Gedankenkreise, für die ich mich schäme

Hallo,

ich möchte zunächst von mir erzählen.

Ich bin 30 Jahre alt, seit 7 Jahren mit meinem Mann zusammen, seit 2,5 Jahren verheiratet. Im Februar letzen Jahres haben wir unser Wunschkind bekommen. Im September sind wir dann in unser Traumhaus gezogen. Klingt perfekt.

Wir haben einige kleine Baustellen in unserer Beziehung, die vermutlich nach dem ersten Babyjahr fast normal sind. Uns fehlt die Zeit zu zweit zunehmend. Unser Kind akzeptiert bislang keinen Babysitter, weshalb wir seit der Geburt nicht mehr aus waren. Wir arbeiten daran, aber meistens enden unsere Abende auf dem Sofa mit der Glotze.

Im April wird mein Sohn in der Kita eingewöhnt (hoffe, das klappt), ab Juni gehe ich wieder arbeiten (20 Std.).


Soviel zu mir. Und nun zum eigentlichen Problem:

Seit mehreren Monaten ist mein Exfreund täglich in meinen Gedanken präsent. Es war damals eine sehr sehr intensive, aber relativ kurze Beziehung, die toxisch war und zum Schluss nur noch wehtat. Wir sind beide sehr temperamentvoll und emotional gewesen, was definitiv nicht gut tat. Es hätte rational gesehen schon nie funktionieren können. Ausgesprochen haben wir uns nie. Konnte ich damals nicht, zu sehr war ich verletzt.

Meinen jetzigen Mann habe ich 1 Jahr nach der Trennung kennen gelernt. Also ist das ganze schon 8 Jahre her… mein Mann ist im übrigen genau das Gegenteil. Er ist ruhig, kann überhaupt nicht streiten und kein bisschen emotional 😅 aber ich denke, dass es deshalb so gut funktioniert zwischen uns.
Ich sehe meinen ex derzeit ab und zu, vielleicht kam es deshalb hoch?
Ich sehne mich, ihm zu schreiben, mit ihm zu reden. Dennoch würde ich NIE meinen Mann betrügen oder Ähnliches.
Ich weiß nicht, warum er mir nicht aus dem Kopf geht… und was ich erwarte, was passiert, wenn ich schreibe.

Vielleicht habe ich das damals nicht verarbeitet. Aber es kann mir doch mittlerweile egal sein, oder?

Mein Mann weiß nichts von meinen Gedanken.

Danke fürs lesen ❤️

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Konzentriere Deine Gedanken auf Deine Ehe. Du hast da was ganz arg Tolles und beschreibst es auch als solches. Die ersten Babyjahre können hart sein, und man denkt dann manchmal dran, wie es damals war, sich frei zu fühlen. Dann natürlich auch zwangsläufig an die Personen, die in der damaligen Zeit die Protagonisten waren. Aber man vergisst dabei auch, wieviel Schlechtes damals war. Ich glaube, Du sehnst Dich eher nach Unbeschwertheit, die Du früher hattest, nicht nach Deinem Ex. Verwechsle das nicht. Und halte Dich besser davon fern, mit ihm den Kontakt zu intensivieren. Arbeite an Deiner Ehe, nehmt Euch schöne Dinge vor, auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Arbeitet daran, dass es langsam wieder unbeschwerter wird. Das bekommt Ihr hin. Aber lass bloß die Finger von Deinem Ex. Du würdest das bereuen, glaube ich. Ganz schnell ist dann alles kaputt, und man wacht erst dann auf und sieht, was man eigentlich hatte.

Bearbeitet von Conan-1974
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Ja, das sehe ich auch so.

Kontaktiere nicht deinen Ex, das ist ein Spiel mit dem Feuer, an dem du dich verbrennen wirst.

Der Alltag, die Routine hat euch bereits etwas eingeholt und die Sehnsucht nach etwas neuem Prickelnden kommt hoch.

Dieses Phänomen habe ich fast in meinem kompletten Bekanntenkreis.

Der Rest geht zur Paartherapie oder nimmt gezielt Babysitter, um sich auch auf der Paarebene nicht zu verlieren.

Es ist viel Arbeit die Beziehung liebevoll und frisch zu halten, vor allem mit Kind!....das zumindest mein Eindruck in meinem Umfeld...

Ihr schafft das, die Grundvoraussetzungen klingen doch gut bei euch, aber nehmt euch mehr Zeit für euch oder ändert Kleinigkeiten und gebt euch im Alltag mehr Aufmerksamkeit...ein Küsschen mehr, ein kleiner Brief, eine Massage..what ever.

Alles Gute.

VG

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Frage dich, was du dir von einer Aussprache erwarten würdest nach den vielen Jahren. Bedenke auch, dass ein Mensch sich in 9 Jahren mehr oder weniger stark verändert/weiterentwickelt. Denke mehr an die negativen Dinge, die zur Trennung geführt haben.

Wäre es eine Option, wenn du gerade dabei bist, dich in Gedanken an den Ex zu verlieren, bewusst inne zu halten und dir Gedanken über euch und eure Beziehung zu machen? Investiere die Zeit doch lieber in euch als in den Ex. Vielleicht akzeptiert das Kind einen Babysitter, wenn es im Bett liegt und ihr bekommt so Zeit für euch? Vielleicht etwas besonderes für den Mann planen, als Alternative zum Sofa-Abend - wenn das euch beiden entspricht. Denn trotz Kita ändert es sich ja erst mal nichts an der Abend-Gestaltung.
Mache dir auch Gedanken, ob du was vermisst oder warum es doch toll ist, gerade deinen Mann an der Seite zu haben.

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Hey,
Ich glaube dieses "Aussprechen wollen" ist eine Ausrede Deines Unterbewusstseins.
Du "fliehst" gedanklich von der Situation daheim weil Dir was fehlt und der Ex ist halt ein passendes Thema, das spannend genug ist und Raum einnimmt. Ich glaube das ist normal. Kenne das von mir auch.
Ich finde es extrem wichtig, sich diesen Irrglauben bewusst zu machen, auf keinen Fall Kontakt zu suchen und sich nur auf die Ehe zu fokussieren.
Das mit Deinem Ex ist Quatsch.
Liebe Grüße 🙂

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Hallo,


> Wir sind beide sehr temperamentvoll und
> emotional gewesen, was definitiv nicht gut tat.

Du scheinst ziemlich auf den Kick des emotionalen Karussells abzufahren. Das ist gefährlich. Du warst weise genug, dir zur Gründung einer Familie einen guten, verlässlichen und liebevollen Partner zu suchen. Jetzt sorge dafür, dass du eben diese Eigenschaften lieben lernst.

Das kannst nur du allein schaffen, da du dafür auch dein Denken ändern musst. Schau nicht darauf, welche Adrenalin-Kicks dein Mann nicht erzeugt sondern sei dankbar für ruhiges Fahrwasser.

Versacken vor dem TV? Also da kannst du doch sicher etwas gegen tun? Was hindert euch daran, im Wohnzimmer die Zeit zu zweit intensiv zu erleben. Gerade nach Kind ist es erst mal an der Frau, das Sexleben zu reaktivieren, weil ein rücksichtsvoller Partner oft aus Rücksicht nicht zu fordernd sein will. Das solltest du schätzen, nicht verurteilen. Wenn du Kick suchst: könnte euer Sexleben Bühne für eine Auszeit vom Alltag sein? 50 schades of Grey mit ihm schauen und überlegen, ob du deinen Kick auch im Rollenspiel bekommen kannst ohne eure Beziehung und damit das Elternhaus eures Kindes toxisch zu belasten?

Übrigens: um sich nah zu sein, müsst ihr nicht vorher zu Essen ausgehen. Warum sich das besser anfühlt, ist, dass alles am Date vom Duschen, Schminken, Kleiderwahl, Restaurant Teil der Vorfreude ist. Du kannst ja schon mittags deinem Mann eine SMS schreiben und erwähnen, welche Unterwäsche du gerade anziehst. Einfach verteilt über den Tag mit Kind halt auch schon an den Abend denken. Das fördert die eigene Lust und gerade mit Kleinkind daheim finden sich mit so einem Mindset plötzlich viel mehr 'Gelegenheiten', einfach weil unsere Einstimmung auf die Rolle 'Liebhaberin' schon läuft. Und mehr Lebensfreude entsteht auch, nicht dass 'Mama' nicht toll ist, aber frau sieht sich halt auch nach einer Geburt gern als begehrenswert. Brich das Eis ein paar mal, dann kommt auch er wieder von sich aus.

Idealerweise bleibt dann auch das Verlangen nach dem toxischen Ex aus.

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Wenn diese Person trotz dieser toxischen Vergangenheit eine so große Rolle in Deinem Kopf spielt nach acht Jahren, dann glaube ich nicht, dass hier die Regel gilt, dass die Zeit alle Wunden heilt. Da ist auch eine Gefahr dabei, dass die Gedanken so weit kreiseln, dass Dir irgendwann Dein eher emotionsarmer Mann auf den Geist geht, weil Dein Gedankenkarussell dann doch mit Was-Wäre-Wenn-Sachen anfängt, in der die toxischen Seiten vergessen werden, vielleicht verschwunden oder in Deiner Phantasiewelt beherrschbar sind. "Ich sehne mich danach, ihm zu schreiben und mit ihm zu reden... er geht mir nicht aus dem Kopf" sind schon sehr starke Formulierungen. Und jemand, der nicht "da" ist, macht auch nichts falsch. Der, der da ist, natürlich schon.

Schließ die Sache vernünftig ab. Such das Gespräch mit dem Ex, sprich Dich aus, mach' dieses Kapitel für Dein Leben zu. Aber überlass das Thema nicht Deinen Gedankenkreiseln und der Phantasie, wenn die nach acht Jahren noch da sind, wäre mein Rat. Mit "Glück" kommst Du im Zuge dieses Gesprächs rasch zur Erkenntnis, dass doch viel Phantasie im Spiel ist.

Es liest sich alles aber nicht so, als könntest Du Deinen Kopf und Deine Emotionen "überlisten" und zum Vergessen zwingen.

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Ich halte das für relativ normal, dass man ab und an den alten Zeiten nachtrauert - nichts anderes ist es wahrscheinlich. Wenn ich meinen ehemaligen Partner sehe, denke ich in erster Linie an gemeinsame Erlebnisse. Und die waren allesamt sehr viel aufregender und spannender, als das Leben aktuell ist :-D Da gab es keine Kinder, keine strikten Zeitpläne, kein "Vielleicht schaffen wir es ja nächsten Monat endlich mal, zusammen essen zu gehen". Das Leben war unbeschwert und frei und großartig, und gerade in harten Phasen erscheint es einem wie das Paradies.

Was erhoffst du dir, wenn du ihm schreibst? Ein bisschen Kribbeln vermutlich ;-) - und genau deswegen würde ich es lassen. Es gibt Momente im Leben, wo man wirklich mit aller Willenskraft vernünftig sein muss, weil man anfällig ist für Dummheiten.

Wir haben irgendwann mal für uns die Vereinbarung getroffen, dass wir als Paar über sowas offen miteinander reden. Das nimmt der Sache sehr viel Macht und stärkt auch das Vertrauen untereinander. Mein Mann hat seine langjährige ehemalige Partnerin jetzt bei einer geschäftlichen Reise getroffen, war mit ihr essen und in irgendeiner Ausstellung - alles kein Problem, weil wir jederzeit alles in der Richtung offen besprechen. Aber mach nichts heimlich, was sich dann ungut entwickeln könnte. Selbst wenn du das nicht willst, kann das passieren. Damit meine ich nicht zwangsläufig Betrug, sondern eher, dass man die Sehnsucht auf frühere Dinge aktiv befüttert und dadurch selber unzufriedener wird. Wozu? Du hast da was Tolles. Es kommen bessere Zeiten. Und bis dahin seid ein bisschen kreativ und überlegt euch, wie ihr die Date-Lage verbessern könnt. Man kriegt auch Zuhause nette Sachen hin, die mehr sind als Netflix ;-)

Bearbeitet von roseately
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Ich glaube, dass in einer Ehe ganz ohne (konstruktiven) Streit oft ein Entwicklungsstillstand eintritt. ("Er ist ruhig, kann überhaupt nicht streiten und kein bisschen emotional 😅 "). Nur vor der Glotze zu hängen ist dann gleichzeitig Symptom und weiter verschärfendes Verhalten.

Aber du bist dir ja dessen bewusst und sagst, ihr arbeitet daran.

Ich kann mir vorstellen, dass dir dein Unterbewusstsein einen kleinen Streich spielt und die toxische Beziehung als auf- und anregend anpreist. Was natürlich nur ein Miniteil der Wahrheit ist. Die andere Wahrheit ist ja, dass du darin immer in Unsicherheit lebst und an so was zerbrechen kannst.

Vielleicht kannst du dich über Bücher oder im Internet zu gesunden Streitkulturen zwischen Paaren einlesen. Streit kann auch Wärme und Nähe erzeugen. Ohne würde mir in meiner Partnerschaft die Nähe fehlen. Die Streits haben uns erst richtig weiter gebracht. Mein Partner ist auch vermeidend, aber nur, weil er dachte, Streit ist immer verletzend. Wir haben viel "geübt". Jetzt weicht er mir nicht mehr aus und hat mehr Vertrauen in mich, dass ich ihn nicht verletzen will. Er ist früher sofort trotzig geworden.

Naja, wer lernt schon, vernünftig zu streiten? Müsste meiner Meinung nach ein Schulfach sein. Die Streitkultur im Elternhaus könnte ein Eingangsthema zwischen euch sein und wieder eine kleine Tür zu anregenden Themen öffnen.

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Wir haben verschiedene Seiten in uns. Dein Ex hat eine Seite in dir angesprochen, die dein Mann gar nicht ansprechen kann, da er komplett unterschiedlich ist. Vielleicht spürst du hier einen Mangel. Allerdings bringt es wenig, den Ex zu kontaktieren, wenn du deine Ehe nicht gefährden willst.