Care-Arbeit / Technik-Arbeit

Ich würde gerne mal lesen, wie ihr das seht: Jeder erinnert sich vermutlich hier an das Lied „Das bißchen Haushalt … sagt mein Mann“. Seit einiger Zeit habe ich das passende Gefühl, dass das auch auf alles „Schwierige“ bzw. „schwer Verständliche“ zutrifft, also alles was irgendwie im weitesten Sinne technisch ist oder vielleicht noch das Finanzielle betrifft. Inwieweit seht ihr das (für euch) als belastenden, undankbaren (und ja: auch unbezahlten) Punkt an?

Mir erscheint es so, dass der ganze „technische Kram“ und das Finanzielle viel mehr Arbeit ist, als sie von außen erscheinen lassen. Ich hatte gerade erst den Fall, dass ich mich um einen neuen Router kümmern musste. Das bedeutet: Problemursache ausfinding machen (es stottert ja erst einmal das Internet. Könnte ja am Provider liegen, an einem kaputten DSLAM etc…), also mit dem ISP telefonieren, recherchieren, dann recherchieren welche Optionen es gibt, lesen und wenn man dann was gefunden hat, muss das Ganze auch noch installiert und zum Laufen gebracht werden. Das ist ein Projekt, das so aussieht, als sei es in fünf Minuten gemacht, aber beschäftigt einen dann doch irgendwie gut anderthalb Wochen lang jeden Abend für rund ein, zwei „Stündchen“. Es ist nicht so, dass ich das total ätzend finde, aber es ist eben Arbeit, die ich mir auch lieber sparen würde.

Und sowas kommt irgendwie in einer Tour. Neulich musste ich das Telefon auswechseln (passend zum Router und dann erstmal herausfinden wie das mit DHCP-Telefonen eigentlich genau funktioniert mit der Registrierung, eher eine Kleinigkeit, aber kostet auch mal eine Stunde) und die Kammer entrümpeln (das Zeug zum Wertstoffhof fahre ich natürlich auch). Davor war es der Monitor der Spielekonsole vom Ältesten, was mich ein paar Autofahrten und Recherche gekostet hat. Davor war es ein Dachschrägenrollo, das passend gefunden und eingebaut werden sollte. Hat das hier mal jemand gemacht? Dafür muss man erst mal überhaupt einen Anbieter finden (sunlux24, Tipp an der Stelle ;) ) und den Winkel vom Glas zum Rahmen exakt ausmessen. Die anderen Maße kommen natürlich hinzu. Soll der Rollo transparent oder abdunkelnd sein? Wie baut man das Teil ein ohne dabei das Glas zu zerstören? Auch hier: Sieht von außen nach 5 Minuten Arbeit aus, aber ohne Anhaltspunkte ist man da auch wieder Abende mit beschäftigt. Ich kann mich irgendwie nicht an einen Zustand erinnern, an dem mal einfach „nichts“ war. Das Nächste steht natürlich auch schon an: Ich muss vom Kinderwagen passende Ersatzteile bestellen, weil der Reifen (Mantel) kaputt ist und diesen dann anbringen. D.h. hier muss ich erst mal verstehen, wie die Maße sind, welche Ersatzteile passen und wie man das ganze dann schlussendlich anbringt. Steht auch an: Den ETF-Sparplan für den Jüngsten aufsetzen. Weiß hier jemand, was eine Nichtveranlagungsbescheinigung ist und hat selbe schon mal ausfindig gemacht und ausgefüllt? Auch hier: Recherchieren, nachlesen, Widersprüche beseitigen, abwägen zwischen den Vor- und Nachteilen (Familienversicherung bei Übersteigung eines bestimmten erwirtschafteten Betrags fällt dann nämlich aus) und so weiter.

Was ich eigentlich damit sagen möchte, ist (oder ich formuliere es als Frage): Findet ihr, dass solche Arbeiten übersehen werden, so wie es häufig mit Care-Arbeit getan wird?

Ich höre immer wieder, dass man Care-Arbeit ja regelmäßig hätte, aber es fühlt sich nicht so an, als hätte man mal frei von diesen „technischen Sachen“ und ich denke, dass wenn ich mal notieren würde, was dazu alles gehört, doch eine ziemlich große Summe an Stunden zusammenkäme.

Also: Wird es übersehen oder nicht und verdient es mehr Anerkennung? Hilfreich wäre auch noch die Information, ob ihr selbst dafür zuständig seid oder euer Partner oder eure Partnerin euch bei diesen Sachen unterstützt. Bin gespannt, was ihr denkt.

Bearbeitet von Beinemann
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Ich habe solche Sachen schon der 'Care-Arbeit' zugeschlagen. Gehört für mich zum Haushalt. Aber: Ergebnis und Aufwand müssen in angemessener Relation stehen, sonst würde ich da schon die Grenze zum Hobby überschritten sehen und das auf das Zeitkontingent der erbrachten Care-Arbeit aufzuschlagen, halte ich dann nicht für ok. Das wäre so, als würde man z.B. das Stricken eines Kinderpullovers als Hausarbeitszeit deklarieren, weil ist ja für's Kind.

Weisst Du, Du erinnerst mich ein wenig an meinen verstorbenen Mann: Der konnte sich auch mit Hingebung in Nickeligkeiten verstricken. Wenn ein Monitor nicht mehr funktioniert, tausche ich erst nacheinander alle Kabel aus / schliesse andere Geräte an und wenn sich dann immer noch nix tut, wird er für kaputt erklärt und je nach Alter eingeschickt oder gleich ein neuer gekauft. Mein verstorbener Mann schraubte ihn auf, meldete sich in x Foren an, lötete, machte, tat und erklärte ihn dann für kaputt. Mantel für Kinderwagen: Man schaut für die Maße auf den alten Mantel, sucht online nach einem entsprechendem Ersatz, baut die Reifen aus, neuer Mantel dran, fertig. Und wenn man dafür Stunden in Eigenarbeit veranschlagt, gibt es durchaus auch Radhäuser die das für einen für kleines Geld übernehmen.

Grüsse
BiDi

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Genauso sehe ich das auch. Bei uns gehört das genauso zum Haushalt wie waschen. Machen tut es halt mal der eine oder andere und das möglichst so dass es schnell geht...
Das eine oder andere was oben genannt ist hatten wir auch in letzter Zeit. Ich finde Router etc kein großes Thema und schüttel das aus dem Ärmel. Auch etf ist kein Ding für mich. Dafür diese ganze Sache mit Auto kaufen und anmelden online fand ich fürchterlich... Das hat dann mein Mann gemacht. Ohne großes aufleben darum. Ich mach ja auch kein bohei wenn ich oder er die Wäsche macht... Wir sagen dann kurz danke und gut ist. Solang es sich in Summe die Waage hält ist für mich alles OK

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Finde ich gut, dass das auf individueller Ebene für euch gut funktioniert!

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Ich persönlich habe bei Care-Arbeit nie an technische Sachen gedacht, was nicht heißt dass ich es nicht schätze oder sehe.
Finanzielle Angelegenheiten besprechen wir zusammen, jedoch die Büroarbeit dazu erledigt meist mein Mann.
Bei der Technik bin ich komplett raus. Ich habe zwei linke Hände und technisches Verständnis ist so gut wie nicht vorhanden. Da bin ich sehr glücklich, dass mein Mann und Schwiegervater technisch und handwerklich sehr begabt sind. Ich versuche mich da immer einzubringen und zu helfen, aber ich werde darin wohl nie gut sein. Ich sehe aber wieviel Zeit und vor Allem Nerven die Dinge kosten und zeige meinem Mann wie sehr ich das wertschätze und halte ihm bei größeren, schwierigeren Projekten den Rücken frei. Aber auch bei solchen Projekten ist er bei Haushalt, Erziehung etc. Ein zuverlässiger und aufmerksamer Partner.

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Liest sich schön, so als hättet ihr eine gut funktionierende Teilung!

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Im Grunde gehört der Teil auch zur Care-Arbeit dazu, finde ich. Auch wenn es nicht das erste ist, an das ich denken würde, wenn ich an Care-Arbeit denke. Für mich ist unter Care-Arbeit aber irgendwie alles drunter, was im Alltag anfällt und nicht bezahlt wird. Das Ausmaß dessen ist ja dann auch sehr unterschiedlich. Vielleicht bräuchte man da mal einen neuen Begriff für, damit es deutlicher wird, dass auch alles technische, finanzielle und handwerkliche dazugehört.

Wie jemand schon schrieb, kommt es zum einen auf die Rahmenbedingungen jedes einzelnen an (z.B. Größe der Wohnung, ist Wohneigentum vorhanden?, Anzahl der technischen Geräte und Komplexität, wird handwerklich viel selbst gemacht bzw. muss überhaupt viel gemacht werden, weil eigenes Haus oder ist man da eher raus, weil Mietwohnung) und dann kommt es noch darauf an, was mein eigener Anspruch ist. Ist beim Haushalt genauso wie bei technischen Sachen. Reicht es, die Fenster 1x im Monat zu putzen oder jede Woche? Hab ich viel Smart-Home-Zeug zuhause oder mache ich alles manuell?

Grundsätzlich fallen diese Bereiche in manchen Diskussionen vielleicht eher unter den Tisch.

Bei uns zuhause spielen diese Diskussionen weniger eine Rolle, weil wir beide machen, was getan werden muss. Wenn man merkt, dass einer dauerhaft mehr Freizeit hat, wird die Arbeit etwas umverteilt und fertig. Wenn man merkt, dass einer am Limit ist, wird eben entlastet, wo es geht: entweder durch zeitweises Senken des Anspruches oder Umverteilung der Arbeit, wenn das die Kapazitäten des anderen nicht sprengt.

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Aus dem Kontext gegriffen, aber: gibt es echt Leute die wöchentlich Fenster putzen? Bin froh wenn wir das einmal im Jahr erledigen 😄

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Haha, keine Ahnung, wir nicht ;) Aber es gibt denke ich schon sehr perfektionistische Menschen, was das angeht und da kleine Kinder ja immer wieder mit den Fingern die Fenster antatschen, sind diese in dem Fall ja auch immer wieder dreckig

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Für mich gehören diese Aufgaben ebenfalls zur Care-Arbeit dazu. Und nicht nur für mich. Wenn du zum Beispiel mal in diverse Equal Care Tests schaust, dann werden die Aufgaben, die du beschreibst, der Care-Arbeit zugeschrieben.

Ich bin etwas irritiert, wie lange du brauchst, um zum Beispiel einen neuen Router zu besorgen. Deine Rechnung sagt mir, du brauchst für diese Aufgabe 10-20 Stunden. Echt jetzt? Klar, in fünf Minuten ist das auch nicht immer gemacht, aber wenn du bis zu 20 Stunden brauchst, um nach einem Gerät zu recherchieren, dann machst du aus meiner Sicht etwas falsch. Normalerweise sollte sowas in 0,5-2 Stunden erledigt sein, von mir aus 3-4 wenn man sich überhaupt nicht auskennt.

Aufgaben wie Steuererklärung und kleinere Reparaturen sind i.d.R. bestimmt auch nicht mit mehr Dank und Ehre verbunden, wie Klo putzen und Wäsche waschen, da gebe ich dir recht. Der Unterschied ist aber, dass die „technischen“ Aufgaben deutlich unregelmäßiger bzw. seltener anfallen. Die Steuererklärung machst du einmal im Jahr, putzen, kochen, tralala machst du jeden Tag.

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Naja, ich habe ja dargelegt, dass bei mir diese Technik-Arbeiten ein bodenloses Fass sind und auch an manchen Stellen hier im Thread, warum eine halbe oder zwei Stunden nicht ausreichen in bestimmten Fällen einen Router zu organisieren. Ich finde auch, dass du mit deinen Aussagen diese Art der Fürsorge entwürdigst.

Die Frage nach der Angemessenheit ist aber wesentlich. Was wäre für dich beispielsweise „Tralalala“? Was fällt alles genau darunter und wie lange benötigst du dafür?

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Hallo Beinemann,

mit Entwürdigung hat das nichts zu tun. Es ist eine wichtige Aufgabe, sich um derlei zu kümmern. Und selbstverständlich steht es dir absolut frei, viele Stunden darauf zu verwenden, um ein neues Gerät anzuschaffen. Ich halte ein solches Vorgehen nur für äußerst ineffizient. In unserem wie wahrscheinlich in jedem Haushalt fallen solche Aufgaben natürlich auch immer wieder mal an, aber es hält sich niemand den ich kenne stundenlang damit auf. Dafür wäre zumindest bei uns auch gar keine Zeit. Wenn mir jemand sagt, er/sie verbringt 20 Stunden damit, ein To Do im Haushalt zu erledigen, dann muss ich immer an diese Reinigungsvideos auf den Sozialen Medien denken, die mir manchmal angezeigt werden. Da wird zum Beispiel unter wahnwitzigem Zeit- und Ressourceneinsatz ein enorm verschmutzter billiger Teppich gereinigt, den jeder normale Mensch sofort entsorgen würde. Anderes Beispiel: Ich koche ganz gut und gerne und übernehme deswegen diese Aufgabe für unsere Familie. Jetzt könnte ich natürlich sagen, ich bereite jeden Tag einen Sonntagsbraten mit selbstgemachten Semmelknödeln und fünf Gemüsebeilagen zu und stehe dafür ein paar Stunden in der Küche. Könnte ich machen. Aber es wäre doch ziemlich unfair, meiner Familie vorzuwerfen, sie entwürdigen meine Arbeit, wenn sie mich fragen würden, ob Nudeln mit Tomatensauce nicht auch mal ne Option wären.

Mit Tralala meine ich die Aufgaben, die du in deinem Ursprungspost von den „technischen Aufgaben“ abgegrenzt hast, im Sinne klassischer Care-Aktivitäten: Putzen, einkaufen, kochen, Betten beziehen, Kinder/Familienmitglieder betreuen, neue Socken besorgen usw. Der Gesamtzeitaufwand ist für mich ziemlich schwer einzuschätzen, auch weil vieles parallel läuft (Da brutzelt was im Ofen, das regelmäßig gewendet werden muss, während man die Wäsche aufhängt und dem Kind eine Geschichte erzählt). Aber mir fällt keine Einzelaufgabe ein, die mich stundenlang ausschließlich in Beschlag nimmt.

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Hm, es kommt wirklich drauf an. Wie eine andere Userin das schon so toll beschrieben hat. Wir reden hier ja doch eher von "haushaltsfernen" Tätigkeiten.

Wird die Aufgabe/Herazsforderung zu einem reinen Zeitfresser, weil weder die Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen vorhanden sind, dann zählen sie für mich nicht dazu. Man muß halt schon seine Grenzen kennen, finde ich.
In eine Beziehung bringt nun mal jeder etwas Know How mit, wenn sich das noch arg unterscheidet...Jackpot. Wo beide Plan von haben wirft man eben ne Münze, wer sich kümmert. Und bei ganz vielen Sachen, tragen beide zum Ergebnis bei. Vergleichbar mit deinem Rollo....ich bestelle, Mann baut ein und sagt mir vorher auf was ich achten muß. Das zeitraubendste daran war die Auswahl der Farbe/des Musters. Okay, das war jetzt etwas mies.

Also ja, "Technik-Arbeit" fließt mit rein, ganz klar....aber unterscheidet sich deutlich von alltäglichen Tätigkeiten rund um Kind und Haushalt. Und och fließt es am Ende wieder ins große Ganze, denn hauptsächlich wird ja dadurch Zeit oder Geld gespart. Aber eben nur, wenn man weiß, was man da macht.

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Ja, das ist in etwa der Punkt: Wenn man hellsichtig ist und alles von vorne herein weiß, ist das alles weniger zeitaufwändig. Die meisten Menschen werden aber vermutlich in einem gewissen Alter noch nicht selbständig einen Dachschrägen-Rollo eingebaut haben und müssen sich erst einmal informieren.

Für mich kristallisiert sich hier im Thread die Frage heraus, was hier Zeit- und Aufwandmäßig angemessen ist.

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Angemessen ist das, wenn der Aufwand, um das Wissen zu erwerben, nicht dazu führt, das andere Tätigkeiten vernachlässigt werden.

Ich gebe dir mal ein Beispiel aus meiner Welt. Ich liebe es Urlaube zu planen und mutiere da zu einem kleinen Terrier, der sich komplett auf sein Ziel fokussiert. Mein Mann würde einfach ins Reisebüro gehen und andere die Arbeit erledigen lasse, weil er da keinen Bock drauf hat. Beide Varianten führen zum Ziel, keine ist schlechter als die andere.
Aber, ich kann doch mein Vergnügen bei der Suche (das ist es ja) nicht als Zeit berechnen, denn die schlußendliche Buchung oder Entscheidung ist nun mal nur ein Bruchteil meines Vergnügens und nur diese Zeit kann ich auch anrechnen.


Willst du unbedingt diesen Roboter selber knacken und investierst da viel Zeit, dann ist das dein Privatvergnügen. Du mußt das ja nicht machen, sondern könntest dich auch für eine andere Lösung entscheiden....Umtausch, Fachleute fragen, sich für ein anderes Modell wählen....das nicht so "kompliziert" ist.

Auch beim Rollo....wenn du unbedingt das Ding selber schaukeln möchtest, dann ist das dein Vergnügen, anrechenbar wäre für mich (aufgrund des fehlenden Wissens) eigentlich nur die Zeit die du im Fachmarkt verbringst, um das Teil dort zu bekommen. Beim nächsten Rollo weißt du dann ja bescheid, denn im Fachmarkt hast du ja dazu gelernt ;-).

Zeit und Aufwand haben für mich immer was mit Effizienz zu tun.

Bearbeitet von Butterstulle
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Bei uns ist es nicht so, dass sich nur einer um die technischen Sachen kümmern würde, sondern das machen wir beide. Von daher kann ich sagen, dass ich durchaus Ahnung davon habe, wie viel Aufwand da auffällt. Und bei uns ist das weit weg von "man hätte nie frei von solchen technischen Sachen".

Selbst, wenn ich kleine Reparaturen im Haushalt, alles rund ums Auto (das meiste davon mache übrigens ich) und Finanzen (auch zu einem großen Teil ich) zusammen zähle, ist das vom Ausmaß her viel, viel, viel weniger als Haushalt und Kinderbetreuung.

Was ich bei dir herauslese: du scheinst ein sehr gewissenhafter, genauer Mensch zu sein, dem es wichtig ist, sich bis ins letzte Detail mit allem auseinanderzusetzen, bevor du etwas machst oder eine Entscheidung triffst. Das scheint eine Persönlichkeitseigenschaft von dir zu sein, die - wie alle Persönlichkeitseigenschaften - ihre Vor- und Nachteile hat.

Wir beide, mein Mann und ich, sind da anders. Wir sind nicht perfektionistisch, uns reicht "gut genug". Also mit allem, was so einfällt, beschäftigen wir uns so ungefähr, überblicksmäßig, fällen dann eine Entscheidung und machen es. Kennst du das Pareto-Prinzip? Mit 20 Prozent des Aufwands lassen sich die meisten Sachen so erledigen, dass die Qualität zu 80 Prozent passt... aber für die verbleibenden 20 Prozent hin zur Perfektion (wenn man diese denn zu erreichen anstrebt), bräuchte man dann weitere 80 Prozent des Aufwands, also vier Mal so viel, wie für ein nur "akzeptables, aber nicht perfektes" Ergebnis.

Ressourcen im Leben sind begrenzt, das gilt für Geld genauso wie für Zeit und Energie. Man kann fast jede Aufgabe extrem sorgfältig erledigen, ewig darüber nachdenken und viel Zeit dafür aufwenden. Man muss aber nicht. Uns ist es wichtiger, alle Lebensbereiche so einigermaßen abzudecken, sodass alles passt, aber nichts zu kurz kommt.

In einer Beziehung finde ich es sehr wichtig, dass die grundlegenden Werte einigermaßen übereinstimmen. Das ist natürlich immer wieder auch ein Aushandlungsprozess, mit sich selbst und in der Partnerschaft. Werte bedeuten auch: was ist es mir wert, dafür wie viel Zeit zu verwenden?

Als Beispiel: ich könnte fast jeden Bereich meines Lebens so führen, dass er meine ganze freie Zeit braucht. Und dann auch eine Rechtfertigung dafür finden, warum das nötig ist.

Beispiele: für einen gesunden Körper ist es nötig, dass ich ausschließlich frische, aufwendig selbst gekochte Mahlzeiten in Bioqualität esse, und niemals etwas anderes. Außerdem mein Brot selbst backe, das Korn dafür selbst mahle usw. Natürlich muss ich auch viel trainieren, und zwar sowohl Ausdauer, Kraft als auch Entspannung und Meditation gehören zu meinem ganzheitlichen Trainingsprogramm.

Oder: damit der Haushalt wirklich herzeigbar ist, sollte jeden Tag das ganze Haus geputzt werden, jeden zweiten Tag aufgewaschen, jede Woche die Fenster geputzt und vieles mehr.

Oder: damit die Kinder gut aufwachsen und gefördert werden, sollte ich ihnen jede verfügbare Minute widmen und mit ihnen spielen, lernen usw. Und wenn sie wirklich mal alleine beschäftigt sind, sollte ich mich in dieser Zeit zum Thema optimale Kindererziehung informieren und weiterbilden.

Du siehst... absolut JEDER Lebensbereich ist bis ins Unendliche zeitlich ausdehnbar.

Die Frage ist: wofür wollt ihr eure Zeit-Ressourcen einsetzen, du und deine Partnerin? Wie viel davon soll welchen Bereichen gewidmet werden? Es gibt keine "natürliche" Einteilung, wie viel Zeit und Aufwand welcher Lebensbereich braucht, vieles davon ist eine Entscheidung und es empfiehlt sich, diese bewusst zu treffen.

In eurem Fall in Bezug auf Technik-Arbeit: ist es deinem Wohl und dem deiner Familie am dienlichsten, wenn du so viel Zeit dafür aufwendest (auf Kosten anderer Lebensbereiche)?

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Ich verstehe worauf du hinauswillst, aber so gewissenhaft, wie du unterstellst, bin ich gar nicht. Ich arbeite eher nach dem Minimalprinzip, also mit minimalem Aufwand das „Klassenziel“ erreichen. Ich vermute, wir haben unterschiedliche Anforderungen, denn bei uns/mir fallen Technikarbeiten wirklich täglich an und wie ich schrieb, gibt es da auch kein Ende in Sicht. Bei dem Reifenwechsel bin ich jetzt so weit, dass ich den Support von Thule angeschrieben habe, wie ich herausfinden kann, welches Modell wir haben und ob die Ersatzteile für das Modell, von dem ich annehme, dass wir es besitzen (2nd Hand), auch von den Modellen anderer Baujahre (da wird nämlich in der Spare-Part-Liste unterschieden) eventuell doch passen könnten, weil die passenden Teile für unser vermeintliches Modell nicht mehr lieferbar sind. Es ist ein Rattenschwanz und hier kann ich nicht das Pareto-Prinzip anwenden, weil ich schon viel zu häufig mit Fehlkäufen auf die Nase gefallen bin, als dass es sinnvoll wäre. Die Konsequenz daraus ist, dass es eben nicht 30 Minuten dauert, sondern mehrere Stunden/Tage. Ich denke, dass wir da recht unterschiedliche Ausgangslagen haben. Nichtsdestotrotz ist für mich die übergeordnete Frage interessant, was angemessen ist. Wäre es aus deiner Sicht angemessen einfach (vermutlich) passende Ersatzteile zu bestellen?

Bearbeitet von Beinemann
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Wir haben auch einen Thule und das war der Reifen, von dem ich berichtete, dass er uns nur 10 Minuten Zeit beim Fahrradhändler gekostet hat 🤷

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Ich lebe seit vielen Jahren mit bis zu vier Kindern alleine und mache sowohl die Car- als auch die technische Arbeit selbst. Aus meiner Sicht ist die Care-Arbeit viel mehr. Das, was du hier als Herangehensweise beschreibst, empfinde ich als Verkünsteln. Mir fallen aber gleich zwei Expartnerinnen, die mit ihrem 1-Personen-Haushalt und für sich selber mehr Arbeits- und Zeitaufwand hatten, als ich für 5 Personen. Mir scheint, wieviel Raum eine Aufgabe einnimmt, wie komplex und kompliziert das ist, ist auch Typsache.

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Es kristallisiert sich so ein wenig heraus, dass viele der Ansicht sind, ich würde zu viel Zeit da reinstecken. Ich finde, das passt gut zu meiner Ausgangsfrage, ob Technikarbeit gewürdigt wird. Aktuell habe ich ein wenig den Eindruck, dass es als Hobby oder Spleen abgetan wird und als eigentlich nicht notwendig und leicht überzogen.
An anderer Stelle fragte ich, wie Angemessenheit aussehen könnte und wo man da die Grenzen zieht. Ist es bspw. schon übertrieben das fünfjährige Kind komplett von Fernsehen und Medien fernzuhalten? Ab wann beginnt Vernachlässigung und was wäre akzeptabel?
Manche Dinge benötigen einen Mindeststandard. Ich beispielsweise grüble seit ein paar Vorträgen von Manfred Spitzer, ob es überhaupt noch okay ist, dass ich meine Kinder an Medien lasse. Pragmatisch gibt es eine Zeitbegrenzung. Aber übertreiben diejenigen, die gar kein Fernsehen und Medien erlauben oder nur ausgesprochen wenig und deswegen Zeit und Aufwand investieren um den Kindern ein anderes Rahmenprogramm zu bieten? Ich wäre skeptisch und würde das nicht als verkünsteln oder Hobby abtun, sondern als ehrliche Anstrengung seinen Kindern etwas Besseres zu bieten.

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Ich sehe das genau so wie du.

Die ungleiche Bewertung sehen wir hier ganz aktiv, denn auf ein mal fühlt sich hier jede zur Technikexpertin erkoren, die vielleicht ein mal einen Router angestöpselt hat. Würde ich so über die Hausarbeiten meiner Frau reden - die Hölle würde losbrechen. Zurecht!

Dass es unterschiede im Aufwand/Rahmen gibt je nach vorhandenem Bedarf ist doch klar, es gibt überhaupt keine Notwendigkeit an deiner Zeitschätzung irgendwas zu diskutieren... die generelle Aussage bedarf keiner minutengenauen Betrachtung und der Router war eh nur ein untergeordnetes Beispiel. Schon jemand eine Terrasse gebaut, oder einen Keller gefliest? Auch so tolle Aufgaben, die nachts nebenbei laufen :P.

Das muss hier einfach runterdiskutiert werden, denn sonst kratzt man ja an dem Nimbus, dass Frau 24/7 fürs Kind arbeitet, Erwerbsarbeit eigentlich nur Hobby in der Kaffeeküche ist, der Mann nach der Arbeit fast schon die Füße hochlegt und sonstiges Zeug nie nie niemals Arbeit kostet.

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Ich würde es vielleicht nicht so krass ausdrücken, aber so in etwa diesen Eindruck habe ich auch. Viele Männer reden auch einfach nicht darüber, aber ich habe immer den Eindruck, dass soetwas unter den Tisch gekehrt oder künstlich kleingeredet wird nach dem Motto „Das bißchen Technik … sagt meine Frau“.

Ich vermute, man muss einfach mehr erklären und aufzeigen, woran bestimmte Dinge hapern oder warum bestimmte Dinge eben sehr aufwändig sind und einen bestimmten Mindesstandard benötigen.

Viele die „einfach den Router einstöpseln“, wundern sich früher oder später, warum Netflix hakelt oder die Xbox vom Sohn oder der eigene Laptop fürs Homeoffice ständig Verbindungsabbrüche haben. Wenn man da nicht einmal sich informiert hat, kommt man halt nicht auf den Trichter, dass in einem 100-m² großen Wohnung mit dicken Wänden und dem Router hinterm Aquarium das 5-GHz-Band nicht so dolle funktioniert und wenn dann drei Repeater gekauft werden, damit die Wohnung ausgeleuchtet wird, hat man auf einmal nur noch Downloadgeschwindigkeiten im Kilobyte-Bereich. Und da ist die ganze Security- und überbeanspruchte-Kanal-Problematik ist da noch gar nicht mit eingedacht.

Ich möchte mich gar nicht hier in Rage reden (ich denke, du verstehst das), sondern eher klarmachen, dass es eben ein bestimmtes Maß an Arbeit benötigt um einen Mindesstandard einzuhalten. Klar, kann man damit leben und das ist vielleicht für einige dann auch gut genug. Es wirft allgemein die Frage auf, was angemessen ist bei unbezahlten Arbeiten rund um Haus und Familie. Es erscheint mir hier nickelig, streng darauf zu achten, was bereits Hobby sein könnte – in meinen Augen entwürdigt man unter dieser Prämisse Fürsorge im Allgemeinen.

Bearbeitet von Beinemann
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Den Eindruck habe ich auch. Hier wird immer so vehement drauf gepocht, Carearbeit bzgl. Kind(ern)/Haushalt der Erwerbsarbeit mindestens gleichzustellen, aber alles, was sonst so anfällt, in keinen der genannten Bereiche fällt und in aller Regel nicht die eigene Baustelle ist, würde man sich selbstverständlich aus dem Ärmel schütteln, wenn man denn wollte. Ist klar.

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Ich bin mir da nicht sicher.

Vorab: ich übertrage solche Arbeiten auch an meinen Mann. Ich habe überhaupt keine Lust mich damit zu beschäftigen. Wäre ich alleine und hätte z.B. ein Problem mit dem Router, würde ich schauen, ob sich in meinem Umfeld jemand damit auskennt und mir behilflich wäre oder ich würde einen Firma damit beauftragen. Damit hätte sich das Problem für mich erledigt.

Jetzt ist es aber so, dass mein Mann vorhanden ist und sich eben gerne mit technischen Dingen auseinander setzt. Er kann dann auch stundenlang lesen, probieren, machen und tun. Anschließend wir mir das auch so verkauft, dass er ja schließlich jetzt seit 2 Wochen mit XYZ rummacht und das in seiner Freizeit. Jetzt kenne ich ihn auch nicht erst seit gestern und weiß, dass es ihm insgeheim ja auch Spaß macht - soll er es halt tun. :-) Mich ärgert dann anschließend nur, dass es mir als "Arbeit" verkauft wird und dann andere Dinge deswegen liegen bleiben. Er hätte ja ebenso die Möglichkeit einen Fachbetrieb anzurufen und den das einfach reparieren zu lassen.

Dann ist aber halt für ihn einfach die Abwägung da, ob er jetzt 2 Wochen auf extremst beschäftigt macht, weil XYZ kaputt ist oder ob er für Gartenarbeit/Autowaschen usw. eingespannt wird. Da ist doch wohl klar, wie seine Entscheidung ausfällt oder? :-) :-) :-)

Ist bei uns jetzt nicht mehr so wild, da keine kleinen Kinder mehr im Haus sind aber trotzdem ärgerlich.

Dann kommt noch hinzu, dass die Care-Arbeit ja jeden Tag für die nächsten 18 Jahre anfällt. Das sollte bei Reparaturarbeiten ja eher nicht der Fall sein.

Was bei uns jetzt tatsächlich zu einem diskutablen Punkt gekommen ist, ist die Arbeit am Haus an sich. Wir sind beide keine 20 mehr, gehen beide arbeiten. Tochter zieht in absehbarer Zeit aus. Das Haus mit allen verbunden Arbeiten ist aber immer noch da. Es muß hier und da renoviert werden, die Straße gekehrt, der Garten gemacht und und und... Er kann oder will da auch nicht mehr so wie früher, weil Rücken und Knie und überhaupt. Ich kann mich aber auch nicht teilen, also muss eine Lösung her. In unserem Fall Haus muss weg, kleine Wohnung her.

Das ist mit Eure Situation natürlich nicht zu vergleichen. Was ich aber sagen will, wenn Deine Frau mit Care-Arbeit und Job ausgelastet bist und Du mit Job und Technik usw ebenfalls. Dann muss halt eine Lösung her. Reparaturarbeiten auslagern, Babysitter anstellen oder was auch immer. Der Tag hat für jeden eben nur 24 Stunden und nicht jeder kann jeden Tag die gleiche Leistung bringen.