Erfahrungen Eheberatung/Paartherapie

Guten Abend, heute Mal in grau :)

Mein Mann und ich haben seit einiger Zeit eine ungesunde Streitkultur entwickelt. Wahrscheinlich liegt der Ursprung schon weiter zurück, aber seitdem unser Kind da ist, hat sich das ganze zugespitzt. Besonders das erste Babyjahr war für uns als Paar sehr schwer.

Da unser Sohn so langsam anfängt alles um sich herum wie ein Schwamm aufzusaugen, kann ich das nicht weiter ignorieren. Ich möchte ein gesundes Umfeld für unser Kind, da es bei mir in der Familie immer sehr viel Streit, Geschrei, Vorwürfe usw. gab, was es mir heute noch schwer macht, gesunde Diskussionen zu führen, sei es privat oder beruflich.

Daher möchten wir eine Beratung machen. Meine Fragen dazu wären, an wen wendet man sich da? Was kostet das? Bringt es was, bzw. auf welche Qualifikationen des Mediators/Therapeuten/Beraters muss man achten? Werden die Kosten irgendwie übernommen durch eine Krankenversicherung oder so, wie in der Psychotherapie, oder ist das ein "privates Vergnügen" das man sich damit gönnt? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?

LG und danke an alle, die sich Zeit für eine Antwort nehmen...

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Wie haben aus ähnlichen Gründen wir ihr eine Paartherapie begonnen.

1. Versuch bei pro familia. Kostenlos aber mit langen Wartezeiten, bei uns drei Monate und auch relativ weite Anfahrt. Die Therapeutin war nett aber man hat direkt gemerkt, dass das ganze nur als akute Intervention/Kurzberatung gedacht ist und nicht als ernsthafte Begleitung. Sprich man äußert sein Problem und bekommt direkt Tipps/Lösungen angeboten, keine Beziehungsanamnese, kein echtes Kennenlernen. Das hat für uns aber nicht gut funktioniert, da die Probleme zu komplex waren und zuviel aufgearbeitet werden musste. Um jeden neuen Termin musste man richtig kämpfen "Reicht Ihnen das jetzt oder wollen sie nochmal kommen?". Naja wir haben uns nach ein paar Terminen dann weiter umgeschaut.

2. Versuch Paar-/Familienberatung über das Jugendamt. Kostenlos und auch lange Wartezeit. Komischer sehr unfreundlicher Therapeut, der von sich aus kaum etwas gesagt hat, wir hatten das Gefühl den Termin selbst moderieren zu müssen. "Und was soll ich da jetzt für sie tun?". Naja es ist bei einem Termin geblieben.

3. Versuch private Paartherapie bei einer Psychologin mit Psychotherapieausbildung (wäre aus meiner Sicht sehr wichtig, dass derjenige eine entsprechende Ausbildung hat, Mediator z.B. darf sich jeder nennen). 150€ für 90 Minuten. Tolle Therapeutin mit ernsthaften Interesse. Sehr einfühlsam und wertschätzend mit einen guten Gespür für das "Dahinter". Das Geld ist echt eine Hausnummer, aber für uns sehr lohnend, von der Krankenkasse gibt es nicht zurück, auch nicht steuerlich absetzbar. Am Anfang sind wir zweiwöchentlich gegangen, derzeit alle 4-6 Wochen.

Ich möchte dir Mut machen, den Schritt zur Paartherapie zu wagen. Uns hätte nichts besseres passieren können.

Bearbeitet von anonymus321
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Deinen Erfahrungen kann ich mich nur anschließen.

Nur eine professionelle Therapeutin resp. ein professioneller Therapeut mit entsprechendem theoretischen und praktischem (langjährigem) Studium, der selbst knallharte Supervisionen durchlaufen hat, kann letztendlich weiterhelfen. Inzwischen ist die moderne Verhaltenstherapie (meist kombiniert mit anderen psychotherapeutischen Verfahren, da die wenigsten Therapeuten noch einseitig arbeiten) so weit entwickelt, dass sie wirkliche Hilfe leisten kann, wenn sich die Leute helfen lassen wollen.

Da dies unverständlicherweise von den Kassen nicht bezahlt wird, muss man selbst entscheiden: Lohnt es sich das Geld zu investieren, oder sollte man gleich etwas für die Scheidung zurücklegen?

Grundsätzlich gibt es eine Ausgangsvoraussetzung: Es muss von beiden der unbedingte Wille vorhanden sein, die Probleme gemeinsam im Rahmen solcher Interventionen und Beratungen zu lösen. Ein oftmals langwieriger Prozess: Das könnte leicht anderthalb Jahre und länger dauern, und man muss die Geduld (und leider auch das Geld) dazu aufbringen. (Sigmund Freud mag ja in vielem geirrt haben. Aber eines hat er klar erkannt: Wer zahlt, hat eine höhere Motivation! Wenigstens dies ist ein Vorteil).

Noch etwas Wichtiges: Es gehört absolute Ehrlichkeit dazu. Ich konnte damals nicht über Sexualität in der Ehe sprechen - das war ein gravierender Fehler. Wer glaubt, bestimmte intime Bereiche oder negative Gefühle bei der Therapie ausklammern zu dürfen oder zu können, weil es bequemer ist, hat den Sinn von "Therapie" nicht verstanden.

Im übrigen kann man sich auch um eine von den Kassen übernommene Einzeltherapie bemühen. Sinnvoll ist dies bei mangelnder Impulskontrolle - vielleicht sogar für beide. Ob allerdings das Rezept "getrennt marschieren und dann gemeinsam zuschlagen" immer so gut ist? Ich bin ja selbst skeptisch, aber bei fehlenden finanziellen Mitteln scheint mir dies der einzige Ausweg.

Bearbeitet von Zweifler
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Hallo,
ich wollte an dieser Stelle einen Punkt kurz mal erklären, und zwar dass "unverständlicherweise" Paartherapien nicht von der Krankenkasse bezahlt werden: für eine Übernahme durch die KK braucht man eine Erkrankung, also eine Diagnose. Probleme in der Ehe sind aber keine Erkankung. Daher kann das per Definition nicht Ursache einer von der KK bezahlten Therapie sein.
Anders sieht es aus, wenn eine Person in der Beziehung eine psychische Erkrankung hat, dann kommt zB eine Systemische Therapie in Frage, die zahlt auch die Kasse. Ansonsten muss man leider Selbstzahler*in sein - dort ist man dann "Klient*in", wohingegen man in einer von der Kasse bezahlten Therapie "Patient*in", also erkrankt ist.

Bearbeitet von Psychotherapeutin
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Hallo,

wir waren ca 6x bei der Paar-Beratung der AWO. Hat pro Stunde 50 Euro gekostet. (Höchstsatz aufgrund unseres Verdienst)

Zu der Zeit hatte ich schon das Gefühl, dass es helfen würde und den ein oder anderen guten Ansatz konnten wir für uns mitnehmen. Jetzt ist es ca ein Jahr her, dass wir das letzte Mal da waren und ich habe das Gefühl, wir hätten uns das Geld sparen können. Langfristig hats nämlich nichts gebracht.

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Wir waren bei der Caritas und das war für den Moment wirklich sehr sehr hilfreich. Ich denke wir haben auch gut was für die jew Situationen mitgenommen.
Eine gute streitkultur haben wir dort leider nicht gelernt.
Wo man sowas erlernen kann, fände ich auch spannend. Ob es das bei einem professionellen Therapeuten gibt, bin ich auch immer wieder am überlegen.

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Ihr könntet euch auch mal mit gewaltfreier Kommunikation nach Marschall beschäftigen. Da gibt es bestimmt Übungsabende zum Trainieren in eurer Nähe🤷🏻‍♀️

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Paartherapie bieten verschiedene Einrichtungen an, Wie viel es kostet, hängt von der Stadt und Einrichtung ab, in der einen Stadt über Profamilia 2% vom Nettolohn, in der anderen Diakonie kostenlos. Beides ausgebildete Psychologen.

Warum es manchmal langfristig nicht funktioniert ist ganz einfach. Diät hilft kurzfristig Gewicht zu verlieren, aber dann geht es wieder rauf. Man muss eine Ernährungsumstellung machen und weiter zum Sport gehen. Dann hält man auch das Gewicht und genauso kann auch eine Paartherapie nur Erfolg haben 😉

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Wir waren 3 Mal bei pro Familia. Die Erfahrung war soso. Nichts schlechtes, aber auch wenig Gutes. Die Frau war nett, hatte uns aber nicht wirklich verstanden und verfehlte mit ihren Kommentaren öfters das Thema. Am Ende sagte sie so was wie "ich kann euch nicht weiter helfen, ich gebe euch 50/50 dass ihr es schafft".

Am Ende hat's bei uns nicht geklappt.