Manchmal wäre ich gerne Single- liegt aber nicht an ihm

Ich bin Anfang 30 und war bis vor 3 Jahre auch quasi mein ganzes Leben Single. Mir ging es nie schlecht alleine, aber ich hatte doch immer wieder auch den Gedanken, dass es schön wäre, das Leben mit einem Partner gemeinsam zu führen – vor allem an langweiligen Sonntagen, wenn es um die Urlaubsplanung ging oder nachdem auch Freundinnen (habe eh nur wenige enge Kontakte und bin recht eng mit meiner Familie) immer weniger Zeit hatten und teilweise Familien gründen, Häuser bauen… Ob ich ein Kind möchte, weiß ich nicht so richtig.

Mein Freund und ich wohnen zusammen, das klappt gut und auch so, menschlich und wie viel und was wir zusammen machen können, könnte es nicht besser sein. Klar gibt es auch mal kleinere Meinungsverschiedenheiten, aber nichts Gravierendes. Auch von Familie und Freunden wird uns das öfter gesagt. Ich denke viel und oft darüber nach, mein „Problem“ hat letztendlich nichts mit ihm als Mensch zu tun. Er würde alles für mich machen und ist immer für mich da. Ich schäme mich auch irgendwie, wie ich denke, aber ich frage mich immer wieder, ob ich auf Dauer für eine Beziehung gemacht bin oder lieber Single wäre. Und fühle mich ihm gegenüber echt manchmal schlecht, weil er absolut nichts dafür kann oder „falsch“ macht. Es liegt an mir und seit wir zusammen sind, hat mir die Beziehung auch sehr viel über mich gezeigt/triggert mich oft.

Ich glaube, zusammengefasst treffen es folgende Punkte ganz gut:



- Es fällt mir schwer, für mich einzustehen, Grenzen zu setzen. Daraus resultiert eine gewisse Angst, mich selbst zu verlieren

- Ich habe Angst vor Verantwortung/Verpflichtung und Konflikten. Und die „enge Paarbeziehung“ bringt natürlich auch mal einen Konflikt und Verantwortung für den anderen, das triggert etwas in mir

- Natürlich erfordert eine Beziehung auf Rücksichtnahme auf den Partner, machen wir auch gegenseitig, manchmal wünsche ich mir, einfach wieder nur auf mich schauen zu müssen – wobei da natürlich auch nicht alles perfekt war und ist

- Ich will es jedem recht machen und vergesse mich dabei selbst

- Wenn ihn irgendwas belastet, zieht mich das richtig runter, ich will ihm helfen, habe da immer sehr großes Mitgefühl, wenn jemand, der mir wichtig ist, ein Problem hat. Meine eigenen Problemchen natürlich auch, aber jetzt habe ich quasi die „doppelte Ladung“

- Manchmal wünsche ich mir, mich nicht absprechen zu müssen, was gewisse Alltagsdinge wie essen/Haushalt angeht oder auch mal nicht zu putzen, wenn es mich alleine in dem Moment nicht gestört hätte

- Weniger Zeit für meine Familie und Freunde oder mich alleine und dadurch ein schlechtes Gewissen denen gegenüber (obwohl da ja auch jeder „sein“ Leben führt), und ich denke immer, aufgrund der Beziehung habe ich jetzt nicht mehr so viel Zeit für sie wie früher und fühle mich dann schlecht

- Selbstzweifel/geringes Selbstvertrauen, dachte, dass ich das besser im Griff habe. Aber manchmal das Gefühl, nicht gut genug oder zu viel/zu anstrengend zu sein, obwohl er das überhaupt nicht so empfindet

Wie geschrieben, meine Zweifel liegen vor allem an und in mir, es hat wenig bis nichts mit ihm zu tun und diese Punkte würden auch in einer anderen Beziehung aufkommen, es wäre nicht alles besser, wenn ich wieder Single wäre. Das beschäftig mich extrem und kostet mich mental viel Kraft. Hat jemand eine Idee, wie ich damit besser umgehen kann? Geht oder ging es jemandem ähnlich?

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Es ist super, dass du das Problem so klar benennen kannst.

Dich jetzt deswegen zu trennen, wäre in meinen Augen aber falsch. Denn dann hast du die Symptome beseitigt, nicht die Ursache.

Du kannst schlecht für deine Grenzen einstehen, willst es lieber anderen Recht machen und schulterst dir ungefragt fremde Probleme auf, dazu ein geringes Selbstbewusstsein. Daran kannst und solltest du arbeiten (ggf. mit therapeutischer Hilfe), egal ob Single oder nicht. Das ist nämlich für dich persönlich ja einfach gut, wenn du da selbstbewusster wirst, Grenzen setzen und Konflikte auch mal aushalten kannst :)

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Ich fühle das gerade so sehr. Der Text könnte genauso auch von mir geschrieben worden sein. Ich führe auch seit einem Jahr meine erste richtige Beziehung und wir wollen demnächst zusammenziehen. Das würde vieles erleichtern, aber gleichzeitig macht es mir auch große Angst. Ich liebe meinen Freund und es läuft auch richtig gut. Allerdings merke ich immer mehr, dass eine Beziehung auch Arbeit bedeutet. Man muss sich absprechen und Kompromisse finden, mit denen man nicht 100% zufrieden ist. Als Single konnte man einfach machen was man wollte.

Ich kann dir nur empfehlen eine Gesprächstherapie zu versuchen. Dort lernst du dich selbst besser kennen und verstehst woher deine "Probleme" kommen. Das dauert natürlich und ist leider auch harte Arbeit.

Mir hat die Therapie sehr dabei geholfen, meine Bedürfnisse auszusprechen und meine Grenzen besser zu wahren und mehr auf mich zu schauen. Nicht nur bei meinem Freund sondern auch bei meinem gesamten Umfeld.

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Ich bin auch so.
Und weißte was? Ich bin total beziehungstauglich, aber nicht dafür gemacht, zusammenzuleben.
Living apart together (so nennt man das wohl heute) ist das ideale Konzept für mich.
Ich neige nämlich auch dazu, mich in Anwesenheit anderer vollumfänglich für deren Wohlergehen verantwortlich zu fühlen und kann schlecht mein eigenes Ding machen. Ich liebe es aber, mein eigenes Ding zu machen (also essen, wann ich will, ins Bett gehen, wann ich will, putzen, wann ich will…) und ich kann das nicht mit Partner einer Wohnung. Ich hab das 12 Jahre probiert in einem Haus mit dem Ergebnis, dass ich mich nie zuhause gefühlt habe.
4 Jahre Therapie haben gebracht, dass ich dazu stehen kann, dass ich halt so bin.
Wenn ich diesen Freiraum hab, bin ich toll in Beziehungen! 😉

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Ich bin 26, seit einem Jahr verheiratet und seit 7 Jahren zusammen mit meinem Mann, aktuell bin ich auch mit unserem ersten Kind schwanger ☺️
Ich bin sehr glücklich, aber manchmal stell ich mir auch vor wie mein Leben ohne ihn verlaufen wäre. Die 20er sind halt die Zeit der Erfahrungen und da war ich keinen einzigen Tag Single und da fragt man sich schon, ob man etwas verpasst hat - das ist denke ich bis zu einem gewissen Grad normal!
Ich würd mein jetziges Leben nie eintauschen, es wäre aber cool einen Blick in ein Paralleluniversum zu werfen 😜

Und wegen deinen Punkten, ich selbst hab auch einige psychische Baustellen und ich geh zu einer Psychotherapeutin, das hilft mir enorm 😊 du kannst auch bei der Caritas kostenlos beraten werden, es tut immer gut mal mit jemanden genau darüber zu sprechen.

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Ja, die große Frage "was wäre, wenn alles anders wäre.." ;-)

Wenn Du Dir realistisch vorstellst, du würdest :

a) alleine wohnen
b)Single sein

Was würdest Du genießen, was vermissen? Wenn Du ganz genau weißt "es ist das KOchen! Es ist das alleine Schlafen!" etc versuch es, in die Partnerschaft, in Euer "wir" zu inkludieren. DEr erste Schritt ist sich den eigenen Bedürfnissen bewusst zu werden. Und auch DAS muss nan sich erst mal erlauben. Weil ist ja ganz schön dreist und unverschämt, so eigene Bedürfnisse zu haben! (Ja,Sarkasmus - die eigene Psyche erzählt einem die abgedrehtesten Geschichten).

Wenn Du Dich immer hintenan stellst wird auch Dein Partner immer mehr diese schwelende Unzufriedenheit bemerken - auch nicht so gut.

Du darfst und sollst auch Deine Wünsche nach vorne stellen und kommunizieren :-)

Wünsch Dir, dass es dir dann in der Beziehung besser geht <3

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Ich habe dieses Thema teilweise auch, nicht ganz so schlimm. Aber an einigen Stellen erkenne ich mich wieder.

Thema: Wenn mein Partner nicht gut drauf ist, dann zieht es mich auch mit runter. Wenn ich das merke, dann breche ich für 1-2 Stunden aus. Ich gehe laufen oder verkrümle mich in den Garten oder in eine Ecke zum Lesen. Einfach aus dem Dunstkreis meines Partners raus. Diese 1-2 Stunden stärken mich und ich kann mit ihm wesentlich besser umgehen und es zieht mich nicht mehr runter und ich kann ihm als gute Unterstützung zur Seite stehen.

Bzgl. Haushaltsthemen - hier haben wir keine festen Regeln oder Aufgaben. Es haben sie nur ein paar Lieblingsbereiche eingespielt. Zum Beispiel stört mich schmutzige Wäsche schneller als meinen Partner. Also liegt das Waschen eigentlich bei mir. Mein Partner stören ungesaugte Fussböden schneller als mich. Also ist das eher seine Aufgabe. Grundsätzlich leben wir aber nach der Methode, wenn mich etwas stört, dann kümmere ich mich, dito mein Partner. Das geht gut, weil wir ein recht ähnliches Verständnis von Sauberkeit haben.

Beim Essen - wir haben Gerichte die wir beide mögen und wir haben Gerichte, die ich für mein Leben gern esse. Mein Partner mag diese Sachen aber gar nicht. Also haben wir den jeder kocht selbst Tag eingeführt. Am Nachmittag wird kurz besprochen was wir am Abend essen, worauf jeder so Hunger hat - basierend darauf, was wir daheim haben und dann entscheiden wir spontan ob wir gemeinsam kochen oder eben jeder selbst.

Ich vermute auch, dass Trennen dir keine wirkliche Entspannung bringen wird. Dann wirst du den Teil vermissen, denn du jetzt hast. Ich denke es wäre wesentlich sinnvoller, wenn du dich auf dich und deine Baustellen konzentrierst. Lerne, dass du auch wichtig bist. Lerne auf dich zu schauen. Lerne von deinem Partner zu fordern. Lerne, dass sich auch dein Partner einmal zurück nehmen kann. Kommuniziere, wenn dich seine schlechte Laune runterzieht und nehme dich selbst aus der Situation. Wenn die Ursache für seine schlechte Laune nicht bei dir liegt, dann musst du dich nicht kümmern, wenn du dafür keine Reserven hast.

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Unterm Strich glaube ich, dass du nur ein „Problem“ hast: dein Partner ist dir nicht attraktiv genug bzw. du bist nicht Hals über Kopf verliebt. Er macht alles für dich etc - das macht ihn uninteressant und unaufregend für dich. Wärst du wirklich verliebt, würdest du hier aus meiner Sicht ganz anders schreiben. Du stehst einfach nicht komplett auf ihn. Ja du magst ihn irgendwie, da ist auch die Gewohnheit etc, aber irgendwie klingt es mehr so als würdest du ihn wie einen guten Freund oder so mögen.

Alles Gute