Hallo liebe Urbias,
zu meiner Person: Ich bin 38 Jahre alt und habe einen Mann und eine 22 Monate alte Tochter. Ich bin derzeit noch in Elternzeit (Starte im Frühjahr nächstes Jahr in Teilzeit wieder mit dem Beruf - Die Kleine soll dann zur Tagesmutter und später in die KiTa) Mein mann ist seit dem 1 Jahr Elternzeit der Alleinverdiener. Die komplette Care Arbeit, Haushalt, Garten, mental load mache ich zu 90-95 % alleine.
Ich bin froh und dankbar, dass ich die Möglichkeit habe mit der kleinen zu Hause zu sein und NOCH nicht wieder arbeiten zu müssen. Finanziell geht es uns gut. Es erfüllt mich die kleine noch nicht in Fremdbetreuung geben zu müssen und sie selbst betreuen zu können.
Da mein Mann ein workaholic ist habe ich leider kaum Zeit um durch zu schnaufen. Die kleine ist mein ganzer Stolz und ich liebe sie über alles. Unsere Nächte sind durchwachsen weswegen ich mich mittags oft mit ihr zum schlafen hinlege um Energie zur Bewältigung meines Alltags zu tanken.
Alle täglichen Aufgaben müssen also meist erledigt werden während sie wach ist. Abends geht sie in der Regel nicht vor 22:00 Uhr zu Bett. Ich habe also in der Regel auch keine Zeit für ME Time außer ich lasse eben den Mittagsschlaf ausfallen was ich dann meist am späten Nachmittag bereue.
Unterstützung von meinem Mann kommt eigentlich „nur“ in finanzieller Form. Er arbeitet viel und kommt oft spät nach Hause. Er hat eigentlich einen klassischen 9 to 5 Job mit gelegentlichen Schichten etwa 2 x im Monat. Er liebt seinen Job leider mehr als alles andere. Daher übernimmt er auch gerne sämtliche zusatzaufgaben und schiebt extrem viele extra Schichten und Überstunden. Ich freue mich für ihn dass sein Job ihn so erfüllt aber leider leider das Familienleben extrem darunter.
Er feiert seine Überstunden auch nicht ab sondern lässt sie sich lieber ausbezahlen. (Es wäre auch ohne die ausbezahlten Stunden nicht unbedingt knapp für uns im Gegenzug wird er natürlich auch nicht gerade reich durch die Auszahlungen).
Nach der Arbeit kommen noch ein paar Hobbys auch diese seien ihm absolut gegönnt schließlich braucht jeder seine Ausgleich zum Job auch wenn er ihn noch so gerne macht.
Seine Freunde sieht er nur noch selten. Es ist wichtig Freundschaft zu pflegen was er dann natürlich zusätzlich zu Job und Hobby auch noch macht.
Unter dem Strich bleibt also keine Zeit für die kleine und mich übrig.
Ich fühle mich wie ein Single mit Kind.
Unsere Tochter ist ein absolutes Wunschkind von uns beiden. Wir sind seit 10 Jahren zusammen, davon 5 verheiratet und wollten beide immer mind. 1-2 Kinder.
Die ersten 6 Lebensmonate war er mehr für uns da (hat weniger gearbeitet) es ist dann aber nichts spezielles passiert er hat sich einfach in den Beruf reingesteigert…
Wenn er nach der Arbeit doch mal 5 Minuten hat sind die kleine und er ein Herz und eine Seele. Was vor allem für sie natürlich wichtig ist. Zeit für mich bleibt dann nur für eine kurze Umarmung mal ein Küsschen…Tiefgründige Gespräche oder echte Zuwendung sind äußerst selten.
In der wenigen Zeit streiten wir viel weil er zu wenig präsent ist. Oft muss die Diskussion telefonisch oder per Chat Chat weitergehen weil nicht mal dafür Zeit ist.Ich sage ihm so oft das ich so müde bin und mir mehr Unterstützung von ihm wünsche. Er sagt dann immer nur er ist auch müde. Er behauptet er liebt mich und die kleine abgöttisch lässt aber leider keine Taten sprechen.
Morgens kann er mich auch nicht unterstützen weil er in letzter Sekunde aufsteht und dann zur Arbeit rennt. Er braucht schließlich seinen Schlaf.
Mittlerweile habe ich resigniert und suche nur noch selten das Gespräch welches sowieso im Streit endet.
Trennen möchte ich mich eigentlich nicht. Gefühle sind noch da. Es geht uns mit ihm ja nicht schlecht und es ist mir wichtig so viel Zeit wie möglich mit meiner Tochter zu verbringen. Daher möchte ich auch nur Teilzeit wieder arbeiten und bin somit auf seine Finanzen angewiesen.
Leider wiegt der mental load nur so oft so unendlichschwer. Ich habe keine me time keine Zeit für Freunde oder Hobbys. Die Großeltern unterstützen ab und an bei der Kinderbetreuung.
Seine Eltern sind der Meinung so lange er glücklich ist mit der Situation it alles rip top und sind natürlich auf seiner Seite.
Ich fühle mich oft so einsam obwohl ich nie allein bin…
Geht es noch jemand so? Wie geht ihr damit um? Gibt es Erfahrungen bei euch in ähnlichen Situationen?
Ist evtl. jemand in einer ähnlichen Situation und schon ein paar Jahre weiter und mag berichten ?
Liebe Grüße von eine müden aber super stolzen Mami
Mein Mann lässt mich ständig mit unserer kleinen Tochter alleine
Ich habe aktuell keinen Tipp für dich, will dir aber sagen. Hier sieht es genau so aus und mir geht es wie dir, du bist also nicht alleine.
Vielen lieben Dank. Es ist schön zu wissen, dass man mit einer Situation, die einem nicht leicht fällt, nicht alleine ist. <3
Zu deinem Mann kann ich leider nicht sagen, aber vielleicht versuchst du den Mittagsschlaf weg zu lassen. Dann geht deine Kleine nicht um 22 Uhr sondern um 19 ins Bett. Und dann hast du etwas Zeit für dich.
Vielen Dank für den wertvollen Tipp. Ich versuche es immer wieder. Meistens kippt sie mir dann aber gegen Nachmittag und geht dann noch später zu Bett. Wir werden es einfach immer weiter versuchen, bis sie irgendwann den ganzen Tag durchhält und sich das dann relativiert. <3
Wir haben es bei 3 Kindern so gemacht und dann halt schon um 17.00 Uhr zum nachschlaf gelegt, dann sind die Mäuse zwar 3-4 Wochen schon um 5 oder 6 Uhr morgens aufgewacht dann wurde es aber stück für Stück länger, also wir haben dann immer stück für stück später hingelegt. Immer so in 5- 10 Minuten schritten.
Und waren dann recht lange bei 18.00 - 18.30 Uhr.
Jetzt wo sie 4 ist somd wir bei 19.00 Uhr
“ Nach der Arbeit kommen noch ein paar Hobbys auch diese seien ihm absolut gegönnt *schließlich braucht jeder seine Ausgleich* zum Job auch wenn er ihn noch so gerne macht.”
… Du bleibst da nicht nur was Paarzeit angeht auf der Strecke!!! Wo ist denn dein wohl verdienter Ausgleich und dein Feierabend!!??
Ich denke, es wird besser, wenn die Kleine fremd betreut wird. Du kannst viele Erledigungen in dieser Zeit machen.
Und durch das Abschalten benötigst du unter Umständen keinen Mittagsschlaf mehr.
Mit deinem Mann würde ich (nochmal?) reden.
Verabredet feste Time-Slots für Zeit zu zweit! 1x im Monat ein Date und die Großeltern betreuen in der Zeit sollte doch wohl machbar sein?
Außerdem das Selbe noch 2-3x im Monat nur für dich, damit du deine Freunde für 2-3Stunden treffen kannst.
Ein fester Tag am Wochenende (zB 1. Samstag im Monat) Papa/Tochter Tag oder Familientag…
Vielleicht passt so eine Aufteilung für euch :)
Vielen lieben Dank für die Vorschläge. Da ist sicher das ein oder andere Dabei, was ich mal vorschlagen und versuchen möchte.
Es tut einfach so gut, wenn jemand mit einem fühlt und das auch so offen und ehrlich sagt. Danke dafür. <3
Guten Morgen Anonyme Mami,
Ich kann deine Gefühle so gut nachempfinden, schließlich war ich über Jahrzehnte als Mann, Workaholic und Familienvater genau so, wie du deinen Mann beschreibst.
Mit deiner Lage und deine Gefühlen der Verlassenheit bist du sicherlich nicht alleine.
Ich denke, bei deinem Mann spielen in seinem Untergrund unterdrückte Gefühle von Unsicherheit und seine Ängste eine große Rolle, sich dir und eurem Kind in seiner Rolle als Partner und Vater zu stellen und seine Rolle auch anzunehmen. Auch mit den Konsequenzen, einiges in seiner Struktur dafür ändern zu müssen.
Davor hat er Angst, nach seinem Verständnis darf er aber keine Angst haben und er versucht nach meiner Meinung diesen ganzen Wust seiner Gefühle durch Flucht in seine Arbeit und in seine Hobbies zu verdrängen.
Das frustriert dich natürlich enorm, weil du dich ganz zu Recht von ihm im Stich gelassen fühlst, du bist traurig und verärgert. Deshalb streitet ihr auch zunehmend.
Was kannst du tun?
Ich würde an deiner Stelle versuchen, ihm eine feste Struktur vorzuschlagen und halte die Tipps, die Federliebe in ihrem Post bereits gegeben hat, für sehr hilfreich.
Nach deiner Schilderung zweifle ich, ob es dir gelingt, deinen Mann dazu zu bringen, mit dir in einem ruhigen Moment über seine Gefühle zu reden. Für mich war das erst nach einer Lebenskrise möglich. Und als ich erkennen durfte, wenn ich meine Gefühle teile, dann bekomme ich viel mehr zurück, als ich gebe.
Liest dein Mann gelegentlich Bücher? Was hält er von Ratgeber-Literatur?
Ich habe in den letzten Wochen das Buch "Männerseelen" von Prüfke gelesen. Dort wird u.a. das typische Verhalten deines Mannes beschrieben und griffig und anschaulich analysiert. Mir hat die Lektüre viel an Einsicht in meine Denkmuster gebracht.
Wäre er bereit, sich auf so eine Lektüre einzulassen, auch wenn sie die unerwünschte Nebenwirkung haben könnte, sich und sein Verhalten hinterfragen zu müssen?
Herzlichen Dank für deinen Beitrag. Das ist mal eine ganz andere Sichtweise und das Thema einfach von der anderen Seite her beleuchtet. Danke, dass du mir hierfür die Augen geöffnet hast. Vielleicht werde ich das Buch einfach mal bestellen und ihm nett verpackt überreichen. Lesen tut er eigentlich ganz gerne oft auch hierfür die Zeit, aber einen Versuch ist es bestimmt wert. Vielen Dank für den Perspektivwechsel <3
Ich finde den Beitrag sehr sinnvoll. Ich glaube, es gibt noch viele Männer, die unbewusst denken, die müssten der Ernährer sein und die Angst vor der großen Verantwortung haben.
Natürlich gibt es auch die Gegenstücke, die sich gemeinsam mit der Mutter der neuen Aufgabe stellen.
Das mit dem Buch und den festen Zeiten ist doch eine gute Idee. Wichtig ist, dass du wirklich drauf bestehst und das nicht ausfallen lässt oder so, selbst wenn du mal keine Lust hast. Es muss ja nichts großes sein, einfach mal zusammen essen gehen oder eine Runde ohne Kind spazieren oder die Großeltern drehen eine Runde und ihr kuschelt einfach mal.
Ich drücke dir die Daumen, dass dein Mann offen dafür ist
Diese Situation würde für mich gar nicht gehen. Mein Mann ist auch ein Workaholic und muss manchmal erinnert werden, dass er ne Familie hat - das wurde aber auch viel besser 😅
Du bist deinem Mann dankbar und das ist schön. Dein Mann ermöglicht dir ja auch deine Vorstellungen. Aber der Preis ist verdammt hoch! Den bezahlt deine Tochter auch mit.
Wenn du wieder arbeiten gehst UND dein Pensum halten musst - Halleluja! Das wird stramm.
Mach dich stark. Du darfst und sollst zumindest Me-Time haben - wärt ihr getrennt und deine Tochter hätte Umgang, hättet ihr vermutlich beide mehr Zeit und das ist doch echt traurig, oder?
Plant feste Zeiten für dich ein, denn auch DU brauchst einen Ausgleich! Und Hobbys und Freunde! Und Schlaf.
Lass nicht nach! Das ist nicht unverschämt, wenn du das verlangst. Sondern das Minimum!
*Mach dich stark. Du darfst und sollst zumindest Me-Time haben - wärt ihr getrennt und deine Tochter hätte Umgang, hättet ihr vermutlich beide mehr Zeit und das ist doch echt traurig, oder?*
Das sind wahre Worte. Diese rütteln irgendwie auf und wach. Vielleicht muss ich ihm das mal so ungeschönt präsentieren.
Vielen Dank für deinen Beitrag. Es ist so wertvoll, wenn mal jemand aus einer anderen Sicht drauf schaut.
Von alleine wird sich da nichts ändern. Bei uns waren die Ausgangsvoraussetzungen auch ähnlich - wir lieben beide unsere jeweiligen Jobs wirklich sehr, aber es war klar, dass sich mit Kind etwas ändern muss und wird. Die Umstellung war nicht so ganz einfach. Ich war auf kaltem Entzug, da Elternzeit, und mein Mann musste auch erst einen guten Mittelweg suchen. Bei deinem Mann hat man ein bisschen den Eindruck, dass er einfach wie vorher weiterlebt. Das Kind ist da und man verbringt gerne Zeit mit ihm, aber nur, wenn die eben übrig ist. Und das ist auf Dauer schlecht. Was wir gemacht haben:
- Gemeinsam planen. Je nach Job kann man ja einschätzen, wann viel anliegt. Mein Mann neigt dazu, sich ein interessantes Projekt nach dem anderen noch ans Bein zu binden, weil es ihn fachlich reizt. Das ging früher eben problemlos, jetzt muss man gucken: Ist da vielleicht gerade Eingewöhnung? Kollidiert es mit den Zeiten, wo ich stressige Phasen im Job habe und wir somit sehenden Auges ins Chaos rennen? Man muss sich mit dem Gedanken anfreunden, dass nicht alles geht. Mir selber fällt das auch total schwer, wenn ich aus reiner Vernunft mit knirschenden Zähnen tolle Dinge an die gleichaltrige, kinderlose Kollegin abtrete. Aber anders geht es nicht.
- Mindestens ein festes Date miteinander pro Woche. Das muss nicht abends sein, aber es findet statt. Kein Handy, keine Arbeits-, Kinder- oder Haushaltsthemen.
- Freizeit für jeden. Es ist schön, dass dein Mann Ausgleich vom Job hat, aber auch Hausfrauen und Mütter brauchen das. Die haben schließlich auch einen Job. Ich weiß, dass viele Männer nach wie vor denken: "Hä? Sie ist den ganzen Tag zuhause! Das ist Dauerurlaub!" Für gewöhnlich revidiert sich diese Einstellung sehr, wenn man mal die Rollen getauscht hat, was ich bei sehr beratungsresistenten Exemplaren auch empfehlen würde... Fahr mal für ein langes Wochenende mit einer Freundin weg, und danach redet ihr nochmal...
- Prioritäten setzen. Der Tag kommt, wo duhaufenweise Bilder deines Kindes siehst und merkst, was du alles verpasst hast. Und das ist einfach so, wenn man täglich nur fünf Minuten miteinander verbringt. Will man ein abwesender Vater sein? Oder will man wirklich teilhaben am Leben des Kindes?
- Aufgaben klar zuteilen. Wir haben gewisse Dinge ganz klar zugeordnet. Das entlastet ungemein, wenn man einfach weiß: Um diese Sache muss ich mich nicht kümmern, ich muss nicht mal dran denken, es wird einfach erledigt. Macht den Kopf frei. Auch ein Putzplan hat uns sehr geholfen (da gehen die Meinungen auseinander, ich weiß).
- Freundschaften pflegen. Wir achten sehr darauf, dass jeder auch Zeit mit seinen Freunden hat. Oft machen wir was als Paare zusammen, aber nicht immer. Ich finde das extrem wichtig.
- Unterstützung suchen. Wir haben z.B. ein Agreement mit meinem Bruder, dass wir ab und an am Samstag die Kinder "verleihen", um Zeit für größere Projekte zu haben, wo das Gewusel einfach nervt und nichts vorangehen würde. Also haben wir mal seine zu Besuch, dann er unsere. Baut euch da ein kleines Netzwerk für Notfälle oder ähnliches auf. Wir haben auch in der Kita zwei Familien, wo man sich gegenseitig anrufen kann, wenn man merkt: "Sch..., ich schaff es nicht - kannst du XYZ mit nach Hause nehmen und ich hole ihn dann bei dir ab?"
Ich würde keinesfalls darauf hoffen, dass es von alleine besser wird. Du kannst ziemlich sicher sein: Das wird es nicht.
Vielen Dank, dass du mich an euren Lösungen teilhaben lässt. Das sind sehr konkrete Dinge. Vielleicht lässt sich die ein oder anderen Sachen in ähnlicher Form bei uns umsetzen. Danke für deinen Beitrag. <3
Du hast dich leider allen Mitbewohnern untergeordnet. Warum muss so ein kleines Kind so lange aufbleiben? Habe ich noch nie gehört. Da ist um 19/19:30Uhr Feierabend.
Dann würde auch ich empfehlen, die Tage aufzuteilen: jeder kann an x Tagen seinem Hobby/Freunden/usw nachgehen und zusätzlich wird ein Abend als Paar reserviert. Daher steht und fällt das mit dem extrem späten zu Bett gehen des Kleinkindes. Ggf habt ihr auch gemeinsame Freunde, die ihr zu dritt trefft.
So wir du im Moment auf 100% deines Lebens verzichtest und dein Partner zu 100% auf nichts, müsst ihr eine 50:50 Lösung finden. Nicht einer kann alles. Jeder muss seinen Teil zur Familie leisten! Da musst du zuerst auch an dir arbeiten. Es muss ja auch demnächst funktionieren, wenn du wieder arbeitest. Da kannst du das Kind auch nicht mitten in der Nacht ins Bett legen und früh Morgens fertig machen.
Und ich würde auf keinen Fall jetzt über ein 2. Kind nachdenken.
Ach ja, die stressige Arbeit! Das kleine, schmutzige Geheimnis der vielarbeitenden Männer und Frauen ist ja, dass ein Tag Job ist in den allermeisten Fällen weniger anstregend als ein Tag mit einem 22 Monate alten Kind. Weil ein Tag im Job selten so fremdbestimmt ist wie mit einem kleinen Kind und es viele kleine Fluchten und Abwechslungen gibt, der Weg zur Arbeit/zurück, die kleinen Kaffeepausen, das Mittagessen draußen oder in der Kantine schon mal als ganz grobe Rahmenbedingungen. Und diese abendliche Gefühl "Ich komm zu nix" nimmt sich nichts, das hat man im Job wie mit Kind. Jeder, der beide Seiten kennt, weiß das.
Im Falle der TE weiß es der Mann nicht, weil er, vermutlich, noch nie ein paar Tage mal alleine mit dem Kind war oder wenigstens 7-19 Uhr. Darauf deutet zumindest die "95% liegt bei mir"-Hinweise hin.
Es gab ja schon viele hilfreiche Hinweise und Tipps. Zwei Hinweise hätte ich
- es ändert sich nichts "von alleine", die Hoffnung, irgendwas werde besser an der Verteilung, wenn das Kind älter wird, wenn man selbst wieder arbeitet... no. Denn auch wenn die TE wieder einsteigt, wird sie bei der aktuellen Verteilung diejenige sein, die zu Hause bleibt, wenn das Kind krank ist oder es abholen (muss), wenn es von der Schaukel fiel. Zynische Prognose: wenn das Jobprojekt dann in der Praxis gegen die Wand fährt, löst Kind 2 das ganze evt. gesichtswahrend, rollt das Thema aber nur 2-3 Jahre weiter
- das ganze ist auch ein knallhartes ökonomisches Thema, schau bitte zu, liebe TE, dass geregelt ist, was mit dem ganzen Geld passiert (auch Rentenansprüche, Altersvorsorge), das Dein Mann verdienen kann, weil Du 95% der Familienthemen wegschaufelst. Du kannst beispielsweise mal sicherstellen, dass von dem Geld monatlich eine Summe X in eine langfristige Altersvorsorge für Dich fließt.
Zu guter letzt: Ihr könnt da oft drüber reden und Du kannst auch Kompromisse einfordern - aber wenn die "Mentalität" so ist, wie Du sie beschreibst, wirds schwierig. Weil auch bei eingegangenen Kompromissen rasch irgendwas ist, da ein Projekt im Büro, dann ist das Kind doch krank oder sonstwas. Und so eine grundlegende Mentalität ändert sich halt auch nicht. Ist zumindest meine Erfahrung im erweiterten Umfeld. Sorry :-/
"Das kleine, schmutzige Geheimnis der vielarbeitenden Männer und Frauen ist ja, dass ein Tag Job ist in den allermeisten Fällen weniger anstregend als ein Tag mit einem 22 Monate alten Kind."
Das sehe ich ganz genauso. Ich war lange Vollzeit arbeiten und mein Mann war daheim. Auf Arbeit kann man zumindest alleine aufs Klo und in ruhe Essen gehen ist einfach so.
Da muss man sich aber zusammenreißen und trotzdem die Prioritäten auch im Job so setzen damit es mit der Familie auch zusammen geht.
Dann gibt's halt kein Meeting mehr nach 17 Uhr usw. Das geht alles wenn man denn will!
Aber ich war auch die ersten Monate mit Kindern daheim von daher weiß ich einfach wie es daheim abgeht und wie bescheiden es ist wenn die "Ablösung" immer zu spät oder gar nicht kommt.
Von daher kann ich jedem nur zum "Rollentausch" raten. Da hat Mann dann ganz neue Perspektiven gewonnen
Ja, mein Mann ist auch ein Workaholic....das habe ich aber erst nach seinem Jobwechsel richtig begriffen, da war unsere Tochter U2.
Voran kamen wir erst wieder, als ich ihm deutlich machte, das er für die aufkommende Distanz zwischen uns als Paar alleine verantwortlich ist udn ich garantiert nicht in seinem Takt leben werde und ich mich auch nicht nach ihm richte. Ich habe ganz klare Forderungen im Bezug auf das Kind und mich an ihn gestellt und deutlich gemacht, das es mir egal ist, wie er das umsetzt.
Davor waren es ja eher subtile, sehr emotionale Dinge, die ich von mir gab, damit konnte er nichts anfangen. Frei nach dem Motto, solange ich nur meckere ist für ihn alles gut und er hat das betreffend wirklich eine verdammt hohe Schmerzgrenze. Erst als ich eben diese emotionale Ebene verlassen konnte, begriff er, wie ernst die Lage wirklich ist. Und er kennt mich gut genug, das ich auch durchziehe, was ich androhe.
Ich muß dazu sagen, das ich das doch noch mal unterschiedlich sehe....die EZ und die Zeit danach. Aber trotzdem, auch wenn die EZ mein Job war, ich brauchte da genauso Ausgleich, wie jeder andere auch.
Er ist imme rnoch ein Workaholic. Aktuell hat er Urlaub, gestern hat ihn unsere Tochter bei der Arbeit erwischt....er kann nicht anders. Das steckt tief in ihm drin, aber er ist es schlußendlich, der sich verbiegt um es uns auch recht zu machen....das ist sein Spagat. Unsere Tochter ist schon 12 Jahre. Und ja, er hat fast alles umgesetzt. Ich kann mich also über die letzten Jahre nicht beschweren. Das liegt aber auch daran, das er viel im HO machen kann, das er dienstlich nicht mehr so viel unterwegs sein muß. Die Bereitschaften, okay, mit denen kann ich leben....weil er da auch von unterwegs agieren kann. Ja, mein Mann ist der, der im freizeitpark mit Laptop auf der Bank sitzt. Geholfen hat mir auch, das ich mehr Einblick in seinen Job bekommen habe.
Er war immer da, wenn ich ihn wirklich brauchte. Er hat alles wahrgenommen, wenn es ums Kind ging. Er geht zu Elterabenden, Aufführungen, hat die Eingewöhnung gemacht, das Kind schon zigmal krank von Kita oder Schule abgeholt. Im Worst Case lässt er für uns alles stehen und liegen...das kam schon häufig vor, das versöhnt mich sehr mit seinem Arbeitsverhalten.
Ich gestehe allerdings auch, das mir in der Kleinkindzeit tiefgründige Gespräche überhaupt nicht gefehlt haben. ich war auch häufig overtouched. Und ich bin auch jemand, der gut alleine sein kann...eben auch nicht symbiotisch in einer Beziehung veranlagt ist. Und ja, unser Alltag unter der Woche sieht anders aus, als in der Werbung. Und ja, ich bin hier im Haus das Brain und deligiere auch....er zieht aber mit. Es kommt wirklich ganz selten vor, das er passen muß....also vollkommen im Rahmen.
Im stinknormalen Alltag (Mo-Fr) ist er nicht sehr präsent, trotzdem hat es gereicht um eine enge Bindung zu unserem Kind aufzubauen. Man merkt das jetzt in der Pubertät ganz stark, sie reibt sich extrem an ihm. Rückblickend weiß ich gar nicht, woher er die Kraft für seinen Spagat genommen hat und nimmt. Zumal auf uns als Familie noch ganz andere Belastungen aingeprasselt sind, die er auffangen musste. Wir als Paar hatten erst nach der Kleinkindzeit wieder die Kapazitäten füreinander, das ging aber uns beiden so.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort.
Es ist schön, eine Erfolgsgeschichte zu sehen, die mir Mut macht.
*die emotionale Ebene verlassen können*
Das ist genau die Challenge, die mir bevorsteht.
Danke für den Gedankenanstoß <3