Frauen mit psychisch Kranken Partnern - wie schafft ihr das?

Hallo zusammen,

Grade sitze ich hier und bin einfach nur ratlos.

Kurz zu uns, ich bin 38, mein Mann 40.
Wir haben 2 Kinder (11 + 13) und sind seit 21 Jahren zusammen.

Mein Mann ist schon seit einigen Jahren depressiv und nimmt dafür auch Medikamente.
Ende letzten Jahres ging es ihm richtig schlecht (inkl. Suizid-Versuch, das weiß ich aber erst seit einigen Wochen).
Im Mai war er auf einer 5-wöchigen REHA, da wurde zusätzlich Burn-Out und eine PTBS aufgrund seiner Kindheit festgestellt.
Also ja, er hat ein gewaltiges Päckchen zu tragen.
Und ich gehe die ganze Zeit über den Weg mit ihm, versuche ihn zu unterstützen und zu verstehen wo ich kann.
Aber heute war wieder eine Situation, die mich zweifeln lässt, wie lange ich das noch kann.
Wir haben - wie jedes andere Paar auch mal - gestritten.
Aber leider ist es kaum möglich, zu streiten.
Immer wieder kommt
1) dann trennen wir uns eben
2) ich gehe, dann musst du nicht mehr in dieser Hölle leben
3) jetzt geht es mir heute wieder richtig schlecht.
4) vielleicht brauchst du mal eine Therapie
Ich weiß einfach nicht wohin mit meinen Gefühlen, hab immer das Gefühl, ich darf nicht mal wütend oder traurig oder sein. Aber das kann es doch auch nicht sein.
Zusätzlich sind da natürlich Fragen wie: sollte mir was passieren, ist er in der Lage sich um die Kinder zu kümmern?
Ach ich weiß auch nicht.
Vielleicht kann mir jemand von seinen Erfahrungen berichten. Wie geht ihr in der Ehe damit um, ohne dass der "gesunde" Partner gänzlich auf der Strecke bleibt?

Bearbeitet von ines7986
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Eine Freundin meiner Mutter war auch mit einem depressiven Mann verheiratet und ja, es war tatsächlich ein ewiges auf und ab. Oft stand die Trennung im Raum.

Die 2 haben (inzwischen erwachsene) Kinder, sie hat eigentlich alles alleine gestemmt. Sie ist sogar Psychologin mit eigener Praxis 🙈 vielleicht hat sie deshalb so lange durch gehalten, keine Ahnung.

Ihr Mann hat sich letztes Jahr leider doch umgebracht. Und das, obwohl gefühlt grade ne „gute Phase“ war, beide haben ihre Geburtstage zusammen groß gefeiert und auch ein Ehejubiläum.

Ich will dir damit keine Angst machen. Und es ist natürlich deine Entscheidung, wie lange du deinem Partner hilfst, seine Last zu tragen. Aber es ist einfach so, dass es da keine „Heilung“ gibt! Das ist so ein Leben lang. Und nein, er würde es nicht alleine mit den Kindern schaffen, da solltest du dir auch einen Plan B überlegen 😅

Natürlich darfst auch du dir Hilfe suchen und natürlich musst du auch deine Grenzen abstecken. Natürlich darfst auch du mal wütend oder traurig sein, streiten. Du musst dann irgendwie versuchen, dich emotional von deinen Vorwürfen abzugrenzen.

Aber vielleicht hilft dir, wenn du dich mit anderen Betroffenen austauschst oder tatsächlich auch mal mit einem Psychologen/Psychiater sprichst.

Fühl dich gedrückt und ehrlich bewundert für deine Kraft, die du bisher aufgebracht hast!

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"Das ist so ein Leben lang."
Das würde ich grundsätzlich nicht sagen, mithilfe von Medikamenten und Therapien kann man den Betreffenden helfen. Es mag sein, dass die Symptome nie komplett verschwinden, aber eben leichter werden. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ein und derselbe Zustand das gesamte Leben lang gleich bleibt und man keine Chance dagegen hat, es gibt so viele Nuancen, das ist einfach von Fall zu Fall unterschiedlich. (Bin übrigens selbst in Therapie wegen Depressionen und Panikattacken!)

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Ich schrieb ja, dass es ein auf und ab ist. Vielleicht hätte ich das deutlicher rüber bringen müssen.

Auch mit Medikamenten und Therapie wird’s gute und schlechte Phasen geben. Im besten Fall überwiegen natürlich die guten Phasen :)

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Ich bin selber nicht betroffen, aber mein Bruder hat nach einem Auslandseinsatz eine schwere PTBS, Depressionen und Angststörungen entwickelt. Seine Frau und er waren in einem Fachseminar speziell für im Einsatz geschädigte Soldaten. Es ging über eine Woche, glaube ich. Da gab es Gruppensessions, aber auch Einzel- und Paargespräche. Und eben Beratung, sowohl psychologisch als auch sozialpädagogisch. Meine Schwägerin fand das sehr hilfreich, man ist da ja auch ein bisschen hilflos. Das Thema wird ihn sein Leben lang begleiten und da ist es doch nur natürlich, wenn auch die Familie bzw. die Partnerin eingebunden wird. Ich würde mich an deiner Stelle mal nach solchen Angeboten erkundigen. Vielleicht bei ProFamilia oder der Caritas?

Bearbeitet von Familienberatung...
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Ich glaube, er hat noch einen langen Weg vor sich. Der Satz, dass wohl du therapiert werden musst, ist wahrscheinlich eine reine Abwehrreaktion.

Er scheint wirklich sehr krank zu sein und es ist gut, dass er etwas dagegen unternimmt. Ob das am Ende auch dir und den Kindern zugute kommt, weiß heute niemand.

Beratung für Angehörige wurde ja schon genannt. Ich würde an deiner Stelle versuchen, ggf. mit professioneller Hilfe zu klären, wann für dich der Punkt erreicht ist, an dem du zum Schutz der Kinder und deiner selbst, gehen musst.

Für eure Kinder ist das aufwachsen mit einem schwer psychisch kranken Elternteil sehr hart. Du selbst wirst ihn nicht heilen können.

Trotzdem muss ja der Laden irgendwie laufen. Wenn aufgrund seiner Krankheit alles an dir hängen bleibt, ist klar, dass du das auf Dauer nicht schaffst.

Wenn du auch noch zusammen brichst, haben die Kinder niemanden mehr.

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> Ich glaube, er hat noch einen langen Weg vor sich. Der Satz, dass wohl du therapiert werden musst, ist wahrscheinlich eine reine Abwehrreaktion.

Ja und nein.

TE,
gibt es die Möglichkeit, dass es Sitzungen mit Partnerin gibt? Es hilft, wenn du mehr über die Erkrankung erfährst und lernst (daran scheint es nicht zu liegen, denn du warst da lange an seiner Seite). Und vielleicht kann es Teil seiner Tehrapie werden, dass er sich auch um die Beziehung kümmert. Familie - Freunde - Beruf. Drei Standbeine und er sollte sich durchaus um den Bereich Familie kümmern. Was er tun kann sind womöglich nur sehr kleine Schritte aber diese gemeinsam mit der/dem Therapeuten/in zu ergründen könnte euch beiden helfen.

Haushaltshilfe: Schaut mal, ob da etwas seitens der Kranken-, Pflege- oder Rentenversicherung bezahlt wird, um dich gelegentlich zu entlasten.

Therapie für Dich: Es muss ja keine Therapie sein, auch eine Selbsthilfegruppe kann dich sehr unterstützen. Manche Selbsthilfegruppen nehmen Angehörige mit auf und du kannst dein Anliegen mit jemanden Teilen, der aus der Sichtweise von Erkrankten berichten kann. Andere Gruppen sind ganz speziell auf Angehörige ausgerichtet und bieten Raum, um sowohl Erfahrungen zu teilen als auch Lösungsideen. In größeren Städten findest du sicher beides.

Das Forum hier kommt schnell an seine Grenzen. Eine schnelle Suche brachte mit etwa die Seite der Techniker Krankenkasse. Suche mal nach "Depres­sion & Burnout Techniker Krankenkasse". Da sind mehr informationen über die Erkrankung aber auch etwas für Angehörige.

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Kann mich nur anschließen dass das Ziel in der Therapie gar nicht die Heilung ist, denn dass das komplett für immer verschwindet ist sehr unwahrscheinlich. Das Ziel sind viele gute Phasen und eben wie dass dein Mann besser damit umgehen kann, sich schneller rausholen kann ...
Du musst überlegen ob du dein Leben lang so weiter machen kannst

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Also dass die meisten hier durch die Blume zur Trennung raten schockiert mich irgendwie.
Natürlich weiß ich, dass es eine Krankheit ist, mit der es immer wieder Höhen und Tiefen geben wird.
Aber dass man eine Familie, 21 Jahre Beziehung aufgeben soll - ich weiß ja nicht.
Ob ihr auch so geschrieben hättet, wenn es keine psychische, sondern eine körperliche Erkrankung - wie zum Beispiel fortschreitende MS - wäre?
Einige Tipps habe ich ja zum Glück bekommen - Vielen Dank dafür.
Im übrigen steht selbst im Entlassbericht der REHA, dass bei weiterer kontinuierlicher Therapie und Aufarbeitung seiner Kindheit einer Heilung durchaus möglich ist.
Die richtigen "Schubladen", um hier weiterzukommen, wurden auch erst dort geöffnet. Die letzten Therapeuten waren leider keine große Hilfe, hauptsächlich, weil er sich dort nicht öffnen Konnte und so konsequent am falschen Thema gearbeitet wurde.

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Dir schreiben hier Leute, die das schon hinter sich haben.

Heilung bei Traumafolgestörungen ist ein dehnbarer Begriff. So ein Trauma verschwindet auch nach jahrelanger Therapie nicht vollständig.

Die Frage lautet, ob du und die Kinder das so lange noch aushalten.

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Mir scheint tatsächlich die einzige selbst Betroffene war die Erstellerin der ersten Antwort, die eine gute Möglichkeit der Hilfestellung aufgezeigt hat.

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Alles Gute erstmal. Das muss für dich stark belastend sein. Fühl dich erstmal ganz doll gedrückt. Ich war nie in deiner speziellen Situation, aber hmmmm kann vielleicht auch aus anderen Perspektiven auch manche Punkte nachvollziehen. Leider ist meine Familie da nicht unvorbelastet.

Es ist so, dass die Partner von depressiven Personen oder Menschen mit Burnout durchaus stark gefährdet sind, selbst in eine Depression oder depressive Episode zu fallen. Wenn man sich überlegt, wieviel mehr Last da auch auf deinen Schultern ist, dann ist das ja auch durchaus nachvollziehbar. Auch wenn das "vielleicht brauchst du mal eine Therapie" vielleicht im Streit gefallen ist und möglicherweise in dem Moment fast vorwurfsvoll bei dir ankam - gegebenenfalls ist das durchaus etwas, was du in Erwägung ziehen kannst. Es kann dir einen geschützten Raum geben, darüber zu reden, was dich gerade belastet und auch mal offen wütend oder traurig zu sein. Auch gerade weil dein Partner da derzeit möglicherweise nicht aufnahmefähig für ist und weil es unter Umständen auch schwer fällt, mit Freunden darüber zu reden. Das ist natürlich kein Muss, aber gerade wenn du merkst, dass für dich selbst die psychische Belastung hoch ist, würde ich das im Hinterkopf behalten. Manchmal gibt es auch spezielle Angebote für Partner von psychisch erkrankten Menschen, da würde ich auch mal Ausschau nach halten. Die sind dann ja genau auf deine Situation eingestellt.

Die anderen seiner Kommentare klingen für mich eben nach typischen Selbstvorwürfen. Also dass er sich selbst nicht liebenswertig findet und meint du bist ohne ihn besser dran. Es kann zum Teil auch sein, dass seine eigenen Empfindungen eingetrübt sind und ihm in dem Sinne egal ist, was gerade mit euch weiter passiert. So richtig Tipps habe ich nicht dafür. Ich finde, es tut auch unglaublich weh so etwas zu hören, weil du bist ja hier und versuchst dein Bestes und möchtest das Leben weiter mit deinem Partner gestalten und dann sagt er so etwas. Oft ist es aber so, dass das nicht daher kommt, weil er diese Bemühungen nicht sieht, sondern eher das Gegenteil - er sieht diese Bemühungen und sieht sich als Last in der Beziehung. Gewissermaßen ist er das ja auch gerade. Aber du möchtest trotzdem gemeinsam mit ihm diese Zeit durchstehen. Ich glaube viel mehr, als das zusichern, fällt mir da aber auch gerade nicht ein.

Ich weiß von einem Paar, wo zu einzelnen Therapiestunden der Partner auch dabei war und man so in einem geschützten Raum auch einmal gerade diese Dinge aussprechen konnte. (Das war jetzt nicht gezielte Paartherapie, aber im Rahmen von der Therapie von Partner1 kam die Idee auf, eine gemeinsame Therapiestunde zu machen). Also ggf er, dass er meint du wärst ohne ihn besser dran (möglicherweise). Und wie es dir damit geht, wenn er sowas sagt. Oder auch was du an deinem Partner aktuell am meisten vermisst. Das können aber durchaus auch sehr belastende Gespräche sein. Da müssen natürlich beide Partner bereit zu sein und vielleicht ist das dein Mann auch aktuell noch nicht, das weiß ich nicht. Früher oder später kann das aber auch eine Option sein.

Ich wünsche dir auf jeden Fall ganz viel Kraft.

Bearbeitet von Mmm
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Vielen Dank für deine einfühlsame Antwort.

Ja, eines der größten Probleme ist, dass er sich selbst nicht liebenswert findet und sich selbst als Belastung für mich sieht.
Ich werde vermutlich den Ratschlägen hier folgen und eine Selbsthilfegruppe suchen
Auf Dauer macht es bestimmt auch Sinn, dass wir einige Therapiegespräche zusammen führen.

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Ich arbeite mit Kindheitstrauma Patienten und bin Psychotherapeutin.

Ich wurde auch in meiner Kindheit traumatisiert da durch das meine Mutter auch an Kindheitheits Trauma litt. Ich lebe und arbeite seit 25 Jahren in England.

Ich konnte durch meine eigene Therapien und meiner Arbeit viel auf arbeiten und mich besser verstehen und da durch mit mir und meinen Mitmenschen besser umgehen und meine Beziehungen verbessern.

Das kann jeder es braucht die richtige Therapie Form und eine gute Beziehung mit dem Therapeuten und Geduld...

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Wir leben erst seit 6 Jahren mit der Krankheit, aber es ist ein auf und ab. Ich versuche sehr gut auf mich zu achten und mich auch mal abzugrenzen.
Selbsthilfegruppen, Sport, eigene Therapie. Ich hab anfangs alles aufgefangen und wäre selbst fast im Burnout gelandet. Habe mich durch Therapie und viel Selbstfürsorge aus dem Loch herausarbeiten können. Es fällt mir schwer zu sehen, wie langsam die Dinge voran gehen und wie oft meine Partnerin dieselben "Fehler" wieder macht. Zb nach einem Klinkaufenthalt wieder Vollzeit arbeiten gehen wollen ohne Not. Natürlich kam dann wenige Monate später der nächste Zusammenbruch.
Ich achte darauf gesund zu essen, Sport zu machen, zu meditieren etc, um mental für unsere Familie gesund zu bleiben, sie (noch) nicht und das ärgert mich dann schon. Zum Glück kann ich mich bei meinem Therapeuten auskotzen.
Hat dein Mann eine richtige Traumatherapie gemacht? Das ist noch mal was anderes als eine Gesprächstherapie. Wenn er trotz Medikamente suizidal war, würde ich mich auch mal über Therapien mit Psychedelika informieren, das kann ganz viel Gutes bewirken.

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Ja stimmt psychedelics können da anscheinend echt helfen, dazu gibt’s einige interessante Dokus online - gerade zum
Thema microdosing.

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Hallo Ines,

Ich bin ein Kind von psychisch instabilen Eltern (Depression, PTBS aus Kindheit plus Krieg, NPS).
Der Unterschied zu deiner Geschichte ist, dass meine Eltern erst seit 2 Jahren zur Therapie gehen, weil sie sich davor an mir abreagiert haben.

Es ist bestimmt sehr schwer für deinen Mann jeden Tag aufs Neue mit seinem Gefühlen zurecht zu kommen und "zu überleben".
Dennoch belastet es auch die Familie also dich und die Kinder. Und ihr habt genau so viel Recht auf eure Gefühle.
Ich würde tatsächlich raten zu Therapie und/oder Selbsthilfegruppe zu gehen.
In der Selbsthilfegruppe sind aber meistens keine Leute vom Fach, sondern Betroffene.
Da findest du Tipps für dich selbst, wie du in solchen Situationen umgehen sollst und kannst. Da findest du Leute, die ähnliches erlebt haben und erleben. Da findest du Menschen, die dir zuhören.

Ich habe beides gleichzeitig besucht. Therapie und Selbsthilfegruppe haben mir in der Heilung geholfen, aber ich habe weiterhin "Probleme", die ich mein ganzes Leben bekämpfen muss.

Alles Gute