Bin ich nichts wert?

Immer Streit, immer Schuldgefühle, immer Schuld tragen- für alles. Kein „ich liebe dich“ mehr, keine Geborgenheit, kein Gefühl geliebt zu werden, verstanden zu werden, respektiert zu werden.
Selbstwert gleich null, Respekt zu sich selbst gleich null.
Was stimmt mit mir nicht? Warum kann ich es nicht beenden? Bin ich süchtig nach ihm? Bin ich depressiv? Oder bin ich wirklich so ein schlechter Mensch, wie er zu mir ständig sagt? Vielleicht ist es doch alles meine Schuld? Vielleicht hat er Recht?
Wohin mit mir? Am besten würde ich mich unter die Decke verstecken und nie wieder rauskommen? Hab ich überhaupt die Kraft ?

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Ich glaube, dass sich viele Menschen damit schwertun, so eine Beziehung zu beenden - lieber eine schlechte, wo man sich auskennt, als gar keine. Als Alleinsein. Als von vorne anzufangen. Als keine Hilfe mehr zu haben.

Warum solltest du ein schlechter Mensch sein? Realistisch gesehen bist du wahrscheinlich genauso gut und schlecht wie wir alle. Du bist vermutlich nur in eine Rolle hereingerutscht, die es dir sehr schwer macht, dich jetzt zu behaupten und zu sagen: "Du tust mir nicht gut, ich gehe!" Und das wäre die richtige Einstellung. Dein Partner scheint nicht an euren Problemen arbeiten zu wollen, im Gegenteil - er macht es sich bequem und hat den Schuldigen gefunden, dem er jetzt alles um den Hals hängen kann. Gerade Frauen neigen dazu, Situationen endlos durchzudenken, und dann wieder von vorne...oft im Hinterkopf mit dem Gedanken, dass vermutlich sie selber das Problem sind. Sie finden Begründungen, Verharmlosungen, Erklärungen. Und bleiben dann eben da, weil sie sich auch selber unterschätzen und gar nicht mehr wissen, wie stark sie eigentlich sind. Dass sie mehr wollen dürfen als eine Beziehung, die ihr Leben nicht bereichert, sondern immer schwerer macht. Dass es manchmal gar nicht so schlecht ist lieber alleine zu sein, als sich von einem Mann emotional so kaputtmachen zu lassen - nichts kann das aufwiegen.

Mich erinnert das immer an die Generation Frauen im Alter meiner Mutter. Ich habe zwei Freundinnen, deren Mütter ganz klar sagen: Sie sind aus praktischen Gründen bei ihren Männern geblieben. Weil es bequemer war, weil sie so versorgt waren, weil es eben besser als nichts war. Und das ist doch total traurig. Stell dir vor, das jetzt noch 40 Jahre lang zu machen und dann zu sterben. Toll. Wenn ein Mann mehr Kummer als Freude in dein Leben bringt - wo ist dann der Benefit einer Beziehung? Ich sehe keinen. Du bist nicht alleine, ja. Und hast jemanden, der dir die Winterreifen wechselt. Aber die Rollen können andere auch ausfüllen. Du wirst Freunde haben, eine Familie, irgendwann vielleicht auch wieder einen Mann. Und für die Winterreifen gibt es Werkstätten.

Insofern: Sei dir mehr wert. Überlege, was du einer Freundin oder deiner Tochter in der Situation raten würdest. Sage deinem Partner, dass du so nicht mehr leben kannst und willst - was er bereit ist, zu ändern? Und wenn da nichts kommt, dann gehe. Denn du hast mehr verdient.

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Vielen Dank für so eine ausführliche Antwort.
Es ist wirklich komisch und gleichzeitig tut es mir gut, dass fremde Menschen mehr Verständnis für mich haben als mein eigener Partner.

Ich beschreibe das alles aus meiner Sicht. Vielleicht liegt die Wahrheit in der Mitte und seine Perspektive auch sinnvoll ist. Ich habe schon oft versucht mit ihm so darüber zu reden. Es ist leider nur zur Gewohnheit geworden dass ich mich für alles entschuldige, weil ich eh an allem schuld bin. Auch als ich depressiv war (bin) , müsste mich entschuldigen weil das gerade kein guter Zeitpunkt war…

Früher war ich stark, als ich gehört habe, dass Frauen solche Probleme haben, wie ich gerade selbst, hab ich auch so wie du reagiert. Jetzt stecke ich in der Krise selbst und kann mir nicht vorstellen rauszukommen. Die Angst, Zweifeln und Panik erlauben mir momentan nicht überhaupt was zu ändern. Ich habe angefangen zu glauben dass er recht hat, dass es an mir liegt , dass ich schuld an allem bin …

Bearbeitet von Conny06
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Manchmal ist man so tief drin, dass einem der Blick von außen fehlt. Was würdest du einer Freundin raten, die dir diese Umstände ihrer Beziehung schildert?

Ist das, was kommt, wenn du dich von ihm trennst - das große Unbekannte - schlimmer als die aktuelle Situation?
Kann es überhaupt schlimmer sein? Man wagt es nicht zu glauben, wenn man deinen Text gelesen hat.

Du fragst, was mit dir nicht stimmt. Mit dir stimmt alles. Du hast dich nur an einen Zustand gewöhnt und hast, um auszuhalten, ihn zum Status Quo ernannt.
Dieser Beitrag zeigt aber schon, dass es in dir brodelt. Und so wie du die Kraft gefunden hast, diese Zeilen zu verfassen, wirst du - wenn die Zeit reif ist - Kraft finden, etwas in deinem Leben zu ändern (und so wie es sich anhört, ist relativ klar, was zu tun ist).

Ich wünsche dir all die Kraft und Klarheit!
Es gibt ein glückliches Leben jenseits dieser Beziehung, du musst dich nur trauen!!!

Bearbeitet von Fruehlingskartoffel
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Danke für die liebevolle Antwort.
Ich bin noch lange nicht bereit die Beziehung zu beenden, außer er macht das. Er hat ja auch sehr viele Gründe mich zu verlassen…
Ich habe mich entschieden mir selbst zu helfen und eine Therapie zu machen. Aber nicht für ihn, nicht für die Beziehung, sondern alleine für mich. Ich will wieder zu mir selbst finden, ich will wieder Respekt zu mir selbst haben und das von keinem anderen Menschen abhängig machen. Ich hoffe nur, dass ich genug Kraft dafür habe…

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Ich war 18 Jahre verheiratet, ich war viele Jahre unglücklich. Hab das gleiche gefühlt wie Du. Ich habe 5 Jahre gebraucht bis ich an dem Punkt war, dass ich mich trennen konnte. Es ist genau richtig das Du eine Therapie für Dich machst. Du musst Dein Selbstwertgefühl und die Selbstliebe wieder aufbauen und dann wirst Du auch stark genug sein, dich zu trennen. Niemand hat es verdient so behandelt zu werden. Schau nur noch auf Dich und sei stark, Du wirst es schaffen und Du wirst irgendwann zurückblicken und denken, mein Gott, warum hab ich mir das nur so lange angetan.
Alles Gute und viel Kraft für Dich!

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Du bist sicher nicht immer schuld und recht hat er nicht. Auch wenn man das selbst manchmal dann glaubt.

Es braucht langfristig weniger Kraft, das ganze zu beenden! Du schaffst das!!! Fühl dich gedrückt! 💪

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Danke ❣️
Es klingt vielleicht verrückt , aber momentan kann ich es nicht beenden. Vielleicht macht er das (mal wieder)..

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Das ist natürlich schade, vor allem für dich. Aber wenn du es (noch) nicht schaffst, ok. Überlege dir vielleicht, was du brauchst, um es beenden zu können.

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Das Leben ist kurz und sollte deshalb überwiegend schön sein :) Jeder sollte deshalb das beste draus machen. Du bist ein wundervoller Mensch mit vielen Gaben und weißt deshalb ganz genau was zutun ist. Nur Mut!
Ich wünsche dir die richtige Entscheidung und dass du in Zukunft für dich einstehen kannst!

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Danke 💖
Momentan sehe ich mich als Versager, als Mensch was nicht wert ist , total abhängig von jemanden der -aus seiner Sicht - perfekt ist und ich nur sein „Opfer“. Jemand, der sein Leben kaputt macht, der ihn nicht gut tut, der ihn runterzieht… Vielleicht trennt er sich ja bald …

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Nö, du bist in der Opferrolle.
Verlasse sie und der Himmel wird wieder hell, weil die schweren Winde vergehen. Traurig darfst du trotzdem sein, das gehört dazu. Das Positive wird überwiegen!

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Ich denke es ist die Angst vor Ungewissheit...

Bei mir war es damals so, ich hatte Angst mich zu trennen, weil ich nicht wusste, ob ich die Kraft hätte alles allein zu stemmen. Aber im Prinzip war ich schon lang allein, wir waren nur auf dem Papier zusammen.

Die Angst war aber auch mein Antrieb ihn zu verlassen - die Angst davor in einer unglücklichen Ehe zu verharren, dass die Jahre vergehen und ich noch immer nicht gehandelt habe.

Du schaffst das, glaub an dich!

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Manchmal frage ich mich, ob man mehr Angst haben kann , als ich jetzt habe. Ich fühle mich nicht geliebt, nicht wertgeschätzt, nicht verstanden. Habe unglaubliche Angst wieder was „falsch“ zu machen und wieder verlassen zu werden und wieder zu hören, wie schlecht ich ihm tue und wie bösartig ich bin…

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Hallo Conny,

stell dir vor, du stehst an einem Abgrund. Hinter dir die Hölle auf Erden. Das Unglück, das Leid, die Demütigung, die dich immer wieder einholen. Vor dir weitet sich der Himmel, du siehst den Horizont. "Da unten" erkennst du, wie das Leben auch sein kann. Ruhig, friedlich, einfach schön. Aber da ist ja noch der Abgrund. Du wirst springen müssen, um da hinzukommen, auch wenn du nicht genau weißt, wie tief es nach unten geht. Du nimmst allen Mut zusammen, setzt erst einen Fuß nach vorne und dann den anderen...und landest sicher auf beiden Füßen.

Dann schaust du ein letztes Mal nach oben und stellst fest, dass dieser immens erscheinende Abgrund mit der Hölle weit weg sind. Die Demütigung, das Unglück, das Leid - sie können dich nicht mehr erreichen. Du hast dich befreit, weil du einmal, nur ein einziges Mal springen musstest. Was ist das schon, verglichen mit alldem, was du dir Tag für Tag aufbürdest?

Du hast den ersten Schritt schon getan, indem du hier mal alles aufgeschrieben hast. Weitere Schritte können sein: professionelle Beratung, der Gang zum Anwalt, sich Unterstützung hinzuziehen. Quasi die Fallschirme, die den Sprung abfedern und leichter machen.

Ich wünsche dir viel Kraft und Mut! Es lohnt sich.

Liebe Grüße,
DieKati

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Liebe Kati,
Danke 💖.

Ich habe mich entschieden eine Therapie zu machen. Dass ich wieder zu mir selbst finde und mich selbst respektiere, unabhängig von dem was andere mit mir machen.
Es klingt verrückt, aber ich kann mir momentan nicht vorstellen ihn zu verlassen. Obwohl es mir wirklich sehr schlecht geht.. Ich habe noch nicht die Kraft dafür… auch wünsche mir stärker zu sein und mehr an mich zu glauben, aber momentan bin ich total zerstört..

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Du Liebe,

du machst das alles richtig. Gib dir Zeit! Für mich klingt das gar nicht so verrückt, dass du das jetzt noch nicht kannst. Aber du hast dich auf den Weg gemacht und das ist es, was zählt. Darauf kannst du schon sehr stolz sein.

Ein Schritt nach dem anderen, und dann stehen die Chancen sehr gut, dass der Absprung gelingen wird.

Weiter so und alles Liebe!

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Hi

so arme verlorene Hascherl würde ich am liebsten an meine behaarte Brust nehmen und mit viel Liebe, guten Worten und meiner Spezialsoße für Spaghetti Bolo aufpäppeln. Damit Du eines Tages ein starkes, selbstbestimmtes Wesen bist und alleine durch die Welt laufen kannst.

Leider ist das aber nur ein törichter Reflex eines Beschützerinstinkts und Du wirst es alleine schaffen müssen. Dein Leben in den Griff zu bekommen. Keine Ahnung, was Dich hat so werden lassen (Elternhaus? Die falschen Männer?) aber es gibt immer Hoffnung. Alles andere haben andere hier schon gesagt. Halt durch!

BG

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Wir haben nur ein Leben und es ist zu kurz, um es an solche "Partner" zu verschwenden. Lieber allein, als mit so jemandem zusammen sein.

Es ist gut, dass du eine Therapie machst. Ich wünsche dir, dass dir dort geholfen wird. Du musst aber auch an dir selbst arbeiten, Therapie ist kein Selbstläufer.

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Aus deinen Antworten lese ich, dass du einen Therapie-Platz hast.
Ich würde dir dennoch den Tipp geben, dass du in einer ruhigen, friedlichen Umgebung alleine besser heilen kannst, als wenn man mit jemandem zusammenleben muss, der 1 Stunde Therapie in kurzer Zeit zunichte machen kann und wird.

Ich würde mir an deiner Stelle eine kleine Wohnung suchen und dann 100% Energie für die Selbstheilung aufwenden.