In ständiger Angst

Hallo an alle. Ich habe mich nach langer Überlegung hier angemeldet um eventuell Frauen zu finden denen es ähnlich geht. Ich hoffe ich bin hier richtig.
Zu meiner Geschichte. Ich bin 36 Jahre alt. Meine 1.Tochter kam 2016 gesund zur Welt. Darauf folgten einige Fehlgeburten bis schließlich 2019 mein.2.Kind ein Junge zur Welt kam. Alles schien perfekt. Leider starb er 2 Wochen nach der Geburt an einem unentdeckten Herzfehler. An dem Tag wollte er nicht mehr trinken, wurde apathisch, in der Rettung ging es ihm schon sehr schlecht und im Krankenhaus angekommen konnten die Ärzte schon nichts mehr machen.... Natürlich waren wir total überfordert und meine Welt blieb stehen. Ich musste aber für meine damals 3 Jährige Tochter weiter machen. Mein Mann ging schnell wieder trotz Homeoffice in Corona Zeiten zum Alltag über soweit wie möglich. Ich wurde depressiv und nahm Medikamente die aber nichts nutzen. Daher habe ich sie nach 3 Monaten abgesetzt. Wir lebten also mit täglichen Friedhofsbesuchen weiter und standen irgendwie immer noch unter Schock jetzt im Nachhinein gesehen. Ich wurde 9 Monate nach dem Tod meines Sohnes wieder schwanger und erlitt in der 13.Woche eine Fehlgeburt. Wieder ein Schlag ins Gesicht. Nun sollte danach aber unser Weg nochmal positiv gelenkt werden und unsere 2.Tochter erblickte gesund im Juni 22 das Licht der Welt. Mittlerweile ist sie 8 Monate alt. Unsere Große wird heuer 7. Ich vermisse meinen Sohn sehr und hadere extrem mit diesem Schicksal. Und trotzdem bin ich dankbar für meine Töchter. Nun ist es aber so das ich seit der Geburt der Kleinen an massivsten Ängsten leide. Ich habe Angst das die Große am Weg zur Schule verunglückt ( sie geht 4 Min zu Fuß mit 6 anderen Kindern) das die Kleine an etwas erstickt wenn sie durch das Haus krabbelt, das eines der Kinder Krebs bekommt usw. Ich sehe meine Kinder ganz genau an ob sie irgendetwas haben was zb auf Krebs deuten könnte. Meine Kleine hatte Anfangs öfter gezuckt im Schlaf- ich dachte sofort an Epilepsie. Die Große hatte einen fieberhaften Infekt mit erbrechen- meine Diagnose Gehirntumor. Also so geht es andauernd. Ich komme aus dem ganzen nicht mehr heraus. Und weiß nicht weiter. Kennt das jemand? Mein Psychiater möchte mir Medikamente geben jedoch denke ich nicht das dies die Lösung ist.... Ich möchte so nicht sein und kann aber nicht aus meiner Haut.... Danke fürs lesen.

Liebe Grüße Laura mit Elisa und Anna an der Hand, und Vincent im Herzen.....

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Liebe Elisa!

Es tut mir sehr leid, was du durchmachen musstest😔 Ein kind so unerwartet zu verlieren muss schrecklich sein und eine solche traumatisierung kann zu postnatalen Depressionen führen, wonach deine Ängste für mich klingen. Diese Krankheit hat viele Gesichter und kann unterschiedlich lange dauern. Ich bin kein Arzt, aber du könntest mal mit deiner Hebamme oder deinem Gynäkologen sprechen. Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute🍀

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Hallo!
Ich würde sagen, deine Symptome sind eine „normale“ Reaktion auf „unnormale“ Ereignisse, die dir richtig schrecklich schmerzlich vor Augen geführt haben, wie viele Unsicherheiten und Gefahren es im Leben gibt.
Die meisten Menschen leben glaube ich deswegen angstfrei(er), weil sie sehr gut im Verdrängen sind und dieser hilfreiche „Skill“ geht einem ein Stück verloren, wenn schlimme Dinge einem selbst/den eigenen Kindern passieren. Vielen Menschen ist es vergönnt, lange mit einer Illusion von Unverwundbarkeit zu leben, wo das „schlimmste“ vielleicht ein gebrochener Arm ist, der nach 8 Wochen wieder verheilt ist. Da fällt das Verdrängen natürlich leichter.

Das Blöde ist, dass einem ab einem bestimmten Angstlevel mehr Angst leider nicht mehr Sicherheit bringt, sondern einfach sehr viel Belastung und Stress. Ich glaube, dass eine Therapie/Begleitung mehr helfen könnte als Medikamente, vielleicht probierst du das mal aus?
Ganz liebe Grüße!! ❤️

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Liebe Elisa,

Herzlich willkommen! Deine Geschichte ist sehr berührend und ich habe leider keine konkreten Tipps. Aber ich hoffe, dass dir der Austausch gut tut.

LG
Anna mit Sonnenkind, 3 Wochen alt

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Liebe Laura,

es tut mir sehr Leid, was Dir geschehen ist.--Für mich klingt es nach Traumafolgestörung als Reaktion auf die belastenden und traumatischen Lebensereignisse die Du erlebt hast. Du wärst m.E. am Besten bei einem Psychotherapeuten mit entsprechender Traumaqualifikation aufgebhoben. Einen Psychiater und Psychopharmaka braucht es mE nicht und dies ist auch nicht Mittel der ersten Wahl bei Trauma- und Angststörungen. Es ist auch kein Wunder, dass die Medikamente nichts halfen. Die Gefühle wollen ja nicht weggedrückt werden. Sie haben ja ihre Berechtigung und leichter werden sie idR wenn sie ausgedrückt werden können, am Besten schon im geschützten therapeutischen Rahmen. Es braucht "einfach" eine gute Psychotherapie (und natürlich, wenn es Dir hilft, auch den Austausch mit anderen die Ähnliches erlebt haben).

alles Gute Dir

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Liebe Laura,

Ich kann mich sehr gutin deine Situation hineinfühlen. Mir geht es ähnlich. Ständig kämpfe ich gegen die panische Angst um unseren Sohn.
Manchmal würde ich ihn am liebsten in Watte packen und nie wieder aus dem Haus lassen.
Ich habe Angst, dass er sich mit einer schweren Krankheit infiziert, Angst, dass er sich verletzt, Angst, vor allem, was einem Kind passieren könnte.
Ich möchte bei jedem Niesen sofort ins Krankenhaus fahren und ihn komplett durchchecken lassen, in der Hoffnung, dass nicht (wieder) eine schwere Krankheit übersehen wird, bis es zu spät ist.

Mir hilft mein Glaube. Dass Vertrauen, dass Gott einen Plan mit uns und unserem Sohn hat und, egal was passiert, irgendwie alles gut wird.
Mir helfen die Gebete und die Gespräche mit meinem Mann.
Und vor allem helfen die Seelsorgegespräche mit unserer Pfarrerin. Anfangs waren wir auch bei einem Psychologen und in Selbsthilfegruppen. Mittlerweile reicht uns die Seelsorge.
Ich glaube, Gott hilft uns Stück für Stück, besser mit der Situation umzugehen.

Liebe Grüße
Freyja

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Liebe Laura

Was du durchmachen musstest, tut mir unendlich leid! Dass du mit diesem Schicksal haderst, ist völlig verständlich.
Unser erstes Kind starb 2015 an einem Herzfehler an seinem 8. Lebenstag. Der Herzfehler wurde zwei Wochen vor der Geburt festgestellt. Nach 8 Monaten war ich wieder schwanger mit unserem 2. Sohn, 2019 kam unsere Tochter zur Welt, vor zwei Wochen erblickte unser 3. Sohn das Licht der Welt. Daneben hatte ich drei Fehlgeburten, ua eine MA in der 13. SSW. Bei uns war es sehr ähnlich: Mein Mann kehrte schnell in den Alltag zurück, ich verbrachte meine Tage auf dem Friedhof oder starrte Löcher in die Luft. Psychologisch war ich extrem gut begleitet und mein Wunsch, dass ich keine Medikamente möchte, wurde respektiert. Noch heute vergeht kein Tag, an welchem mir mein Sohn nicht fehlt. Auch wenn er ganz klar zur Familie gehört und immer wieder Thema bei uns ist (Fotos von ihm hängen an der Wand, eine Laterne leuchtet jeden Abend für ihn, er ist für unsere Kinder ihr Schutzengel, …) und auch wenn ich recht gut gelernt habe, mit dem Schmerz zu leben, so lässt man das nicht hinter sich sondern trägt es mit - jeden Tag.
Nun zu deiner Frage mit den Ängsten: Ich denke, für jede Mama ist ein gewisses Mass an Ängsten normal. Und dann kommt dazu, dass du mit deiner Vorgeschichte neben der generellen Angst, es könnte etwas passieren, eben auch genau weisst, wie es ist, wie es sich anfühlt, WENN etwas passiert… Wir WISSEN, wie es ist, das Kind im Arm zu halten und es atmet nicht mehr, wir kennen den unbeschreiblichen Schmerz. Auch heute noch habe ich diesen kurzen Moment Panik, wenn ich meinen Kindern einen Gute-Nacht-Kuss gebe, bevor ich ins Bett gehe, weil ich Angst habe, sie atmen nicht mehr. Jedes Mal, wenn mein Grosser in den Kindergarten geht (bei uns in der Schweiz ab 4 Jahren), kämpfe ich meine Angst nieder, es könnte ihm etwas zustossen. Wenn sie mit meiner Mutter in den Zoo gehen, schicke ich ihnen ihren verstorbenen Bruder als Schutzengel mit. Sind sie krank, rufe ich eher schneller beim Arzt an, als dass ich gelassen bleibe. Und nun mit dem Baby habe ich auch sämtliche Angst- und Panikmomente. Ich versuche, meine Kinder davon nichts spüren zu lassen, um sie ja nucht einzuschränken, und ganz fest und bewusst dagegenzusteuern - meist mit Erfolg. Ich gehe immer noch sporadisch zu meiner Psychologin, was mir sehr hilft. Ich habe bei ihr ausserdem viel mit „EMDR“ gearbeitet und bin sehr begeistert von dieser Methode. Vielleicht könnte dir das auch helfen? Besonders, wenn du keine Medikamente nehmen möchtest.
Ich schicke dir ganz viel Kraft und hoffe, dass du einen Weg findest, der dir hilft!
Liebe Grüsse, Ella

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Ich danke euch allen für eure Antworten ❤️ #herzlich

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Es gibt spezielle trauerkuren / Reha auch als Mutter Kind Reha. Frag mal bei deinem. Hausarzt, evtl wäre das was für dich.
Meine 2. Tochter starb in der 17ssw. 09/2019
Ein lebendens Kind zu verlieren stell ich mir noch schlimmer vor.
Mir hat es sehr geholfen, darüber zu sprechen. Zudem ist die Familie meines Mannes sehr im Glauben verbunden und auch das hat mir großen Halt gegeben. Trotzdem hat es über 1.5 Jahre gedauert das ich mit dem Verlust klar kam.
Ihre große Schwester sieht ihre kleine Schwester auch als ihren Schutzengel.
Diese Angst um die große Schwester (bald 6) kenne ich zum Glück nicht. Da war ich immer sehr gelassen.
Alles gute