Sehr geehrte Frau Retz,
mein Sohn (19M) wird seit rund 5 Wochen in der Krippe eingewöhnt. Die ersten Tage und Trennungen verliefen sehr gut. Bei der Verabschiedung war alles gut, er hatte Spaß und wirkte glücklich als ich zurück kam (glücklich bezüglich dem Aufenthalt Vorort und natürlich, dass Mama wieder da war 😜). Einiges im Ablauf der Eingewöhnung kam mit persönlich seltsam vor (arbeite selbst in dem Bereich), aber anscheinend hat es funktioniert und somit war es ok für mich. Nach 3 Wochen hat er sich leider den ersten kleinen Magen-Darm-Infekt zugezogen und verbrachte ein verlängertes Wochenende zu Hause. Als er Mittwoch wieder in die Krippe ging, war die Verabschiedung etwas zögerlicher, aber er ist rasch mit der Erzieherin in die Kita marschiert (Abgabe/Abholung wegen Corona aktuell an Tür - Eltern können nicht in Einrichtung). Auch die beiden folgenden Tage war alles gut und er verbrachte bereits 2,5h in der Krippe.
Allerdings ist seit letzter Woche Montag der Wurm drin. Zwar ging er weiterhin ohne "Probleme" mit in die Kita, weinte aber im Laufe des vormittags immer wieder, was sich dann hin zu deutlicher/m Wut/Zorn entwickelte. Leider rief man mich an dem Tag nicht an, worüber ich wirklich geschockt war. Mein Sohn war fix und fertig als ich kam. Da es auch am nächsten Tag nicht besser war, rief man mich an (Ich bat ausdrücklich darum), sodass ich ihn eher abholte. Wir verkürzten die Zeit auf 1,5h. Auch die nächsten Tage weinte er, zeigte deutlich seine Wut über die Situation, aber war laut der Erzieherin zwischendurch immer wieder mal zu beruhigen. Er machte den Ablauf weiterhin gut mit (Hände waschen, Tasche holen, Essen, etc).
Heute war es dann leider soweit, dass das morgendliche Abgeben nicht mehr gut klappte. Er schrie und weinte doll, ich nahm ihn immer wieder an mich, erklärte ihm, dass ich seine Trauer und Wut verstehe, aber mir sicher bin, dass er hier viel Spaß haben wird und ihn später wieder holen würde - so wie immer. Wir kuschelten noch kurz. Dann gab ich ihn unter Protest der Erzieherin und ging. Ich wartete im Auto, rief nach ein paar Tränen und einigen Minuten in der Kita an, um zu fragen, ob mein Sohn sich beruhigen konnte. Dies wurde bejaht. Als ich ihn abholte, weinte er zwar, fing sich aber schnell, so wie die letzten Tage auch. Es wirkt auf mich als fiele eine große Last von ihm, wenn er hört, dass Mama da ist. Die Erzieherin sagte, dass es heute bis auf den Start, gut war. Er saß zwar viel auf dem Schoß, aber dort konnte er alles beobachten, ein Buch anschauen und wagte sich dann auch mal an die Eisenbahn.
Dennoch zerbrach mir die Situation heute das Herz, obwohl ich weiß, dass so "Rückschritt" nicht selten sind und die Trennung besser kurz gehalten werden sollten. Aber ich weiß nicht, ob es so weitergehen kann. Ich bin ratlos, habe Angst, dass er dort niemanden hat, bei dem er sich sicher fühlt und ehrlicherweise hilft mir mein fachlicher Hintergrund in diesem Fall nicht sehr gut, da es mein eigenes Kind ist und ich nun jede Entscheidung, jede Aussage und einfach alles in Frage stelle.
Ich fange im Oktober wieder an zu arbeiten, bald sind Sommerferien in der Kita und ich habe Angst, dass das alles nicht hinhaut. Ich will ihm ja auch nicht zu viel zumuten.
Haben Sie einen Rat für mich? Was wäre in der aktuellen Situation angebracht? Ist es hinnehmbar, dass er so arg weint, wenn er sich angeblich wieder beruhigen lässt? Muss er sich wirklich nur an die Situation gewöhnen?
Vielen Dank!
Schwierige Kita Eingewöhnung
Hallo,
Sie haben die Situation gut beschrieben und Sie haben selbst die wesentlichen Punkte benannt, die wichtig sind. Wie Sie selbst schreiben, wissen Sie, dass es häufig diese Rückschritte nach ein paar Wochen gibt.
Mein Eindruck ist, dass der nicht erfolgte Anruf in der beschriebenen Situation ein kleiner oder auch größerer Vertrauensbruch war. Sobald Eltern das Gefühl haben, dass sie einer Kita nicht zu 100% vertrauen können, wird es meist schwierig. Mein Vorschlag wäre: Setzen Sie sich noch einmal für ein, besser zwei Tage mit rein (z.B. für 1-2 Stunden), bevor Sie gehen.
Ich denke, dass es für Sie wichtig ist, ihr Kind dort noch einmal zu beoachten und in der Interaktion mit den Erzieherinnen sowie anderen Kindern zu erleben. Wenn man ihnen sagt, dass ihr Kind das nicht braucht, dann können Sie sagen: Aber ich brauche das. Sie könnten ruhig auch sagen, dass der fehlende Anruf an diesem Tag ungünstig für den Aufbau eines Vertrauensverhätnisses in dieser sensiblen Phase war. Eine gute Kita nimmt Eltern und ihre Bedürfnisse ernst.
Herzliche Grüße,
Eliane Retz
Hallo,
vielen Dank für Ihre schnelle Rückmeldungen. Die Idee finde ich gut und kann mir vorstellen, dass es uns beiden hilft. Mein Mann hegt jedoch die Bedenken, dass es für unseren Sohn eher nachteilig wäre, wenn ich plötzlich wieder vor Ort bin. Und meint, dass wir vielleicht nochmal ein paar Tage abwarten sollten, da er sich ja dort beruhigen lässt.
Das verunsichert mich etwas - schließlich hilft es mir nicht wirklich bei meiner Sorge hinsichtlich der Vertrauensbasis.
Denken Sie, das könnte für unseren Sohn ein Problem darstellen?
Dankeschön :)
Hallo,
die Meinung und Perspektive des anderen Elternteils ist immer wichtig. Vielleicht finden Sie einen Kompromiss miteinander. Das könnte bedeuten, dass Sie wirklich noch ein paar Tage warten. Wenn Sie aber weiterhin spüren, dass es Ihnen nicht gut geht mit der Situation, dann suchen Sie bitte das Gespräch mit den Erzieherinnen.
Vielleicht haben diese auch nochmals eine ganz andere Idee, wie es für Sie leichter werden kann.
Herzliche Grüße,
Eliane Retz