Hi zusammen,
ich komme aus einer knapp 3-jährigen Beziehung, die zu einem großen Teil sehr liebevoll und schön war, allerdings sehr stark von unseren Bindungsmustern und in erster Linie von einigen Traumata meiner (Ex-)Partnerin geprägt war. Noch dazu hat uns die Patchwork-Situation (ich habe eine Tochter die alle 2 Wochen am Wochenende bei uns war) sehr stark belastet: Eifersucht, Missverständnisse, Zeit zu zweit vs. Zeit zu dritt usw.
Ich würde sagen, wir hatten nicht mehr oder weniger Konflikte als andere Paare, und unsere Kommunikation war eigentlich immer sehr transparent und offen. Eher hätte ich gesagt, dass wir viele Dinge sehr stark zerredet haben und keine konkreten Lösungen erarbeitet haben sondern wie zwei kleine Kinder uns trotzig in unseren Mustern gegenseitig verletzt haben. Im Nachhinein sehe ich das - es war immer viel Liebe zwischen uns da, aber wir wollten so sehr dass es funktioniert, dass es wiederum nicht funktionieren konnte.
Kurz vor Weihnachten ist dann alles etwas eskaliert, so dass ich tatsächlich nach mehreren größeren Konflikten und Diskussionen, die für mich unlösbar schienen und in denen sie mir die Verantwortung zu einem großen Teil umhängen wollte, meine Sachen gepackt habe und ausgezogen bin.
Ohne zu sehr in die Vergangenheit blicken zu wollen - die habe ich reflektiert, ich sehe meine Fehler, ich sehe meine Unzulänglichkeiten und ich sehe auch, dass ich ihren Schmerz und ihre Verletzungen sehr oft abgetan habe anstatt sie zu unterstützen.
Vor gut einer Woche haben wir uns dann für die Schlüsselübergabe getroffen und sind einige Stunden spazieren gegangen. Es gab keine bösen Worte, wir haben uns eigentlich sehr gut unterhalten und uns gegenseitig erzählt wie unser Prozess läuft. Dass sie vieles erkannt hat, dass sie an einigen Dingen (für sich) arbeitet, mittlerweile therapeutische Hilfe hat. Auch ich habe zwischenzeitlich professionelle Hilfe in Anspruch genommen um es zu verarbeiten.
Einige Tage später gab es dann nochmals ein Wiedersehen, und natürlich war sofort die Vertrautheit wieder da. Wir haben dann zwar das Wort "Neuanfang" nicht in den Mund genommen, aber es liegt in der Luft. Wir haben von Ehrlichkeit und Klarheit gesprochen, sprich dass wir uns jederzeit offen und ehrlich begegnen und zu 100% sagen, was in uns vorgeht - um zu schauen was noch da ist und was repariert werden kann.
Mein Gefühl ist, dass die räumliche Trennung uns sehr gut getan hat - es war wie eine Art Reissleine für die Beziehung, so dass jeder sich sortieren kann, auf sich besinnen kann, schauen kann was ihm/ihr wichtig ist und schauen kann was noch da ist.
Ich habe nur Sorge, dass wir uns in unseren alten Mustern wiederfinden und nur an die schönen Zeiten denken. Andererseits arbeiten wir beide sehr stark an uns bzw. sind gewillt - ich überlege auch ob eine gemeinsame Therapie sinnvoll wäre. Sie ist mir immer noch wahnsinnig wichtig und ich habe mir eine große Zukunft mit gemeinsamer Familienplanung mit ihr vorstellen können. Deswegen bin ich - denke ich - nicht gewillt alles schon aufzugeben. Auf der anderen Seite fühle ich eine unglaubliche Scham und große Schuldgefühle, dass ich gegangen bin.
Würde mich freuen wenn ihr hier Tipps & Gedanken für mich habt. Danke!
Neustart nach Trennung?
Hallo,
also erstmal Bravo dafür, dass du so reflektiert bist und professionelle Hilfe in Anspruch genommen hast, das ist ein sehr guter Start! 👍🏻 Ich finde die Idee mit einer Paartherapie sehr gut, ich würde aber an deiner/eurer Stelle die räumliche Trennung noch weiter aufrecht erhalten. Ihr habt euch gegenseitig sehr verletzt, wie du schon sagtest, da kann man schnell in alte Muster fallen. Wenn ihr zwei für einander bestimmt seit, dann sind ein paar Monate räumliche Trennung gar nichts. Und wenn ihr euch doch entscheidet dass ihr wieder zusammenleben wollt - wie wäre es dann mit einem Neustart in einer neuen Wohnung?
Aber auch noch ein Punkt ist, wie ist das genau mit deiner Tochter? Kam sie klar mit deiner Ex? Hast du versucht, dass ihr zu dritt was unternehmt, dass deine Tochter in ihr auch so etwas wie eine Bezugsperson sieht? Ich finde das immer etwas schwierig wenn jemand ein Kind hat und der Partner damit aber null anfangen kann. Gibt es evtl auch einen Altersunterschied? Ist deine Ex sehr jung und kann deshalb mit der Rolle der "Stiefmutter" nichts anfangen? (Muss ehrlich sagen, als ich mit 19 auf Lovoo unterwegs war, hab ich Typen mit Kind gar nicht erst geswipt, dafür war ich einfach nicht reif genug)
Aber für das wär halt dann auch eine Paartherapie sinnvoll, dass man ne Art Familienaufstellung macht und sie herausfinden kann, wo darin ihr Platz ist. Ich wünsch dir alles Gute weiterhin!
LG Vessa
"...ich würde aber an deiner/eurer Stelle die räumliche Trennung noch weiter aufrecht erhalten. Ihr habt euch gegenseitig sehr verletzt, wie du schon sagtest, da kann man schnell in alte Muster fallen."
Ja, die räumliche Trennung wäre definitiv mindestens mal ein Jahr so. Der Platz für alle unter (m)einem Dach wäre nicht da, von daher wäre das definitiv mal eine Weile so wie es jetzt ist.
"Aber auch noch ein Punkt ist, wie ist das genau mit deiner Tochter? Kam sie klar mit deiner Ex? Hast du versucht, dass ihr zu dritt was unternehmt, dass deine Tochter in ihr auch so etwas wie eine Bezugsperson sieht? Ich finde das immer etwas schwierig wenn jemand ein Kind hat und der Partner damit aber null anfangen kann."
Die zwei haben sich sehr lieb, und wir haben immer wieder versucht zu dritt etwas zu unternehmen, waren zuletzt auch gemeinsam im Urlaub, was aber nicht gut geklappt hat, wir hatten alle zu unterschiedliche Bedürfnisse und haben nicht darüber gesprochen bzw. zu wenig im Vorfeld.
Sie hat sich definitiv schwer getan mit der Rolle, und dass die Kindsmutter sich immer wieder eingemischt hat bzw meine Tochter immer wieder Dinge von zuhause mitgebracht hat, die uns alle aufgewühlt haben. Da hätte ich mich klarer positionieren müssen und stärker die Partnerschaft schützen müssen.
Eine Familienaufstellung ist sicherlich sinnvoll, ja! Das stimmt. Danke dass du's ansprichst. Gute Idee. Danke dir für deine Worte!
Ich finde eure Probleme aufgrund deiner Schilderung sehr schwer zu greifen. Du schreibst zwar sehr reflektiert und "schön", aber ich bekomme überhaupt kein Bild.
Und das finde ich sehr wichtig, um Genaueres antworten zu können.
Welche Dinge z. B. können von zuhause in Urlaub mitgebracht werden und eine gute Partnerschaft belasten? Das hört sich mysteriös an.
Und warum empfindest du Schuld und Scham? Für was? Für das Ausziehen? Dafür musst du dich doch nicht schämen? Das ist doch nicht der eigentliche Grund? Was steckt dahinter?
Ich kann mir vorstellen, dass ihr viel kommuniziert, aber mit viel Worten wenig sagt und das "Wesentliche" ausspart. Kann das sein?
Wofür gibst du dir die Schuld, was sind das für Folgen von Traumata deiner (Ex-)Partnerin? Was sind eure Streitthemen, die euch wütend machen und wovon fühlst du dich dann verletzt? Womit verletzt du deine Partnerin?
Was genau ist deine Verantwortung in dieser Beziehung? Und was würdest du in Zukunft anders machen?
Vielleicht kannst du deutlicher werden...
Eine sehr erfahrene Paar- und Familientherapeutin sagt mir zum Thema Neuanfang mal, dass dieser meist kein echter
sei, weil er zu früh versucht würde. Man will also den Schmerz der Trennung mit einem Neuanfang vermeiden. Tatsächlich funktioniert das fast nie. Ihr Credo: Ein (Ex-)Paar braucht zumindest drei ganze Monate absolute Kontaktsperre (kein Sehen, Schreiben, Telefonieren, Mailen, kein Folgen auf Social M etc). Dann erst hat man genügend Abstand gewonnen, neu aufeinander zuzugehen und zu erwägen, ob eine Wiederaufnahme der Paarbeziehung das ist, was einen wirklich weiterbringt.
Ich finde diese „Regel“ unabdingbar und sehr lebensklug. Wenn Neubeginn, dann nur so.
Was Vorschreiberinnen zum Thema PW und Tochter-WE angemerkt haben, ist aber sehr wichtig. Hier scheint deine Exfreundin nicht wirklich „geeignet“. Ich würde - FALLS Neustart - die WE allein mit Tochter verbringen, ausnahmslos - mindestens für ein Jahr. Ja, wirklich so lang. Erst dann seht ihr, ob die Partnerschaft Bestand hat. Und dann habt ihr auch für deine Tochter eine stabile Ausgangsposition.
Alles Gute! Hör auf dein Bauchgefühl - nicht auf den Trennungsschmerz, die Trauer oder die Angst vor dem Alleinsein.
Naja aufgewärmt schmeckt nur Gulasch.
Eifersucht ist in einer funktionierenden Patchwork-Situation nicht normal. Ich führe eine Patchwork Beziehung seit 15 Jahren. Inzwischen ist mein Sohn im Wechsel beim Vater, früher war er da auch nur am Wochenende und 1 Tag unter der Woche. Ich hatte immer viel (guten) Kontakt zu meinem Ex, dem Vater, und war ein guter Umgang mit Gesprächen auf Augenhöhe wichtig. Mein neuer Partner hat mir immer vertraut und das mitgetragen. Wir sind inzwischen verheiratet und haben gemeinsame Kinder. Wenn ich es schon am Anfang solch grundlegende Probleme gibt, mit Eifersucht und Missverständnissen (was für Misverständnisse können sich da ergeben? Vielleicht hast du/ habt ihr eher ein Kommunikationsproblem?) glaube ich nicht daran, dass es funktionieren kann. Manchmal hilft es das zu akzeptieren und abzuschließen.
Zu deiner mMn nach ziemlich schrägen Ansicht, dass Eifersucht in einer Patchworksituation seitens der Partnerin normal ist, habe ich oben schon geschrieben.
Generell bin ich bei Neuanfängen, außer in ganz bestimmten Situationen (zB Wiedertreffen einer Jugendliebe nach vielen Jahren unter völlig neuen Voraussetzungen), eher skeptisch eingestellt und meistens klappen sie auch nicht, weil die Probleme eben doch nicht einfach verschwinden. Der Grund für den Neuanfang ist meistens eher, dass man den Partner vermisst oder das Alleinsein eben doch schwer ist und man dann eine rosarote Brille aufhat und einen Neuanfang zu sehr romantisiert (hört sich bei dir ehrlich gesagt bei der Beschreibung eurer aktuellen Treffen auch so an).
Dass die Vertrautheit wieder da ist, dass man sich gut unterhält und nicht streitet, ist kein besonderes Zeichen, dass man füreinander und für einen Neustart bestimmt ist. Ihr habt euch nicht in einem riesigen Streit getrennt, es gab keinen großen Vertrauensbruch wie eine Affäre, da wäre es eher schräg, wenn keine Vertrautheit mehr da ist und man sich nicht wie vernünftige Erwachsene verhält, wenn man sich wieder begegnet. Das war bei mir und meinem Ex auch so, auch noch viel länger und obwohl wir nur kurz zusammenwaren. Ich hätte es eher schräg gefunden, wenn das nicht so gewesen wäre, weil wir uns auch aus Vernunftsgründen getrennt hatten, keine lange Trennungsphase innderhalb der Beziehung vorausgingen und dadurch die Gefühle nicht bereits erloschen waren.
Ihr seid erst zwei Monate getrennt, ihr habt die Trennung noch gar nicht richtig verarbeitet, seid emotional immer noch viel zu sehr drinnen, großartig an euch arbeiten konntet ihr in so einem kurzen Zeitraum auch noch gar nicht um die bestehenden Probleme und Muster wirklich jetzt schon lösen zu können. Ich persönlich würde erstmal abwarten und weiter an mir arbeiten und die Trennung aufrechterhalten. Wenn ihr beide zb in einem halben Jahr oder Jahr wirklich einen Neustart noch wollt, könnte es eventuell funktionieren. Weil dann den Neustart ein wirklicher Neustart wäre und nicht deshalb erfolgt, weil ihr nicht mit der Trennung klarkommt. Falls ihr wirklich dann nochmal zusammenkommt, wären auch die Voraussetzungen besser, weil alte Muster nicht mehr so leicht aufleben können und ihr euch mit Hilfe der Therapie vermutlich auch weiterentwickelt habt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber groß, dass zumindest einer von euch, sich bis dahin eben doch aus dieser Beziehung völlig gelöst hat und definitiv keinen Neustart mehr möchte bzw. sogar bereits in einer neuen, weniger vorbelasteten Beziehung ist.