(Das hier ist eine kleine Geschichte aus meinem Leben, die ich mir einfach mal von der Seele schreiben und hören will, was andere Menschen dazu sagen. Wie krank und ungesund das alles war, ist mir bewusst. In Therapie befinde ich mich bereits. Ohne diese würde es diesen Text nicht geben. Vielleicht hilft es auch jemanden in einer ähnlichen Situation. Fühlt euch frei eure Gedanken dazu zu äußern.)
Mein Mann und ich sind seit 2013 zusammen. Einige Jahre später zogen wir in eine eigene Wohnung. Von da an begangen die schlimmsten Jahre meines Lebens. Mein Partner hat ADHS, dazu noch Gewalterfahrungen aus der Kindheit und weigerte sich jahrelang, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Stimmungswechsel, ein ständiges Auf und Ab, für mich völlig unverständliche Ausraster, Beleidigungen, Unterstellungen, Schuldzuweisungen und Manipulationen waren mein Alltag. Über viele lange Jahre. Auch an Sex hatte ich am Ende keine Freude mehr. Heute verbinde ich mit Sexualität Pflicht und Schmerz.
Um ca. 2019 kam ich ins Krankenhaus. Herzrhythmusstörungen. Plötzlich. Einfach so da. Es konnte keine Ursache gefunden werden. Von da an stapelten sich die Symptome. Gefühlt wöchentlich kamen neue hinzu. Ende 2020 wurde ich mit der Diagnose Nervenzusammenbruch krankgeschrieben, da ich zusätzlich in einer sehr ungesunden Arbeitsstelle war. Ich war nicht das Opfer, aber das Umfeld machte mich krank.
Im April 2022 heirateten mein Mann und ich. Bereits Ende diesen Jahres bemerkte ich, wie mir die Kraft ausging. Ich fühlte mich ausgelaugt, leer, irgendwie nicht mehr ich selbst. Eine Zwangsstörung hatte sich bei mir entwickelt. Alles, mein gesamter Alltag drehte sich nur darum, wie ich mich verhalten und was ich sagen musste, um meinen Partner nicht wütend zu machen. Hobbys hatte ich keine mehr. Alle aufgegeben. Für Stunden zog ich mich in meine Gedankenwelten zurück, in denen alles in Ordnung war. Mein Partner kam darin nie vor. Es gab keinen Moment, in dem ich nicht angespannt war, konnte doch jedes falsche Wort einen Wutanfall auslösen.
Anfang 2023 suchte mein Mann Hilfe in Form einer Therapie. Seine Wutanfälle wurden weniger, er begann zu reflektieren. Das setzte in mir einen Prozess in Gang. Als ich zum allerersten Mal die Ruhe hatte, um wirklich nachzudenken, erkannte ich erschüttert, was mit mir geschehen war. Warum ich bei ihm geblieben war? Das ist einfach: Angst.
Leider ist emotionaler Missbrauch auch sehr subtil. Jahrelang dachte ich: "Das muss so sein, er ist zwischendurch ja auch sehr lieb, er kann halt nicht anders." Quasi die ganze Bandbreite an Toxisch, aber man selbst bemerkt es irgendwie nicht.
Auch hatte er mir immer wieder eingeredet: „Du wusstest doch, wie ich bin, jetzt musst du mit mir leben.“
Es ist beängstigend, wie empfänglich emotionale Gewalt für Manipulation macht.
Der letzte Schlag war eine Art der sexuellen Gewalt, die ich nicht näher erläutern werde, aber ich kann sagen: Sex gibt es seitdem nicht mehr. Zumal seine Aussage war, dass er rot gesehen habe und mich damit bestrafen wollte. Das er es bereut, glaube ich ihm, ändert nur nichts daran, dass es geschehen ist.
Ende 2023 begann seine Therapie für sein ADHS. Er bekam Tabletten. Und plötzlich: Ein ganz anderer Mensch. Wut? Was ist das? Du willst reden? Du fühlst dich nicht wertgeschätzt? Das ändern wir! Er unterstützt mich in meinen Hobbys, ermuntert mich immer wieder, ihm zu sagen, was mich stört. Macht seinen Teil im Haushalt. Respektiert meine Grenzen. Alles, was er mir angetan hat, bereut er zutiefst, er hat sein ganzes Verhalten einmal über den Haufen geworfen und neu sortiert. Jetzt ist er der Mann, den ich immer gewollt hatte.
Das Problem? Genießen kann ich es nicht mehr. In mir sind zu viele Erinnerungen. Ich kann nicht mal die Waschmaschine einräumen, ohne beängstigende Erinnerungen an einen Mann zu haben, der das Teil dann fast zerlegt hat, als ich einen Fehler damit gemacht hatte. Noch immer sehe ich jeden Tag, wie er mich beim Umzug fertig gemacht hat, weil ich vergessen hatte, einen Anruf zu tätigen. Er beschimpfte mich und obwohl ich sagte, er soll weggehen, schlug er Stunden emotional auf mich ein. Verzweifelt habe ich noch versucht, meine Tränen vor den Umzugshelfern zu verstecken.
So langsam frage ich mich, ob die Liebe, die ich dachte zu empfinden, eher die Abhängigkeit von ihm war, in die er mich getrieben hatte. Ich spüre, wie ich mich emotional von ihm zurückziehe. Mein Bedürfnis, mit ihm zu sprechen sinkt, da ich jetzt durch meine Therapie merke, dass wir eigentlich sehr unterschiedliche Menschen sind. Des Frieden willens habe ich mich aber über Jahre verbogen. Auch der sexuelle Übergriff macht mir zu schaffen. Ich WILL ihm das gar nicht verzeihen.
Und so ist mir seit einigen Wochen ein Gedanke: War es zu spät? Ist es eigentlich schon vorbei?
Zu spät?
Ich bezweifle, dass dein Mann nur Adhs hat, hört sich eher nach Persönlichkeitsstörung an....
Wenn ich jetzt beim Dating einen Mann kennlernen würde und es würde sich herausstellen er hätte mal seine Frau geschlagen oder jemanden vergewaltigt würde er niemals für mich als Partner in Frage kommen, auch wenn er jetzt ein ganz Netter wäre.
Ja, in meinen Augen ist es zu spät. Dass er jetzt nett zu dir ist, kittet nicht das, was er dir vorher alles angetan ist. Er hat kein Anrecht darauf, dass du bleibst, nur weil er endlich mal was geändert hat. Und: Sobald er seine Medikamente absetzt, wird alles wieder wie vorher. Ich rate dir zur Trennung, und bitte auch keine "letzte Aussprache". Bei solchen Menschen wie ihm ist das brandgefährlich.
Aus meiner Perspektive glaube ich nicht, dass du da Gras drüber wachsen lassen kannst. Du wirst dich auch noch in Jahren daran erinnern was passiert ist.
Ich habe so etwas nicht erlebt. Ich denke nur auch ab und zu an Streitigkeiten, die Jahre zurück liegen (ganz anderer Art und viel harmloser). Manchmal merke ich auch, dass da was zerbrochen ist, was nicht so einfach gekittet werden kann. Auch bei Reflexion und Entschuldigung. Nun geht es aber bei mir um ganz andere Sachen. Trotzdem ist es nicht einfach weg, nur weil Zeit vergeht. Es wird weniger präsent, auch weniger emotional und man denkt seltener und kürzer daran.
Aber weg gehen tut es nicht.
Überlege dir, wie du dir dein Leben und deine Partnerschaft in 5 Jahren vorstellst. Ich vermute mal, dass du sie dir mit einem anderen Menschen vorstellen möchtest.
Ist das nicht eine berechtigte Frage, warum du jetzt immer noch bei ihm bist, obwohl du ja gemerkt hast, was da passiert war in den letzen Jahren.
Ich möchte es gern verstehen. Ist es immer noch Angst?
Ja, so lange er in deiner Nähe ist wirst du nicht gesund und wieder Freude empfinden. Aus vielen Scherben entsteht nichts ganzes mehr.
Mein Rat : Scheidung
Ich denke, dass es zu spät ist. Auch wenn er jetzt wie ausgewechselt sein sollte, macht das die Dinge nicht ungeschehen und vermutlich steckt da noch mehr dahinter als bloß ADHS.
In Anbetracht der Schwere der Gewalt, die du erlebt hast (jahrelange Angst/Einschüchterung, sexueller Missbrauch), glaube ich nicht, dass ihr als Paar darüber hinwegkommen könnt. Es ist keine Kleinigkeit, an der man arbeiten kann, sondern massive Zerstörung deines Vertrauens und Machtmissbrauch.
Für mich ist es da nur vollkommen verständlich, dass diese Beziehung kaputt ist. Sie hat keinen kleinen Sprung, sondern besteht nur noch aus Bruchstücken, die nie mehr richtig zusammenpassen werden. Irgendwas bleibt immer und je schwerer die Wunden desto tiefer die Spuren.
Wäre ich du, würde ich versuchen, mich endlich zu befreien. Jetzt ist eine gute Gelegenheit.
Und ich würde aufarbeiten, warum das alles passiert ist. Du hast keine Schuld und keine Verantwortung für das, was geschehen ist, aber damit sowas nicht wieder passiert, musst du verstehen, wie du dort reingeraten und warum du so lange darin geblieben bist.
Das ist hart und anstrengend und ich denke, dass du deswegen all deine Kraft jetzt für dich einsetzen solltest und nicht für eine Beziehung, die dir abgesehen von sehr wenigen Momenten nur Leid gebracht hat.
Du musst ihm das auch gar nicht verzeihen. Wieso denn auch? Das was er getan hat und wie er war, ist von vorne bis hinten schrecklich und wird es immer und für alle Zeit bleiben. Das hat nichts mit heute zu tun.
Ich könnte auf keinen Fall mit ihm zusammen bleiben. Und verstehe auch irgendwie nicht, wieso du das machst? Denkst du, du musst das moralisch machen, weil er ja nun Medikamente hat und tadaaa nun bewiesen ist, dass das „ja gar nicht er selbst war, sondern nur die Krankheit“?
Ganz ehrlich - er hat dir grauenhafte Dinge angetan, du liebst ihn nicht, du vertraust ihm nicht, du kannst nicht verzeihen (100% normal und verständlich!!!), du stellst dir täglich ein Leben ohne ihn vor - pack deine Koffer, jetzt und heute, und renn. Scheidung, weg, lauf um dein Leben, hol es dir zurück! So sehe ich das, ehrlich und ungeschönt gesprochen. Nette Männer ohne Vergangenheit gibt es nämlich auch.