Guten Tag,
Meine Frage steht bereits im Titel und möchte noch den Hintergrund dazu erläutern.
Meine Frau und ich haben bereits eine kleine Tochter. Aktuell ist meine Frau mit unserem 2. Kind in der 22. Woche schwanger.
Meine Frau leidet seit ihrer Jugend an einer bipolaren Störung. Ich kenne ihre Phasen inzwischen recht gut und versuche ihr in jeder dieser Phasen ein Halt zu sein.
Doch nun habe ich das Gefühl, läuft alles aus dem Ruder.
Aktueller Grund war, dass unsere Tochter und ich gestern bei meinen Eltern waren und unsere Tochter dort kurz Fernsehen durfte. Meine Mutter wollte ihr ein neues Pferd zeigen - die Kleine liebt Pferde.
Ich schickte meiner Frau ein Bild wie unsere Tochter mit leuchtenden Augen dieses Pferd sah. Ein riesen Fehler. Der mir im Nachhinein auch leid tut weil wir uns darauf einig waren kein TV.
Zuhause brach ein riesen Streit vom Zaun, bis sie mir plötzlich unterstellte, ich würde das alles absichtlich machen um unsere Tochter und sie zu entfremden. Sie dürfte Zuhause die "Blöde" sein und bei meiner Mutter dürfte die Tochter alles. Sie würde sich die Kinder nicht von mir nehmen lassen. Eigentlich versteht sich meine Frau blendend mit meiner Mutter. Meine Mutter liebt meine Frau - teilweise gefühlt mehr wie mich - nebenbei gesagt. Auch muss ich dazu sagen, ich bin Fachanwalt für Familienrecht. Das verstärkt wahrscheinlich ihre Angst.
Ich habe dies allerdings in keinster Weise vor. Dieser Vorwurf hat mich zugegeben sehr getroffen.
Meine Frau ist eine tolle Mutter. Sie liebt unsere Tochter über alles und gibt sich sehr viel Mühe alles perfekt machen zu wollen. Sie hat ihre Selbstständigkeit auf ein Minimum herunter gefahren, hält das Haus immer sauber, unserer Tochter fehlt es an nichts, besonders nicht an Zeit und Liebe besonders von meiner Frau.
Ich liebe meine Frau sehr, ich denke nicht mal ansatzweise daran sie zu verlassen oder dergleichen. Eigentlich fühlte es sich immer alles perfekt an.
Meiner Frau setzt allerdings die 2. Schwangerschaft von Anfang an sehr zu. Müdigkeit, Rückenschmerzen, sie war von Beginn an sehr ausgelaugt. Es war vielleicht nach einem Jahr zu schnell für die 2. Schwangerschaft. Allerdings wollte meine Frau zügig ein 2. Kind, da wir mit 38 und 46 nicht mehr die jüngsten seien.
Durch den Streit gestern, hatte ich beschlossen die Nacht bei meinen Eltern zu verbringen. Ich wollte, dass sie sich etwas beruhigt und einen Gang runterfährt. Hatte ihr am Abend noch geschrieben, dass ich morgen gerne in ruhe mit ihr reden möchte und, dass ich sie liebe.
Heute morgen hat sie mir nun unterstellt wie abgebrüht ich wäre und wie ich es wagen könnte ihr zu sagen, dass ich sie lieben würde während ich die Nacht sicherlich bei meiner "Geliebten" verbracht hätte. Die Geliebte gibt und gab es nie!!
Ich bin verzweifelt, ich sehe gerade alles was mir wichtig ist zerbrechen. Weiß aber nicht wie ich ihr helfen kann. Wenn ich ihr jetzt vorschlagen würde, Hilfe zu suchen etc. befürchte ich dreht sie mir total durch. Wenn ich Hilfe bei ihrer besten Freundin suchen oder Kontakt zu unserer Hebamme aufnehmen würde, befürchte ich, dass sie dies als erneuten Angriff gegen sich sieht und sich in ihrer Sicht bestätigt fühlt.
Meine Hoffnung nun, dass es hier vielleicht jemanden gibt, der dies auch erlebt hat und Tipps und Ratschläge für mich hat wie ich ihr helfen kann.
Vielen Dank
Psychose in der Schwangerschaft?
Lieber Ratlos78
Deine Schilderungen lassen tatsächlich auf eine Dekompensation des psychischen Zustands deiner Frau bei einer psychiatrischen Vorerkrankung schliessen. Ist deine Frau in psychiatrischer Behandlung? Ist die Frauenärztin im Bilde und wird sie während der Schwangerschaft engmaschig begleitet und auch medikamentös gut eingestellt? Bitte beachte, dass derartige Symptome während der Schwangerschaft und nach der Geburt sehr gefährlich sein können, insbesondere für die Kinder. Ich verstehe, dass du das Vertrauensverhältnis zu deiner Frau nicht belasten willst, bedenke aber, dass sie krank ist und ihr Realitätsbezug aktuell nur lose zu sein scheint, was den Einbezug von externen (Fach-)Personen sicher rechtfertigt. Unbedingt solltest du vermeiden, das Kleinkind mit der Mutter in diesem Zustand alleine zu lassen.
Vielen Dank für Deine offenen Worte.
Meine Frau wird regelmäßig (alle 6 Wochen) von ihrem Psychiater betreut.
Ihr Haupt-Medikament nimmt sie unverändert nach Rat von Gynäkologen und Psychiater weiter.
Ich hatte jetzt Kontakt zu ihrer Tante diesbezüglich aufgenommen und gebeten sie solle sich ihr annehmen ohne zu sagen, dass es von mir käme. Vielleicht bekommt ihre Tante (Ersatzmutter meiner Frau) einen besseren Zugang zu ihr und kann sie dazu bewegen mit ihrem Psychiater Kontakt aufzunehmen.
Hi,
Ich kenne mich leider auch etwas aus mit dem Thema Psychosen. Die erste akute Phase hatte ich mit 21 Jahren. Darauf folgten knapp 8 Jahre regelmäßige Medikamenteneinnahme und seit 2 Jahren brauche ich zum Glück nichts mehr und bin stabil. Da ich aktuell auch schwanger bin, bete ich dass ich so etwas nie mehr erleben muss, denn es ist die Hölle.
Eine Schwangerschaft wirbelt natürlich auch nochmal die Hormone ordentlich durcheinander.
Du kennst deine Frau und ihre Phasen am besten.
Habt ihr einen Fahrplan wenn z.B. Frühwarnsymptome auftauchen? Also bist du sensibilisiert worden was zu tun ist wenn sich die Wahrnehmung ihrer Realität verschiebt. Dann musst du nämlich ins Handeln kommen, denn sie kann in dem Moment keine klaren Entscheidungen treffen. Und ich finde es toll dass du nach wie vor 100% hinter ihr stehst.
Ich wünsche euch alles Gute!
Vielen Dank für Deine Erfahrung
Fahrplan für Frühwarnsymptome, ja. Allerdings, dass sich ihre Wahrnehmung in eine derartige Richtung verschiebt ist neu.
Meine Frau wechselt durch Phasen tiefster Depression. Diese Phasen sind allerdings durch ihr Medikament extrem selten geworden.
Die 2. Phase ist deutlich schwieriger. Hier ist sie total aufgedreht. Hat hirnrissige Ideen. Hier passiert es, dass sie nachts um 3 beginnt Möbel im Wohnzimmer zu verrücken, weil sie glaubt oder sich einbildet es wurde anders besser aus sehen. Oder sie tropft alle Pflanzen nachts um. In der Regel kann sie das dann nicht zu Ende bringen weil sie mittendrin eine neue Idee hat. Oder sie wirft ihr ganzes Unternehmen um. Meist hinterlässt diese Phase enorm viel Chaos und stürzt die dann in eine Hilflosigkeit. Normal sucht sie in dieser Hilflosigkeit dann eher Schutz besonders bei mir.
Aber auch Phasen, in denen sie "normal" ist. Teilweise jahrelang.
Eine Psychose in dieser Form ist wie gesagt gänzlich neu.
Guten Morgen,
hmmmmm, schwierig.
Natürlich steigert Deine Frau sich da gerade in etwas rein. Sehr unschön und Du solltest versuchen, sie runterzuholen, wobei ihre Tante wahrscheinlich eine gute Idee ist.
In meinen Augen hast Du aber gleich den zweiten Fehler gemacht, indem Du bei Deinen Eltern übernachtet hast. Für mich wäre so etwas in meiner Beziehung die nächste Eskalationsstufe und keine "Beruhigung".
Vielleicht mag Deine Mutter ja auch 'mal bei Deiner Frau anrufen - sie war immerhin gestern involviert und ist sozusagen "Zeugin", dass Du heute Nacht bei Deinen Eltern warst. Vielleicht kann sie sie in einem netten Gespräch, das sich nicht auf den Streit bezieht, aber diese Dinge im Nebensatz einfließen lässt, ein wenig beruhigen. Oder sie sagt Deiner Frau geradeheraus, dass sie sich Sorgen macht, weil Ihr Euch so gestritten habt, dass Du sogar bei Deinen Eltern übernachtet hast.
Viel Glück!
Da hast Du mit Sicherheit recht.
Für mich schien, das Gehen gestern eine gute Idee zu sein, mit dem Wissen von heute Früh, hätte ich es rückwirkend nicht getan.
Ob meine Mutter nun eine gute Idee ist - bin ich unsicher. Immerhin scheint sie für meine Frau "Mittäter" zu sein.
Der Sozialpsychiatrische Dienst eurer Stadt oder des Kreises könnte ein Ansprechpartner sein.