Hallo FR. Dr. Retz 🙋🏻♀️,
Mein Mann und ich lesen Sie und Ihre bindungsorientierte Erziehung sehr gerne. Auf eine Sache bekomme ich bisher keine Antwort (auch in Ihrem Buch nicht)…
Unser Pablo ist 1,5 Jahre alt. Mein Mann und ich teilen bisher bis auf die Stillzeit alles eigentlich 50/50 auf…sprich wir hatten beide das erste Jahr zusammen frei und arbeiten jetzt beide in Teilzeit…Zubettbringen, Schlafbetreuung, Zähneputzen etc. klappt eigentlich auch immer bei beiden genauso gut (bzw. genauso schlecht ;))
Seit einigen Tagen/Wochen ist Pablo allerdings total auf mich fixiert wenn es ums schlafen geht. Schon wenn nach dem Essen das Zähneputzen angekündigt wird, klammert er sich an mich und schreit dann kontinuierlich Mama, Mama…zuerst haben wir gedacht na das geht schon vorbei…mein Mann hat ihn dann gegen seinen Mama-Wunsch trotzdem versucht fürs Bett fertig zu machen bis er zuletzt oft erschöpft „aufgibt“ und ich den Kleinen völlig aufgelöst und panisch dich übernehme und in den Schlaf wiege…mein Mann macht eigentlich seit dem
Abstillen meistens die Nächte, sprich wenn Pablo (mehrfach) nachts aufwacht, war es die letzten 6 Monate mein Mann, der zu ihm kommt, ihn beruhigt und schläft oft auch den 2. Teil der Nacht mit ihm weiter…
Seit einigen Tagen gibt es nachts nun wahnsinnige Schrei-Attacken…er verlangt nur nach mir und schreit so sehr bis er in Hustattacken und mit bebender Atmung irgendwann zu mir gebracht wird und sich bei mir dann super schnell beruhigt.
Woran kann das plötzlich liegen?…warum so eine Änderung. Uns belastet das, da wir uns echt immer alles aufgeteilt haben und nun Anspannung, Erschöpfung und Frust einkehrt. Insbesondere mein Mann ärgert es sehr…und auch dass Pablo tagsüber (jetzt in seiner beginnenden „nein“/Automie-Phase) uns gefühlt ausspielt oder meinen Mann ablehnt obwohl er immer gleich viel Zeit mit ihm verbringt, sprich wir eigentlich gleichwertige Bindungspersonen sind.
Wir fragen uns ob wir gegenlenken sollen damit sich das nicht verhärtet oder nachgeben und er dann halt immer MICH bekommt, wenn er es fordert. Es verunsichert uns und wir laufen gerade wie auf Eierschalen um ihn herum und versuchen bei den Papa besser „zu vermarkten“.
Oder ein paar Mal meinen Mann da durch schicken, dass der kleine sich wieder gewöhnt….
Alles was „anders“ war die letzten Wochen, dass wir 2 Wochen im Urlaub waren, wobei dort das (ein)schlafen super geklappt hat…jetzt sind wir zurück und er ist soooo Mama-fixiert…..
Also heißt Bindungsorientiert immer auch dass das Kind sich die aktuell präferierten Bindungsperson auswählt (nicht nachvollziehbar)? Ich kann und will nicht alleinige Windelwechslerin/Zähneputzerin und Zubettbringerin sein für die nächsten Jahre.
Danke im Voraus für Ihren Rat.
Belastendes Präferenz/Fixation Bezugsperson
Hallo,
im Buch "Wild Child" finden Sie einige Impulse zu ihren Fragen: S. 41ff. sowie S. 338 ff.
Fast alle Kinder haben eine Hauptbindungsperson, die sie dann vor allem in den Abenstunden sowie nachts bevorzugen. Dieses Verhalten löst oft Unsicherheiten bei den Eltern aus und häufig fühlt sich der andere Elternteil zurückgewiesen.
Ich weiß nicht, wann Sie abgestillt haben, aber vielleicht ist ihr Sohn damit noch gedanklich beschäftigt und sucht deshalb auch stärker die Nähe zu Ihnen.
Wichtig ist aber auch zu betonen, dass sich diese Bevorzugung wieder sehr verändern kann und dann der Vater plötzlich die bevorzugte Bindungsperson ist (oft ist das im Verlauf des Kleinkindalters so).
Es ist schön, dass Sie Elternschaft so gleichberechtigt leben. Begleiten Sie ihr Kind zusammen liebevoll und geduldig. Oft kann diese Trennung aufgehoben werden, wenn sich die Eltern nicht mehr so viel aufteilen, sondern sich in Alltagssituationen ganz bewusst gemeinsam wieder um das Kind kümmern. Dann entsteht wieder mehr ein "Wir-Gefühle", was sehr wichtig für eine Familie ist.
Herzliche Grüße,
Eliane Retz