führen um seine Ängste aufzuschreiben wenn es so wichtig ist sie loszuwerden.
Du verstehst es, du hast Mitgefühl aber du kannst nicht 24/7 für ihn da sein. Dafür gibt es Fachleute die sich darum kümmern können. Es ist nicht deine Verantwortung. In meiner Weiterbildung hat mir meine Trainerin mal folgendes erzählt: Klientin erzählte ihr, dass der depressive Mann immer am Küchentisch saß und es sich so anfühlte als ob eine schwarze Suppe von ihm ausging und sich immer weiter ausbreitete. Meine Trainerin schlug ihr vor, sie solle sich vorstellen, sie würde mit einem Wischmob diese schwarze Masse zurück zu ihm schieben. Keinem hilft es, wenn es dich mit runter zieht, auch wenn es schwer ist.
Depressionen und Angststörungen sind häufig und können gut behandelt werden.

Und sonst kümmer dich auch um dich. Triff dich mit Freunden, mach ein Hobby, mach Positives, wo du auftanken kannst.

Ich wünsche euch alles Gute und dass ihr schnell Hilfe bekommt. Du kannst dich sonst auch an eine Familienberatungsstelle wenden, wenn dich die Situation so belastet, damit du auch jemanden hast, um dir das von der Seele zu reden und Tipps zu bekommen!

Alles Gute euch!

Bearbeitet von Wunderkind
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Meine Frau litt, als ich sie kennenlernte an Agarophobie und Panikattacken. Ich hab mich anfangs gegen eine Beziehung gesträubt und sie auch nie wie ein rohes Ei behandelt. Im Gegenteil. Jetzt sind wir seit 7 Jahten verheiratet und total glücklich. Niemand hat früher einen Zugang zu ihr gefunden, weil alle sie nur bemittleidet haben. Jetzt ist natürlich jeder Mensch anders, aber bei ihr ging es nur mit ein bisschen Druck. Mittlerweile hat sie hr Studium erfolgreich abgeschlossen und ist genauso wie ich total zufrieden.

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Meiner war auch so gewesen, wollte an liebsten in einer ein Zimmer Wohnung leben und den ganzen Tag vor dem PC versauern. Zum Hauskauf musste ich ihn förmlich zwingen, obwohl es seine Idee gewesen ist und er am Tag der Unterschrift mega kalte Füße bekam und meinte, das es ein großer Fehler sei (sieht er heute nach Klinikaufenthalt und Therapie wieder anders, er ist froh, dass wie es gemacht haben und ich ihn gedrängt / erpresst hatte - ich fühlte mich danach furchtbar, aber das war ihm ja egal, er ist ja krank.)
Schick ihn zu einer Therapie. Und auch, wenn er mal einen Aufenthalt hatte: Schick ihn nochmal dahin. In der Klinik meiner bessern Hälfte waren einige auch mehrfach da gewesen, es half für einige Zeit mal länger, mal kürzer, je nach privatem / beruflichem Umfeld. Denn auch da muss ein Wandel statt finden. Love it / leave it/ change it - klappt auch heute noch wunderbar

"Außerdem fühlt er sich aus verschiedenen Gründen in unserem Haus nicht wohl. Es ist ihm zu groß, er fürchtet Einbrecher und würde am liebsten in eine große Wohnung im Hochhaus ziehen, da würde er sich sicherer vor Einbrechern fühlen.. Außerdem fühlt er sich aus verschiedenen Gründen in unserem Haus nicht wohl. Es ist ihm zu groß, er fürchtet Einbrecher und würde am liebsten in eine große Wohnung im Hochhaus ziehen, da würde er sich sicherer vor Einbrechern fühlen."

Da ich im Sicherheitsdienst arbeite: Wie schon einige vorher schrieben: In Hochhäusern wird tatsächlich sehr viel eingebrochen, weil dort eine herrliche Anonymität herrscht. Reihenhäuser eher weniger, unsere eigene Statistik zeigt ein Familienhäuser gerne zwischen 9-11 uhr ausgeraubt werden, wenn "papa" arbeiten ist und "mama" die Kinder in den Kindergarten gebracht hat, um ihre Vormittagsstelle an zu treten. Dafür gibt es aber auch heute inzwischen bezahlbarere Sicherheitseinrichtungen. Das schützt nicht vor Einbruch, aber je schwerer es dem Einbrecher gemacht wird, umso eher lässt er ab. Zeit heisst erwischt zu werden.