Hallo zusammen,
mein Partner (28) ist Arzt und durch den Beruf und die Dienste sehr eingespannt. Wir wohnen seit kurzem zusammen und ich merke, dass ich mich gerade so nicht wohl fühle. Also prinzipiell mag ich das Zusammenleben schon und ich liebe ihn, aber ich merke, dass seine Arbeit unser Zusammenleben erschwert. Er arbeitet durchschnittlich von 6:15 Uhr morgens bis 17:30 Uhr abends, mit 3-4 24h Dienste im Monat (zusätzlich) und ist dementsprechend auch geschafft von der Arbeit. Ich selber (25) bin gerade an meiner naturwissenschaftlichen Promotion und arbeite gute 45h die Woche (bei nur 65% Bezahlung, leider üblich in den Naturwissenschaften). Ich versuche es so zu handhaben, dass wir beide gleich viel Freizeit haben, das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass ich den Großteil (quasi alles) im Haushalt mache. Auch der gedankliche Part, mit der Essensgestaltung, Geschenke etc. bleibt an mir hängen. Prinzipiell ist dies auch für mich in Ordnung, jedoch komme ich gerade an meine Grenzen. Wenn er von der Arbeit kommt, möchte er erstmal in Ruhe essen und dann etwas Ruhe, jedoch hätte ich gerne, wenn noch etwas ansteht, dass wir das nach dem Essen direkt machen und nicht noch weiter nach hinten verzögern. In meinem Kopf rattert dann noch die To-Do Liste und ich kann erst abschalten, wenn alles erledigt ist.
Leider ist er auch ständig müde und kann sich privat kaum was merken, da das Gehirn wahrscheinlich nach der hohen Auslastung auf Durchzug stellt. Ich muss ihn ständig an alles erinnern. Wenn wir abends dann noch einen Film zusammen schauen, dann kann er sich gefühlt nicht mehr daran erinnern, was 30s vorher gewesen ist und ich "muss" ihm dann wieder alles erklären. Das nervt mich aber, da ich es als anstrengend erachte.
Ich weiß irgendwie nicht, wie ich besser mit der Situation umgehen kann. Die wird sich zeitnah auch nicht ändern, da wir beide einen Beruf nachgehen, der eher eine Berufung ist. Deswegen habe ich auch explizit "Arzt" erwähnt, vielleicht ist da draußen jemand, die in der gleichen/ähnlichen Situation sind und eine bessere Strategie haben.
Vielen Dank fürs Lesen! :)
Zusammenleben mit einem Arzt
Ich habe mal gehört/gelesen, dass die meisten Beziehungen daran scheitern, dass zwei unterschiedliche Feierabendtypen aufeinandertreffen. Typ A kommt nach Hause, erledigt dann eben, was zu erledigen ist und hat dann Ruhe. Typ B kommt nach Hause, muss erst mal 30 Minuten zur Ruhe kommen und kann dann weitermachen. Wenn Typ A nun auf Typ B trifft, hat das natürlich Konfliktpotenzial, weil keiner von beiden den anderen verstehen kann. (Ob nun wirklich "die meisten" Beziehungen daran scheitern, sei mal dahingestellt, aber ich beobachte diesen Konflikt in meinem Umfeld und auch in meinen Ex-Beziehungen permanent :))
Wenn dein Freund also Typ B ist, dann lass ihn auch mal kurz runterkommen. Vielleicht kannst du ihn fragen, wie lange er Pause braucht und ihr einigt euch darauf, dass es eben nach der Pause dann aber noch ein bisschen weitergeht?
Habt ihr die Möglichkeit manche Dinge auszulagern? Einmal pro Woche eine Haushaltshilfe kommen zu lassen, die so lästige Dinge wie das Bad oder so übernimmt? Euch Lebensmittel liefern zu lassen, damit du nicht Essen planen und einkaufen und kochen musst, sondern nur noch kochen?
Das Arbeitspensum von euch beiden wird sich vermutlich nicht ändern, daher würde ich beim Pensum an Hausarbeit ansetzen.
Dankeschön, das ist ein guter Punkt mit den beiden Beziehungstypen!
Hat nichts mit der Berufung zu tun. Er ist einfach nicht Du. Muss wohl jeder so akzeptieren in Beziehungen.
"jedoch hätte ich gerne, wenn noch etwas ansteht, dass wir das nach dem Essen direkt machen"
Welche wichtigen Dinge müssen denn am Abend (nach einem so langen Arbeitstag) noch unbedingt erledigt werden, die man nicht an einem z.B. freien Tag ganz entspannt angehen kann? Wenn du schon weißt, das er da anders tickt als du, warum planst du das so?
Ein Arzt hat, wie alle Personen in medizinischen Berufen, eine extrem hohe Verantwortung. Das kostet viel Kraft. Das man da nach der Arbeit nicht mehr so Aufnahmefähig ist, ist völlig normal. Eine ausreichende Ruhephase ist da wirklich wichtig.
Ihr solltet miteinander unbedingt reden und einen Plan machen, wer wann was übernimmt. So funktioniert Zusammenleben, das muss sich aber auch erst mal einspielen.
Für die regelmässige Grundreinigung kann man jemanden kommen lassen, dann bleibt nicht so viel an dir hängen. Und mit einem Essensplan und den Lieferdiensten von Rewe, Knusp und wie sie alle heißen, erspart man sich - sofern verfügbar - Einkaufsstreß.
Du übernimmst viel Verantwortung für die Gestaltung eures Zusammenlebens. Warum?
"Ich versuche es so zu handhaben, dass wir beide gleich viel Freizeit haben"
Warum überlegst du dir das? Warum sitzt ihr nicht zusammen und überlegt gemeinsam, wie ihr euer Zusammenleben gestalten wollt? Was sind denn seine Vorstellungen vom gemeinsam Wohnen als Paar? Es klingt fast so als würdet ihr darüber gar nicht reden, dabei ist das doch das Normalste der Welt. Bevor man zusammenzieht, schaut man mal was wer für Vorstellungen, Wünsche, Bedingungen mitbringt. Wenn man dann eine Weile zusammen wohnt, setzt man sich hin und gleicht mal ab, wie es läuft und wo man drehen will. Auch das machst du gerade wieder für dich allein, du überlegst dir woran du schrauben kannst. Geh doch lieber mit ihm ins Gespräch, entwickelt gemeinsam ein Gefühl dafür, wie es euch zusammen geht, und überlegt euch Lösungen für die Dinge bei denen es hakt. Weiß er überhaupt dass du unzufrieden bist?
Und warum machst du seinen Teil des Haushalts einfach mit? Wie hat er das denn gemacht, als er allein gewohnt hat? Klar ist es eine schöne Lösung, dass beide Freizeit zur Verfügung haben. Gleichzeitig ist sein Job in erster Linie seine Entscheidung. Einschränkungen dadurch muss er schon auch selber mit aushalten.
Auch bei Geschenken, Sozialleben etc. liegt alles bei dir. Auch hier wieder, wie hat dein Partner das zuvor gemacht? Wenn er für sowas keinen Kopf hat, lass ihn halt. Warum machst du dir einen Kopf über Geschenke? Besorg die, die du auch ohne ihn besorgen würdest. Er kümmert sich um seinen Teil. Bei gemeinsamen Freunden schaut man halt. Sprecht darüber was und wie, und wer es besorgt. Wenn er sich komplett rausnehmen will, sagst du ihn halt dass du das nicht ok findest.
Man bekommt aber auch den Eindruck, dass du eine ganz genaue Vorstellung hast, wie alles zu laufen hat. Haushalt ordentlich, ToDo Liste abgehakt, Sozialleben organisiert etc. Du bist eine 25jährige Promovierende, warum schleppst du so viel mit dir rum? Was muss denn da nach der Arbeit unbedingt noch erledigt werden? Und sind das Sachen, die euch gemeinsam wichtig sind? Oder sind die nur in deinem Kopf sofort wichtig? Vielleicht gibst du mal ein Beispiel, ich kann mir da grad nichts vorstellen.
Dass du erst entspannen kannst wenn alles fertig ist, das ist nicht seine Schuld. Man muss das nicht so machen. Er braucht eine Pause und möchte den Kopf frei bekommen nach der Arbeit. Das ist verständlich. Übrigens ist es aber nicht automatisch dein Job, dann etwas zu essen hinzustellen, weil er gern nach der Arbeit was Warmes haben will. Auch gestresste Menschen können kochen, manche sogar gern.
Generell solltet ihr euch mal überlegen, wie ihr langfristig leben wollt. Nicht jetzt sofort, aber irgendwann. Je nach Karriere wird die Belastung nicht weniger werden. Wenn du dich dann abstrampelst, damit ihr trotz fordernder Jobs ein möglichst "normales" Leben habt, ist das zum Scheitern verurteilt. Und du stellst damit automatisch die Weichen dafür, dass Haushalt, Sozialleben, Freizeitgestaltung für immer an dir hängen bleiben. Auch das Familienleben, falls du mal Kinder möchtest.
Geh da lieber ein bisschen reflektierter ran. Du bist 25, wo ist die Leichtigkeit? Wo sind Hobbies, Spaß, Freunde? Und redet miteinander, sonst wird das nichts.
Ich habe viele Ärzte in der Familie und im Freundeskreis - und ja, es ist, egal welcher Facharzt bzw ob eigene Ordi oder Klinik - ein arbeitsintensiver Beruf. Wenn ich nach über 12 Dienst nach Hause käme, bräuchte ich auch Ruhe.
Mein Mann ist Journalist und aufgrund des späten Redaktionsschlusses kaum einen Tag vor 21 Uhr zuhause. Er fängt dafür zwar später an, aber das nützt mir nichts, da ich am Vormittag selbst im Büro bin. Es gibt kein gemeinsames Abendessen, ich kann abends nichts unternehmen (weil niemand beim Kind ist), alle Elternabende u Co erledige ich allein. Es ist halt so.
Ich habe Schauspieler in meinem Umfeld, die für Drehs monatelang weg sind, Gastronomen, die, wenn alle frei haben, durch verlässliche Abwesenheit glänzen, und Politiker, von denen ich sowieso nicht weiß, wie die das alles auf die Reihe kriegen. All diese Menschen haben Partner bzw Familie.
Es tut mir leid, dass es dir nicht gut geht momentan, aber ich denke, deine Erwartungshaltung muss ein wenig „nachreifen“. Je älter man wird, desto mehr darf man sich auch in der Partnerschaft verwirklichen, seiner Berufung nachgehen, konzentriert sich Seite an Seite nicht immer vorrangig auf den Partner, sondern auf eigene Lebensinhalte. Dein Freund steht am Beginn seiner medizinischen Laufbahn und das hat hohe Priorität momentan. Ich finde das legitim.
Eine Partnerschaft muss das aushalten, sonst taugt sie als Lebensgemeinschaft nicht, finde ich. Was glaubst du, wie es ist, wenn Kinder kommen? Da verschiebt sich der Fokus auch stark weg vom Paar und hin zu etwas anderem.
Ich würde dich ermutigen, die Erwartungen an ihn zurückzunehmen und mehr Verantwortung für dein eigenes Wohlergehen zu übernehmen. Unternimm oder erledige Dinge auch allein. Gib Raum, lass sich das Ganze einspielen. Schau gut auf dich! Lerne die Schönheit eurer Liebe kennen, wenn ihr einträchtig nebeneinander her „trabt“ in liebevoller Verbundenheit und Freude am Weg des anderen. Diese Phasen sind wichtig in einer reifen Partnerschaft. Es kommen auch wieder andere, in denen das Paarsein intensiver in den Vordergrund tritt.
Soweit meine Erfahrung. Alles Gute für euch!
Finde ich einen guten Ansatz. Ergänzen möchte ich aber noch, dass man eben auch sorgsam prüfen sollte, ob man selbst für so ein Leben gemacht wäre.
Ich wäre es nicht. Ich finde es auch superwichtig, dass beide noch ein jeweils eigener Mensch sind und jeder Raum hat, aich zu verwirklichen. So wie du das beschreibst, würde ich das aber nicht wollen. Ich finde es auch legitim, wenn jemand gern mehr Fokus auf dem Paarleben hat und nicht nur Seite an Seite sein eigenes Ding machen möchte. Bei dir klingt es ein bisschen so als sei das unreif/unerwachsen, und jede erwachsene Partnerschaft so wie du sie beschreibst. Das seh ich anders.
Jede:r darf sich ein Paarleben so wünschen wie man das möchte, man muss aber eben auch schauen ob der Partner den man gewählt hat auch dazu passt und das auch so möchte. Und man muss offen mit seinen Vorstellungen umgehen, und sich nicht lange zurücknehmen und das dem anderen dann zum Vorwurf machen.
Insofern würde ich an die TE ergänzen: Sei ehrlich mit dir und schau, ob das Leben das ihr euch aufbaut wirklich zu dir passt. Wenn nein, wo gibt es Kompromisse, mit denen du gut leben kannst ohne sie ihm (so wie jetzt) innerlich vorzuwerfen? Und wo sind Dinge unvereinbar? Und: Man muss schon von beiden erwarten können, sich aufeinander zuzubewegen, wenn es dauerhaft funktionieren soll.
Ich sehe das ähnlich, nicht jeder Mensch passt als Partner.
Für mich wäre ein Mann der seine Karriere an oberste Stelle setzt , nicht als Partner in Frage gekommen.
Jemand der 12 Stunden am Tag weg ist , und dann durch notwendige Pausen, Ausruhen etc. kaum noch Zeit und Energie für die Partnerschaft bzw die Familie hat , der hat für mich ! die falschen Prioritäten im Leben.
Kurzfristig ist das kein Problem ,aber als Dauerzustand würde mich das unglücklich machen, mit so jemandem zusammen zu leben.
Es passt nicht zu meinen Werten , da ich meinen Schwerpunkt auf das Zusammensein mit dem Partner lege, auf möglichst viel gemeinsame Zeit, denn das macht mich zufrieden und glücklich.
Daher habe ich auch einen Partner ,der das ähnlich sieht.
Nur dann funktioniert das dauerhaft, ich sehe im Fall der TE das Problem ,dass die Erwartungen an eine Partnerschaft bei ihr und ihrem Mann nicht zusammen passen.
Ihre Bedürfnisse werden dauerhaft nicht erfüllt, was zu Frust führt und letztlich zu Streit und Unzufriedenheit mit dem Partner.
Da nützt es auch nichts zu sagen, sie soll ihre Einstellung ändern , es akzeptieren, wenn sie es anders braucht und es ihr nicht entspricht.
Mit 28 ist er ja vermutlich noch Assistenzarzt.
Da kenne ich es aus meinem Umfeld auch so, dass da viel mehr als Arbeit nicht mehr möglich ist. Bei eigentlich allen hat sich das danach aber geändert.
> Bei eigentlich allen hat sich das danach aber geändert.
Korrekt,
Als Chefarzt oder mit eigener Praxis, ist später noch mehr zu tun.
Aber nicht als Oberarzt in einer Klinik. Wobei… kommt natürlich auf das Fachgebiet an.
Mein Mann war Assistenzarzt, als wir zusammengekommen sind. Und da ist es tatsächlich so, dass man sich nicht soooo viel sieht bzw. der Kerl platt ist, wenn er von der Arbeit kommt. Mein Mann hat damals (wie ich) in der Akutpsychiatrie gearbeitet und das war kein entspannter 9-17 Job. Dazu kamen die ständigen Dienste. Aber irgendwann ist die Assistenzzeit vorbei und dann wird es viel besser. Klar hat man als OA Hintergrunddienst, aber je nach Fachrichtung lässt sich das oft auch telefonisch regeln. Berufsbedingt habe ich viele Ärzte im Freundes- und Bekanntenkreis und die haben fast alle eine gute Work-Life-Balance. Nach der Facharztausbildung hängt das schon auch viel an den einzelnen Personen und wie sie ihr Leben führen wollen. Auch als Praxisinhaber muss man nicht rund um die Uhr arbeiten….
Vielleicht wäre es eine Option, die wichtigen Dinge nicht auf den Abend sondern aufs Wochenende zu legen. Dazu zähle ich auch Filme schauen. Warum ist es dir so wichtig, dass ihr Filme schaut, wenn er eh schon durch den Wind ist? Vielleicht wäre was anderes besser für euch oder ihr macht auch mal getrennte Dinge. Er schläft, du telefonierst mit einer Freundin usw.
Da muss jeder erst mal seinen Weg finden bzw wie war das denn vor dem Zusammenziehen? Was habt ihr da an den Abenden gemacht, als ihr euch besucht habt?
Dir ist schon klar, dass er mit 24 h Diensten dann im KH arbeitet und somit keine Wochenenden hat? Also da ist nichts mit verschieben aufs Wochenende wie bei einem 9to5 Job. Mit Glück hast du alle 6 Monate mal ein ganzes Wochenende frei.
So geht es fast allen Berufen im Gesundheitswesen oder im Schichtdienst.
Unser Familienleben hat auch unter dem 3 Schichtsystem meines Vaters gelitten. Wir mussten morgens leise sein, damit mein Vater ausschlafen konnte, er kam ja erst gegen 4 Uhr morgens heim beim Spätdienst, dementsprechend stand er zwischen 10 und 11 auf.
Später dann immer um 17 Uhr schon daheim sein, weil es dann Abendessen gab, wenn er Spätdienst hatte, weil der um 18 Uhr anfing.
Am gemütlichsten war die Mittagsschicht. Die fing um 10 an glaube ich und um 18 Uhr war er daheim.
Weihnachten musste jedes Jahr anders gefeiert werden, weil er nur alle 4 Jahre an Heiligabend frei hatte. Mal abends Bescherung, mal am Nachmittag schon.
Schichtdienst und Partnerschaft/Familie ist eine große Herausforderung und verlangt einiges ab.
Mein Mann war kein Arzt aber beruflich ebenfalls sehr eingespannt und ein stressiges selbstständiges Saisongewerbe hatte er auch noch. Wenn er heimkam, war Essen angesagt und erstmal mindestens ein, wenn nicht zwei Stunden Pause. Da gab es einfach nichts anderes. Ich arbeitete ebenfalls Vollzeit und 2 Kinder waren auch da. Eine tägliche abendliche "To-do-Liste" ???? Ganz sicher nicht!
Nimm den Stress raus und plane anders, sonst wird das nichts. Natürlich müsst ihr auch in Ruhe mal reden, welche anfallenden Erledigungen wie erledigt werden......ohne täglichen abendlichen Stress und Frust.
Und - es gibt sicher Millionen Berufstätige, die abends bei einem Film schlicht einschlafen und nicht mehr anregend darüber diskutieren können. Willkommen im Alltag - und das ist nicht böse gemeint!
LG Moni